02 - Seite 91 bis 187

Es gibt 21 Antworten in diesem Thema, welches 4.414 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ruby Tuesday.

  • Hier könnt ihr zum Inhalt von Seite 91 bis 187 schreiben.
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    Der Abschnitt beginnt mit dem Satz:
    Am Waisenhaus war das Schild der Roesler-Handelsschule mit Farbe durchgestrichen worden, und darunter hing an einem Bindfaden ein selbstgemachtes Holzschild mit der Aufschrift Die Kinderrepublik.


    und endet mit dem Satz:
    Dann ließ er mir mit einer Handbewegung den Vortritt, verbeugte sich und räusperte sich immer wieder, während er hinter mir die Straße entlangging.

    LG, Dani


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  • Das Lesen des Buches ist echt nicht einfach und das nicht weil es mir nicht gefällt, sondern weil es hart ist, was man so mitbekommt.


    Bedrückt haben mich hier besonders zwei Sachen. Aron sieht wie sein Vater auf offener Straße misshandelt wird und greift nicht ein. Warum unternimmt er nichts? Hätte man die Männer nicht ablenken können, so dass sie vom Vater ablassen? Und dann werden die älteren Brüder und der Vater zum Arbeitsbataillon abkommandiert. Hier war mir sofort klar, dass sie ihre Familie nie wiedersehen werden. Nur die Mutter fragt immer mal wieder, was aus ihnen wohl geworden ist, Aron scheint sich dafür nicht zu interessieren, was ich sehr verwunderlich finde.


    Erschreckt hat mich, dass die Jungen nicht vor Mord zurückschrecken. :entsetzt: Und berührt hat mich als die Mutter an Fleckfieber starb. Wahrscheinlich hatte Aron außer zu seiner Mutter keine wirklich enge Bindung in der Familie und die ist ihm nun genommen worden.


    Das Leben im Ghetto wird auch immer schlimmer. Könnt ihr euch vorstellen Brot aus Kartoffelschalen und Sägemehl zu essen? Das klingt so grausam.


    Am meisten verabscheue ich Lejkin, der nur nach seinem Vorteil aus ist und Aron gar nicht wirklich sagt, was er für ihn ist. Der unnötige Tod von Lutek hat mich erschreckt. Hätte Aron das nicht wissen müssen, dass das passiert?


    Nun bin ich gespannt wie es Aron im Heim ergeht. Erstaunlich, dass Korczak ihn aufnimmt, wo dieser doch genau weiß, dass Aron und seine Bande die Heimkinder ausgenutzt haben.


    Ich habe die schlimme Befürchtung, dass wir im letzten Abschnitt Arons Tod miterleben werden. :heul:

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Wie absolut furchtbar und grauenvoll, dass Aron nach und nach die ganze Familie abhanden kommt! Die Szene mit Arons Vater, der vor dem Haus von den Deutschen verprügelt wird, kommt mir wie der Anfang vom Ende vor - danach geht es stetig bergab.


    Irgendwie ist die ganze Gesellschaft total verwahrlost, man hat gar keine andere Möglichkeit, als nur an sich zu denken. Außer Korczak - der tickt komplett anders und ist schon dadurch unheimlich - weil er einfach tut, was er für richtig stellt - ob das der Mut der Verzweiflung ist? Ich glaube nicht, ich glaube, er ist so ein Fatalist, der davon beseelt ist, das richtige, wirklich Wichtige zu tun- also den Kindern zu helfen - und ihm ist vollkommen schnurz, was mit ihm selbst passiert. Das Theaterstück, was sie aufgeführt haben, fand ich sehr mutig, zumal Hitler darin dargestellt wird.


    Arons Mutter ist auf eine bestimmte Art und Weise eine besondere Frau, die versucht, auch im Elend noch ein gewisses Niveau, eine gewisse Kultur zu wahren und sich auch anderer Kinder annimmt, die aus ihrer Sicht Potential haben.


    Boris finde ich von Anfang an absolut grauenvoll und das wird umso deutlicher, als er später Aron aus dessen eigener Wohnung wirft. Irgendwie kommt er sich aber ziemlich toll vor.


