Michel Faber - Die Weltenwanderin

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    Diese Rezension fällt mir wirklich schwer, entwickelt Michel Faber seine Geschichte doch von Seite zu Seite und Kapitel zu Kapitel, so dass es schwierig ist, den Inhalt zu beschreiben, ohne sein Konzept zu zerstören. Und ein Buch jemandem schmackhaft machen - und empfehlen möchte ich dieses Buch schon - ohne etwas über den Inhalt zu verraten, ist ziemlich schwierig.


    Schottland, irgendein Winter in der Gegenwart: Eine junge Frau, Isserley, fährt mit ihrem Auto durch die Gegend und sammelt Anhalter auf. Männlich müssen sie sein und von kräftiger Statur und ganz wichtig, niemand darf sie vermissen, denn die Anhalter, die diese Kriterien erfüllen, landen nicht an ihrem Ziel, sondern verschwinden. Warum, und wer bzw. vielleicht eher was diese junge „Frau“ wirklich ist, dazu lässt der Autor mal hier ein Informationsbröcken fallen, mal dort. Ungefähr in der Mitte hat man eine ganz gute Vorstellung davon und kann sich, statt wilde Vermutungen zu ersinnen, darauf einlassen, die Welt zumindest ein wenig aus Isserley Perspektive zu betrachten.


    Dieser Blick auf unsere „normale“ und Isserleys Welt aus ihrem bzw. unserem eigenen Blickwinkel und welche Dinge nur aus einer der Perspektiven natürlich und selbstverständlich wirken, machen das Interessante an Fabers Buch aus. Es gelingt ihm die Grenzen der Wahrnehmung zu verschieben und alles neu darzustellen. Isserley ist dabei das Zentrum, nicht nur wird die Geschichte aus ihrer Perspektive geschildert, sie ist auch innerhalb dieser Geschichte die Person, um die sich alles dreht und die das Geschehen erst möglich macht. Dabei ist sie selbst in einer Tretmühle gefangen und leider nicht in der Lage die eingefahrenen Gedankenwege zu verlassen um einen Ausweg zu suchen. Nicht dass aus der Perspektive des Lesers wirklich ein Ausweg möglich wäre, aber Isserley nimmt nicht einmal die Sackgassen wahr.


    "Die Weltenwanderin" ist ein starkes Buch, das einem die Einschränkungen, denen man unterliegt, bewusst macht und so dazu animiert über den eigenen Horizont hinaus zu sehen. Auf dem hinteren Cover steht als Werbezitat: "Die 'Farm der Tiere' für das neue Jahrtausend", und auch wenn "Die Weltenwanderin" nicht so starke Gefühle weckt wie Orwells Buch, werden auch hier die Variablen, die das Menschsein ausmachen, neu besetzt.


    4ratten

  • Eigentlich habe ich dieser Rezension nichts mehr hinzuzufügen, dennoch hier auch noch mal meine Gedanken zu dem Buch.


    Was für ein merkwürdiges Buch ...


    Die Hauptfigur ist Isserley, eine junge Frau, die Tag für Tag mit dem Auto quer durch Schottland fährt, auf der Suche nach muskulösen, kräftigen Anhaltern. Frauen und mickrige oder übergewichtige Exemplare lässt sie links liegen.


    Ist es eine sexuelle Obsession? Ist sie eine Fetischistin? Gar eine Mörderin? Was hat es mit den Operationen auf sich, die sie hinter sich zu haben scheint, woher stammen ihre Narben?


    Den nächsten Absatz, der ein wenig mehr über den Plot verrät, mache ich lieber mal zum Spoiler...



    Michel Faber hat einen ganz eigenen Schreibstil, direkt, drastisch, bisweilen auch ziemlich eklig. Er streut Phantasiewörter ein, mit denen ich zunächst überhaupt nichts anfangen konnte, die mich sogar im so realistisch scheinenden Kontext geärgert haben, bis später klar wurde, was ein "Wotzel" oder ein "Icpathua" darstellen soll.


    Fast unerträglich langsam enthüllt sich das Bild dieser fremdartigen Welt, in der das Buch spielt. Die Geschichte ist nichts für schwache Nerven, teilweise musste ich mich schon zwingen, am Ball zu bleiben, doch der Roman bietet auch viel Stoff zum Nachdenken, der sich auf Erscheinungen unserer realen Welt übertragen lässt.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo,


    TanjaT und ich wollen gemeinsam Die Weltenwanderin lesen, deswegen kommt jetzt etwas Leben in diesen Thread. :zwinker:
    Nachdem ich Die Unvollendete gelesen habe, was sehr kurz ist, wollte ich mehr von Faber lesen und landete aufgrund der Kurzbeschreibungen bei diesem hier - zum Glück ist der Kauf lange genug her, so dass ich unvorbelastet ans Lesen gehen kann.


    EDIT: Ich habe meine Postings kaum verspoilert, dafür aber jeweils die Kapitelangaben vermerkt, Tanja ebenso. Für ein ungetrübtes Leseerlebnis also erst das Buch und dann unsere Diskussion lesen! :zwinker:



    Letzte Nacht habe ich die ersten beiden Kapitel gelesen, obwohl ich das Buch "nur kurz" anlesen wollte, über die Sogwirkung muss ich nicht mehr sagen, oder? Fabers Stil hat mir auf Anhieb wieder sehr gut gefallen. Seine Schreibe und auch wie er scheinbar belanglose Beobachtung nutzt, um die Atmosphäre zu verdichten - toll! Zum Beispiel, wie er die Stimmung zwischen Isserley und dem ersten Anhalter in der Beschreibung des Sonnenlichts wiederspiegelt.


    Spannung ist von Anfang an gegeben, und Faber streut seine Krumen geschickt aus, mich hat er am Haken!
    Warum sammelt Isserley Anhalter? Warum müssen sie eine bestimmte Statur haben? Weshalb ist die Beschaffenheit ihrer Haut oder besser ihres Fleisches so wichtig? Hängt es mit Isserleys anscheinend deformierten Körper zusammen? Weshalb versteckt sie ihre Augen? Warum liefert sie die Männer ab? Das Ganze scheint sich nicht nur um sie zu drehen, dazu wird zu viel Aufwand getrieben.
    Icpathua habe ich übrigens versucht zu ergoogeln, es gibt anscheinend kein reales Gift, das so heißt. Bei all diesen Fragen ist es fast zu offensichtlich, dass das Klopfen aus dem Motorraum später zu Problemen führen wird - oder es ist eine falsche Fährte, die mich erfolgreich von Wesentlicherem ablenkt. :zwinker:


    Tanja, ich bin auf Deine ersten Leseeindrücke gespannt! Am liebsten würde ich sofort weiterschmökern...


    Grübelnde Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

    Einmal editiert, zuletzt von Breña ()

  • Uff, was bist du schnell! :entsetzt:


    Habe eben 2 Stunden beim Bürgeramt verbracht und natürlich kein Buch eingepackt. :rollen:


    Jetzt steht erst mal der Haushalt auf dem Plan, so dass du auf meine ersten Eindrücke bis heute Abend warten musst (ähm, Haushalt ist gerade viel und heute ist der letzte Tag, an dem ich da Gas geben kann, darum erst zum Abend Lesezeit. :zwinker:)


    Grüße,
    Tanja


    EDIT:
    Also ich habe heute nur das erste Kapitel geschafft.
    Gewundert hat mich zunächst mal, dass das Ganze in Schottland spielt. Ich habe keine Ahnung, welche Vorstellung ich hatte, irgendwie keine konkrete, aber Schottland hat mich dann doch überrascht (jetzt eben habe ich die vorangegangenen Beiträge erst gelesen; hätte ich das vorher getan, wäre ich vom Ort des Geschehens natürlich nicht so überrascht gewesen :breitgrins:).
    Am auffälligsten finde ich bislang die Beschreibung der Fahrzeuge und Isserleys Wahrnehmung der Männer. Die Art der Fahrzeugbeschreibung erinnert mich an etwas Belebtes, beinahe an die Darstellung von Haustieren (statt "gab sich Mühe, ein gutes Auto zu sein" oder wie es dort steht, könnte man auch "ein guter Hund" schreiben, so in etwa).
    Die Darstellung der Männer hingegen ist sehr sachlich und beschränkt auf Äußerlichkeiten. Bei dem ersten Anhalter dachte ich, da könne man den Mitfahrer auch durch ein Stück Schwein oder Rind vom Metzger ersetzen. "Nein, nicht dieses Stück - das hat zu große Hoden ... ja, lieber das da vorne ... genau!"
    Ich frage mich, wie Isserleys Augen genau aussehen, dass der Mann sie nicht genau sehen sollte (obwohl die Brille sie doch so stark vergrößert - so eine Fakebrille wie zu Karneval? Oder ein Fehler?)
    Spannend ist es aber auf jeden Fall bisher (und ich bin gespannt, ob und wie die zahlreichen aufgeworfenen Fragen beantwortet werden im Verlauf) und ich hoffe, morgen schaffe ich es auf jeden Fall bis einschließlich Kapitel Vier - so ist zumindest mein Plan. :zwinker:

    Einmal editiert, zuletzt von TanjaT ()


  • Uff, was bist du schnell! :entsetzt:


    Wie gesagt, ich wollte nur kurz reinlesen, weil ich nicht schlafen konnte... und dann musste ich mich zwingen aufzuhören. :redface:



    Am auffälligsten finde ich bislang die Beschreibung der Fahrzeuge und Isserleys Wahrnehmung der Männer.


    Ja, Isserley hat tatsächlich eine seltsame aber interessante Wahrnehmung. Die Wahrnehmung der Männer ist da sehr viel berechenbarer. :zwinker:



    Spannend ist es aber auf jeden Fall bisher (und ich bin gespannt, ob und wie die zahlreichen aufgeworfenen Fragen beantwortet werden im Verlauf) und ich hoffe, morgen schaffe ich es auf jeden Fall bis einschließlich Kapitel Vier - so ist zumindest mein Plan. :zwinker:


    Oh ja, bitte! Denn: ich konnte nicht anders... ich habe heute das dritte Kapitel gelesen...


