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Titel: Die Hohenzollern und die Nazis.Geschichte einer Kollaboration
Autor: Stephan Malinowski (Dr.)
Allgemein:
752 S.; Propyläen Verlag, 2021
Zitat von AmazonInhalt:
Seit über 100 Jahren haben die »Oberhäupter« der Hohenzollern immer wieder mit Juristen, Historikern, Journalisten, Ghostwritern und PR-Beratern zusammengearbeitet, mit deren Hilfe sie das Bild der Familie in der Öffentlichkeit aufpolierten. Nun werden Rollen und Selbstdarstellung der wichtigsten Familienmitglieder von einem der besten Kenner der Materie erstmals analysiert und dargestellt: In einer großen historischen Erzählung zieht Stephan Malinowski den Bogen über drei Generationen von 1918 bis in die Gegenwart und beschreibt das politische Milieu, in dem sich ihre Akteure bewegten.
Meine Meinung:
Stephan Malinowski Publikation ist eigentlich eine Antwort auf einen Streit, der auf verschiedenen Ebenen auch zwischen ihm und der Familie der Hohenzollern geführt wurde. Doch seine Antwort auf verschiedene unangenehme Fragen, die sich aus dem Quellenmaterial ergeben, Ist keine polemische, sondern eine wissenschaftlich fundierte und überprüfbare.
Angesichts der offenkundlichen Quellen scheint es auf den ersten Blick verwunderlich, dass es der Familie gelungen ist, das Bild der ehemaligen Kaiserfamilie im Hinblick auf ihre Rolle in der Weimarer Republik und der NS Diktatur so klein halten zu können. Die Bilder jener Zeit sprechen bereits ihre eigene Sprache und zeigen deutlich eine gänzlich andere Wahrheit, als die welche von Seiten der Hohenzollern verbreitet wird.
Wer verstehen möchte, welche Säulen die politische Macht der NSDAP stützte, nämlich unter anderem die alten Eliten aus dem Kaiserreich, kommt gerade an der ehemaligen Kaiserfamilie nicht vorbei. Das zeigt Malinowksi hier klar auf.
Die Deutung der Rolle der ehemaligem Kaiserfamilie für die politische Neuorientierung in der Weimarer Republik und vor allem für die Erstarkung der NSDAP nach 1945 ist bezeichnend für die Aufarbeitung der NS Diktatur in der BRD. Viele wollen es auf einmal nicht gewesen sein. Entweder wurde komplett geschwiegen oder die eigene Rolle relativiert. Im Falle der Hohenzollern ging die Familie sogar soweit, sich näher an den Widerstand des 20. Juli 1944 zu rücken und den ehemaligen Kronprinzen gar als Widerständler zu zeichnen, der nur darauf gewartet habe, Hitler abzulösen. Interessant dabei ist durchaus, das bei dieser Linie aus dem Blick gerät was die Familie alles nicht getan hat… Sie hätte die Möglichkeit gehabt, sich zumindest in der Öffentlichkeit nicht instrumentalisieren zu lassen. Doch dieser Weg wurde nicht eingeschlagen.
Stephan Malinowski hat in akribischer Arbeit nachgezeichnet, wie die Familie ihre Position in der Weimarer Republik und dann in der Zeit nach 1933 sah und auch in der Öffentlichkeit vertrat.
Es ist merklich ein Werk das sich an den Streit der vor allem in den großen Tageszeitungen, den Gerichten und der Familie Hohenzollern geführt wird, richtet. Dementsprechend finden Laien eher einen schwereren Zugang. Es wäre wünschenswert, wenn in Zukunft zu diesem Thema auch leichter zugängliche Bücher für eine breite Öffentlichkeit erscheinen würden. Sonst wäre die Debatte doch wieder eine, die nur unter Eliten stattfindet. Obwohl sie meiner Meinung nach an ihr sehr gut zeigen lässt, wie die Geschichtsschreibung der BRD nach 1945 funktioniert hat. Zum Teil eben auch dadurch, dass die Eliten dafür sorgten, dass sie selbst über ihre Rolle schrieben und die Deutung durch selbst beauftragte Historiker dadurch gar nicht objektiv sein konnte.
Wer nicht davor zurück schreckt ein etwas sperriges, wissenschaftliches Buch zu diesem Thema zu lesen, dem sei die Lektüre auch abseits der Geschichtswissenschaft zu empfehlen.