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Fintan O'Toole erzählt die Geschichte Irlands seit 1958. Das ist das Jahr, in dem er geboren wurde und so ist es nicht nur die Geschichte Irlands, sondern auch seine Autobiografie. Ich bin mittlerweile am Ende der 1960er Jahre angekommen und bin gleichermaßen amüsiert, aber auch erschrocken.
Fintans eigene Geschichte ist oft witzig und sehr liebevoll, was seine Familie betrifft. Aber er verbindet auch jede Anekdote aus seinem Leben mit einem kleinen Abschnitt der irischen Geschichte und die sind nicht immer schön. Er erzählt von seinen Eltern, die es geschafft hatten, den engen Straßen Dublins zu entkommen und in einen Vorort zu ziehen, aber sie kehrten wieder zurück, um sich um seinen Großvater zu kümmern. Familie, aber auch Pflichterfüllung standen oft über den eigenen Wünschen.
Was mich erschreckt hat, war der Einfluss der Kirche. Dass Fernsehen als Teufelswerk bezeichnet wurde, ist amüsant. Dass Schüler auf einer katholischen Schule am Unterricht gehindert werden, weil ihre Haare zu lang sind, ist kleinlich. Wenn ein Bischof sich von seinem Fahrer vor einem Gottesdienst die Schuhe polieren lässt und der Mann dafür im Dreck knien muss, finde ich das anmaßend und verachtend. Hat ein Priester Fotos von Genitalien von Kindern und nennt als Grund, dass er die für anatomische Studien braucht und ein Bischof einen privaten Pool, in dem nur Jungen schwimmen dürfen ohne dass irgendjemand Fragen stellt... das ist der Punkt, an dem ich erst eine Lesepause gemacht habe.
Warum ich weiterlese? Weil Fintan O'Toole viele witzige Episoden einstreut. Seine erste Fahrt auf einer Rolltreppe, oder wie er seinen Cousins Todesangst einjagt, weil auf dem Friedhof um Punkt 18:00 Uhr die Geister aufwachen, der Besuch von John F. Kennedy in Irland oder der erste Besuch in England, wo alles so anders ist als in Irland- diese Dinge erzählt er durch die Augen des Jungen, der er zu dem Zeitpunkt war und das gefällt mir sehr gut.
Trotzdem ist der Einfluss der Kirche immer da, genau wie die unterschwellige Bedrohung durch die IRA und das zeigt, dass seine Kindheit in Irland nicht so unbeschwert war, wie es auf den ersten Blick scheint.