Historische Romane

Es gibt 32 Antworten in diesem Thema, welches 5.393 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Imperator T. Validior.

  • ( :breitgrins: an Valentine und Saltanah!)


    Liebe Leute,


    meine Meinung ist, dass historische Romane, besonders, wenn sie so schön heißen, wie "Die Päpstin" oder in diese Richtung gehend sind im Sinne von "na ja". Da ich mir sowas einmal antat, kann ich wenig mitsprechen, jedoch bin ich von dem einen Mal so geschädigt, ich kann es nicht beschreiben.
    Was meint Ihr!? Und, wo liegt die Faszination für eine Zeit, wo es nicht Mal eine Toilette gab? Ihr wisst, was ich meine. Reden wir über Schund oder Kunst!!?


    Al cori

  • Hm, man muss schon unterscheiden zwischen den so häufig vorkommenden Seifenopern im Barockgewand und wirklich gut recherchierten Büchern. Auf viele Neuerscheinungen im historischen Bereich habe ich schon gar keine Lust mehr, weil sie wie der x-te Aufguss des ach so beliebten Mädel-in-Hosenrollen-Themas daherkommen ... einen gut geschriebenen und einigermaßen fundierten Roman lese ich schon mal gerne.


    Warum die Vergangenheit so fasziniert? Vielleicht ist es dasselbe wie mit den fremden Welten. Die einen reisen gerne literarisch an exotische Orte, andere in verflossene Zeiten (die in Wirklichkeit schätzungsweise doch ganz anders waren, als wir sie uns heute vorstellen).

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ja aber, SF kann ich noch verstehen, weil das alles SEIN KÖNNTE, aber die Zeit zwischen 1400 und 1600 war grausam, stinkend und blutend. Was ist daran so toll?
    Und zumeist wird von irgendwelchen katholischen Geschichten geschrieben...die 100ste Adaption. Mühsam.

  • Hallo!


    @cori: siehst Du das ganze nicht ein bisschen einseitig? Historische Romane haben viel mehr zu bieten als "irgendwelche katholischen Geschichten". Auf der anderen Seite mußt du auch nicht jedes Genre mögen oder die Vorlieben anderer Leute dafür verstehen. Die Zeit, in der du dir darüber den kopf zerbrichst kannst du doch viel besser mit Lesen verbringen :zwinker:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Ja aber, SF kann ich noch verstehen, weil das alles SEIN KÖNNTE, aber die Zeit zwischen 1400 und 1600 war grausam, stinkend und blutend.


    Naja, aber das hat jetzt ja nur mit deinen persönlichen Interessen zu tun (ich persönlich finde SF meistens langweilig), nicht aber mit der Frage nach der literarischen Qualität von historischen Romanen... oder?

  • Ist eh eher persönliche Meinung, weil bei einer Diskussion hat man immer nur eine persönliche Meinung, nicht?
    Wie auch immer, mir liegt es fern,irgendetwas schlecht zu machen. Ich möchte einfach nur über den "historischen Boom" diskutieren, denn es ist ein Boom. Geht in die Buchhandlungen.
    Und Kirsten: Dann nenne mir, was sie zu bieten haben. Vielleicht lasse ich mich verführen?

  • Ach Gott, die Frage nach Schund oder Kunst ist doch nie allgemeingültig zu beantworten.
    Was die eine hasst, gefällt der anderen. Geschmacksache.


    Grüße von Annabas :winken:

  • Ich hab bis jetzt wenig im Bereich "Historische Romane" gelesen, hab aber einiges auf meinem Sub liegen. Generell die Tudors haben es mir in diesem Bereich angetan. Ich denke mit dieser Zeit kann ich noch am meisten anfangen.


    Was mich allerdings gar nicht begeistern kann, sind Romane, die zur Zeit des ersten Weltkriegs spielen, oder davor. Das war zwar eine überaus spannende Zeit, aber noch nicht lang genug her, um mich in seinen Bann zu ziehen (weiß nicht genau, wie ich es besser beschreiben kann).

