Kaufen* bei
Amazon
Bücher.de
Buch24.de
* Werbe/Affiliate-Links
Eine Tauffeier auf einem wohlhabenden Hof in einem Schweizer Alpental. Viel muss vorbereitet werden, der Tisch muss ordentlich voll sein, denn man will gerade bei einer Taufe vor Nachbarn und Verwandten nicht knauserig dastehen. Eilig hat man es also in der Küche und eilig ist es auch mit dem Weg in die Kirche, denn der Pfarrer wartet nicht gerne. Wenn also nur die Gotte (die Taufpatin) endlich käme! Diese kommt schließlich auch - wie es sich gehört mit Geschenken an die Kindsbettin und das Kind - aber trotz allen Zeitdrucks und aller Gegenwehr ihrerseits muss sie erst mal ordentlich beköstigt werden. Eine Tasse Kaffee mit reichlich Nidel ("nein, bitte keinen Zucker" - plumps), etwas deftiges zu essen, ein Kuchlein, noch einen Kaffee ("Du willst keinen mehr? Schmeckt er etwa so schlecht?") - alles so wie es sich gehört, also.
Nach vollzogener Taufe wird dann erst richtig getafelt, wobei immer deutlicher wird, dass der Hof wirklich ein gut gedeihender ist. Eine Bewirtung, wie sie hier geschieht, werden sich wohl nur wenige Familien leisten können. Zudem wird deutlich, dass das Haus erst kürzlich neu gebaut wurde - wenn man sich nur selbst so was leisten könne, denkt der eine oder andere Gast sicherlich.
Schön geschrieben ist der Beginn dieser Novelle wirklich, wenn auch die altertümliche und mit schweizerischen Ausdrücken durchsetzte Sprache den Zugang ein wenig erschwert. Gotthelf beschreibt lebendig und glaubwürdig, wie eine solche Familienfeier vonstatten geht und man stellt fest, dass sich manches immer gleich bleibt .
Alles schön und gut also, nur fragt man sich allmählich, wie die restlichen 100 Seiten gefüllt werden sollen und vor allem, was diese idyllische Tauffeier mit dem doch etwas unheimlich wirkenden Titel "Die schwarze Spinne" zu tun haben soll.
Die Antwort auf diese Frage kommt bald: Während die Gäste den Neubau bewundern, fällt ihnen ein schwarzer, offensichtlich alter Balken auf. Wieso hat man diesen beim Neubau nur wiederbenutzt? Hätte man nicht einen neuen nehmen können?
Der Großvater will eigentlich nicht recht mit der Sprache heraus, aber schließlich erzählt er die Geschichte doch:
In alter Zeit, als die Bauern noch Leibeigene waren, wurde die Bevölkerung des Tales von einem besonders brutalen Ritter geknechtet. Er ließ sich von ihnen in grausamer Fronarbeit eine Burg erbauen, während die Felder brach lagen. Als die Burg endlich fertig stand, nahte der Sommer schon mit Eilesschritten aber die Bauern atmeten trotzdem auf: Es war gerade noch Zeit genug fürs Säen und mit ein bisschen Ernteglück würden sie den nächsten Winter doch überleben können.
Da kommt die Hiobsbotschaft: Der Ritter ist noch nicht zufrieden. Er will noch einen Schattengang haben. 100 Buchen sollen dazu ausgegraben, zur burg transportiert und dort wieder eingepflanzt werden. In 4 Wochen muss das geschehen sein!
In 4 Wochen ist auch der Mai um - dann ist es zu spät zum Säen, dann gibt es keine Ernte, dann werden sie alle im Winter verhungern. Verzweifelt sitzen die Bauern zusammen, trauen sich nicht nach Hause zu ihren Familien, um ihnen diese Nachricht mitzuteilen. Da erscheint ein Jäger bei ihnen, lässt sich ihre Not klagen und erklärt sich bereit, ihnen zu helfen, um einen Preis - ein ungetauftes Kind!