    Irgendwann ist Arons Weg nur noch mit Toten gepflastert: Lutek wird neben ihm erschossen, seine Mutter stirbt, Vater und Brüder sind wer weiß wo, wenn nicht auch schon tot. Und ich finde es so traurig, dass alle immer Aron die Schuld geben, gerade auch bei der Sache mit Lutek. Wer weiß, ob die Bande nicht schon viel früher "ausgeschaltet" worden wäre, wenn Aron nicht seine - zugegebenermaßen erzwungenen - Kontakte zu Lejkin und diesem Wittossek gehabt hätte, die ich beide auch ganz furchtbar finde.


    Ein paar Zitate habe ich noch gefunden "doch im Dunkeln konnte ich meine Familie wiedersehen" (S. 159), das fand ich total erschütternd, ebenso wie diese Korczak zugeschriebene Passage: "Wir hätten jetzt einen Punkt erreicht, an dem tote Kinder uns nicht mehr beeindrucken. Wer den Tod eines Mitmenschen nicht ruhig betrachten könne, dessen eigenes Leben sei hundertmal mehr wert." (S.185f.)


  • Am meisten verabscheue ich Lejkin, der nur nach seinem Vorteil aus ist und Aron gar nicht wirklich sagt, was er für ihn ist. Der unnötige Tod von Lutek hat mich erschreckt. Hätte Aron das nicht wissen müssen, dass das passiert?


    Ich finde Lejkin auch ganz schrecklich, auch wenn ich gewissermaßen nachvollziehen kann, dass jeder versucht, so heil wie möglich aus dem Elend rauszukommen. Ich frage mich, ob Aron in der Situation eine Wahl hatte. Und er ist immer noch ein Kind, ob er das so eingeschätzt hat?

  • Die Leichtigkeit aus dem ersten Abschnitt ist im zweiten Abschnitt vollkommen verschwunden. Die Szenen sind grausam, brutal und nur sehr schwer erträglich.
    Dass Aron seinem Vater nicht hilft konnte ich sehr gut nachvollziehen. Selbst ein Erwachsener hätte da wahrscheinlich sehr viel Angst gehabt, aber Aron ist ein Kind. So schnell reagieren und auf eine Idee kommen ist in so einer Situation sehr schwer.


    Korzak ist ein bewundernswerter und unglaublich guter Mann. Ich habe gestern geheult, als ich seinen Wikipedia-Biografie gelesen habe.


    Ich bin mit dem zweiten Abschnitt noch nicht fertig.

  • An den Stil habe ich mich inzwischen ganz gewöhnt.


    Und irgendwie finde ich es gut, dass hier alle menschlichen Eigenschaften dargestellt werden, auch die negativen. Aron und die anderen Kinder lügen, betrügen, stehlen und schlagen sich gegenseitig, schrecken auch vor brutaler Gewalt nicht zurück, wie Boris mit dem anderen Bandenführer. In ihrer kleinen Clique sind sie auch nicht wirklich Freunde, eher vom Schicksal zusammengewürfelt. Dennoch ist es erschütternd, als Lutek erschossen wird, weil Aron immer noch wieder mit Lejkin zusammenarbeit. Aber konnte er denn wissen, was Lejkin vorhat oder was sich daraus entwickelt? Und hatte er eine Wahl, hätte er etwas anders machen können oder wäre er dann schon längst selber tot? Ich finde, man darf ihm keinen Vorwurf machen, er ist ein Kind, kann das alles gar nicht richtig überblicken und hat ganz sicher nicht mit diesem Ausgang gerechnet. Und dass er sich danach verkriecht und mit niemandem reden will, ist auch nur zu verständlich.


    Korczak ist wie ein Wunder in dieser verrohten Gesellschaft, in der jeder nur noch für sich selbst kämpft oder schon fast aufgegeben hat. Er und sein Waisenhaus entlocken mir jedes mal, wenn ich über ihn lese, fassungslose Bewunderung und im nächsten Gedanken auch Scham, weil ich mir relativ sicher bin, dass ich nicht so ein selbstloser Mensch wäre.


    Und er nimmt nicht nur die "unschuldigen" Kinder auf, sondern eben auch solche wie Aron, obwohl er genau weiß, dass dieser mit seiner Bande andere bestohlen und wie im Fall des kleinen Jungen auch bedroht hat. Er nimmt ihn nach kurzer Zeit sogar mit auf seine tägliche Tour. Ob sich Aron durch den Umgang mit Korczak ändern wird?