    Die Andeutungen werden nun konkreter, und da ich nicht davon ausgehe, dass die Bewohner der Farm eigentlich in einer psychatrischen Anstalt leben, nimmt eine Vermutung immer mehr Gestalt an: Außerirdische. Ja, klingt seltsam, würde aber wunderbar passen. Die körperlichen Merkmale, die nach und nach enthüllt werden, sowohl bei Isserley als auch bei Esswis. Ihre Wahrnehmung der Welt und der menschlichen Gesellschaft. Ihre Gedanken zu ihrer Gesellschaft und den "Neuen Siedlungen". Die fremden Bezeichnungen und Nahrungsmittel, überhaupt die scheinbar fremde Sprache.
    Und dann gibt es natürlich weitere Fragen, die aufgeworfen werden: Was passiert mit den Anhaltern, der "Ware"? Wer ist Amlis Vess, außer "der Sohn vom Boss"? Aus (oder von) was für einer Welt stammt Isserley? Ich möchte unbedingt mehr über diese Welt erfahren und habe das Buch schon weit von mir geschoben, damit ich mich nicht aus Versehen am nächsten Kapitel festlese. Und vor allem bin ich gespannt auf Deine wilden Spekulationen. :zwinker: (Falls illy oder Valentine still mitlesen: ich hoffe, ihr amüsiert euch! :breitgrins:)
    Übrigens mag ich die Passage sehr gern, während der Isserley am Meer ist, diesen Moment hat Faber wunderbar eingefangen. Und auch ihre Einsamkeit wird eindrucksvoll deutlich, zum einen inmitten einer scheinbar fremden Gesellschaft, zum anderen in einer Gemeinschaft von Männern, die sie für unterbelichtet hält.


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

    Einmal editiert, zuletzt von Breña ()

  • Hallo Tanja,


    mein Pensum für gestern und heute ist geschafft/ verbraucht (Du weißt schon, jeden Tag mindestens 38 Seiten), ich hoffe, Du hast Deines gestern auch geschafft. :zwinker: Ich werde nun ein kleines Päuschen einlegen, damit ich nicht zu weit vorpresche. :redface:


    In Kapitel vier passiert vordergründig nicht so viel, eigentlich ist es auch vom Spannungsbogen zurückgenommen, dafür fallen zwei andere Dinge besonders auf. Zum einen wird deutlich, wie stark das Minderwertigkeitsgefühl von Isserley ausgeprägt ist und wie nervös sie angesichts der erwarteten Ankunft von Amlis Vess ist. Zum anderen gibt es am Rande immer wieder Vergleiche zwischen ihr als menschlichem Wesen und den Wotzels, was etwas seltsam zu lesen ist, aber interessante Einblicke gewährt.
    Kapitel fünf ist im Gegensatz dazu sehr viel actionreicher - und endlich werden einige Fragen beantwortet! Wir lernen nicht nur den geheimnisvollen Amlis Vess persönlich kennen, wir erfahren auch mehr über Isserley und ihresgleichen und darüber, was mit den Anhaltern passiert! :entsetzt:


    Und obwohl manche Fragen beantwortet wurden, wurden neue aufgeworfen. Ich bin weiterhin gespannt!


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Nach der Lektüre des dritten Kapitels verstehe ich deine Vermutung mit den Außerirdischen und denke genauso. Total spannend finde ich Fabers Beschreibungen irgendwo zwischen Ist- und Soll-Zustand, was Isserleys Optik angeht. Man geht vom Menschen aus und switcht dann irgendwie dauernd hin und her und verschiebt das Bild, das man vor seinem inneren Auge hat, immer ein Stückchen mehr, gell? Mir ging es zumindest so - auch wenn das Rätsel um die Augen (ja, die beschäftigen mich wirklich besonders :breitgrins:) noch immer nicht ganz gelöst ist. Immerhin meine Fake-Brillenidee wurde aber beantwortet. :zwinker:


    Im vierten Kapitel haben mir die genaueren Beschreibungen der Lebensumstände von Isserley gut gefallen, auch wenn Faber weiterhin vage bleibt. Mit vor allem Esswis hat er auch eine gute weitere Person eingebracht. Er nimmt wenig Platz ein, erlaubt aber dennoch Vergleiche zwischen Isserley und Esswis, auch wenn die sicherlich noch hinken, weil man nach wie vor nichts Genaues weiß.
    Abgesehen davon, dass mir die Anhalter in diesem Kapitel ganz schön persönlich auf den Sender gegangen sind (die Anhalter sind mit einer Ausnahme ja wirklich alles Idioten, oder?), bin ich in diesem Kapitel aber auch so richtig unruhig geworden. Tatsächlich fehlte mir schon im zweiten Kapitel ein bisschen der rote Faden und ich habe mich gefragt, ob es jetzt das ganze Buch hinweg so weitergeht oder auch "noch mal was passiert". Als begeisterte Thrillerleserin bin ich für so gemächliche Sachen nicht ganz so zu haben, und da packen mich die Rätsel rund um die Frage "Wer oder was ist Isserley?" nicht genug auf Dauer, sorry. Darum war ich auch ganz angetan von der Ankündigung, Amlis Vess käme zu Besuch. Zum Glück tut sich also was!


    Das fünfte Kapitel habe ich dann auch noch geschafft (ich sag nur: Nudelholz :breitgrins:) und da habe ich mich auch sehr über die Action und die ganzen Aufklärungen und Neuigkeiten gefreut. Könnte noch ein bisschen mehr sein meiner Meinung nach, aber ich glaube, angesichts der Buchlänge ist das so schon sehr gut dosiert.
    Was ich in diesem Kapitel allerdings nicht so recht verstehen konnte, waren Isserleys Emotionen. Ich hab mich schon zu Anfang über ihre Sachlichkeit bei ihrer Aufgabe gewundert, dachte mir aber "Okay, sie macht das und denkt nicht weiter darüber nach ODER es ist ihr egal, weil sie zu irgendwas eher Emotionslosem gehört oder die Emotionen eher verschoben sind (die Autobeschreibungen fand ich ja schon relativ emotional)". Im fünften Kapitel kapiere ich Isserley aber so gar nicht mehr. Sie geht eiskalt mit Esswis auf die Jagd, zuckt da selbst gedanklich nicht mal mit der Wimper (was z.B. die Szene, in der beide lachen müssen, ja sehr eindringlich schildert), andererseits will sie keinesfalls mit dem Aufzug in die letzte Etage runter.
    Auch ihr Verhalten gegenüber Amlis finde ich selbst nach einigem Nachdenken nicht so ganz schlüssig. Okay, sie hat Angst vor ihm, das kann zu einer Flucht nach vorn führen. Okay, sie hasst ihn für das, was er ist und kann und was ihr selbst verwehrt bleibt, auch das kann natürlich zu gezeigten Aggressionen führen. Im direkten Kontakt scheint sie ihn auch noch zu mögen, was das alles verstärken kann. Kauf ich alles.
    ABER: Amlis ist trotz allem ein mächtiger Typ und kann Isserley auf jeden Fall Schwierigkeiten machen. Und dass sich Isserley vor nichts mehr fürchtet, so dass sie sich eher verstümmeln lässt, konnte man ja schon deutlich lesen.
    Als wichtiger Teil der Belegschaft, dennoch auch als Außenseiterin, die nicht so wirklich was zu melden hat, kann ich ihr durchweg dominantes Auftreten im fünften Kapitel nicht wirklich nachvollziehen. Die einzige Option, die das noch schlüssig für mich machen würde, wäre zu erfahren, dass Isserley sich mit den Wotzeln doch mehr identifiziert, als sie im Roman bislang zugegeben hat. Ihre Demonstration vor Amlis würde dazu passen.


    Ich hoffe, ich werde da in den weiteren Kapiteln nicht enttäuscht.


    Es grüßt eine brave, ungeduldige und etwas skeptische
    Tanja



    EDIT:
    Wieso 38 Seiten? :gruebel:


  • Total spannend finde ich Fabers Beschreibungen irgendwo zwischen Ist- und Soll-Zustand, was Isserleys Optik angeht. Man geht vom Menschen aus und switcht dann irgendwie dauernd hin und her und verschiebt das Bild, das man vor seinem inneren Auge hat, immer ein Stückchen mehr, gell? Mir ging es zumindest so - auch wenn das Rätsel um die Augen (ja, die beschäftigen mich wirklich besonders :breitgrins:) noch immer nicht ganz gelöst ist.


    Ging mir genauso, das hast Du gut beschrieben. :breitgrins: Wobei ich noch Probleme habe, mir die eigentliche Gestalt der "Menschen" vorzustellen. Aber das Rätsel um die Augen wurde doch gelöst, bei der Beschreibung von Amlis Vess heißt es: "seine großen Augen bildeten vollkommene Kreise". Reicht Dir das nicht? :zwinker:



    Abgesehen davon, dass mir die Anhalter in diesem Kapitel ganz schön persönlich auf den Sender gegangen sind (die Anhalter sind mit einer Ausnahme ja wirklich alles Idioten, oder?),


    Wer steht im tiefsten Winter auf dem Land am Straßenrand um zu trampen? Wenn ich Faber glaube, Leute, die aus naheliegenden Gründen keine Freunde haben. :zwinker:



    Tatsächlich fehlte mir schon im zweiten Kapitel ein bisschen der rote Faden und ich habe mich gefragt, ob es jetzt das ganze Buch hinweg so weitergeht oder auch "noch mal was passiert". Als begeisterte Thrillerleserin bin ich für so gemächliche Sachen nicht ganz so zu haben, und da packen mich die Rätsel rund um die Frage "Wer oder was ist Isserley?" nicht genug auf Dauer, sorry.


    Ich bin ganz ohne Erwartungen an das Buch herangegangen (schon gar keine Thrillerhandlung) und habe von meinem ersten Faber-Leseerlebnis auch eher eine gemächliche Erzählweise in Erinnerung. Daher fand ich den Einstieg vollkommen in Ordnung und hatte auch kein Problem damit im Dunkeln zu tappen. Bei mir gibt es momentan, nach dem fünften Kapitel, eine kleine Flaute, weil die wichtigsten Fragen geklärt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Faber nochmal einen solchen Spannungsaufbau hinbekommt und lasse mich überraschen, welche Wendung die Geschichte nun nehmen wird.



    Was ich in diesem Kapitel allerdings nicht so recht verstehen konnte, waren Isserleys Emotionen.


