Willi Fährmann - Der lange Weg des Lukas B.

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  • Willi Fährmann - Der lange Weg des Lukas B.


    Ich lese die Ausgabe der Süddeutschen Zeitung Junge Bibliothek:


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    Klappentext:


    Der 14jährige Lukas Bienmann schifft sich 1869 zusammen mit seinem Großvater und einer Truppe von Zimmerleuten aus einem kleinen ostpreußischen Dorf nach Amerika ein. Die wirtschaftliche Situation in Deutschland ist so schlecht, dass sie wie Millionen anderer Auswanderer hoffen, dort ihr Glück zu machen. Der Junge träumt davon, seinen verschwundenen Vater wiederzufinden, für dessen Schulden der Großvater immer noch aufkommen muss. Amerika wird für Lukas ein großes Abenteuer, das ihn erwachsen werden lässt, denn nach seiner Rückkehr trifft er eine Entscheidung, die sein Leben verändert.
    _______________________________________


    Ich befinde mich noch ziemlich am Anfang des Buches, Lukas ist noch nicht nach Amerika aufgebrochen. Es werden die schwierigen Verhältnisse in Deutschland geschildert. Obwohl Lukas' Großvater Friedrich ein sehr geschickter Zimmermann zu sein scheint, gelingt es ihm nicht, die Schulden von Lukas' Vater zu bezahlen. Woher diese Schulden stammen, ist noch nicht ganz klar.


    Die Familien sind groß und viele Mäuler sind zu stopfen. Den anderen im Dorf scheint es auch nicht besser zu gehen. Gute Gründe, sein Glück in Amerika zu versuchen, in dem alles freier und unkomplizierter zugeht als in Deutschland und wo man offenbar leichter auf einen grünen Zweig kommen kann. Allerdings erfährt man von den dortigen Verhältnissen nur durch Hörensagen. Die Nachrichten waren damals doch wesentlich spärlicher und langsamer unterwegs als heute. Ob in Amerika wirklich alles so viel einfacher ist?


    Ganz am Anfang wird sehr eindrucksvoll beschrieben, wie Lukas ganz allein einen großen Hecht angelt. Der Schreibstil ist ungewohnt für mich, bedächtig, ausführlich und hin und wieder etwas altmodisch. Doch es läßt sich gut lesen.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Der Roman ist ja auch schon älter, das merkt man ihm sicher hi und da an. Er ist 1980 das erste Mal erschienen.
    Ich war als Teenie ein ziemlich großer Fan des Autors und hab alles gelesen was ich in die Finger bekommen konnte. Er hat immer wieder historische Themen aufgegriffen und das hat mich damals sehr interessiert. :)


  • Der Roman ist ja auch schon älter, das merkt man ihm sicher hi und da an. Er ist 1980 das erste Mal erschienen.


    Ich frage mich gerade, was ich da altmodisch fand. Jetzt liest es sich für mich ganz normal. Das einzige, worüber ich manchmal stolpere, ist, daß Lukas oft als "der Junge" bezeichnet wird, auch dann, wenn mehrere Jungen an der Szene beteiligt sind und es besser wäre, die jeweiligen Namen zu benutzen. Entsprechend wird sein Großvater "der alte Mann" genannt. Ich denke, das soll die beiden Personen etwas erhöhen ins Beispielhafte.



    Ich war als Teenie ein ziemlich großer Fan des Autors und hab alles gelesen was ich in die Finger bekommen konnte. Er hat immer wieder historische Themen aufgegriffen und das hat mich damals sehr interessiert. :)


    Ich finde das Buch bis jetzt auch klasse und ärgere mich gerade, daß ich letztes Jahr "Zeit zu lieben und Zeit zu hassen" weggeworfen habe (war ein altes müffelndes ausgesondertes Bibliotheksexemplar).
    Auch ich habe als Kind immer gerne Geschichte im Gewand des historischen Romans gelesen. Willi Fährmann kannte ich nicht. Wir hatten da auf unserer Seite andere Autoren. Zum Beispiel Herbert Mühlstädt, dessen Bücher ich auch mehrfach verschlungen habe. Oder Waldtraut Lewin.