    LG, Dani


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  • Das lesen fällt mir immer noch nicht leicht, aber es liegt nicht mehr nur an den ungewohnten Schreibstil, der mir nicht gefällt.


    Man sieht das alle schon so eingeschüchtert sind, den Aron sieht zu wie sein Vater vor der Tür verprügelt wird und greift nicht ein. Alle haben schon gelernt das man am besten unsichtbar ist und hoffen das keiner auf sie aufmerksam wird.


    Dann wird der Vater und die älteren Brüder abgeholt um angeblich verschiedene Arbeiten zu verrichten. Ich glaube nicht daran das sie wieder zurückkommen, so wurde die Familie nur ruhig gestellt, wenn man Familienmitglieder abgeholt hat, damit die keinen Ärger machen.


    Als Aron Mutter dann Fleckfieber bekommen hat, empfand ich das erste mal die Geschichte etwas gefühlvoller, oder besser gesagt die Familie die dahinter steckt. Den alles andere wurde ja nur so dahin erzählt, in einen Tempo das mir für die Komplexität des Themas einfach zu schnell ist.


    Der Tod von Lutek lässt mich Aron das erste mal so menschlich erscheinen und mit dieser Last weiter zu leben ist bestimmt wirklich grausam. Wie konnte er Lejkin nur vertrauen, das die Schmuggler nicht betroffen sind ................................aber wenn es um das Überleben geht, wem kann man dann überhaupt noch trauen.


    Die Geschichte um Zofia war für mich so verwirrend umschrieben, das ich nur der hälfte wirklich folgen konnte. Ich weiß zwar das sie fliehen wollte, aber das war mir alles zu wirr beschrieben. Das lag nicht nur am Schreibstil, das war für mich kauderwelsch.



    Die Leichtigkeit aus dem ersten Abschnitt ist im zweiten Abschnitt vollkommen verschwunden. Die Szenen sind grausam, brutal und nur sehr schwer erträglich.
    Dass Aron seinem Vater nicht hilft konnte ich sehr gut nachvollziehen. Selbst ein Erwachsener hätte da wahrscheinlich sehr viel Angst gehabt, aber Aron ist ein Kind. So schnell reagieren und auf eine Idee kommen ist in so einer Situation sehr schwer.


    Korzak ist ein bewundernswerter und unglaublich guter Mann. Ich habe gestern geheult, als ich seinen Wikipedia-Biografie gelesen habe.


    Ich bin mit dem zweiten Abschnitt noch nicht fertig.


    Das stimmt, mit einem mal wird das ganze wirklich so grausam und brutal und macht einen dieses ausweglose Situation wirklich bewusst.
    Die Biografie hat mich gestern auch sehr betroffen gemacht und ich finde diesen Mann wirklich sehr beeindruckend.
    Wenn ich nun weiß, wie sein Leben endet, dann wird das Buch bestimmt noch sehr traurig.


  • Und irgendwie finde ich es gut, dass hier alle menschlichen Eigenschaften dargestellt werden, auch die negativen. Aron und die anderen Kinder lügen, betrügen, stehlen und schlagen sich gegenseitig, schrecken auch vor brutaler Gewalt nicht zurück, wie Boris mit dem anderen Bandenführer. In ihrer kleinen Clique sind sie auch nicht wirklich Freunde, eher vom Schicksal zusammengewürfelt. Dennoch ist es erschütternd, als Lutek erschossen wird, weil Aron immer noch wieder mit Lejkin zusammenarbeit. Aber konnte er denn wissen, was Lejkin vorhat oder was sich daraus entwickelt? Und hatte er eine Wahl, hätte er etwas anders machen können oder wäre er dann schon längst selber tot? Ich finde, man darf ihm keinen Vorwurf machen, er ist ein Kind, kann das alles gar nicht richtig überblicken und hat ganz sicher nicht mit diesem Ausgang gerechnet. Und dass er sich danach verkriecht und mit niemandem reden will, ist auch nur zu verständlich.