  • @cori
    Ich versteh halt gerade nicht ganz was überhaupt das Thema ist... Geht es um die Frage, warum sich so viele Menschen für die Vergangenheit interessieren bzw. für historische Romane oder geht es um die literarische Qualität derselben? Das sind für mich nämlich zwei ziemlich unterschiedliche Fragen (die aber beide interessant sind :smile:). :zwinker: Was die Qualität angeht bin ich der selben Meinung wie annabas und elsabina. Wie in jedem Genre gibts auch bei historischen Romanen Gutes und Schlechtes... Das kann man vermutlich nicht verallgemeinern.

  • Man wird sich wundern, aber Science Fiction und Historienromane haben eines gemeinsam:
    Die beschriebene Zeit werden wir nicht erleben bzw. haben wir icht erlebt und die Autoren beschreiben uns Möglichkeiten, wie es gewesen sein könnte oder wie es werden könnte. Variationen von Epochen, die nicht für den heutigen Leser fassbar und erlebbar sind.


    ... aber die Zeit zwischen 1400 und 1600 war grausam, stinkend und blutend. Was ist daran so toll? ...


    SF schreibt sicher auch nicht immer von friedlichen, klinisch reinen Planeten ohne Blut. Oder? :zwinker:

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Hilfe! Ich hab in ein Wespennest gestochen und die Biester surren mir hinterher.
    Ich möchte einfach nur über das Genre an sich diskutieren.
    Schreibt Buchvorschläge oder verreißt einen ROman und erklärt mir, was daran toll sein soll?
    Mehr ist es nicht. Im Übrigen mag ich SF gar nicht,...cori


  • Schreibt Buchvorschläge oder verreißt einen ROman und erklärt mir, was daran toll sein soll?
    Mehr ist es nicht.


    Öhm... [url=http://www.literaturschock.de/literaturforum/index.php/board,11.0.html]das hier[/url] hast Du schon entdeckt, oder? :breitgrins:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Irgendwie ist mir auch noch nicht klar, über was Du eigentlich diskutieren möchtest:



    Und, wo liegt die Faszination für eine Zeit, wo es nicht Mal eine Toilette gab?


    Diese Frage ist schon eine ganz andere als



    Ihr wisst, was ich meine. Reden wir über Schund oder Kunst!!?


    Schund und Kunst, wie Du es nennst, gibt es sicher in jedem Genre. Dafür lassen sich bis zu einem gewissen Grad sogar „allgemeingültige“ Kriterien definieren, aber weder die Leser der einen noch der anderen Sorte werden dem jeweils uneingeschränkt zustimmen und sich vermutlich schon gar nicht von „ihrer“ bevorzugten Lektüre abbringen lassen. Ergo bleibt Dir in dem Fall nur, entweder sorgfältig nach der Kunst in diesem Genre zu suchen oder, um den Schund sicher zu umgehen, das Genre ganz zu meiden.


    Die Faszination für eine andere Zeit, egal ob vergangen oder potentiell zukünftig möglich, ist eine ganz andere Sache. Warum machen Leute Bungee-Jumping oder Dschungelcamps? Ist das nicht ähnlich irrational? Der Leser solcher Romane hat zumindest die Gewißheit, körperlich nicht gefährdet zu sein. Eskapismus mag ein Teil der Antwort sein, greift aber vermutlich zu kurz und auch nicht bei allen Lesern. Natürlich war



    die Zeit zwischen 1400 und 1600 (...) grausam, stinkend und blutend.


    wie andere davor und danach auch und manche Gegenden der Welt bis heute. Und dort wird es auch in Literatur thematisiert. Trotzdem hört deswegen niemand auf, zeitgenössische lateinamerikanische, asiatische, afrikanische usw. Literatur zu lesen, die derartiges behandelt, oder stellt sie in Frage. Und im übrigen könnte man eine solche Zusammenfassung auch für viele Fantasy-Romane schreiben. Es ist also auch nicht primär ein Problem oder auch nur ein Aspekt des historischen Romans. Vielleicht liest jemand das auch einfach deshalb, um sich zu freuen, wieviel besser er es heute hat? Selbstvergewisserung durch Literatur ist schließlich ein berechtigtes Anliegen.



    Ich möchte einfach nur über den "historischen Boom" diskutieren, denn es ist ein Boom. Geht in die Buchhandlungen.