    Ich bin bis fast zur Buchmitte vorgedrungen. Es gefällt mir, wie durch die Lebensgeschichten der einzelnen Personen immer wieder ein Stück Zeitgeschichte, über das normale Leben der ostpreußischen Bauern, über Weberaufstände im Ruhrgebiet, die Revolution von 1848 bis hin zu den Zeiten Napoleons eingewoben wird. Sehr schön fand ich die Schilderung, wie der Vater des Großvaters seinen Sohn aus der Schule genommen hat, weil der Lehrer (ein ehemaliger Soldat) diesen prügelte, und der Junge fortan zuhause unterrichtet wurde. :daumen: Eine kluge Entscheidung zum Wohl des Kindes. Aus dem Jungen ist dann auch etwas geworden, nämlich ein sehr guter Zimmermann. Dennoch wird auch seine Persönlichkeit differenziert geschildert, er hat nämlich auch negative Seiten und eine gewisse Starrköpfigkeit, die sich im Umgang mit den besonderen Talenten seines Sohnes Karl und seines Enkels Lukas zeigt.


    Beeindruckend fand ich auch, wie die Amerikafahrt vorbereitet wird und wie die Überfahrtswilligen an Informationen und Fahrkarten kommen. Für Kinder der Internet- und Handygeneration sicher lesenswert. Nun befindet sich unser Trupp Zimmerleute an Bord eines Segelschiffes und die Überfahrt soll zwei Monate oder länger dauern - heute fliegt man wenige Stunden.
    Da unsere Passagiere an Bord viel Zeit haben, gibt es immer wieder interessante Gespräche und oft kommen soziale Aspekte oder Gedanken über Recht, Freiheit usw. zur Sprache, die kindgerecht und sehr gut die damaligen Umstände berücksichtigend geschildert werden. Was uns heute selbstverständlich scheint, war damals revolutionär.


    Nebenbei sucht Lukas nach Informationen über seinen verschwundenen Vater und findet diese auch (ist jedenfalls dem Leser klar, Lukas noch nicht ganz).

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  • Das klingt sehr spannend. Ich verfolge deine Anmerkungen mal weiter. :winken:

  • Ich verfolge diesen Thread mit Interesse, denn dieses Buch habe ich vor vielen Jahren als junge Erwachsene gelesen und ganz toll gefunden. Allerdings weiß ich so gut wie nichts mehr über den Inhalt. Damals habe ich noch nach weiteren Büchern von Willi Fährmann gesucht und doch keines für gut genug befunden, um es auch noch zu lesen.


  • Waltraut Lewin kenn ich auch noch. Ich weiß das ich von ihr Bücher gelesen habe. Wenn auch nicht mehr was genau *g*
    Dir weiterhin viel Spaß beim Lesen!


    Danke!
    Ludwig Renn hatte ich noch vergessen zu nennen. Inwieweit alle diese Autoren freilich historisch korrekt schreiben, konnte ich als Kind nicht einschätzen.
    __________


    Im Buch bin ich inzwischen dem Ende ein gutes Stück näher. Unser Trupp Zimmerleute ist in Amerika gelandet und die Verhältnisse dort werden als sehr rauh geschildert: Chaos und Unordnung nach dem Ende des Bürgerkrieges und der Ermordung Abraham Lincolns. Unsere Zimmerleute müssen sich gegen Betrüger und Feinde zur Wehr setzen, finden aber auch Gönner und Arbeit.
    Meines Erachtens werden die amerikanischen Verhältnisse etwas holzschnittartiger geschildert als die deutschen und die Schiffsreise, wo es wesentlich detaillierter zuging. In dem verbleibenden Buchviertel, das noch vor mir liegt, müssen ja noch fast der gesamte Amerikaaufenthalt und die Rückkehr beschrieben werden.