    Ich sehe das genauso - inzwischen wundere ich mich auch nicht mehr über das Stehlen,weil nur das blanke Überleben zählt. Und ich stimme Dir zu - Aron konnte das doch nicht vorausahnen und ich glaube, die anderen auch nicht, aber als es nun mal geschehen war, gaben sie ihm die Schuld. Dabei war das ein kompletter Selbstläufer und überhaupt: ich habe den Eindruck, dass wirklich jeder dran sein kann, jederzeit! Das ist eine gewisse Achtlosigkeit im Umgang mit dem Tod, die unglaublich ist.


  • Ich finde Lejkin auch ganz schrecklich, auch wenn ich gewissermaßen nachvollziehen kann, dass jeder versucht, so heil wie möglich aus dem Elend rauszukommen. Ich frage mich, ob Aron in der Situation eine Wahl hatte. Und er ist immer noch ein Kind, ob er das so eingeschätzt hat?


    Ich schätze mal, dass Aron gar nicht wusste, was das heißt. Wie du schon schreibst, er ist eben noch ein Kind. Beim Lesen habe ich das manches Mal fast vergessen...

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)


  • Ich schätze mal, dass Aron gar nicht wusste, was das heißt. Wie du schon schreibst, er ist eben noch ein Kind. Beim Lesen habe ich das manches Mal fast vergessen...


    Ich kann mir vorstellen, dass das damals tatsächlich so war, denn Kinder konnten nicht mehr Kinder sein. Ich habe mal eine Dokumentation von den letzten Aufgeboten der Wehrmacht in Gefangenschaft gesehen: da waren wirklich kleine Jungs dabei (offensichtlich aus der Flak), die wurden genau wie die Erwachsenen behandelt. Aus heutiger Sicht kaum mehr vorstellbar.

  • Wie alt ist Aron eigentlich? Ich habe 13 Jahre im Kopf, bin mir aber nicht mehr sehr sicher. Er hätte eigentlich wissen müssen, auf was er sich einlässt, zuerst als er sich als Informant anheuern lässt und später, als er seinen Freund und sich lebst verrät. Allerdings hatte er keine Wahl, selbst Boris hat ihn gedrängt sich zu melden, und als er später nach Informationen gefragt wurde, wäre es sicher gefährlich gewesen, eine Antwort zu verweigern. Er hatte bestimmt nicht damit gerechnet, dass er damit seinen Freund umbringt.


    Sehr traurig fannt ich, als Arons Mutter stirbt und wie er danach heimatlos umherstreift und sofort aus der Wohnung geworfen wird. Jeder hat sich um sich selbst gekümmert. Ein Mann wie Korczag ist wirklich eine bewundernswerte Ausnahme in dieser Situation.


  • Korczak ist wie ein Wunder in dieser verrohten Gesellschaft, in der jeder nur noch für sich selbst kämpft oder schon fast aufgegeben hat. Er und sein Waisenhaus entlocken mir jedes mal, wenn ich über ihn lese, fassungslose Bewunderung und im nächsten Gedanken auch Scham, weil ich mir relativ sicher bin, dass ich nicht so ein selbstloser Mensch wäre.


    Ich bewundere, dass du das so offen sagst. Ich hätte wahrscheinlich auch nur an mein eigenes Überleben gedacht. Vor allem wie Korczak betteln geht für die Kinder, fand ich besonders beeindruckend. Selbst wenn ihn einer ablehnt, hat er noch Argumente und bekommt, was er für die Kinder braucht. Ein Engel unter lauter Sündern...

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  • Die Leichtigkeit aus dem ersten Abschnitt ist im zweiten Abschnitt vollkommen verschwunden.


    Das Leben im Ghetto wird immer schwieriger. Arons Situation verschlechtert sich immer mehr. Der Verlust des Vaters und seiner Brüder, der doch lange Zeit von der Hoffnung auf deren Rückkehr geprägt war, war erst der Anfang. Der Tod der Mutter, der den Verlust der Wohnung nach sich zog, brachte über Umweg Aron in Korczaks Waisenhaus.
    Stück für Stück kommt Aron seine Zuversicht abhanden.
    Bei Korczak findet er Sicherheit, aber er muss ein Stück seiner Unabhängigkeit aufgeben. Damit kommt er nicht zurecht, daher möchte er nicht dort bleiben. Aber wo soll er hin?


