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Lyndsay Faye, Der Teufel von New York
(dtv Premium, März 2014)
480 Seiten; € 15.90 (Klappenbroschur)
ISBN 978-3-423-24993-5
Originaltitel: The Gods of Gotham
Die Five Points im Jahre 1845
Die frisch gegründete Polizei New Yorks, das NYPD, hat alle Hände voll zu tun - auch in den Five Points, einem sozialen Brennpunkt dieser Zeit, wo vor allem irische Einwanderer lebten. 16 Stunden Patrouillen der unausgebildeten, wild zusammen gewürfelten Männer sollen die Kriminalität eindämmen… Unter ihnen ist Timothy Wilde, der schon einiges an Schicksalsschlägen wegstecken musste: als Kind hat er seine Eltern bei einem Brand verloren und vor seinem Dienstantritt bei der Polizei hat er seinen Job als Barkeeper verloren, weil die Bar abgebrannt ist. Sein älterer Bruder Valentine, mit dem ihm eine Hassliebe verbindet, hat ihm die neue Arbeit beim NYPD besorgt.
Eines Tages läuft ihm ein völlig verstörtes Mädchen quasi in die Arme - in einem blutigen Nachthemd. Tim nimmt das Mädchen erst einmal mit und bringt sie zu seiner Zimmerwirtin Mrs Boehm. Anschließend versucht er der Sache auf den Grund zu gehen, zumal das Mädchen, das sich Bird nennt, körperlich unverletzt ist und das Blut somit von einer anderen Person stammen muss. Kurze Zeit später findet Tim dank der Hinweise von Bird 19 Kinderleichen auf einem ziemlich abgelegenen Grundstück… Da sich schon bald die Presse einschaltet, kursieren schnell die wildesten Gerüchte und die Spannungen zwischen den protestantischen New Yorkern und den armen irischen und damit katholischen Einwanderern nehmen immer mehr zu. Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn der "perverse Serienkiller" ein Papist ist! Auch wenn Tim unwillentlich zur Polizei gekommen ist, möchte er nun ernsthaft und gründlich ermitteln…
Mich hat das Buch vor allem wegen der Zeit und natürlich auch wegen der Stadt interessiert. Nicht nur, weil ich selbst in der Familie einen bilderbuchhaften Auswanderungsfall hatte, sondern auch weil mich der damalige Zustand in den Armenvierteln der Stadt (die heute allesamt zur teuersten Wohnlage gehören) sehr interessiert und der Aufstieg der für mich so faszinierenden NYC so spannend ist.
Und genau dies ist auch die größte Kunst der Autorin: sie fängt die Atmosphäre im Süden Manhattans und die Lebenssituationen der unterschiedlichsten Menschen sehr gelungen ein. Zum Beispiel, dass sie immer wieder Begriffe aus der damaligen Gaunersprache einbaut, hat mir sehr gut gefallen - perfekt ist da auch das Glossar zum Ende, das einem einiges erklärt. Die Entwicklungen des Kriminalfalls haben mir ebenfalls sehr gut gefallen, denn sie hält einige Wendungen und später auch einige gute Erklärungen bereit. Auch die Figuren wirkten auf mich sehr gekonnt und glaubhaft gezeichnet - ebenso wie die gesamte Kulisse auf mich perfekt recherchiert wirkte.
Aber - und das ist leider kein unerhebliches Aber - es gibt auch einen Schwachpunkt, denn die Lyndsay Faye hat manchmal einen zu ausschweifenden Erzählstil, bei dem ich das Gefühl nicht los wurde, dass sie eben all ihr Wissen in die Geschichte packen wollte und dabei nicht bemerkt hat, dass sie an manchen Stellen ein wenig überfrachtet hat. Darunter leidet hier und da ein wenig die Spannungskurve, was richtiggehend unnötig ist, denn der Plot ist so gut durchkonstruiert, dass das schlicht und ergreifen unverdient ist. Aber nun gut, bei einem Debüt kann man das verzeihen, finde ich. Mir hat das Buch so viele spannende und interessante Lesestunden bereitet, dass ich mich sehr freue, dass die Autorin eine ganze Serie mit dem Ermittler Tim Wilde plant! Mal schauen, ob sie beim nächsten Buch ein bisschen straffer erzählt - wenn nicht, dann ist es eben so. Lesen werde ich die nächsten Fälle auf jeden Fall!
Kurzum: eine vielversprechende, gut informierte Autorin und ein vielbesprechender Polizist, der in einer sehr spannenden Zeit in einer interessanten Stadt ermittelt - mehr davon!