Primo Levi - Das periodische System

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 6.695 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Alice.

  • Primo Levi wurde 1919 in Italien als Sohn einer jüdischen Familie geboren und war schon als Kind von der Chemie fasziniert. In diesem autobiographischen Buch dienen verschiedene chemische Elemente als Kapitelüberschriften: Wasserstoff erinnert an die ersten chemischen Experimente, heimlich mit einem Freund durchgeführt im Labor von dessen älterem Bruder; Eisen ist seinem Studienfreund Sandro gewidmet, mit dem er das Bergsteigen entdeckte. In einem Nickelbergwerk arbeitete er während des Krieges, als er wegen seiner Religionszugehörigkeit eigentlich keine Arbeit finden konnte. Mit Kalium experimentierte er mit rudimentären Mitteln in einem heruntergekommenen Labor, um wissenschaftliche Erfahrung zu sammeln, unterstützt durch einen freundlich gesinnten Universitätsassistenten. Eine fehlerhaften Vanadiumverbindung führt ihn Jahre nach dem Krieg wieder mit dem Mann zusammen, der im Chemielabor von Auschwitz sein Vorgesetzter war.


    Die Jahre im Konzentrationslager und seine Rückkehr nach Italien bleiben leider völlig ausgespart, er verweist allerdings mehrmals auf seine anderen Bücher, in denen er diese Zeit beschreibt.


    Auch ein paar fiktive Geschichten, die er passend zu einigen Elementen geschrieben hat, finden sich in dem Buch wieder; im Gesamtzusammenhang fand ich diese ein wenig deplaziert. Sie sind interessant, doch während der Erzählfluss seiner Lebenserinnerungen trotz der Episodenhaftigkeit stets gewährt bleibt, unterbrechen diese Kurzgeschichten ihn eher. Vielleicht ist das auch Absicht, ich konnte es nicht erkennen.


    Ich habe die Ausgabe der SZ-Bibliothek gelesen, die leider auch wieder vereinzelt Druckfehler aufwies. Sehr hilfreich sind die Erläuterungen im Anhang für Leser wie mich, die von Details der italienischen Geschichte und Gesellschaft wenig Ahnung haben.


    Levis Sprache gefiel mir sehr gut, einige Szenen haben mich auch zum Schmunzeln gebracht, wie etwa das Kapitel über den Stickstoff, in dem er für einen Kosmetikfabrikanten Harnstoff besorgen soll und vergeblich in mühsamer Kleinarbeit versucht, das Zeug aus Hühnermist zu isolieren; einige Kapitel sind reich an Handlung, andere eher gedankenvoll – eine gelungene Mischung.


    Ein Buch, das mir überraschend gut gefallen und mich neugierig auf andere Bücher von Primo Levi gemacht hat.


    4ratten


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    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()

  • Auch ein paar fiktive Geschichten, die er passend zu einigen Elementen geschrieben hat, finden sich in dem Buch wieder; im Gesamtzusammenhang fand ich diese ein wenig deplaziert. Sie sind interessant, doch während der Erzählfluss seiner Lebenserinnerungen trotz der Episodenhaftigkeit stets gewährt bleibt, unterbrechen diese Kurzgeschichten ihn eher. Vielleicht ist das auch Absicht, ich konnte es nicht erkennen.


    Woher weißt Du, dass einige Kapitel Fiktion sind? Ich kenne leider nur drei der Kapitel und da war nichts weiter erwähnt, weder seitens der Herausgeber, noch seitens Levi.

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  • Im Mittelteil des Buches gibt es zwei Geschichten, von denen er selber sagt, dass er sie als Kurzgeschichten geschrieben hat (es kann auch vom Inhalt her nicht anders sein, und die Geschichten sind kursiv gedruckt).


    Dann gibt es noch zwei Kapitel, die ich nicht richtig einordnen konnte - es handelt sich nicht um Ich-Erzähler-Passagen, einmal geht es um einen Techniker am Schmelzofen und einmal um ein kleines Mädchen, deshalb dachte ich dabei auch, dass es sich um fiktive Abschnitte handeln könnte.