    Was empfindet Aron? Anfangs fand ich ihn recht abgestumpft. Er musste sich ständig behaupten, wenn er nur etwas Anerkennung wollte. Für den Vater und die älteren Brüder, ja sogar für den Onkel, war er ein Dummkopf. Auch die Mutter hielt ihn nicht für sonderlich schlau. Seine Bande gab ihm zu verstehen, dass ihn keiner mag. Welche Bindung hat so ein Mensch überhaupt zu anderen? Seine Mutter liebte er - aber wie ist/war es mit den anderen? Familie ist Familie, also in seinem Fall Schutz und wenn es nur vor dem Alleinsein ist. Lutek dagegen war sicher sein einziger Freund. Bei Zofia bin ich mir nicht ganz sicher. Auch wenn sie ihn immer so anfuhr, glaube ich, dass sie ihn mochte.
    Was möchte Aron? Er ist nun alleine, denkt er überhaupt an die Zukunft, oder ist er so traumatisiert von Tod der Mutter und Lutek, dass er die Zukunft völlig ausblendet.


    Korczak nimmt in diesem Abschnitt mehr Raum ein. Es wird kurz angedeutet, welch bekannter Mann er war. Sein Verhalten spiegelt seine Einstellung zu Kindern und Erziehung doch sehr gut wider. Er muss ein außergewöhnlicher Mensch gewesen sein. Mit welcher Beharrlichkeit er für seine Kinder betteln ging, bewundernswert! Das Waisenhaus war sein Leben.


    Lejkin. Er benutzt Aron. Aber auch er will überleben und Aron kam lebend zurück. Also muss es eine Absprache gegeben haben, dass ihm nichts passiert. Ob er wusste, dass der andere Junge erschossen werden würde? Warum hat man das nicht an Ort und Stelle gemacht? Bei den anderen war es doch auch so. :gruebel:



    Wie alt ist Aron eigentlich? Ich habe 13 Jahre im Kopf, bin mir aber nicht mehr sehr sicher. Er hätte eigentlich wissen müssen, auf was er sich einlässt, zuerst als er sich als Informant anheuern lässt und später, als er seinen Freund und sich lebst verrät. Allerdings hatte er keine Wahl, selbst Boris hat ihn gedrängt sich zu melden, und als er später nach Informationen gefragt wurde, wäre es sicher gefährlich gewesen, eine Antwort zu verweigern. Er hatte bestimmt nicht damit gerechnet, dass er damit seinen Freund umbringt.


    Ich meine mich zu erinnern, dass er 12 oder 13 ist. Boris hat ihn und auch die ganze Bande unter seiner Kontrolle gehabt. So brutal wie er war, konnte man es fast bedauern, dass Lutek an diesem Tag mit Aron unterwegs war und nicht er.
    Lejkin die Antwort weiter zu verweigern, barg auch Gefahren in sich. Dass er allerdings schon vorher für diesen Spitzelarbeit geleistet hat, habe ich nicht recht verstanden. Ich hatte es so verstanden, dass Aron ihn für Auskünfte bezahlt hat. Wie etwa mit den Stiefelknecht.


    Luteks Tod macht Aron recht zu schaffen. Dass ist sicher nicht nur die Angst, dass die anderen seinen "Verrat" erkennen könnten. Aron ist sich bewusst, dass er mit Lutek einen der "Guten" verloren hat. Einem, der bei Boris Machenschaften nicht stillgehalten hätte.


    2/3 des Romans sind gelesen, aber so recht kann er mich nicht begeistern. Ich musste eben erst noch mal ein paar Passagen lesen, damit ich mich wieder erinnerte, was genau geschehen ist, obwohl ich es erst gestern Abend gelesen hatte. :sauer:

  • Mir gefällt die Umsetzung dieses schwierigen Themas bis jetzt sehr gut, wenn man von "gefallen" sprechen kann. Aron verroht immer mehr, aber deutlich weniger als andere. Er lässt sich von seiner Bande erfolgreich einreden, dass er nur an sich selbst denkt - verständlich, denn genau das hat er ja sein Leben lang gehört.


    Der Tod seiner geliebten Mutter bringt die Zäsur durch die Gestalt von Janusz Korczak. Zum ersten Mal kommt Aron in eine Umgebung, die ihn vorbehaltlos akzeptiert.


