Victoria Mas - Die Tanzenden

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  • Laut meinem Exemplar Erscheinungstermin 06.04.20, aber dieser scheint verschoben...


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    Gebundene Ausgabe: 240 Seiten

    Verlag: Piper; Auflage: 2. (6. Juli 2020)

    Sprache: Deutsch

    ISBN-10: 3492070140

    ISBN-13: 978-3492070140

    Originaltitel: Le Bal des Folles


    Inhaltsangabe:


    Ganz Paris will sie sehen: Im berühmtesten Krankenhaus der Stadt, der Salpêtrière, sollen Louise und Eugénie in dieser Ballnacht glänzen. Ob die Hysterikerinnen nicht gefährlich seien, raunt sich die versammelte Hautevolee zu und bewundert ihre Schönheit gerade dann, wenn sie die Kontrolle verlieren. Für Louise und Eugénie aber steht an diesem Abend alles auf dem Spiel: Sie wollen aus ihrer Rolle ausbrechen, wollen ganz normale Frauen sein, wollen auf dem Boulevard Saint-Germain sitzen und ein Buch lesen dürfen, denken und träumen und lieben dürfen wie die Männer.


    Autoreninfo:


    Victoria Mas, 1987 in Le Chesnay geboren, hat acht Jahre lang in den USA gelebt und dort als Script Supervisor, Standfotografin und Übersetzerin beim Film gearbeitet. Zurück in Paris, studierte sie Literatur an der Sorbonne und ist heute als freie Autorin und Journalistin tätig. Ihr Debüt "Die Tanzenden" erscheint in sechzehn Ländern und wurde mit mehreren Preisen geehrt, darunter dem Prix Stanislas und dem Prix Renaudot des lycéens.


    Meine Meinung:


    Titel:So viel mehr als nur ein Frauenroman...


    Als ich zu diesem Roman griff, bin ich davon ausgegangen, dass er von starken Frauencharakteren handeln wird, aber was ich bekam war so viel mehr als das.


    In der Geschichte geht es um drei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Louise ist Patientin in einer Anstalt, Geneviève ist dort Aufseherin und Eugénie ist ein junges Mädel aus gutem Hause, die immer etwas über die Stränge schlägt. Was verbindet die Drei miteinander und wird jede ihr Glück finden können?


    Die junge Autorin entführt uns in das Paris des späten 19. Jahrhunderts. Hier in der berühmten Salpêtrière werden die ersten Maßnahmen und Therapien in Sachen psychiatrischer Behandlung gewagt und wir erleben das Wirken des berühmten Dr. Charcot. Ich habe mir bisher kaum Gedanken zu diesem Thema gemacht und war doch sehr geschockt über die Experimente, die an den ausschließlich weiblichen Patientinnen gewagt werden. Man sollte bei dieser Lektüre auf Schockmomente vorbereitet sein.


    Frau Mas zeichnete für mich ein unheimlich authentisches Bild der damaligen Gesellschaft, in der die Männerwelt den Ton angibt und Frauen nur nach deren Wünschen agieren dürfen. Da ist man direkt froh als Frau von heute, dass diese Zeiten vorbei sind.


    Die drei dargestellten Frauen haben jede für sich ihr Päckchen zu tragen. Trotz aller Unterschiede einte sie stets eins: sie wollen nur ein selbstbestimmtes Leben führen, was ihnen aber leider teils verwehrt bleibt aufgrund ihres Geschlechtes. Ich mochte am liebsten Eugénie, weil sie mir am ähnlichsten ist. Sie ist ihrer Zeit weit voraus und nimmt kein Blatt vor dem Mund, auch wenn sie dafür die Konsequenzen tragen muss. Bemitleidet habe ich die beiden anderen, denn auch wenn Geneviève keine eingesperrte Patientin ist, so hat sie genauso wenig Freiheiten wie Louise.