    Anfangs dachte ich mir auch, schau'n wir mal, was da kommt, die Frau ist ja ziemlich abgebrüht. Diese Haltung den Anhaltern gegenüber kann ich nun aber gut nachvollziehen, immerhin sind diese für sie nur Ware bzw. zu jagendes Wild, und bei uns zuckt auch kein Jäger oder Schlachter mit der Wimper. Was ihre sonstigen Emotionen angeht hält sie die anscheinend stark zurück, immerhin ist sie auch auf der Farm sehr isoliert und muss vor den anderen eine gewisse Stärke ausstrahlen. Ihre Abneigung gegen die unterste Etage erkläre ich mir auch eher anders, nicht allein durch Ekel. Wahrscheinlich spielt der auch eine Rolle, aber wenn sie von den Neuen Siedlungen spricht, die offenbar unter der Erde liegen, wird ihre Abscheu demgegenüber deutlich, und an anderer Stelle wird ihre Klaustrophobie erwähnt. Außerdem scheinen dort unten nicht nur die Tötungen stattzufinden, sondern auch der Rest, also z. B. die Mast. Daher ist die Gefahr groß, dass sie einen der Anhalter als Person wiedererkennen kann. Als sie während des Zwischefalls die Tätowierungen eines Mannes erkennt, lässt sie das auch nicht kalt.
    Ihr Verhalten Amlis gegenüber fand ich auch nicht ganz schlüssig, habe mir ihre Dominanz aber so erklärt, dass sie ihre Stellung auf dem Hof stärken muss/ möchte. Und da Amlis zwar eigentlich in der besseren Position ist, jetzt aber ganz offenbar gegen die Interessen seines noch mächtigeren Vaters gehandelt hat, kann sie sich dieses Verhalten rausnehmen. Trotzdem hat mich ebenfalls der Gedanke beschlichen, dass sie sich in der Welt der Wotzel recht heimisch fühlt...




    Wieso 38 Seiten? :gruebel:


    Das hattest Du so errechnet (nein sorry, es waren 36 Seiten), weil für mich am 14.1. die nächste Leserunde startet. Zumindest hatte ich es so verstanden. :zwinker:


    Dann mache ich mich später gemütlich ans nächste Kapitel.
    ...übrigens besitze ich gar kein Nudelholz. :pueh:

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

    Einmal editiert, zuletzt von Breña ()

  • Wobei ich noch Probleme habe, mir die eigentliche Gestalt der "Menschen" vorzustellen. Aber das Rätsel um die Augen wurde doch gelöst, bei der Beschreibung von Amlis Vess heißt es: "seine großen Augen bildeten vollkommene Kreise". Reicht Dir das nicht? :zwinker:


    Doch, mittlerweile habe ich eine ganz gute Vorstellung von den "Menschen". Ob die so richtig ist, ist eine andere Frage, aber ich habe sie zumindest seit knapp zwei Kapiteln nicht mehr korrigieren müssen. Wegen der Augen: Stand denn nicht irgendwo was davon, dass Isserley besonders kleine Augen hätte? Oder meine ich das nur? Die Kreise stelle ich mir an sich nämlich recht groß vor irgendwie.




    Ich bin ganz ohne Erwartungen an das Buch herangegangen (schon gar keine Thrillerhandlung) und habe von meinem ersten Faber-Leseerlebnis auch eher eine gemächliche Erzählweise in Erinnerung. [...] Bei mir gibt es momentan, nach dem fünften Kapitel, eine kleine Flaute, weil die wichtigsten Fragen geklärt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Faber nochmal einen solchen Spannungsaufbau hinbekommt und lasse mich überraschen, welche Wendung die Geschichte nun nehmen wird.


    Ähm, nein, ich habe bei diesem Buch jetzt keine Thrillerhandlung erwartet. Ich wollte damit nur sagen, dass ich ja u.a. bevorzugt Thriller lese, die üblicherweise ja ziemlich steil sind, was Spannungskurven betrifft. Und da ich "auf sowas stehe", machen mich Gemächlichkeiten in Büchern manchmal nervös. :zwinker:
    Von Faber habe ich selbst zuvor noch nichts gelesen (lässt sich übrigens für Australien zählen, wenn man mag), auch wenn mir "Das karmesinrote Blütenblatt" schon oft ans Herz gelegt wurde.



    Ihre Abneigung gegen die unterste Etage erkläre ich mir auch eher anders, nicht allein durch Ekel. Wahrscheinlich spielt der auch eine Rolle, aber wenn sie von den Neuen Siedlungen spricht, die offenbar unter der Erde liegen, wird ihre Abscheu demgegenüber deutlich, und an anderer Stelle wird ihre Klaustrophobie erwähnt. Außerdem scheinen dort unten nicht nur die Tötungen stattzufinden, sondern auch der Rest, also z. B. die Mast. Daher ist die Gefahr groß, dass sie einen der Anhalter als Person wiedererkennen kann.
    [...]
    Ihr Verhalten Amlis gegenüber fand ich auch nicht ganz schlüssig, habe mir ihre Dominanz aber so erklärt, dass sie ihre Stellung auf dem Hof stärken muss/ möchte.
    [...]
    Trotzdem hat mich ebenfalls der Gedanke beschlichen, dass sie sich in der Welt der Wotzel recht heimisch fühlt...


    Ja, die Klaustrophobie hatte ich da nicht einbezogen, stimmt. Mittlerweile driftet das Buch diesbezüglich (Isserleys Stand/Emotionen) ja auch in eine andere Richtung, dazu gleich mehr.




    Das hattest Du so errechnet (nein sorry, es waren 36 Seiten), weil für mich am 14.1. die nächste Leserunde startet. Zumindest hatte ich es so verstanden. [...]
    ...übrigens besitze ich gar kein Nudelholz. :pueh:


    Hatte ich schon wieder vergessen, dass ich sowas ausgerechnet hatte (eieiei ...).
    Und Nudelhölzer habe ich zwei. Brauchst eins? :zwinker:


    Mittlerweile habe ich das sechste Kapitel gelesen, das das Buch meiner Meinung nach in eine etwas veränderte Richtung bringt. Isserleys Befinden, ihre Gefühle und Gedanken werden hier langsam deutlicher und ich konnte beim Lesen deutlich merken, wie sich einiges aufstaut. In diesem Kapitel geht das für mich eher in eine Burnout-Richtung, also Überlastung, Stress. Hier kam mir dann erstmals auch so richtig in den Sinn, dass ihr gesamtes Verhalten mit Amlis Vess so ziemlich gar nichts zu tun hat, sondern dass sie ihn nur als Projektionsfläche nutzt.


    Im siebten Kapitel hat sich diese Wahrnehmung noch mal extrem verstärkt und ich sehe Isserley da in einer Spirale, die rapide abwärts führt. Ihre Gedankengänge, Schlüsse und ihr Verhalten wird für mich immer weniger schlüssig, allerdings nicht in dem Sinne, dass es schlecht geschrieben wäre, sondern in eher ... hm ... psychiatrischer Hinsicht, sag ich mal. Sie macht aus ihrer Verzweiflung heraus erste Schritte in Richtung der anderen "Menschen" auf der Farm, aber auch Amlis Vess hat hier eine ganz andere Rolle bekommen. Vorher war für mich unklar, ob daraus noch eine Liebesgeschichte entsteht, ob Amlis Vess Freund oder Feind wird usw., im siebten Kapitel sehe ich ihn eher funktionell, so ein bisschen als Spiegelbild, das Isserley nicht haben will und dessen Reflexionen ihr auch so gar nicht gut tun, weil sie ohnehin ganz schön bodenlos ist derzeit.
    Für den weiteren Buchverlauf (noch 158 Seiten, Hälfte ist also schon deutlich überschritten) sehe ich daher momentan ziemlich schwarz, was Isserleys Entwicklung angeht. Gerade das siebte Kapitel hat auf mich deutlich den Eindruck gemacht, dass sie letztlich vor die Hunde gehen wird. - Andererseits bin ich auf die weitere Entwicklung des Buches jetzt gespannter als noch vor 2-3 Kapiteln.


    Grüße,
    Tanja


  • Wegen der Augen: Stand denn nicht irgendwo was davon, dass Isserley besonders kleine Augen hätte? Oder meine ich das nur? Die Kreise stelle ich mir an sich nämlich recht groß vor irgendwie.


    Daran, dass Isserleys Augen besonders klein seien, kann ich mich nicht erinnern. In meiner Vorstellung ähneln die Menschen im wesentlichen unseren Lemuren (leg mich jetzt bitte nicht auf eine Art fest).



    Von Faber habe ich selbst zuvor noch nichts gelesen (lässt sich übrigens für Australien zählen, wenn man mag), auch wenn mir "Das karmesinrote Blütenblatt" schon oft ans Herz gelegt wurde.


    Ach, jetzt wo Du's sagst fällt mir auf, dass er nicht mehr unter Niederlande bei mir auftaucht. Na sowas. :zwinker: "Das karmesinrote Blütenblatt" ist zumindest auf meiner Merkliste gelandet - sollen wir die erste Leserunde für's nächste Jahr planen? :breitgrins:



    Und Nudelhölzer habe ich zwei. Brauchst eins? :zwinker:


    Meinen Weihnachtsplätzchenteig habe ich mit einer Weinflasche ausgerollt, aber die nutze ich ungern zum Werfen. Also immer her mit dem Nudelholz. :zwinker:



    In diesem Kapitel geht das für mich eher in eine Burnout-Richtung, also Überlastung, Stress. Hier kam mir dann erstmals auch so richtig in den Sinn, dass ihr gesamtes Verhalten mit Amlis Vess so ziemlich gar nichts zu tun hat, sondern dass sie ihn nur als Projektionsfläche nutzt.
    [...]
    Im siebten Kapitel hat sich diese Wahrnehmung noch mal extrem verstärkt und ich sehe Isserley da in einer Spirale, die rapide abwärts führt. Ihre Gedankengänge, Schlüsse und ihr Verhalten wird für mich immer weniger schlüssig, allerdings nicht in dem Sinne, dass es schlecht geschrieben wäre, sondern in eher ... hm ... psychiatrischer Hinsicht, sag ich mal.
    [...] im siebten Kapitel sehe ich ihn eher funktionell, so ein bisschen als Spiegelbild, das Isserley nicht haben will und dessen Reflexionen ihr auch so gar nicht gut tun, weil sie ohnehin ganz schön bodenlos ist derzeit.


    Dein Eindruck deckt sich mit meinem. Zuerst fand ich den Sprung von den überbrodelnden Ereignissen zum ruhigen sechsten Kapitel etwas zu stark, aber er unterstreicht diese Eindrücke natürlich noch - Faber weiß, was er tut.
    Allerdings sind Isserleys Überlegungen und Handlungen für mich zumindest nachvollziehbar, wenn man ihren Zustand bedenkt, aber vermutlich hast Du das gemeint? Faber schafft es auf jeden Fall eindrucksvoll, ihre Verzweiflung und Einsamkeit darzustellen, ohne dem Leser plump zu verstehen zu geben, dass Isserley nun mal in beiden Welten ein Freak ist.