  • Irgendwie ist die ganze Gesellschaft total verwahrlost, man hat gar keine andere Möglichkeit, als nur an sich zu denken. Außer Korczak - der tickt komplett anders und ist schon dadurch unheimlich - weil er einfach tut, was er für richtig stellt - ob das der Mut der Verzweiflung ist? Ich glaube nicht, ich glaube, er ist so ein Fatalist, der davon beseelt ist, das richtige, wirklich Wichtige zu tun- also den Kindern zu helfen - und ihm ist vollkommen schnurz, was mit ihm selbst passiert. Das Theaterstück, was sie aufgeführt haben, fand ich sehr mutig, zumal Hitler darin dargestellt wird.


    Ich glaube auch, dass Korczak von der festen Überzeugung angetrieben wurde, das Richtige zu tun - das war das, woran er geglaubt hat und was ihm die Kraft gab, täglich gegen das ganze Elend anzukämpfen. Fatalistisch ist er auf jeden Fall in dem Sinne, wie es zum Beispiel auch die Widerstandskämpfer waren. Aber anders geht es auch nicht; sobald man nicht mehr frei ist in seinen Entscheidungen, weil man sich zu sehr um das eigene Leben oder das der Angehörigen sorgt, geht man Kompromisse ein und tut Dinge, die eigentlich gegen die persönliche Überzeugung verstoßen, so wie Aron, als er sich nicht traut, seinem Vater zu Hilfe zu kommen.


    Obwohl es ja eigentlich absehbar war, dass Aron seine Familie verlieren wird, hat es mich doch traurig gemacht. Der Tod des kleinen Bruders und der Mutter haben mich allerdings stärker berührt als das Schicksal der anderen Familienmitglieder. Vor allem Arons Brüder blieben für mich sehr blass und ich konnte mir nicht mal Bilder zu ihnen machen. Dass sie einfach "verschwinden", war daher ganz passend.



    Was empfindet Aron? Anfangs fand ich ihn recht abgestumpft. Er musste sich ständig behaupten, wenn er nur etwas Anerkennung wollte. Für den Vater und die älteren Brüder, ja sogar für den Onkel, war er ein Dummkopf. Auch die Mutter hielt ihn nicht für sonderlich schlau. Seine Bande gab ihm zu verstehen, dass ihn keiner mag. Welche Bindung hat so ein Mensch überhaupt zu anderen? Seine Mutter liebte er - aber wie ist/war es mit den anderen? Familie ist Familie, also in seinem Fall Schutz und wenn es nur vor dem Alleinsein ist. Lutek dagegen war sicher sein einziger Freund. Bei Zofia bin ich mir nicht ganz sicher. Auch wenn sie ihn immer so anfuhr, glaube ich, dass sie ihn mochte.


    Aron hat mir in diesen Abschnitten sehr leid getan. Er hat niemanden, der ihm sagt, dass er ihn so mag, wie er ist; folglich kann sich Aron auch selbst nicht akzeptieren und hat das Gefühl, niemals den Erwartungen der Anderen gerecht zu werden. Das muss furchtbar sein, so ganz ohne inneren Halt. Kein Wunder, dass sich Aron in Dinge verwickeln lässt, die er lieber hätte lassen sollen, wie seine dubiosen Kontakte. Ich fürchte, das wird nicht gut ausgehen.


    Ich glaube auch, dass Zofia entgegen ihrer Aussagen Aron mag, aber in solchen Zeiten ist es gefährlich, sich zu sehr an jemand anderen zu hängen - die Menschen sterben wie die Fliegen, ob durch Krankheit oder Gewalt, und auch wer anderen zu sehr vertraut macht sich verletzbar. Er kann verraten werden, weil die meisten nur an den eigenen Vorteil denken.
    Vielleicht übt Janusz Korczak auch deshalb eine Faszination auf Aron aus, weil er das genaue Gegenteil von ihm ist: Ein guter Mensch, der sich selbstlos für andere einsetzt, ohne auf die Gefahren für sich selbst zu achten. Es scheint Aron ja schon zu treffen, wenn er sich immer wider von anderen anhören muss, dass er nur an sich selbst denkt - wäre er davon selbst überzeugt oder fände es sogar richtig so, würde er anders reagieren. So scheint er mir trotz seiner harten Fassade immer ein bisschen betroffen zu sein, wenn andere ihm sagen, dass er nur an sich selbst denkt oder dass ihn keiner leiden könne. Vielleicht hat er den Wunsch, mehr wie Janusz Korczak zu sein.


