Nacht:
Ach - schöne Sprache, sehr schöne Sprache. Die leider zu Folge hat, dass ich noch weniger vom Inhalt mitbekomme und alles doppelt und dreifach lesen muss. Ansonsten berausche ich mich am Ton und Rhythmus der Worte.
So hatte ich z. B. nicht sofort mitbekommen, dass Faust Selbstmord begehen wollte. Über seinen Besitz von Gift wundere ich mich nicht. Er hat doch sicher im Versuch, die Welt zu verstehen, auch Naturphilosophie (falls es die im Mittelalter gab) oder Alchemie studiert und sich für sein "Chemielabor" eine Anzahl chemischer Substanzen besorgt.
(Ich frage mich übrigens, wie viele Generationen genervter Schüler sich gewünscht haben, er hätte das Gift genommen . Ich hätte sicher zu ihnen gehört, aber zum Glück blieb mir der Faust in der Schule ja erspart.)
sichtbar z.B. an den 37 (!) unterschiedlichen Metren
Der Wechsel des Metrum ist mir richtig deutlich aufgefallen, als Faust Nostradamus' Buch zwecks Geisterbeschwörung aufschlägt. Mit Ha! welche Wonne fließt in diesem Blick ändert sich das Versmaß, wird viel beschwingter, hoffnungsvoller, und macht so seinen geänderten Geisteszustand deutlich.
Ich bin eigentlich froh darüber, keine Sekundärliteratur zu Faust zu besitzen. Ich glaube, in den Interpretationen kann man bis zum Lebensende versinken. Hier gibt aber auch fast jeder Satz was her. Schon allein das "leider!" in "leider! auch Theologie" lädt zum Schreiben eines laaaangen Aufsatzes ein. Ich bin gerade am Überlegen, wie das "leider" zu einem gottesfürchtigen, frommen Menschen passt, als der Faust mir im Prolog laut Gott rüberkommt.