    Im siebten Kapitel fand ich allerdings auch die Enthüllung wichtig, dass sie ihre Isolation selbst gewählt hat - das heruntergekommene Cottage, nur der nötigste Kontakt zu den Männern. Auch wenn sie damit vielleicht ihre Überlegenheit demonstrieren wollte, macht es auf mich den Eindruck von Selbstgeißelung. Hoffentlich erfahren wir noch mehr aus ihrem früheren Leben.


    Kapitel acht war wieder handlungsreicher. Die Geschehnisse in der untersten Etage lassen mich zwar meine Einstellung zum Vegetarismus nicht neu überdenken, haben mich aber durchaus gefesselt. Interessant, was man hier über Amlis und vor allem über Isserley herauslesen kann, aber auch über die Kultur der Menschen (im doppelten Sinn - siehe z.B.: Seine Botschaft lautete Erbarmen. Diesem Wort war sie bei ihrer Lektüre eher selten begegnet, und im Fernsehen war es nie vorgekommen. S.227). Und am Ende dieser Episode schafft Isserley es sogar sich vehement zu positionieren: "Ich bin schließlich ein Mensch, kein Wotzel." Hoffentlich glaubt sie sich selbst.
    Der Zwischenfall mit dem Anhalter, nun ja. Insgesamt wohl eher ein Vorfall, den ich wenn überhaupt schon viel früher erwartet hätte, der dazu aber zu viel über Isserley und ihre Geschichte preis gibt. So hoffe ich, dass er für eine neue Wendung sorgt, ansonsten finde ich ihn ärgerlich überflüssig. Amüsant war lediglich die kleine Spitze, sie habe ihre Brüste nach Vorbildern aus einer Zeitschrift, die Eswis geschickt habe, sie müsse ihn aber bei Gelegenheit darauf hinweisen, dass die Fotos daraus ganz und gar nicht der Realität entsprechen.


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges


  • In meiner Vorstellung ähneln die Menschen im wesentlichen unseren Lemuren (leg mich jetzt bitte nicht auf eine Art fest).


    Witzig, vom Kopf her ist das bei mir ähnlich. Aber der Körper, den stelle ich mir irgendwie anders vor. So ein bisschen wolfsähnlich, aber größer und "schiefer" (also vorn größer als hinten).



    Ach, jetzt wo Du's sagst fällt mir auf, dass er nicht mehr unter Niederlande bei mir auftaucht.


    Laut Zuordnungsliste Australien oder Großbritannien. :zwinker:




    sollen wir die erste Leserunde für's nächste Jahr planen? :breitgrins:


    2010 bleibe ich eisern. Ich WILL meine Schränke leer(er) kriegen, dringend, unbedingt. Also wenn du noch SUB-Überschneidungen findest, gern auch dieses Jahr, ansonsten erst mal schauen, was ich 2010 so gelesen kriege.


    Faber weiß, was er tut.


    Stimmt, ich halte das Buch für zu 90% etwa sehr gut durchdacht (der Rest bestimmt auch, aber der kommt bei mir irgendwie nicht an).



    Allerdings sind Isserleys Überlegungen und Handlungen für mich zumindest nachvollziehbar, wenn man ihren Zustand bedenkt, aber vermutlich hast Du das gemeint?


    Jepp!



    Faber schafft es auf jeden Fall eindrucksvoll, ihre Verzweiflung und Einsamkeit darzustellen, ohne dem Leser plump zu verstehen zu geben, dass Isserley nun mal in beiden Welten ein Freak ist.


    Wieder: Jepp! Wobei ich es nicht einmal so klasse finde, dass es nicht so plump ist, sondern vielmehr, dass die Tragik des Ganzen so viele verschiedene Ebenen hat und bekommt.


    Im siebten Kapitel fand ich allerdings auch die Enthüllung wichtig, dass sie ihre Isolation selbst gewählt hat - das heruntergekommene Cottage, nur der nötigste Kontakt zu den Männern.


    Und auch das ist doppelt tragisch. Einmal, weil es so ist und dann, weil sie es trotzdem nicht wirklich checkt. Ihr Verstand weiß das, bis zum Bauch kommt dieses Wissen nicht, so dass sie keine Schlüsse daraus zieht.



    Kapitel acht war wieder handlungsreicher. Die Geschehnisse in der untersten Etage lassen mich zwar meine Einstellung zum Vegetarismus nicht neu überdenken, haben mich aber durchaus gefesselt. Interessant, was man hier über Amlis und vor allem über Isserley herauslesen kann, aber auch über die Kultur der Menschen (im doppelten Sinn - siehe z.B.: Seine Botschaft lautete Erbarmen. Diesem Wort war sie bei ihrer Lektüre eher selten begegnet, und im Fernsehen war es nie vorgekommen. S.227).


    Welche Einstellung zum Vegetarismus hast du denn? Bist du nicht Vegetarierin? *grübel*


    Dieser erste Teil des achten Kapitels hat mir neben dem neunten und elften Kapitel bislang am besten gefallen, das mal am Rande. Bei "Erbarmen" hab ich schon schlucken müssen. Was die Andeutungen betrifft, so kommt sowas ja tatsächlich öfter (Mist, jetzt hab ich das Buch nicht zur Hand und kann nichts nachschlagen oder zitieren). Ah, doch! Irgendwie steht sinngemäß "Er war sicher ein Arbeitsloser. Alle Arbeitslosen, die sie bisher aufgelesen hatte, trugen diese komischen Strickpullover. Wahrscheinlich zwang die Regierung sie dazu ... als wenn die Wotzel unter sich auch gern aussortieren würden". Wie gesagt: sinngemäß wiedergegeben.
    Der zweite Teil des achten Kapitels war geschickt platziert. Mit sowas hatte ich schon viel früher gerechnet (wie du ja auch), aber an der Stelle des Buches - und somit zu Isserleys dortigem Zustand - wirkt sich die Szene natürlich nochmals mehr aus. Ich finds ein bisschen konstruiert, einfach um Isserleys Probleme weiter auf die Spitze zu treiben, aber geärgert hat es mich nun nicht.


    Amüsant war lediglich die kleine Spitze, sie habe ihre Brüste nach Vorbildern aus einer Zeitschrift, die Eswis geschickt habe, sie müsse ihn aber bei Gelegenheit darauf hinweisen, dass die Fotos daraus ganz und gar nicht der Realität entsprechen.


    Genau, wieder so eine Anspielung. :smile:


    Das neunte Kapitel hat mir wegen der Beschreibungen unheimlich gefallen. Nicht die Landschaft an sich, sondern die Sinnbilder, die darin stecken (z.B. das mit den Robben). Und das Kapitel zeigt - neben der Szene im dritten Kapitel, die du schon bemerkt hattest - noch eine ganz andere, sehr intuitive und gefühlvolle Seite an Isserley selbst. Eigentlich finde ich, dass ihre "positiven" Emotionen bei diesen Landschaftsvergleichen a) am besten und b) streng genommen nur dort zum Tragen kommen.


    Beim zehnten Kapitel haben mich die ersten beiden Seiten unheimlich begeistert. Ich stehe ja total auf solche Mittel wie Wiederholung, wenn sie gut eingesetzt sind - und das finde ich hier. :breitgrins:
    Bei William habe ich nach der Geschichte mit dem Erbarmen zum zweiten Mal schlucken müssen. Auch sehr tragisch, wenn man die beiden Gedankengänge gegenüber stellt ... findet Isserley im nachhinein ja auch. Kurz vor dem Kollaps, die Gute.
    Tja, dass sie sich dann alles mal genau ansehen will, um ihre Situation mal anders anzugehen und zu verarbeiten, das kann ich gut nachvollziehen. Diese plötzliche Lust auf Blut und Gewalt verstehe ich aber ehrlich gesagt nicht. Ich halte mich nicht für einen Gutmenschen und hatte auch schon Anflüge "negativer Energien" :breitgrins: (also war stinksauer, hegte Rachegelüste usw.), aber selbst in einer so krassen Situation wie der von Isserley kann ich diese Szene nicht nachvollziehen, und verstehen kann ich sie entsprechend auch nicht. Weiß nicht, das geht dann für mich von der Intensität her doch deutlich über Stimmungsschwankungen hinaus ... :rollen:


    Ich gebe zu, auch das elfte Kapitel gelesen zu haben ... wie oben schon erwähnt, eins der schönsten, wie ich finde. Amlis ist mir spätestens da sehr sympathisch und wirkt authentisch auf mich. Die Diskussionen zwischen den beiden finde ich sehr spannend (und beide haben irgendwie Recht), aber auch von Isserleys Welt erfährt man hier mit am meisten. Das mit dem Fleischpreis fand ich beispielsweise auch sehr krass.
    Noch spannender wird das Kapitel dann beim gemeinsamen Ausflug, weil da endlich auch mal Landschaftsbeschreibungen gegenüber gestellt werden, so dass man mal wirklich ein Bild von Isserleys Herkunft bekommt, zumindest ansatzweise, das über vage Andeutungen und die Beschreibung der Bewohner hinaus geht.
    Sehr süß fand ich die Szene mit den Schafen. :smile:
    Zwei Dinge kann ich aber auch in dem Kapitel nicht ganz nachvollziehen. Einmal verstehe ich nicht, wieso Amlis es so eilig hat, obwohl Isserley und er sich doch wirklich mal näher kommen, er echte Informationen bekommt und ihm sich quasi eine neue Welt eröffnet, von der er viel mehr berichten könnte, umso mehr er weiß. Und da er ohnehin inoffiziell dort ist und es Isserley auch noch schlecht geht, kommt es auf einen oder zwei Tage mehr oder weniger doch gar nicht an?
    Und wenn er Isserley doch so sympathisch findet, wieso weist er sie dann genauer auf Ensel hin? Sowas würde mir ja im Leben nicht passieren ...
    Dass Amlis aber so entschlossen ist am Ende des Kapitels, hat bei mir auch gleich die kurzzeitig geweckte Hoffnung zerstört, dass Isserley noch mal die Kurve kriegt. Nee, ich glaube nicht.