    Obwohl sich besonders auf der Schiffsreise ein paar Längen und Unwahrscheinlichkeiten einschlichen, gefällt mir das Buch immer noch. Manche Aussprüche hätte ich mir direkt anstreichen sollen, zum Beispiel die Stelle, wo der Lehrer sagt (sinngemäß), daß die richtige Ordnung darin bestünde, das Geld nicht wichtiger zu nehmen als die Menschen.

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  • Ich habe das Buch beendet. Der Amerikaaufenthalt der Zimmerleute war, wie schon erwartet, etwas zeitlich gerafft beschrieben, aber trotzdem war es spannend und interessant zu lesen, was für Erlebnisse unsere Auswanderer im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" haben - sowohl positiver wie auch negativer Art. In dieser Zeit ist Lukas sehr gereift. Entsprechend ist er dann auch fähig, gegen Ende des Buches eigene Entscheidungen zu treffen, die er wohl nie getroffen hätte, wenn er die ganze Zeit in Preußen gelebt hätte, weil er dort die nötigen Erfahrungen und den Weitblick nicht erlangt hätte.


    Eine abschließende Beurteilung folgt in den nächsten Tagen.

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    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Hier kommt meine abschließende Meinung:

    In Der lange Weg des Lukas B. zeichnet der Autor Willi Fährmann ein Panorama des Lebens vor allem der einfachen Leute im Preußen der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Kindgerecht und anhand vieler Familiengeschichten und Einzelbeispiele wird hier Geschichte lebendig. Auch die Gründe zum Auswandern nach Amerika, die Bedingungen auf der Überfahrt, die Verhältnisse in Amerika und die Umstände, auf die europäische Auswanderer zu jener Zeit dort trafen, werden eindrucksvoll und gut nacherlebbar beschrieben.


    Die Geschichte des 14jährigen Lukas und seines Großvaters ist spannend erzählt, zusätzliche Spannung entsteht durch die Suche nach Lukas´ verschwundenem Vater, dessen Spuren Lukas auf seiner Reise immer wieder begegnet. Das Buch regt zum Nachdenken an, eröffnet interessante Blickwinkel auf die für uns heute selbstverständlichen Errungenschaften von Freiheit und Menschenrechten, vermittelt Lebensweisheiten und unterhält sehr gut.


    Zwar erschien das Buch schon Anfang der 1980er Jahre, aber meiner Meinung nach ist es, trotz der manchmal etwas umständlichen Sprache, auch für heutige Kinder/Jugendliche ab ca. 12 Jahren noch eine sehr lohnende Lektüre.


    5ratten

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    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Willi Fährmann


    Der lange Weg des Lukas B.


    Bienmann 1


    Eine wirtschaftliche Flaute zwingt die Männer des Ortes, ihr Glück in der Ferne zu suchen. Eine größere Gruppe von Zimmerleuten geht sogar für 2 Jahre nach Amerika, um dort gut zu verdienen und dann möglichst mit prallen Geldbeuteln in die Heimat zurückzukommen.


    Dazu gehören Friedrich, im Buch penetranterweise ständig "der alte Mann" genannt, und sein Enkel Lukas. Der erst 14jährige freut sich sehr über die Möglichkeit der Reise und die ihm winkenden vielen Abenteuer. Und er stellt sich gut an, lernt, packt an, entwickelt sich prächtig unterwegs.


    Lukas ist immer auf der Spur nach seinem geheimnisvollen, verschwundenen Vater. Und da die Welt in Kinderbüchern ja irgendwie immer recht klein hat, hat seine Schnitzeljagd ziemlich viel Erfolg. ;)


    Der nächste Teil der Bienmann-Saga steht hier. Aber ob ich ihn wirklich lese? Da bin ich noch nicht ganz sicher.


    3ratten

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.