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Eine Kindheit im idyllischen Allgäu der 50er Jahre, die leider so gar nicht idyllisch ist.
Vroni, die Ich-Erzählerin, zu Beginn des Buches 6 Jahre alt, am Ende 12, wächst in einem Dorf auf, über das ihr Großvater, Bürgermeister, Metzger und Bäcker in Personalunion, ebenso tyrannisch herrscht wie über die Bewohner seines Hauses, Kinder, Enkelkinder, Dienstboten und Kriegsflüchtlinge sowie Iwan, den ehemaligen russischen Kriegsgefangenen. Dieser ist Vronis einziger Verbündeter gegen ihren Vater, der mit einem Splitter im Kopf aus dem Krieg nach Hause gekommen ist, und seitdem (wirklich erst seitdem?) ein brutaler Schläger ist, der einen besonderen Hass auf seine älteste Tochter hat, die "Schuld" daran ist, dass er heiraten musste und so in seinem Heimatdorf hängenblieb.
Vronis einziger Freund ist Pierre, der Sohn einer jüdischen Familie, die zum Entsetzen aller Dorfbewohner eine Fabrik im Ort geerbt hat, aber durch die Machenschaften des Großvaters aus dem Dorf vertrieben wird.
Schließlich muss auch Vronis Familie, das hat der Großvater bestimmt, das Dorf verlassen und zieht nach München, wo der Vater ein Kneipe eröffnet. Für Vroni verläuft das Leben wie gehabt: voller Angst vor dem prügelnden Vater, der aus jedem oder auch keinem Anlass zuschlägt. Nach einem Selbstmordversuch der Mutter und dem Verschwinden des Vater landet Vroni bei einem Onkel, bei dem sie erstmals ausatmen und ein "normales" Leben führen kann. Leider nicht lange, denn der Großvater kommt und holt sie zurück ins Dorf.
Noch mehrere Stationen muss Vroni überstehen, teils glücklichere, teils furchtbare, je nachdem, ob der Vater gerade an- oder abwesend ist. Leider ist er meistens anwesend und wird, wenn überhaupt möglich nur noch brutaler. So bleibt Vroni nur die Hoffnung darauf, Pierre irgendwann wieder zu treffen. Als Vater, Mutter und Schwester schließlich für einige Tage wegfahren, sieht Vroni zum ersten Mal in die Chance, selbst ihr Leben in die Hand nehmen zu können.
Diese Geschichte wird streng aus Vronis kindlicher Perspektive geschildert, was ihre furchtbaren Erlebnisse noch furchtbarer macht, denn sie werden als ganz unausweichlich dargestellt. "So ist es eben, das ist ganz normal", denkt ja jedes Kind von der eigenen Kindheit. Auch ihre Umwelt bestärkt sie darin. Ein Vater hat das Recht, sein Kind zu verprügeln, da wird nicht eingegriffen, auch wenn die Nachbarschaft genau weiß, was vorgeht.
Dies wird in einem sehr einfachenen, nüchternen Stil erzählt, der den Horror von Vronis Lebens nur noch deutlicher macht, denn auf die Tränendrüse wird eben nicht gedrückt. Auch wenn das Kind sich dessen nicht bewusst ist, wird durch ihre Erzählung immer wieder deutlich, wie sehr die Nazizeit und der Krieg die Menschen geprägt und verkrüppelt hat, wie wenig diese ihre Erlebnisse verarbeitet haben und wie sehr so auch die nächste Generation unter den Geschehnissen zu leiden hat.
Hervorragend geschrieben, ohne ein Wort zu viel oder zu wenig, wird dieses Buch garantiert in meiner "Highlights 2007"-Liste auftauchen.
Glücklich darüber, dass ich dieses Buch auf meine SUBwettbewerbsliste aufgenommen habe - sonst hätte es wahrscheinlich weitere 3 Jahre hier herumgesubbt - und voller Überzeugung vergebe ich