    Ich verfolge die Ereignisse gespannt und habe auch immer mal wieder Mitleid mit Aron, aber ich kann nicht behaupten, dass ich mit ihm mitleiden würde. Vor Jahren habe ich "Ein Stück Himmel" von Janina David gelesen, was mich wirklich gefesselt hat und wo ich mit der Protagonistin mitgebangt und mitgelitten habe. Vielleicht liegt es daran, dass Aron so wenig mit sich selbst im Reinen ist und man daher kein klares Bild von ihm bekommt.


  • Mir gefällt die Umsetzung dieses schwierigen Themas bis jetzt sehr gut, wenn man von "gefallen" sprechen kann. Aron verroht immer mehr, aber deutlich weniger als andere. Er lässt sich von seiner Bande erfolgreich einreden, dass er nur an sich selbst denkt - verständlich, denn genau das hat er ja sein Leben lang gehört.


    Eine wirklich grausame Szene, oder? Und das ist jetzt nicht als Vorwurf gegen den Rest der Gruppe gemeint! Aber viele werden zu Einzelkämpfern, versuchen, irgendwie zu überleben und sind sich selbst dann der Nächste. Eine Mitmenschlichkeit wie sie Janusz Korczak und Stefania Wilczyńska - bis zum Äußersten - an den Tag gelegt haben, ist in solch brutalen, unmenschlichen Zeiten sehr rar.
    Das zeigt sich in mehreren Szenen, wie die vor Arons Haus, als sein Vater zusammengetreten wird, oder als dem Jungen ins Gesicht geschossen wird. Es gibt kleine, lichte Momente - zum Beispiel, als Boris Zofia anweist, dem eben noch gellend schreienden Jungen ein Sacharin-Bonbon zu geben. Aber als der mehr fordert, kommt gleich wieder die Härte bei Boris durch.
    Es ist ein Selbstschutz, denn auch Adina ist hart zu Aron, gibt ihm aber - als er zuletzt an ihr Fenster klopft - immerhin ein paar winzige Stücke Brot.
    Bei den einen verwischen moralische Bedenken schnellt (z.B. bei Boris, der einen rivalisierenden Anführer mit einem Stein schlägt), andere halten umso vehementer an sinnlos gewordenen Regeln fest (Arons Mutter, die Stehlen noch immer für Unrecht hält). Ich halte es da ganz eindeutig mit Aron, der Hunger für Unrecht hält!


    Zitat

    Der Tod seiner geliebten Mutter bringt die Zäsur durch die Gestalt von Janusz Korczak. Zum ersten Mal kommt Aron in eine Umgebung, die ihn vorbehaltlos akzeptiert.


    Wenn ich über Janusz Korczak und auch Stefania Wilczyńska lese, dann treibt es mir wirklich die Tränen in die Augen. Ein solch bemerkenswert menschliches, uneigennütziges Verhalten macht mich wirklich sprachlos! Solche Menschen bringen noch heute sehr viel Licht - weil sie zeigen, dass Menschen eben auch ganz anders sein können.

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Ich glaube auch, dass Korczak von der festen Überzeugung angetrieben wurde, das Richtige zu tun - das war das, woran er geglaubt hat und was ihm die Kraft gab, täglich gegen das ganze Elend anzukämpfen. Fatalistisch ist er auf jeden Fall in dem Sinne, wie es zum Beispiel auch die Widerstandskämpfer waren. Aber anders geht es auch nicht; sobald man nicht mehr frei ist in seinen Entscheidungen, weil man sich zu sehr um das eigene Leben oder das der Angehörigen sorgt, geht man Kompromisse ein und tut Dinge, die eigentlich gegen die persönliche Überzeugung verstoßen, so wie Aron, als er sich nicht traut, seinem Vater zu Hilfe zu kommen.