    Der Roman zeigt die Anfänge der Medizin sehr schonungslos und ungeschönt, womit man als Leser klar kommen muss. Mir hat dies nichts ausgemacht, da mir durchaus klar ist, dass das was wir heute an Privilegien und medizinischen Möglichkeiten haben, alles hart erkämpft worden ist.


    Mich hat das Buch unglaublich gut unterhalten und mir die Augen geöffnet, denn durch das Leid anderer damals, müssen Menschen heute weniger aushalten.


    Fazit: Berührende Geschichte, die man so schnell nicht vergisst und die noch lange nachwirkt. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. Klasse!


    Bewertung: 5ratten und :tipp:

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Das klingt interessant, danke für die Rezi!


    Zum Thema "Hysterikerinnen", Dr. Charcot und den "Behandungsmethoden" von damals kann ich auch "Runa" von Vera Buck empfehlen. Was damals mit den armen Frauen gemacht wurde, ist allerdings nichts für schwache Nerven.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Dieser Roman spielt Ende des 19. Jahrhunderts in Paris. Es ist eine Zeit, in der die Männer bestimmten und die Frauen sich unterzuordnen hatten. Wer als Frau ein bisschen aus der Spur geriet, wurde als Hysterikerin bezeichnet und schnell in eine Anstalt abgeschoben. In Paris ist es das Hôpital de la Salpêtrière, in dem viele solcher Frauen von ihrer Familie oder ihrem Mann untergebracht wurden. Das Salpêtrière hatte ein Amphitheater, in der die Hysterikerinnen zur Schau gestellt wurden.


    Während es in Paris schneit, sollen bei der Ballnacht die Tänzerinnen Louise und Eugénie einen Auftritt haben. Das Publikum ist sensationslüstern und hofft auf besondere Unterhaltung. Doch die Frauen, die hier vorgeführt werden, wollen nur ein gleichberechtigtes Leben in Freiheit, sie wollen das, was den Männern bisher vorbehalten ist. Louise und Eugénie wollen aus der Rolle der Hysterikerinnen ausbrechen. Wird es ihnen gelingen?


    Es ist eigentlich eine sehr deprimierende Geschichte und doch ist es der Autorin gelungen, alles sehr lebendig zu erzählen.


    Die Charaktere sind interessant und authentisch dargestellt. Die Hauptpersonen sind sehr unterschiedlich und doch gibt es Verbindungen. Louise wird von Professor Jean-Martin Charcot mit Hypnose behandelt, da sie unter gynäkologisch bedingter Hysterie leiden soll.


    Geneviève ist die Tochter eines Arztes, aber sie hat nicht die Möglichkeit, diesen Beruf zu ergreifen und ist so im Salpêtrière als Aufseherin gelandet. Sie hat einen Verlust erlitten, versagt sich aber die Trauer. Sie hinterfragt die Behandlungen der Ärzte nicht und empfindet auch keine Empathie für ihre Schutzbefohlenen.


    Als Eugénie eingewiesen wird, kommt sie Geneviève nicht verrückt vor. Eugénie stammt aus einer wohlhabenden Familie und wollte nicht heiraten. Auch dass sie Kontakt zu Toten aufnehmen konnte, war der Familie ein Dorn im Auge. Als sich die junge Frau Geneviève anvertraut, kommt eine unverhoffte Wendung in die Geschichte.


    Was zu jener Zeit in psychiatrischen Kliniken mit den Patienten geschah, ist erschreckend. Die Experimente sind furchtbar und oft sehr brutal. Umso schlimmer ist es, wenn gesunde Frauen in so eine Anstalt abgeschoben und damit den Ärzten ausgeliefert werden, nur weil sie unbequem sind. Wenn man sie dann auch noch zur Schau stellt, ist das nur menschenverachtend. Leider konnte ich den Schmerz der Frauen, die solche Demütigungen ertragen musste, nicht wirklich fühlen. Dennoch geht einem die Geschichte nahe.


    Mir hat dieser historische Roman gut gefallen.


    4ratten