Ich habe das Buch im englischen Original unter dem Titel "Lambs of God" gelesen.
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In einem nahezu verlassenen und langsam verfallenden Nonnenkloster auf einer kleinen Insel direkt vor der britischen Küste leben nur noch drei Nonnen. Ihre "Kolleginnen" sind nach und nach verstorben und leben in der Vorstellungswelt der Überlebenden in Form der Schafe, die sie sich halten, weiter. Die drei Nonnen führen das Klosterleben in einer sehr eigenwilligen Form weiter. Schon lange nicht mehr von Vertretern der Kirche besucht (und überprüft), haben sie teilweise eigene Rituale entwickelt, in denen sich katholische Religion und vorchristliche Mythen vermischen.
Sie leben in einer nahezu paradiesisch friedlichen Welt, in die eines Tages die Schlange in Form des bischöflichen Sekretärs eindringt. Dieser verkörpert die "moderne" Kirche, die sich nach vielen Skandalen und allgemeiner Kirchenmüdigkeit in der Krise befindet und nach neuen finanziellen Quellen sucht. Der Sekretär, zwar an und für sich ein gläubiger Mensch, ist der Meinung, dass auch die Kirche sich verändern müsse, und glaubt nicht nur an Gottes Allmacht, sondern auch an die des Geldes. Er besucht das seiner Meinung nach verlassene Kloster, um zu untersuchen, ob sich das Gelände als exklusives Freizeitresort für die ganz Reichen eignen würde.
Die Existenz der drei Nonnen (und ihrer Schafe) überrascht ihn zwar unangenehm, aber schnell findet er Abhilfe: die Nonnen sollen in ein Altenheim gebracht und die Schafe geschlachtet werden. Unvorsichtigerweise verrät er seine Pläne und die Nonnen, die ihr bisheriges Leben natürlich unverändert weiter leben wollen, holen zum Gegenanschlag aus: sie nehmen den Priester gefangen!
Bis hierhin (und noch ein kleines Stück weiter) zeigt sich das Buch im Gewande eines angenehm zu lesenden, leicht humoristischen Unterhaltungsroman. Nicht direkt schlecht, aber etwas seicht. Zum Glück ändert sich das in der Fortsetzung. Mit der näheren Vorstellung der Vergangenheit der Nonnen gewinnen diese an Tiefe und auch die Figur des Priesters nimmt genauere Konturen an. Der Konflikt zwischen den beiden Lagern (und Welten) lässt beide Parteien teils unangenehme Entdeckungen über sich selbst machen und erweitert ihr Bild von sich und der Welt zumindest vorübergehend.
Die Lösung des Konfliktes werde ich hier nicht verraten, nur soviel: Marele Day ist es gelungen, zu leichte Auswege zu vermeiden und mich bis zuletzt im Unklaren über den Fortgang der Geschichte zu lassen. Anfangs befürchtete ich, sie würde ihr Thema nicht ernst genug nehmen und die ethischen Fragen, die sich aus dem Verhalten der Nonnen ergeben, zu oberflächlich (oder auch gar nicht) zu behandeln, aber diese Befürchtung erwies sich also als falsch.
Sprachlich lässt sich das Buch gut lesen. Auch hier hatte ich allerdings den Eindruck, dass es sich im Verlauf der Geschichte steigerte. Fielen mir anfänglich ein paar nicht ganz gelungene Formulierungen auf, so war das gegen Ende nicht mehr der Fall.
Glücklicherweise hatte ich vor dem Kauf nicht die Kurzbeschreibung von Amazon gelesen:
ZitatVoller Spitzen und Lebenslust gehen die Nonnen sehr weiblich zum Gegenangriff über. Komisch und erotisch, spannend und philosophisch.
Diese Formulierungen wirken auf mich eher abschreckend, lassen mich einen seichten "Frauenroman" im schlimmsten Sinne des Wortes vermuten, sind aber nicht (oder nur zum Teil) zutreffend. Erotisch gesehen ist das Buch eine komplette Fehlanzeige – Day sei Dank! Auch diese Komponente hatte ich befürchtet, wurde aber auch hier angenehm überrascht.
Alles in allem also ein lesenswerter Roman mit mehr Substanz als er vermuten lässt.