    Das ist wieder eine andere Baustelle, bei der ich mich frage, was Ursache und was Wirkung ist. Tauchen soviele historische Romane, die zumeist starke Frauen in mittelalterlichem Ambiente zum Inhalt haben, in den Buchhandlungen auf, weil die Leser/Käufer tatsächlich genau diese Konstellation haben wollen und andere Epochen und Grundstrukturen ignorieren oder kaufen die Leute diese Bücher, weil die Verlage so wenig anderes in diesem Genre anbieten und jemand, der einen historischen Roman haben und lesen will, deshalb zwangsläufig darauf zurückgeworfen ist? Das kann ich ehrlich gesagt nicht beurteilen, habe aber immer ein wenig das Gefühl, daß die Wagschale letzterem zuneigt.



    Ich möchte einfach nur über das Genre an sich diskutieren.
    Schreibt Buchvorschläge oder verreißt einen ROman und erklärt mir, was daran toll sein soll?


    Dann würde ich empfehlen: Such Dir die Namen hier im Forum, deren Buchgeschmack Du meinst im Hinblick auf Deinen eigenen einschätzen zu können, und schau im Board der historischen Romane durch, was diesen Leuten gefallen oder nicht gefallen hat und mache damit Deine Proben. Was nützt es Dir, wenn ich Dir jetzt z. B. Mani Beckmanns Moortrilogie ans Herz lege, die mir auch wegen ihres Lokalkolorits tatsächlich sehr gut gefallen hat? Möglicherweise wärst Du genervt von den niederdeutschen Ausdrücken, die Du vielleicht alle im Glossar nachschlagen müßtest, während ich sie einfach so mitgelesen habe. Vielleicht wären sie Dir im Plot zu konstruiert oder Du fändest einen anderen Kritikpunkt. Was nützte es, Dir z. B. eine marinehistorische Reihe zu empfehlen, wenn Du Segeln möglicherweise doof findest und Bücher, in denen Frauen höchstens als dekoratives Beiwerk bei kurzen Landaufenthalten auftauchen, völlig unakzeptabel? Dann kann das alles noch so gut geschrieben und/oder historisch korrekt sein, es wird Dich nicht begeistern.


    Schönen Gruß,
    Aldawen



    P.S.: Ich verschiebe das jetzt auch mal in das entsprechende Board hier :zwinker:

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Lieber Aldawen,


    herzlichen Dank für dieses äußerst kompetentes Posting. Äußerst interessant und die Antwort lautet, besonders nach Deinem Statement: gerne über das Thema gesamt würde ich diskutieren. Wenn immer sowas kommt, freut es mich ungemein.
    al cori

  • Liebe cori


    Ich beantworte jetzt einfach mal deine verschiedenen Fragen, die du gestellt hast :smile::



    Was meint Ihr!? Und, wo liegt die Faszination für eine Zeit, wo es nicht Mal eine Toilette gab? Ihr wisst, was ich meine. Reden wir über Schund oder Kunst!!?


    Ich persönlich erwarte mir von einem historischen Roman kein literarisch hochstehendes Vergnügen. Wenn es dennoch eines wird, finde ich es natürlich umso besser. Aber, wenn ich ein Buch lese mit einer Handlung in vergangener Zeit, dann tue ich dies mit dem Ziel, etwas über diese Zeit zu erfahren. Mein Interesse ist breit gefächert, ich möchte wissen wie die Menschen damals gelebt haben, was sie gegessen haben, wie sie wohnten, wie die Kinder damals erzogen wurden, welche Gesetze sie achten mussten, welche Handwerke es gab, welche Rolle die Religion spielte, etc. Meiner Meinung nach kann man durch solche Informationen auch besser verstehen, wie es zu der heutigen Welt gekommen ist.



    Ja aber, SF kann ich noch verstehen, weil das alles SEIN KÖNNTE, aber die Zeit zwischen 1400 und 1600 war grausam, stinkend und blutend. Was ist daran so toll?