Entsetzt flüchten die Bauern, haben sie doch verstanden, mit wem sie da geredet haben. Doch in den nächsten Tagen beginnen sie zu überlegen: Was ist ein neugeborenes Kind gegen das Leben ihrer aller? Gerade eine zugezogene Bauersfrau, die resolute Christine, lacht die Männer aus, dass sie so panisch und ohne nachzudenken geflohen waren - und sie ist es auch, die mit dem Grünen drei Tage später verhandelt. Versprechen kann man ja einiges und es wäre wohl nicht das erste Mal, dass es klugen Menschen gelingt, den Grünen zu überlisten, nicht wahr?
Tja, wie gut oder eben nicht das geht und wie die Spinne ins Spiel kommt, das müsst ihr selbst lesen. Nur so viel - ich habe die Geschichte atemlos verschlungen und konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, so spannend und unheimlich wurde es!
Manchmal - so stellte ich fest - hat es was für sich, wenn man so ganz und gar nichts über die anstehende Lektüre weiß. Ich hatte eine betuliche, mit christlichem Gewäsch versehene, moraltriefende, also schlicht weg unerträgliche Geschichte erwartet - wieso, das weiß ich nicht. Wahrscheinlich hatte mich das Pseudonym des Autoren (Wie kann man sich nur "Gotthelf" nennen ) beeinflusst. Nun ja, christlich und moralisch ist die Geschichte natürlich auch, denn natürlich ist klar, dass man nicht ungestraft einen Pakt mit dem Teufel eingeht, dass man nicht einen für das Heil aller opfern darf. Aber dabei ist sie eben wie gesagt auch unendlich spannend und in ihrer Beschreibung des Unheils, das über die Bergbewohner hereinbricht auch Poe'sch unheimlich. Und - möchte ich hinzugügen - in der Schilderung, wie sich die Bauern zu ihrem, wie sie richtig erkennen, grundfalschen Verhalten selbst und gegenseitig überreden, sehr glaubwürdig.
Nun habe ich nichts über die Geschichte selbst gelesen, weiß also nicht, ob ich mit meinen Vermutungen richtig liege. Ich stelle mir vor, dass Gotthelf hier eine in der Schweiz mündlich überlieferte Geschichte verarbeitete, deren Ursprung ich in der Pest sehe, die (nehme ich an) auch in den Alpen wütete. Die Opfer der Spinne, die unter Qualen sterben, erinnern mich sehr an eben Pesttote. Hier wird die unerklärlich auftauchende Krankheit durch einen Bruch der christlichen Gebote, und das ebenso unerklärliche Verschwinden der Krankheit durch eine Rückkehr zum rechten Glauben erklärt. Da die Pest ja in Wellen immer wieder über Europa schwappte, passt dazu auch, dass die Spinne Jahre später wieder auftaucht, weitere Opfer fordert.
Allerdings muss ich gestehen, dass mir gerade diese zweite "Welle", die ihren Grund natürlich auch in einer Abkehr vom rechten Verhalten hat, dann doch etwas zuviel des Guten wurde. Eine nochmalige Einbläuung der Moral wäre nicht nötig gewesen.
Kritisieren könnte man nach heutiger Auffassung auch, dass offensichtlich gerade Frauen ein näheres Verhältnis zu dem Teufel zugeschrieben wird. Allerdings lege ich das weniger Gotthelf zur Last, sondern sehe das als einen Ausdruck der Zeit und einer langen Tradition (Eva!). Dass die "bösen" Frauen Zugezogene, nicht Einheimische sind, ist ein weiterer interessanter Aspekt. Natürlich sucht man sich den Sündenbock außerhalb der eigenen Gemeinschaft und mit Frau und Fremder schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Auch hier ist Gotthelf sehr realistisch.
Insgesamt vergebe ich enthusiastische
+