    In zwei Kapiteln wissen wir alles! Ha!
    (Offen gestanden weiß ich alles in einem Kapitel, ich hab das zwölfte nämlich auch schon gelesen, weil ich nicht weiß, inwiefern ich heute zum Lesen kommen werde - und ich würde heute gern den Rest lesen *hüstel*. Ich schreib aber erst was zu den letzten beiden Kapiteln, wenn du mindestens beim elften angekommen bist).


    Grüße,
    Tanja

    Einmal editiert, zuletzt von TanjaT ()

  • Hallo,
    ich habe hier gerade das erste Mal von diesem Buch gelesen und werde es mir definitiv nächste Woche kaufen! :zwinker:


    Mal eine Vermutung, nach dem, was Ihr geschrieben habt:
    Das Buch spielt in Schottland und es spielen unterirdisch lebenden Wesen einen Rolle:
    Das würde ich spontan eher auf Außerirdische tippen, als auf Kobolde, Trolle oder ähnliche Fabelwesen.


    LG von
    Susan

  • Hallo alle!



    ich habe hier gerade das erste Mal von diesem Buch gelesen und werde es mir definitiv nächste Woche kaufen! :zwinker:


    Susan, ich hoffe Du verdirbst Dir nicht das Lesevergnügen, indem Du unsere ungespoilerten Eindrücke liest. :zwinker: Das Buch ist definitiv eine Kaufempfehlung wert!



    Witzig, vom Kopf her ist das bei mir ähnlich. Aber der Körper, den stelle ich mir irgendwie anders vor. So ein bisschen wolfsähnlich, aber größer und "schiefer" (also vorn größer als hinten).


    Bei Amlis' Beschreibung heißt es "...stand er nackt auf allen vieren, seine Gliedmaßen waren alle exakt gleich lang und auch alle gleich geschmeidig." (S. 148). Und so, wie Faber ihre Bewegungen beschreibt, wie sie z.B. Hände und Füße gleichermaßen benutzen, passen für mich Lemuren eindeutig am besten, nur in anderen Größenverhältnissen. Und mit mehr Gelenken in den langen Giedern.



    2010 bleibe ich eisern.


    Deswegen schrieb ich für's nächste Jahr - 2011. :zwinker:



    Welche Einstellung zum Vegetarismus hast du denn? Bist du nicht Vegetarierin? *grübel*


    Nein, ich esse gerne Fleisch, auch wenn ich zeitweise gut darauf verzichten kann.



    "als wenn die Wotzel unter sich auch gern aussortieren würden". Wie gesagt: sinngemäß wiedergegeben.


    "Mit arbeitslosen Wotzeln ging man kein Risiko ein. [...] In gewisser Weise schien die Wotzelgemeinschaft selbst eine Auswahl derer zu treffen, die sie gerne als Überschuss aussortiert sähe." (S. 232) Diese Stelle wollte ich beim letzten Mal schon zitieren, fand sie aber nicht mehr. Das mit den Strickpullovern kommt später (und zwar auf S. 255).



    Das neunte Kapitel hat mir wegen der Beschreibungen unheimlich gefallen. [...] Eigentlich finde ich, dass ihre "positiven" Emotionen bei diesen Landschaftsvergleichen a) am besten und b) streng genommen nur dort zum Tragen kommen.


    Hier stimme ich in allen Punkten zu. Die Natur scheint als Einziges Isserley wirklich glücklich zu machen und auch die Schmerzen und Entbehrungen für sie aufzuwiegen. Nicht umsonst sieht sie sich als priviligiert, weil außer ihr niemand der Ihren die Naturschönheit in vollem Umfang genießen kann. Mehrfach spricht sie von "ihrer Welt", denn für sie können weder Menschen noch Wotzel diese so erleben wie sie selbst. Wahrscheinlich hat sie damit gar nicht so unrecht, denn für uns sind die Dinge, die sie (und Amlis) faszinieren, nicht nur alltäglich sondern manchmal sogar störend.



    Beim zehnten Kapitel haben mich die ersten beiden Seiten unheimlich begeistert. Ich stehe ja total auf solche Mittel wie Wiederholung, wenn sie gut eingesetzt sind - und das finde ich hier.


    Stimmt, hier passt es sehr gut und kann innerhalb der Kürze seine volle Wirkung entfalten. Diese beiden Seiten wirken fast wie ein Zeitraffer des zuvor Geschehenen und verdeutlichen Isserleys Situation, bringen diese quasi auf den Punkt, indem sie mit den Kenntnissen des Lesers spielen.
    Ihre Kurzschlußreaktion war gut nachvollziehbar, und das erste Mal tat mit der Anhalter leid, da man als Leser durch die wechselnde Perspektive mehr weiß als Isserley.
    Der zweite Teil dieses Kapitels war für mich gar nicht nachvollziehbar, weder die plötzliche Neugier noch die folgende Gier nach Blut. Zwar ist es für mich als Leserin ganz interessant zu erfahren, was genau der Chef-Verwerter tut, aber ganz ehrlich hätte meine Fantasie dafür durchaus gereicht. Der schließlich folgende Zusammenbruch ist die einzig logische Folge aus der Abwärtsspirale, in der Isserley sich befand.



    Ich gebe zu, auch das elfte Kapitel gelesen zu haben


    Kein Grund sich zu schämen. :breitgrins: Ich gebe hiermit zu, das Buch letzte Nacht beendet zu haben. Nachdem ich das Wochenende über wegen diverser Termine nicht zum Lesen kam, konnte ich es nicht eher weg legen bevor ich es nicht durch hatte.


    Mir hat das elfe Kapitel ebenfalls sehr gut gefallen, auch aus den von Dir angesprochenen Gründen. Amlis gewinnt hier sehr viel an Charakter, und die Wahrnehmung der Umgebung durch die beiden mochte ich sehr gern.



    Einmal verstehe ich nicht, wieso Amlis es so eilig hat


    Er ist schließlich nicht unentdeckt geblieben und hat obendrein den Arbeitern und somit seinem Vater ordentlich Scherereien bereitet. Ihm wird nichts anderes übrig bleiben, da Eswis und die Anderen ihn sicherlich schnellstmöglich wieder los werden wollen. Er hätte ja keine Möglichkeit, sich irgendwo zu verstecken und somit der "Zwangsverschiffung" zu entgehen. Und extra für einen Unruhestifter, auch wenn's der Sohn vom Chef ist, werden sie die Abreise des Frachtschiffs bestimmt nicht verzögern, besonders da die Qualität des Fleisches dadurch beeinträchtigt werden könnte (und kommt das Schiff nicht nur in größeren Abständen?). Dass die Annäherung zwischen ihm und Isserley so kurz vor seiner Abreise stattfindet, ist ein geschickter Schachzug von Faber, denn so hat Isserley kaum noch die Möglicheit ihn zu verteufeln und seine Abreise entreißt ihr erst recht den Boden unter den Füßen.



    Und wenn er Isserley doch so sympathisch findet, wieso weist er sie dann genauer auf Ensel hin?


    Wahrscheinlich ist er hier einfach Realist: die beiden können eben nie zueinander finden. Trotzdem möchte er Isserley wohl etwas in Richtung Glück schubsen und sieht als einzige Lösung den zwar schäbigen, aber bemühten Ensel. Ich bin ganz froh darüber, dass sich zwischen den beiden keine wirkliche Romanze entspinnt, das hätte absolut nicht zur derzeitigen Stimmung gepasst.



    Ich schreib aber erst was zu den letzten beiden Kapiteln, wenn du mindestens beim elften angekommen bist).


    Ich habe Deine Kommentare eh erst dann gelesen, wenn ich auch das entsprechende Kapitel kannte. :zwinker:


    In Kapitel zwölf ist Isserley endgültig ganz unten angelangt. Für mich hatte sie den Tiefpunkt zwar schon vorher in Erwartung der Schlachtung erreicht, aber für sie scheint mit dem Abflug von Amlis die Welt zusammenzubrechen. Dennoch findet sie die Kraft sich wieder aufzurappeln und einen Neustart zu wagen, was zwar bemerkenswert ist, aber offenbar nach hinten losgeht. Ich fand dieses Kapitel sehr bedrückend, Isserleys ausweglose Situation wird von der des Anhalters gespiegelt und verstärkt.


    Als sie in Kapitel dreizehn die Entscheidung trifft, Ablach Farm hinter sich zu lassen, scheint sie tatsächlich gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Ich konnte mir nur die gesamte Zeit nicht vorstellen, wie sie ihre Pläne tatsächlich verwirklichen wollte. Das von Faber gewählte Ende ist wahrscheinlich das einzig mögliche und hat mir ausgesprochen gut gefallen. Man kann sich vorstellen, dass sie zuletzt glücklich war, weil sie ihre Entscheidung umgesetzt hat und darüber hinaus die Natur genießen konnte, auch wenn es nicht die von ihr geliebte Küste war.


    Ich lasse das Buch noch etwas sacken und warte jetzt auf Deine letzten Eindrücke, Tanja. Du bist doch bestimmt auch schon durch, oder? :zwinker:


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Hallöchen,


    tja, erst auf dich gewartet, Breña, dann Nachtdienste gehabt, dann dicke Erkältung. Irgendwas ist immer, ich weiß - aber jetzt mal zu meinem Abschlusskommentar hier. :zwinker:



    Bei Amlis' Beschreibung heißt es "...stand er nackt auf allen vieren, seine Gliedmaßen waren alle exakt gleich lang und auch alle gleich geschmeidig." (S. 148). Und so, wie Faber ihre Bewegungen beschreibt, wie sie z.B. Hände und Füße gleichermaßen benutzen, passen für mich Lemuren eindeutig am besten, nur in anderen Größenverhältnissen. Und mit mehr Gelenken in den langen Giedern.


    *grummel*, du kommst ja schon wieder mit genauer Quellenangabe. Ist recht ... aber, aber, nee ... also in meinem Kopf bleiben sie hinten tiefer gelegt, so. :pueh:



    Nein, ich esse gerne Fleisch, auch wenn ich zeitweise gut darauf verzichten kann.


    Aber war nicht irgendwer bei den Treffen im UpH
    Vegetarier? :gruebel: Naja, ich habe jedenfalls neun Jahre lang vegetarisch gelebt und diesbezüglich muss ich sagen, hat das Buch mich sehr wenig berührt. Diese Erbarmen-Stelle, die fand ich schon recht ergreifend, und auch dieser Satz "Sind ja nur Tiere" mal aus einem anderen Kontext, halt in dem des Romans, das fand ich sehr gelungen.