    Ja, die Zeit war grausam, stinkend und blutend. Was mich daran fasziniert sind nicht die Schilderungen der grausigen Taten und stinkenden Gassen, sondern wie die Menschen damals damit umgegangen sind. Ich studiere zwar nicht Geschichte, aber ich denke nicht, dass die Menschen ihre eigene Zeit damals als grausam wahrgenommen haben. Viele Dinge können wir heute mit unseren Weltanschauungen nur schwer nachvollziehen. Aus diesem Grund finde ich auch die Medizin im Mittelalter sehr interessant. Zum Beispiel war früher die Aussage über den Ausgang einer Krankheit wichtiger als die Diagnose, da sich die kranke Person auf den Tod vorbereiten und ihre Sünden rechtzeitig beichten sollte. Deshalb bekamen sterbenskranke Menschen keine Behandlung von Ärzten, da die Betreuung sterbender Personen dem Priester zugedacht war. Zudem wurde erwartet, dass ein guter Arzt seine Grenzen kennt. Wer versuchte einen Todkranken zu behandeln, galt als unwissend oder geldgierig.



    Und Kirsten: Dann nenne mir, was sie zu bieten haben. Vielleicht lasse ich mich verführen?


    Ich mochte zum Beispiel "Die Säulen der Erde" von Ken Follett ganz gern. Da erfährt man einiges darüber, wie man im Mittelalter eine Kathedrale gebaut hat. Und nebenbei wird man gut unterhalten. Ansonsten gefiel mir auch "Die Mystikerin - Hildegard von Bingen" von Gabriele Göbel, eine Biographie in Romanform.
    Aber es stimmt schon, es gibt eine grosse Menge an historischen Romanen, die ich zur Kioskliteratur zählen würde. Drum würde ich mir an deiner Stelle auch ein paar Empfehlungen geben lassen und dann nochmals einen Versuch wagen.

    :leserin: <br />Joyce Carol Oates - Du fehlst

  • Ich persönlich erwarte mir von einem historischen Roman kein literarisch hochstehendes Vergnügen. Wenn es dennoch eines wird, finde ich es natürlich umso besser. Aber, wenn ich ein Buch lese mit einer Handlung in vergangener Zeit, dann tue ich dies mit dem Ziel, etwas über diese Zeit zu erfahren. Mein Interesse ist breit gefächert, ich möchte wissen wie die Menschen damals gelebt haben, was sie gegessen haben, wie sie wohnten, wie die Kinder damals erzogen wurden, welche Gesetze sie achten mussten, welche Handwerke es gab, welche Rolle die Religion spielte, etc. Meiner Meinung nach kann man durch solche Informationen auch besser verstehen, wie es zu der heutigen Welt gekommen ist.


    Ich finde es auch toll, in eine andere Zeit einzutauchen und sich vorzustellen, wie die Leute damals gedacht und gelebt haben, was sie für Sorgen und Nöte hatten usw. :smile: Die historische Genauigkeit finde ich da gar nicht so wichtig, für die Infos kann ich ja ein Sach- oder Fachbuch lesen. Und die literarische Qualität ist mir bei einem historischen Roman auch nicht so wichtig. Mir gehts da mehr um die "Story". :zwinker:


    Ich finde auch, dass man aus der Vergangenheit viel über die Gegenwart lernen kann. Allerdings denke ich auch, dass das Bild, das wir von der Vergangenheit haben, bis zu einem gewissen Grad auch geprägt davon ist, wie wir über unsere Gegenwart denken und dass wir uns deshalb nie "vollkommen" in frühere Zeiten hineinversetzen können. Der Begriff "Mittelalter" mit all seinen negativen Konnotationen zum Beispiel entspringt ja in erster Linie dem Geschichtsbild der Humanisten, die ihre Zeit als eine Wiedergeburt der Antike betrachteten und das Mittelalter wie eine Art Kontrastfolie benutzten, um die eigene Gegenwart umso glorreicher erscheinen zu lassen. Und seither denkt jeder bei Mittelalter nur an blutige Schlachten und an Pest, Tod usw., was eigentlich schade ist.