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  • Primo Levi – Das periodische System

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    OT: Il sistema periodico
    OA: 1975
    246 Seiten
    ISBN: 978-3937793474


    Inhalt:


    Angeordnet wie die chemischen Elemente läßt Primo Levi noch einmal die entscheidenden Stationen seines Lebens an sich vorüberziehen: die Jugend in Turin, die ersten Liebschaften, Mussolinis "Rassengesetze", Auschwitz, die Zeit nach dem Krieg und die Kämpfe um die Rückkehr zur Normalität.
    (Quelle: Amazon)


    Eigene Meinung:


    Es fällt mir dieses Mal relativ schwer, meine abschließende Meinung zu diesem Buch auszudrücken. Vielleicht hatte ich anhand des Klappentextes etwas anderes erwartet; was genau kann ich noch nicht einmal beschreiben.
    Ich ging davon aus, eine Biografie von einem interessanten Mann in einer sehr bewegte Zeit zu lesen, aber der biographische- und erst Recht der autobiographische Charakter kam nicht wirklich zum tragen. Dafür empfand ich das Buch zu distanziert. Liest man ein autobiographisches Buch so erwartet man doch eher, dass der Autor auch bereit ist, offen von sich zu erzählen, aber ich hatte immer das Gefühl, dass die Erzählung nur die Oberfläche berührte, aber niemals die wirkliche Tiefe, das heißt die wirklichen, wahren und wichtigen Gedanken eines Menschen, der ein Leben geführt hat, über das es lohnt zu berichten. Das Buch hat allerdings auch nicht viele Seiten, so dass schon aus diesem Grund Kürzungen nicht zu umgehen waren. Nichts desto Trotz war das Buch interessant und ich habe es nicht bereut es gelesen zu haben, zumal ich die Idee ein Leben und seine Geschichten mit den chemischen Elementen zu verbinden sehr originell empfand.
    Die Geschichten an sich sind eher ernster Natur, aber Humor ist trotzdem zu finden, vor allem in den Erzählungen nach dem Holocaust. Ich hatte das Gefühl, das sich der Schreibstil mit dem Erlebten veränderte. Zum Schluss, als das Leben des Primo Levi wieder in geregelten Bahnen verlief, hatte ich persönlich das Gefühl, dass der Autor viel mehr Offenheit und Gefühl an den Tag legte, als in den Geschichten davor, aber vielleicht hat dies ja seine berechtigten Gründe. Auf alle Fälle ist „Das periodische System“ ein lesenswertes Buch, besonders die letzte Geschichte vom Kohlenstoffatom, in dem sehr deutlich gemacht wird, welch ein unbedeutendes mikroskopisch kleines Wesen, gemessen am Universum, der Mensch ist und sich aus diesem Grunde viel zu wichtig nimmt.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


  • Liest man ein autobiographisches Buch so erwartet man doch eher, dass der Autor auch bereit ist, offen von sich zu erzählen, (...)


    Eine sehr optimistische Sichtweise, würde ich sagen. Ich erwarte in autobiographischen Texten vor allem, daß ich zu lesen bekomme, wie der Autor gerne von anderen resp. der Nachwelt gesehen werden würde. Das führt dann notwendigerweise zu Auslassungen und Anpassungen, die dieser gewünschten Selbstdarstellung dienen. Es mag Ausnahmen geben, die tatsächlich eine ehrliche Lebensbeiche anstreben, aber als Regel ... nein, das nicht, da siegt wohl doch eher die Eitelkeit, möglichst „gut aussehen“ zu wollen. Das macht Autobiographien nicht per se uninteressant, aber um ein Bild einer Persönlichkeit zu bekommen, ist meist eine gute Biographie oder gar eine Kombination aus beidem geeigneter.

  • Chemische Elemente als Kapitelüberschriften ist ja mal eine interessante Idee. Das würde das Buch ja fast schon zu dem idealen Geburtstagsgeschenk für meine Schwester machen. Die ist nämlich sowohl Chemikerin als auch Leseratte. Spielt denn Chemie auch in der Geschichte eine Rolle oder nur in den Überschriften?

  • Chemie spielt auf alle Fälle eine Rolle, da der Erzähler selbst Chemiker ist und auch wirklich jedes Element der Kapitelüberschriften seine ganz besondere Bedeutung bekommt. Ich denke, da machst Du mit einem Geschenk für deine Schwester keinen Fehler. Vor allem die letzte Geschichte über das Kohelnstoffatom ist wunderbar geschrieben und durch und durch chemisch. :breitgrins:


    Viele Grüße Tina

  • Primo Levi - Das periodische System 

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    Anhand von Elementen des Periodensystems arbeitet Levi hier seine Familiengeschichte auf. Bisher wusste ich nicht, worum es in dem Buch geht. Aber der Anfang liest sich schon mal wirklich nicht schlecht.


    Weit bin ich noch nicht gekommen, da ich noch ein Leserundenbuch und ein Testlesebuch zuende lesen werde, bevor ich mich voll und ganz Levi widmen kann.

  • Das Buch habe ich in sehr guter Erinnerung. Ich hatte mir davon gar nicht so furchtbar viel erwartet und war dann richtig gefesselt.

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  • Ich bin noch immer nicht viel weiter. Gestern habe ich wieder ein wenig gelesen, aber mich nerven diese ganzen Erklärungen, wie man was im hebräischen sagt und die ganzen Verwandten sind viel zu viel auf einmal. Levi erschlägt einem ja schon ganz am Anfang mit so unwichtigen Details. Ich hoffe es wird bald besser, denn sonst werden er und ich keine Freunde mehr.