    Der zweite Teil dieses Kapitels war für mich gar nicht nachvollziehbar, weder die plötzliche Neugier noch die folgende Gier nach Blut.


    Na, so ein Glück. Ich fürchtete schon, du hättest da jetzt eine ganz logische Begründung für oder so. :breitgrins:



    Er ist schließlich nicht unentdeckt geblieben und hat obendrein den Arbeitern und somit seinem Vater ordentlich Scherereien bereitet. Ihm wird nichts anderes übrig bleiben, da [...] Dass die Annäherung zwischen ihm und Isserley so kurz vor seiner Abreise stattfindet, ist ein geschickter Schachzug von Faber, denn so hat Isserley kaum noch die Möglicheit ihn zu verteufeln und seine Abreise entreißt ihr erst recht den Boden unter den Füßen.


    Genau, sowas meinte ich eben mit der logischen Argumentation. :zwinker:
    Ja, ein geschickter Schachzug durchaus, andererseits schon auch ein bisschen, hm, platt, findest du nicht?



    Wahrscheinlich ist er hier einfach Realist: die beiden können eben nie zueinander finden. [...] Ich bin ganz froh darüber, dass sich zwischen den beiden keine wirkliche Romanze entspinnt, das hätte absolut nicht zur derzeitigen Stimmung gepasst.


    Ach so, Realismus. Naja, in sowas Abgefahrenes kann ich mich schlecht reindenken. :breitgrins:
    Nein, so eine Romanze hätte mich auch die Augen verdrehen lassen, muss ich gestehen. Hatte zwischendurch ein bisschen Angst beim Lesen, dass sowas käme.



    In Kapitel zwölf ist Isserley endgültig ganz unten angelangt. [...] Dennoch findet sie die Kraft sich wieder aufzurappeln und einen Neustart zu wagen, was zwar bemerkenswert ist, aber offenbar nach hinten losgeht. Ich fand dieses Kapitel sehr bedrückend, Isserleys ausweglose Situation wird von der des Anhalters gespiegelt und verstärkt.


    Bedrückend fand ich dieses Kapitel auch, allerdings ist bei mir vor allem die Sache mit der Notiz von Esswis hängen geblieben und ich habe sie für das Weitere - zumindest ganz konkret - noch viel mehr verantwortlich gemacht als Amlis' Abreise. Das ist eine ganz komische Situation, die mich vielleicht deshalb auch so beschäftigt hat, weil ich mich gut reindenken konnte. Ich war in einer Ausbildung ja mal eine Art Huhn im Korb, da ich die einzige Frau in einer reinen Männerklasse war. Nach einem halben Jahr wurde angekündigt, dass wir noch "ein paar Neue" bekommen und nach ein paar Tagen sprach mich einer der Lehrer an und meinte, es käme auch noch eine Frau. Ich hab mich in dem Moment unheimlich darüber gefreut, weil es "allein unter Männern" doch sehr viel anstrengender war auf Dauer, als ich gedacht hätte (zumal mein Freundeskreis hauptsächlich männlich ist, hat mich das damals sehr überrascht). Ich war dann völlig perplex, als mir von den Kollegen praktisch prompt vorgeworfen würde, ich würde nur so tun, als freue ich mich, eigentlich würde ich doch hoffen, es käme doch keine. Auf der Basis sind natürlich einige hitzige Diskussionen entstanden, in denen die Kollegen argumentierten, ich würde ja dann als Frau nicht mehr im Mittelpunkt stehen oder hätte bestimmt Angst, dass die Neue dann besser aussieht, man sich mehr um sie kümmert und bemüht und so weiter. Ich fand das alles ziemlich abgefahren und seltsam, kann mich aber noch sehr gut daran erinnern, weil ich mir damals unheimlich viele (und Wochen lang) Gedanken darüber gemacht habe, ob ich da wirklich Angst um "mein Revier" haben "müsste" oder ob an den Kommentaren was dran ist, das ich nur nicht zugeben will oder so. Letztlich habe ich es nicht herausgefunden, weil die ominöse Fremde es sich anders überlegt hat und nie zu uns kam. Ich war also bis zuletzt die einzige Frau in der Klasse.


    Die Ankündigung im Buch ist ähnlich, die Reaktionen sind im Vergleich zu meiner realen Erfahrung aber genau umgekehrt. Alle freuen sich für Isserley, sie selbst sieht die potenzielle Ergänzung aber als Bedrohung an. Anfangs erwähnte sie ja, es reiche eigentlich einer pro Woche, warum sie sich überhaupt so anstrenge usw., und die anderen stimmen ihr da ja auch zu, wenn es ansteht. Die Notiz besagt aber etwas anderes und zeigt eine andere Perspektive, die man als Leser ja so nicht mitbekommt (nur einige Hintergrundinfos von Amlis). Anstatt ihre Arbeit und ihre Mühen, bei denen sie sich im Grunde selbst aufgegeben hat, zu würdigen, will man, dass sie mehr arbeitet.
    Das Ganze steht vermutlich, so wie es wiedergegeben ist, auf rein wirtschaftlicher Basis für diejenigen, von denen die Nachricht stammt, nicht aber für Isserley.
    Ich glaube, dass ihr das noch mehr den Boden unter den Füßen wegzieht als alles andere.


    Gespiegelt und verstärkt durch den Anhalter? Meinst du, dass sie sich auf Grund seiner Ausführungen mit den Hunden identifiziert (den eigenen Platz kennen)?
    Mich hat dieser Teil sehr nervös gemacht, denn bei sowas bin ich etwas seltsam. Ich kann mit fiktiven Folter-, Verfolgungs-, Mordopfern, also mit Krimis, Thrillern, Horrorliteratur unheimlich gut umgehen, die betreffen mich selten irgendwie wirklich, aber wenn Tiere ins Spiel kommen, macht mich das wahnsinnig. Leidende Tiere und derlei mehr stürzen mich immer in absolute Fassungslosigkeit und Trauer, auch wenn es fiktiv ist und völlig irrational. Naja, so ist es aber nun mal. :angst:
    Ich hatte also ziemlich Panik davor, dass der gute Mann nicht mehr nach Hause kommen könnte ... und hab dann auch sehr eilig das dreizehnte Kapitel nachgeschoben.



    Als sie in Kapitel dreizehn die Entscheidung trifft, Ablach Farm hinter sich zu lassen, scheint sie tatsächlich gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Ich konnte mir nur die gesamte Zeit nicht vorstellen, wie sie ihre Pläne tatsächlich verwirklichen wollte. Das von Faber gewählte Ende ist wahrscheinlich das einzig mögliche und hat mir ausgesprochen gut gefallen. Man kann sich vorstellen, dass sie zuletzt glücklich war, weil sie ihre Entscheidung umgesetzt hat und darüber hinaus die Natur genießen konnte, auch wenn es nicht die von ihr geliebte Küste war.


    Das kann ich nur genau so unterschreiben und zitiere dich daher hier auch mal vollständig.
    Die Stimmung fand ich hier durch den Anhalter übrigens viel besser gespiegelt als im Kapitel zuvor.
    Seeeehr bemerkenswert fand ich übrigens den Zeitpunkt, an dem Isserley ihre Entscheidung getroffen hat, denn sie weist ja von vornherein darauf hin, dass man bitte den Anhalter wegschaffen möge.


    Hat mich vom Ende her übrigens ein bisschen an die erste Romantrilogie zum RPG "Engel" erinnert (von Severin Rast und Oliver Hoffmann). Dazu hatte ich mal ein Telefoninterview mit Oliver Hoffmann geführt, nachdem ich den ersten (oder die ersten beiden? Weiß ich nicht mehr genau) Band gelesen hatte. Im Rahmen des Interviews sagte ich bzgl. des Protagonisten etwas wie: "Aber da sind ja gar keine Perspektiven mehr. Er kann ja im Grunde im weiteren Verlauf nur noch zur Hölle fahren!" - und Olivers Kommentar war ziemlich trocken in etwa: "Naja, dann weißt du ja eh schon, wie es ausgeht." :breitgrins:


    Sorry für die laaaange Wartezeit nochmals!


    Mein Fazit auf Grund des Gesamteindrucks:


    4ratten


    Susan, hast du das Buch schon? Und?


    Herzliche Grüße,
    Tanja

  • Hallo,
    Brenia (sorry, finde gerade keine Tilde für das N) keine Angst, ich habe das Buch inzwischen gelesen.


    Ein paar Enttäuschungen gab es schon, aber nicht wegen Spoilern.
    Ich vermisste sehr die erwarteten Ausührungen aus Sicht der "Wotzel"!

    Ein paar andere Stellen waren einfach nur seltsam.