    Ja genau, Korczak ist kompromisslos - was sein eigenes Gewissen und seine Überzeugung angeht. Dass er dafür wirklich alles gibt, macht ihn für mich zu einem Helden (und das, wo ich mit Heldentum sonst so wenig anfangen kann). Es gab im Widerstand aber auch in kleineren persönlichen Hilfsaktionen immer wieder Menschen, die für das, an was sie glaubten, alles gegeben haben oder hätten. Für mich zeugt das von unfassbarem Mut - durch was auch immer er gekommen sein mag, da der Antrieb solcher Menschen ja aus ganz unterschiedlich Befindlichkeiten oder Überzeugungen stammten.
    Hier wird der Kontrast zu dem einarmigen Offizier besonders deutlich. Er mag vielleicht nicht der Grausamste in Warschau gewesen sein - aber er stützt die beginnende Vernichtung der osteuropäischen Juden, beteiligt sich an einem Angriffskrieg und will auf der anderen Seite Lob dafür, dass er ein guter Mensch ist, weil er den schmuggelnden Kindern im Ghetto nichts getan hat, außer ihnen das Geld abzuknöpfen und die Zlotys an andere Juden zu verteilen.


    Zitat

    Obwohl es ja eigentlich absehbar war, dass Aron seine Familie verlieren wird, hat es mich doch traurig gemacht. Der Tod des kleinen Bruders und der Mutter haben mich allerdings stärker berührt als das Schicksal der anderen Familienmitglieder. Vor allem Arons Brüder blieben für mich sehr blass und ich konnte mir nicht mal Bilder zu ihnen machen. Dass sie einfach "verschwinden", war daher ganz passend.


    Zumal das Schicksal des Vaters und seiner älteren Söhne ja (aus unserer heutigen Sicht) leider absolut absehbar war. Ich denke, dass Aron einfach keine besonders gute und ausgeprägte Beziehung zu seinen zu diesem Zeitpunkt noch lebenden Brüdern hatte - vermutlich sind sie deutlich älter als er. Deshalb bleiben sie wahrscheinlich blass, ebenso wie der Vater, mit dem Aron erheblich weniger Berührungspunkte als mit der Mutter hatte.


    Zitat

    Ich glaube auch, dass Zofia entgegen ihrer Aussagen Aron mag, aber in solchen Zeiten ist es gefährlich, sich zu sehr an jemand anderen zu hängen - die Menschen sterben wie die Fliegen, ob durch Krankheit oder Gewalt, und auch wer anderen zu sehr vertraut macht sich verletzbar.


    Ich habe mit auch vorgestellt, dass Zofia Aron schon alleine aus Selbstschutz nicht näher an sich heranlässt. Noch jemand, um den man sich sorgt, noch jemand, dessen Verlust einem das Herz aus der Brust reißen könnte...
    Je weniger Leute man sich an sich heranlässt, desto weniger Skrupel hat man, desto mehr kann man "guten Gewissens" nur an sich denken...



    Für mich ist Aron nicht unbedingt ein Sympathieträger, auch wenn er mir häufig sehr leid tut. Zusätzlich zu den Brutalitäten, den schrecklichen Dingen und den traumatisierenden Verlusten, die die Bewohner des Ghettos durchleben müssen, zeigt sich an seinem Beispiel eben die Verrohung untereinander, die fast nur noch vom eigenen Überlebenswillen geprägt ist. Deshalb finde ich das Buch inzwischen auch schonungslos und verstörend.

    Liebe Grüße

    Tabea


  • Deshalb finde ich das Buch inzwischen auch schonungslos und verstörend.


    Damit triffst du es genau auf den Punkt. Ohne auf die Tränendrüse zu drücken, geht die Erzählung an die Substanz.


  • Ich glaube auch, dass Zofia entgegen ihrer Aussagen Aron mag, aber in solchen Zeiten ist es gefährlich, sich zu sehr an jemand anderen zu hängen - die Menschen sterben wie die Fliegen, ob durch Krankheit oder Gewalt, und auch wer anderen zu sehr vertraut macht sich verletzbar.



    Wenn Zofia Aron nicht gemocht hätte, dann wäre es nie dazu gekommen, dass sie ihm sagt, dass er ein guter Junge ist, auch wenn er diesen Ausspruch nicht mehr gehört hat.