  • Ich finde auch, dass man aus der Vergangenheit viel über die Gegenwart lernen kann. Allerdings denke ich auch, dass das Bild, das wir von der Vergangenheit haben, bis zu einem gewissen Grad auch geprägt davon ist, wie wir über unsere Gegenwart denken und dass wir uns deshalb nie "vollkommen" in frühere Zeiten hineinversetzen können. Der Begriff "Mittelalter" mit all seinen negativen Konnotationen zum Beispiel entspringt ja in erster Linie dem Geschichtsbild der Humanisten, die ihre Zeit als eine Wiedergeburt der Antike betrachteten und das Mittelalter wie eine Art Kontrastfolie benutzten, um die eigene Gegenwart umso glorreicher erscheinen zu lassen. Und seither denkt jeder bei Mittelalter nur an blutige Schlachten und an Pest, Tod usw., was eigentlich schade ist.


    Sehr interessant, das wusste ich nicht. Ich meine ich habe mal irgendwo gelesen, dass das Mittelalter eines der farbenfrohesten Zeitalter war, aufgrund der Kleidung und der Bilder die gemalt wurden, und gar nicht dunkel, wie es der Bezeichnung Mittelalter meist anhaftet. Ob man dies aber allgemein für das ganze Mittelalter sagen kann, weiss ich nicht, da es doch einen sehr grossen Zeitraum umspannt.

    :leserin: <br />Joyce Carol Oates - Du fehlst


  • meine Meinung ist, dass historische Romane, besonders, wenn sie so schön heißen, wie "Die Päpstin" oder in diese Richtung gehend sind im Sinne von "na ja". Da ich mir sowas einmal antat, kann ich wenig mitsprechen, jedoch bin ich von dem einen Mal so geschädigt, ich kann es nicht beschreiben.
    Was meint Ihr!? Und, wo liegt die Faszination für eine Zeit, wo es nicht Mal eine Toilette gab? Ihr wisst, was ich meine. Reden wir über Schund oder Kunst!!?


    Als einer, der solchen Schund schon selbst veröffentlicht hat, will ich mal versuchen, die Faszination zu beschreiben, die diese Literaturformen zumindest für mich ausmachen:


    Der Vergleich zwischen Historie und Science Fiction/Fantasy ist heute schon mehrfach gefallen, und völlig zu Recht. In der Tat erkenne ich zwischen beiden Genres eine größere Verwandtschaft, als es zunächst den Augenschein hat. In beiden Fällen hat der Autor die Aufgabe oder das Ziel, eine Welt zu erschaffen, die sich von unserer einerseits spürbar unterscheidet, andererseits offensichtliche Gemeinsamkeiten hat (natürlich, sonst wäre sie für den Leser uninteressant). Und er muss sie möglichst so ausgestalten, dass sie plausibel wirkt, dass der Leser das Gefühl hat, so wie geschildert könnte es tatsächlich sein, wenn er an diesem Ort und in dieser Zeit wäre - gleich, ob das nun das Germanien des 2. Jahrhunderts ist oder der Mars des 21.


    Die vermeintlich fehlende Toilette ist da schon ein gutes Beispiel: Ich arbeite gerade an einer Geschichte, in der unter anderem ein verwöhnter Römer mit Toilette im eigenen Heim in einem Barbarendorf landet, wo es allenfalls Donnerbalken gibt. Na ja, damit muss er halt zurechtkommen. Aber leicht fällt es ihm nicht! :) Aus solch einem Thema lassen sich doch viele interessante Geschichten ableiten: Wie kommen die Leute denn eigentlich unter solchen Umständen mit ihren menschlichen Bedürfnissen zurecht, sei es im barocken Versailles, wo es im Gegensatz zum alten Rom tatsächlich nirgendwo eine Toilette gab, sei es in der Schwerelosigkeit im Weltraum (in den Space Shuttles ist das ein ständiges Problem!)? Oder was tut man, wenn sich der Darm ganz dringend rührt und man gerade in einer Blechrüstung steckt? Wenn man erst einmal darüber nachdenkt, fängt man an, in Frage zu stellen, was unsereins ganz zu unrecht als selbstverständlich empfindet.



    Ja aber, SF kann ich noch verstehen, weil das alles SEIN KÖNNTE,


    Wenn es gut geschrieben ist. Aber nur dann. Wir reden jetzt nicht über Perry Rhodan, oder?



    aber die Zeit zwischen 1400 und 1600 war grausam, stinkend und blutend. Was ist daran so toll?