    Ich fange mal an:
    - Amlis sagt irgendwo (Quellen später, das ist jetzt mehr so eine Assoziationssammlung), dass es Krankheiten gegeben hätte, "als die Menschen ANFINGEN, Fleisch zu essen".
    Also sind die Menschen biologisch keine Omni- oder Carnivoren????
    - Dann der ganze Aufwand mit Isserly (OP, Schmerzen, Verurteilung dazu, für immer ? anders als ihre Artgenossen auszusehen und hässlich gefunden zu werden) NUR für den Fleischkonsum einiger weniger?
    - Es geht um Fleisch und dessen Beschaffung.
    Bei einer Spezies, deren Planet so geschädigt ist, dass man am besten das Haus nicht mehr verlässt.
    Man tranportiert Fleisch auf diesen Planeten von der rel. unbeschadeten Erde (Isserly schwärmt ja immer von den Farben und er frischen Luft), statt sie z. B. zu koloniesieren, weil dort die Umweltbedingungen besser sind.
    - Isserly hat keine Vorstellung davon, wie sie "Erbarmen" übersetzten soll, aber sie kennt die Bedeutung.
    Hm, wie wäre es mit Umschreiben?
    - Ich hatte mir die Menschen hundeähnlich vorgestellt, da Amlis mit dem Hund im Wohnwagen verglichen wird.
    - Isserly sprich mit Schafen und sympathisiert mit Hunden, hat aber auch Angst, als er Hund aus dem wohnwagen kommt.
    Sie müsste an sich aber schon Intelligenzunterschiede zu den"wotzeln" bemerken!?
    - Die Wotzel werden im allg. für dumm und nicht zu Gefühlen fähig ? befunden.
    Dumm?
    Schließlich landet man auf einem Planeten, der von ihren Bauwerken und ihrer Technologie übersäht ist????
    - M. E. verpasst der Autor die wichtigesten Stellen und Chancen zur Ausarbeitung interessanter Darstellungen:
    -- Wie sieht es auf Isserlys Planet aus und warum (Katastrophe? Luft- und Wasserrationen für "10.000 Liss" werden angesprochen; die Bewohner verlassen nach Möglichkeit das Haus nicht)
    -- wie ist die Gesellschaft strukturiert?
    (Isserly sagt irgendwo, sie müsse nicht jeden Tag arbeiten, sie sei ja keine Sklavin; aber ihr Körper wurde komplett zerstümmelt und verunstaltet und sie hat ständig Schmerzen, nur um ihre Arbeit ausführen zu können!)
    -- Eben: Wie sehen die "Wotzel" ihre Situation: darüber wird GAR NIHCTS gesagt!!! :grmpf: Was denken die Wotzel, wo sie sind und was mit ihnen passiert, wie sehen die Wotzel die Menschen? usw
    -- Warum wird nur Wotzelfleisch verwendet, warum keine anderen Tiere z. B. Vögel, die auch auf 2 Beinen gehen?
    -- Wie kamen die "Menschen" auf die Erde und warum?
    Wie kamen die Menschen zum ersten Wotzelfleisch; gab es das auf ihrem Heimatplaneten auch?
    Wie kamen sie auf die Idee, von der Erde ausgerechnet nur Fleisch zu exportieren und nicht anderes zu machen (kolonisieren, Luft zu exportieren etc.).
    -- Warum ist Fleisch bei ihnen so wichtig; wo es doch fast keiner bekommt?
    Warum ist Fleisch wichtiger als eine Umgebung, in der man aus dem Haus gehen kann?
    -- Warum kamen sie nicht vorher schon auf die Idee mit der Zucht? (Nach den Amazonrezensionen dachte ich erst, die Wotzel würden auf den Heimatplaneten der Menschen exportiert und zwar lebend)?


    Insgesamt halte ich den Roman für eine Art erweiterten Entwurf; es ist schon ein Konzept da, aber das ist nicht vollständig ausgearbeitet.


    So, das war's erst mal.
    Was habt Ihr Euch denn so gefragt, das nicht beantwortet wurde?


    LG,
    Susan.


    P. S. wenn es Hundähnlcihe sind, könnte ich die Lust beim Anblick von Fleisch und Blut schon verstehen; Hunde können sich ja tierisch freuen, besonders aufs Essen! :zwinker:


    Ach ja: Ein Amazonrezensent deutet an, dass die unbekannten Begriffe evtl. durch Anagramme entschlüsselt werden können(Originalversion und mit englischen Begriffen Anagramme bilden); hat das mal jemand versucht?

    Einmal editiert, zuletzt von Susan ()

  • ich hoffe Du verdirbst Dir nicht das Lesevergnügen, indem Du unsere ungespoilerten Eindrücke liest. :zwinker: Das Buch ist definitiv eine Kaufempfehlung wert!


    Weshalb meine Bitte wäre: Entweder verspoilern oder eine Leserunde im Leserundenbereich. Für mich ist es jetzt leider zu spät :heul:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo Susan,


    tatsächlich stelle ich mir die meisten Fragen, die du dir stellst, nicht - beziehungsweise habe sie mir nicht gestellt. Ich finde, du gehst da mit zwei verschiedenen Messlatten um.



    - Amlis sagt irgendwo (Quellen später, das ist jetzt mehr so eine Assoziationssammlung), dass es Krankheiten gegeben hätte, "als die Menschen ANFINGEN, Fleisch zu essen".
    Also sind die Menschen biologisch keine Omni- oder Carnivoren????


    Hab diese Stelle nicht im Kopf. Könnte aber durchaus spirituell gemeint sein?


    Dann der ganze Aufwand mit Isserly (OP, Schmerzen, Verurteilung dazu, für immer ? anders als ihre Artgenossen auszusehen und hässlich gefunden zu werden) NUR für den Fleischkonsum einiger weniger?


    Wie sehr interessiert dich persönlich (oder dich als eine der Spezies Mensch) oder beeinflusst es dich persönlich, dass Menschen auf der Erde unter ganz armseligen Bedingungen leben und ihre einzige Chance auf ein halbwegs menschenwürdiges Leben wahrnehmen, indem sie für Hungerlöhne Knochenarbeit verrichten? Haben Textilschnäppchen, zum Beispiel billig in osteuropäischen Ländern oder China genäht, keinen Reiz auf dich und Menschen deiner Umgebung wegen des Backgrounds? Und kaufst du grundsätzlich keine Bananen aus Ecuador oder Ananas aus Costa Rica bzw. denkst über die Importbedingungen nach, wenn du welche im Discounter siehst? Und so weiter.



    Man tranportiert Fleisch auf diesen Planeten von der rel. unbeschadeten Erde (Isserly schwärmt ja immer von den Farben und er frischen Luft), statt sie z. B. zu koloniesieren, weil dort die Umweltbedingungen besser sind.


    Ich hatte beim Lesen eigentlich nicht den Eindruck, dass die Umweltbedingungen aus Menschensicht so positiv sind? Eher, dass sie als befremdlich wahrgenommen wird und z.B. Isserley mit ihrer Einstellung da eher allein da steht.


    Isserly hat keine Vorstellung davon, wie sie "Erbarmen" übersetzten soll, aber sie kennt die Bedeutung.
    Hm, wie wäre es mit Umschreiben?


    Will sie ja gar nicht. Ist ihr ja ganz recht, dass sie es Amlis nicht erklären kann in der Situation.



    - Isserly sprich mit Schafen und sympathisiert mit Hunden, hat aber auch Angst, als er Hund aus dem wohnwagen kommt.
    Sie müsste an sich aber schon Intelligenzunterschiede zu den"wotzeln" bemerken!?


    Sie spricht nicht mit Schafen, sondern behauptet es, um Amlis gegenüber nicht zugeben zu müssen, dass sie die Wotzelsprache beherrscht.
    Unterschiede wird sie ansonsten sicherlich bemerken, aber wieso sollte das dargestellt werden? Außerdem ist Isserley eh sonderbar und vermenschlicht zu einem gewissen Teil ja auch Maschinen.


    Die Wotzel werden im allg. für dumm und nicht zu Gefühlen fähig ? befunden.
    Dumm?


    Sicher, sind doch nur Tiere. :zwinker:


    Schließlich landet man auf einem Planeten, der von ihren Bauwerken und ihrer Technologie übersäht ist????


    Es ist bekannt, wie ausgeklügelt Ameisenkolonien sind, dass Affen das Kommunizieren mit dem Menschen in gewisser Weise erlernen können, dass Wale sich quasi weltweit untereinander verständigen können. Werden sie deshalb als allgemein intelligent und uns Menschen ebenbürtig angesehen? Dem Lebertran nach ... eher nicht.
    Hunde können auch lernen und Kunststückchen vollbringen, trotzdem isst man sie in China, während wir hier Kühe essen, die in Indien heilig sind. Und das sind Menschen desselben Planeten, die sich uneinig sind, keine Außerirdischen.


    M. E. verpasst der Autor die wichtigesten Stellen und Chancen zur Ausarbeitung interessanter Darstellungen:


    Ja, einige Details mehr hätten mich da auch interessiert, das stimmt.



    (Isserly sagt irgendwo, sie müsse nicht jeden Tag arbeiten, sie sei ja keine Sklavin; aber ihr Körper wurde komplett zerstümmelt und verunstaltet und sie hat ständig Schmerzen, nur um ihre Arbeit ausführen zu können!)


    Das war aber aus Sicht der Arbeitgeber ihre persönliche Wahl, die sie lieber getroffen hat, als dass sie in die Siedlungen geht. Gezwungen hat man sie nicht.


    Wie sehen die "Wotzel" ihre Situation: darüber wird GAR NIHCTS gesagt!!! :grmpf: Was denken die Wotzel, wo sie sind und was mit ihnen passiert, wie sehen die Wotzel die Menschen? usw


    Finde ich eher uninteressant. Alptraum, Monster, Aliens, irgendwas in der Art halt. Wäre ein totaler Bruch in der Perspektive, der - wäre er vorhanden - sicher nicht gut ankommen würde. Die perspektivischen Wechsel hat Faber bei den Anhaltern rein gebracht, das war schon sehr viel - und zwar auf eine noch nachvollziehbare Weise (insgesamt WILL er ja, dass der Leser die Nähe eher zu den Menschen als zu den Wotzeln verspürt), die auch noch die einzelnen Situationen, Reaktionen und "Wotzeltypen" genauer unter die Lupe nimmt, also einen Mehrwert für die Geschichte bietet.


    Warum wird nur Wotzelfleisch verwendet, warum keine anderen Tiere z. B. Vögel, die auch auf 2 Beinen gehen?


    Warum essen wir Schweine, Rinder und Hühner, aber (hier) keine Hunde, Affen und Spatzen?
    Ausgeschlossen wird ja auch nicht, dass auch anderes Fleisch verwendet wird, aber das vielleicht vom eigenen Planeten. Die Wotzel können ja auch nicht einfach so verwendet werden, sondern bedürfen einer längeren besonderen Behandlung, und an etlichen Stellen wird ja auch erläutert, dass die meisten Dinge der Erde für die Menschen ungenießbar bis gesundheitsschädlich sind. Wird man in gewissem Maße also schon ausprobiert haben.



    -- Warum ist Fleisch bei ihnen so wichtig; wo es doch fast keiner bekommt?


    Wirtschaftliches Interesse. Warum schlürfen Leute Austern oder geben viel Geld für bestimmte Fischeier aus usw.?


    Warum kamen sie nicht vorher schon auf die Idee mit der Zucht?


    Naja, die ganze Geschichte mit dem Export ist ja noch recht neu, also ist man bisher einfach noch nicht auf den Gedanken gekommen, selbst "anzubauen" oder hat die Möglichkeit gezielter Zucht vielleicht nicht gesehen.



    Ach ja: Ein Amazonrezensent deutet an, dass die unbekannten Begriffe evtl. durch Anagramme entschlüsselt werden können(Originalversion und mit englischen Begriffen Anagramme bilden); hat das mal jemand versucht?


    Interessant! Nein, habe die deutsche Ausgabe gelesen.