  • Schade, dass es dir nicht so gut gefällt. An Erklärungen aus dem Hebräischen kan ich mich gar nicht erinnern. Ich fand das Buch damals sehr gut, als ich es gelesen habe. Ich kann mich aber kaum an Details erinnern, obwohl es gar nicht so lange her ist. Habe gerade im Monatsrunden-Thread vom Mai 2011 nachgeschaut, in deren Rahmen ich das Buch gelesen habe, und da schrieb ich, dass ich den Beginn schleppend fand. Insgesamt aber war das Buch sehr episodisch und abwechslungsreich, das weiß ich noch.


    Vielleicht hältst du noch ein wenig durch und es wird dann besser?

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Schleppend ist das treffende Wort. :winken:


    Ich hab durchgehalten. Hab mittlerweile 50 Seiten gelesen und es wurde wirklich viel besser. Primo Levi studiert gerade Chemie. Bisher war es kein Problem dass er Jude ist. Das ändert sich jetzt schlagartig als die Regeln veröffentlicht wurden wie man mit Juden umzugehen hat.


    Ich bin schon sehr gespannt was nun kommt. Hab nur gesehen dass das nächste Kapitel schon 1941 spielt. 200 Seiten hab ich noch vor mir.

  • Bin gerade bei Seite 114. Es ist wirklich sehr spannend zu lesen wie Levi diese Zeit empfand. Wie die Menschen mit einem Juden umgingen und wie sich alles veränderte um ihn herum.


    Die letzten beiden Kapitel habe ich aber nur überflogen. Levi erzählt im Kapitel davor, dass er sich selbst als Autor versucht hat und diese zwei kleinen Geschichten gibt er nun zum Besten. Ich fand das ehrlich gesagt störend und gehe nun lieber mit seinem Leben weiter als irgendwelche Märchen zwischendurch zu lesen.

  • Mittlerweile habe ich mehr als die Hälfte gelesen. Primo Levi hat den zweiten Weltkrieg überlebt, aus der Zeit im KZ schreibt er gar nichts. Er verweist nur darauf, dass er das an anderer Stelle schon ausreichend getan hat. Das fand ich irgendwie nicht so gut. Das KZ muss ein einschneidendes Erlebnis gewesen sein. Dass er das in seiner Autobiographie quasi ausblendet fand ich schade, immerhin ist es ein Teil seines Lebens.


    Er springt quasi vom Jahr 1942 gleich ins Jahr 1950. Den kompletten Rest lässt er bisher unkommentiert, vielleicht blickt er ja in späteren Kapiteln noch ein wenig zurück.


  • Primo Levi hat den zweiten Weltkrieg überlebt, aus der Zeit im KZ schreibt er gar nichts. Er verweist nur darauf, dass er das an anderer Stelle schon ausreichend getan hat. Das fand ich irgendwie nicht so gut. Das KZ muss ein einschneidendes Erlebnis gewesen sein. Dass er das in seiner Autobiographie quasi ausblendet fand ich schade, immerhin ist es ein Teil seines Lebens.


    Über seine Zeit im KZ hat er ein anderes Buch geschrieben, mit dem Titel "Ist das ein Mensch?".


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    Hast du das Buch nun eigentlich zuende gelesen, und wie hat es dir insgesamt gefallen?

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    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Ich habe noch wenige Seiten vor mir :winken: und es gefällt mir wirklich gut.


    Ist das ein Mensch habe ich schon gelesen. Das war wirklich sehr empfehlenswert.

  • Ein interessantes Genre hat Primo Levi da mit seinem Periodischen System begründet:


    In erster Linie hat das Buch den Charakter einer Autobiographie - es handelt sich jedenfalls überwiegend um eigene Erlebnisse, die auch noch chronologisch angeordnet sind. Für eine regelrechte Biographie ist das Ganze jedoch zu lückenhaft - es wurden gezielt nur solche Episoden ausgewählt, die mit der Eigenschaft des Autors als Chemiker zu tun haben.


    Auf keinen Fall ist das Werk aber ein eigentliches Sachbuch, obwohl über die kapitelbenennenden chemischen Elemente durchaus recht viele Informationen enthalten sind. In jedem Fall ist die Handlung aber viel wichtiger als die Sachinformation..


    Am ehesten kann man Das periodische System vielleicht als thematisch zusammenhängende Sammlung persönlicher Episoden und Kurzgeschichten beschreiben - der Buchtitel ist jedenfalls sehr passend.


    Das Ganze hat mir sehr gut gefallen, in all seinen Aspekten. Die einzelnen Schlaglichter charakterisieren die Person des Autors ziemlich gut und motivieren, mehr von ihm zu lesen.

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()