    Zunächst einmal war sie weit weniger grausam und blutend als die Zeit zwischen 1800 und 2000, und was den Gestank angeht, duften unsere Großstädte oder ein frisch gedüngter Acker auch nicht gerade nach Rosenwässerchen. Man darf sich ruhig wundern, wie ein Mensch von damals eigentlich unsere Zeit beschrieben hätte, wenn er wie Catweazle in ihr aufgetaucht wäre! Und da kann man als Autor natürlich die Frage diskutieren, wie die Menschen damals das alles eigentlich bei klarem Verstande überlebt haben (haben sie meistens nämlich nicht!), und insbesondere, wie wir uns selbst fühlen würden, wenn wir in solche Umstände geworfen würden, wie sie damals herrschten. Ich denke jetzt gar nicht an Schlachten und plündernde Landsknechte, sondern an Donnerbalken, Zahnschmerzen und Pressefreiheit. Um so mehr lernt man vielleicht die eigene angeblich so denaturierte und entartete Gegenwart schätzen.



    Und zumeist wird von irgendwelchen katholischen Geschichten geschrieben...die 100ste Adaption. Mühsam.


    Diese Kritik ist berechtigt. Aber Schuld daran haben die Verlage, die zu wenig risikobereit sind und fast nur noch zu verkaufen wagen, was der Konkurrent auch schon mit Erfolg verkauft hat. Das ist leider ein spezifisches Problem des deutschsprachigen Marktes und nicht auf das Genre an sich übertragbar.

    &quot;Cessent iam nunc rapaces officialium manus, cessent inquam!&quot;<br />&quot;Zurück, ihr gierigen Beamtenhände, zurück, sag ich!&quot;<br />&nbsp;&nbsp; - Konstantin der Große

    Einmal editiert, zuletzt von Imperator T. Validior ()

  • Warum lese ich gerne historische Romane... gute Frage. Zum einen interessiere ich mich einfach sehr für Geschichte (sonst würde ich das Fach auch nicht studieren^^) und irgendwie ist eigentlich immer ein Roman Anlass dafür mich mit einer bestimmten Zeit auch etwas fachlicher zu beschäftigen.


    Mich fasziniert an Geschichte eigentlich generell der Zusammenhang mit meiner Gegenwart heute, überhaupt historische Zusammenhänge, die Sicht der Menschen damals auf ihre Zeit und auch wie wir diese Sicht heute bewerten. Zum Teil findet sich das auch durchaus in Romanform wieder, denn ein Roman ist ja immer auch eine Interpretation des Schriftstellers, der diese Zeit in seinem Roman beschreibt. Ich denke dabei muss man auch immer ein bisschen darauf schauen was der Autor genau mit seinem Roman vorhat. Will er in erster Linie unterhalten oder möchte er doch ein kleines bisschen mehr. Klar die Unterhaltung spielt eine Rolle, aber ich finde es hilft schon ein klein wenig wenn man sieht ob der Autor sich die Mühe eines Nachworts macht, Quellen nennt die er zu Hilfe genommen hat (und die den Leser ja vielleicht auch interessieren könnten, wenn er vor hat sich mit dem Thema per Sachbuch auseinander zu setzen), da kann man zumindest annehmen das der Autor sich die Mühe einer längeren Recherche gemacht hat oder nicht.


    Mir macht es einfach Spaß einfach mal in einen Roman einzutauchen der bestimmte Zeiten die mich interessieren behandelt. Außerdem heißt das ja auch nicht das die Qualität auf der Strecke bleiben muss. Wie in jedem Genre gibt es Gutes und Schlechtes, wie man das Bewertet hängt dann natürlich vom eigenen Standpunkt ab^^


    Wenn ich mich aber wirklich fundiert mit Geschichte beschäftigen möchte dann greife ich zu einem Wissenschaftlichen Buch und nicht zu einem Roman.

    Mich interessiert übrigens auch immer wie der Autor die Zeit, die er beschreibt, in den Roman einbaut. Geht er auf soziale Probleme richtig ein oder schildert er nur bekannte Klischees?