    Hallo nimue,


    tatsächlich finde ich, verraten wir wenig Konkretes. Kannst du jetzt schlecht beurteilen, weil du das Buch selbst nicht kennst und ich auch nicht, weil ich es bereits gelesen habe, aber so war mein Eindruck im Verlauf und darum habe ich mich eigentlich auch bemüht.


    Susan, was meinst du denn dazu?


    Gruß,
    Tanja

  • Hallo Tanja,


    endlich habe ich ausreichend Zeit, um abschließend zu posten.



    Na, so ein Glück. Ich fürchtete schon, du hättest da jetzt eine ganz logische Begründung für oder so. :breitgrins:


    Passt es Dir etwa nicht, dass ich mir Gedanken gemacht habe? :pueh: Bist ja nur neidisch, weil ich genauer zitiert habe als Du. :zunge:


    Ach so, Realismus. Naja, in sowas Abgefahrenes kann ich mich schlecht reindenken. :breitgrins:
    Nein, so eine Romanze hätte mich auch die Augen verdrehen lassen, muss ich gestehen. Hatte zwischendurch ein bisschen Angst beim Lesen, dass sowas käme.


    :kommmalherfreundchen:
    Immerhin stimmen wir darin überein, dass eine Romanze nicht gepasst hätte. :rollen:



    Anstatt ihre Arbeit und ihre Mühen, bei denen sie sich im Grunde selbst aufgegeben hat, zu würdigen, will man, dass sie mehr arbeitet.
    Das Ganze steht vermutlich, so wie es wiedergegeben ist, auf rein wirtschaftlicher Basis für diejenigen, von denen die Nachricht stammt, nicht aber für Isserley.
    Ich glaube, dass ihr das noch mehr den Boden unter den Füßen wegzieht als alles andere.


    Das verdeutlicht diese Zwei-Klassen-Gesellschaft nochmal sehr gut, finde ich. Isserley wird selbst nicht mehr als Mensch wahrgenommen sondern ist nur Mittel zum Zweck. Ihr Selbstwertgefühl wird ordentlich in den Dreck gestampft, immerhin hat sie sich damit aufgebaut, dass sie durch ihre Opfer und ihre Einzigartigkeit etwas Besonderes ist, was für den kleinen Bereich der Farm auch stimmt, allerdings nicht für die Auftraggeber.
    Passt auch sehr schön zu unserer Gesellschaft, in der Arbeitnehmer nur noch Arbeitsmittel - human resources - sind...



    Gespiegelt und verstärkt durch den Anhalter? Meinst du, dass sie sich auf Grund seiner Ausführungen mit den Hunden identifiziert (den eigenen Platz kennen)?


    Nein, so hatte ich das nicht gemeint. Der Anhalter befindet sich gerade selbst in einer verzweifelten, ausweglosen Situation und lässt Isserley daran teilhaben, zielt sogar darauf ab, dass es ihr schlecht geht, obwohl sie ihm einen Gefallen tut indem sie ihn mitnimmt. Anfangs ist er sehr unsympathisch, wird aber im Laufe des Gesprächs immer mehr zu einem bemitleidenswerten Häufchen Elend. Seine Verzweiflung verstärkt meiner Meinung nach Isserleys Verzweiflung und verdeutlicht die Ausweglosigkeit. Schwer zu erklären...




    Weshalb meine Bitte wäre: Entweder verspoilern oder eine Leserunde im Leserundenbereich. Für mich ist es jetzt leider zu spät :heul:


    Hallo nimue,
    zu zweit reicht es ja nicht für einen Leserundenthread, und da ich nicht meine kompletten Postings verspoilern wollte, habe ich eingangs immer die Kapitelangaben vermerkt. Ich bin von mir ausgegangen: ich hätte nicht mehr als zu den ersten ein oder zwei Kapiteln gelesen. Sorry!
    Dennoch glaube ich, dass sich das Buch weiterhin lohnt. Zwar fehlt vielleicht der große Knalleffekt, es gibt aber darüber hinaus viel zu entdecken und dafür muss man das Buch weiterhin selbst lesen. :zwinker:



    Hallo Susan,


    mir geht es ähnlich wie Tanja, die meisten Fragen, die Du aufwirfst, habe ich mir nicht gestellt. In manchen Fällen kann ich Tanja Antworten auch genauso für mich übernehmen, spare es mir aber auch Platzgründen. :zwinker:



    - Amlis sagt irgendwo (Quellen später, das ist jetzt mehr so eine Assoziationssammlung), dass es Krankheiten gegeben hätte, "als die Menschen ANFINGEN, Fleisch zu essen".


    Die Stelle habe ich auch nicht parat, hast Du vielleicht eine genauere Angabe?



    - Dann der ganze Aufwand mit Isserly (OP, Schmerzen, Verurteilung dazu, für immer ? anders als ihre Artgenossen auszusehen und hässlich gefunden zu werden) NUR für den Fleischkonsum einiger weniger?


    Für mich hat Tanja es gut auf den Punkt gebracht: auch in unserer Gesellschaft gibt es wirtschaftliche Ausbeutung, auch wenn sie sich anders äußert. Und in Isserleys Fall kann man vielleicht besser den Vergleich mit Luxusgütern heranziehen - welcher Aufwand wird betrieben, damit einige wenige Unmengen ausgeben können für Trüffel oder Kaviar? Das entzieht sich für mich auch jeder Logik.



    - Es geht um Fleisch und dessen Beschaffung.
    Bei einer Spezies, deren Planet so geschädigt ist, dass man am besten das Haus nicht mehr verlässt.
    Man tranportiert Fleisch auf diesen Planeten von der rel. unbeschadeten Erde (Isserly schwärmt ja immer von den Farben und er frischen Luft), statt sie z. B. zu koloniesieren, weil dort die Umweltbedingungen besser sind.


    Auch hier scheint mir: die Mächtigen haben gar nicht so üble Lebensbedingungen. Aber der Aufwand, die Erde zu kolonisieren und eine ganze Bevölkerung umziehen zu lassen wäre ein enormer Aufwand. Wir wissen auch nicht, ob alle Bedingungen für die Menschen auf der Erde optimal wären und ob ihre Heimat nicht schon immer so war wie sie eben ist.



    -- Eben: Wie sehen die "Wotzel" ihre Situation: darüber wird GAR NIHCTS gesagt!!! :grmpf:


    Das kann ich mir noch am ehesten vorstellen und habe es daher gar nicht vermisst. Ich bin sogar sehr froh, dass Faber diese Perspektive nur auf wenige Ausnahmen beschränkt hat, denn das Ungewöhnliche und daher für mich lesenswerte sind eindeutig Isserley und die Menschen.
    Allerdings hätte ich genau wie Du gerne mehr über deren Zivilisation erfahren, das kam auch mir etwas zu kurz. Und die Frage, wie es überhaupt zu der ganzen Sache kam, wird überhaupt nicht angesprochen. Wie hat alles angefangen? Andererseits hätten solche Exkurse womöglich den Rahmen gesprengt und die Geschichte unnötig in die Länge gezogen, daher gebe ich mich mit den gelieferten Informationen zufrieden. Ich muss nicht alles bis ins kleinste Detail vorgekaut bekommen um diese Geschichte genießen zu können, ein Stück weit besteht der Reiz für mich auch in den ungeklärten Fragen.



    Ach ja: Ein Amazonrezensent deutet an, dass die unbekannten Begriffe evtl. durch Anagramme entschlüsselt werden können(Originalversion und mit englischen Begriffen Anagramme bilden); hat das mal jemand versucht?


    Ich habe gerade ein wenig rumgesucht und -probiert, aber bin zu keinem Ergebnis gekommen. Und wenn englischsprachige Leser im Web nach Assoziationen gefragt werden, zucken sie auch nur mit den Schultern. Anscheinend bleiben die Wortneuschöpfungen reine Fantasieworte, die man größtenteils nicht mir konkreten Bedeutungen verbinden kann, aber das ist für mich vollkommen in Ordnung und passt ins Konzept der Geschichte.


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Hier nun auch eine abschließende (spoilerfreie) Bewertung.


    Zum Inhalt möchte ich nicht mehr verraten als illy und Valentine, denn Faber konstruiert die Handlung virtuos und lässt den Leser nach und nach Informationen wie Puzzleteile zusammensetzen. Anfangs lebt das Buch von den zahlreichen aufgeworfenen Fragen und entwickelt dadurch eine enorme Sogwirkung. Je mehr man als Leser aber in Erfahrung gebracht hat, umso interessanter wird es, Isserley und ihrer Sicht der Dinge zu folgen. Zum einen lohnt es sich, ihren Blick auf unsere Welt nachzuvollziehen, zum anderen ist sie selbst eine interessante Figur.
    Auch sprachlich mochte ich das Buch sehr, Faber trifft den richtigen Ton für die entsprechende Stimmung. Einziger Kritikpunkt ist, dass manche Fragen offen bleiben und Faber die ein oder andere Chance auf einen interessanten Exkurs verpasst hat. Andererseits kommen so keine Längen in der Handlung auf. Für manch einen mögen die teils heftigen Szenen etwas zu extrem sein, ich fand sie aber "angemessen" (besonders angesichts der Kategorie, in der sich das Buch hier befindet :zwinker:).


    Insgesamt gibt es von mir mit Tendenz nach oben 4ratten.


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Meine Meinung
    Under the skin fängt relativ harmlos an: ein junge Frau nimmt einen Anhalter mit. Man erfährt von ihrem Zögern, ob sie ihn wirklich mitnehmen soll, ob er geeignet ist und auch von seinen Gedanken. Natürlich weiß man auch, dass die Geschichte nicht so harmlos ist, wie sie auf den ersten Seiten wirkt. Aber wie sie sich dann entwickelt, hat mich überrascht. Ganz langsam geht die Handlung in eine Richtung, die ich nicht erwartet habe. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich das Buch wahrscheinlich nicht gelesen weil mich das Thema nicht interessiert. Aber so langsam hingeführt zu werden, ist etwas anderes. Gerade im ersten und zweiten Drittel hat mich Under the skin sehr an The wasp factory von Iain Banks erinnert. Das liegt zum einen daran, dass die Handlungsorte gefühlte 20 Meilen auseinanderliegen. Aber auch daran, dass beide Autoren es geschafft haben, von einem relativ normalen Anfang zu einer herrlich absurden Geschichte zu kommen. Gegen Ende hat Under the skin ein bisschen nachgelassen und vom Schluss bin ich noch nicht ganz überzeugt, aber unterm Strich hat es mir sehr gut gefallen.
    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.