Zweiter Teil - 14:00 Uhr (Seite 81 - 203)

Es gibt 19 Antworten in diesem Thema, welches 4.759 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Breña.

  • Ungefähr die erste Hälfte dieses Abschnitts habe ich gerade gelesen, und jetzt brauche ich erst einmal eine kurze Pause, um mich von den Diskussionen über Gut und Böse, über Moral, Religion und Philosophie zu erholen. Obwohl ich zugebe, daß mir die Umsetzung von Sunzis Die Kunst des Kriegs auf das Gelände der Bäckerei und die Auseinandersetzung mit der Polizistenfrau sehr gut gefallen hat. Damit hat er auch etwas bewiesen, was viel wichtiger ist, als das bloße Schulwissen mit seiner Aneinanderreihung von Fakten und Jahreszahlen. Und ich denke, damit er auch dem Lehrer etwas voraus: Abstraktionsfähigkeit und Transferleistung. Ich kann nicht sagen warum, aber ich habe das Gefühl, der Lehrer hätte das nicht gleichermaßen leisten können.


    Ich nehme zwar nicht an, daß hier jemand den Unfug über die Kautschukgewinnung glaubt, den der Lehrer da verzapt hat, speziell die Methode der Trocknung, aber zur Sicherheit will ich doch drauf hinweisen :zwinker: Nicht aus der Luft gegriffen ist dagegen die Zahl der Opfer, wobei 10 Millionen dir Obergrenze sein dürfte. Im übrigen waren diese „Kongogreuel“ auch der Grund dafür, daß die übrigen europäischen Länder König Leopold II. zwangen, seinen Privatbesitz am Kongo aufzugeben und das Territorium zu einer belgischen Kolonie zu machen. Das machte zwar für die Kongolesen kaum einen Unterschied, aber für die damalige Zeit war es immerhin bemerkenswert, daß man sich dieser Behandlung der Afrikaner doch soweit schämte, um Druck auszuüben.


    Was haltet Ihr von dem „Märchen“, das der Bäcker da erzählt? Ich habe das dumpfe Gefühl, daß meine Areligiosität und mangelnde Bibelfestigkeit mir da wieder hinderlich ist, aber mich hat das durchaus verwirrt.

  • Ich bin inzwischen bis auf Seite 139 gekommen und muss jetzt erst mal zu diesem Teil meine Eindrücke loswerden, da ich sonnst auf Seite 203 die Hälfte wieder vergessen habe.



    Ich nehme zwar nicht an, daß hier jemand den Unfug über die Kautschukgewinnung glaubt, den der Lehrer da verzapt hat, speziell die Methode der Trocknung, aber zur Sicherheit will ich doch drauf hinweisen :zwinker:


    Bei der Stelle wusste ich nicht, was ich denken sollte. Warum hat der Lehrer das so geschildert? Glaubte er es wirklich, oder wollte er den Bäcker testen. Ich muss gestehen, dass ich gleich nachgeforscht habe, ob es jemals so eine haarsträubende Art der Kautschukgewinnung gab. Ich kenne nur die mit den kleinen Töpfchen. Alles Andere klingt eher nach Folter. :entsetzt:


    Der Bäcker stellt immer wieder klar, dass er Christ ist. Wie vereinbart er diese Aussagen mit seinen Erkenntnissen, die er ja auf alle, also auch auf sich selbst bezieht?
    Welche Rolle spielt der Lehrer - da bin ich noch nicht viel weiter. Welche Befugnis, welche Macht hat er? Auch der Bäcker hat ihn danach gefragt:

    Zitat

    Sind Sie im Augenblick mächtig, Lehrer?


    Worauf der Lehrer ihm antwortet:

    Zitat

    Sie werden Ihre Strafe erhalten, Bäcker...


    Seine Strafe wofür? Dass er auf der falschen Seite steht?


    Die Kunst des Krieges
    Ja, ich gestehe, ich hätte nicht gedacht, dass der Bäcker so abstrakt denken kann, dass er Die Kunst des Krieges verwendet um sich mit einer Kundin zu messen. :redface:
    Was mich noch mehr verwunderte, war sein letzter Kampfeinsatz mit den Torten. Dass er zum direkten Angriff übergehen wurde, hatte ich gar nicht erwartet.
    Die Szene mit dem Schuljungen hat sicher zu seinem Ruf als Sonderling die Krone aufgesetzt. :zwinker:


    Dann begeben sich die beiden wieder auf die Suche nach Gott. Das Märchen habe ich auch nicht verstanden. Allerdings muss ich Torson zustimmen, wenn man von Büffeln totgetrampelt wird, ist man sicher nicht im Himmel. Der Misthaufen soll vielleicht eine Anspielung auf das goldene Kalb sein.
    Es passt zwar zur allgemeinen Geschichtsvermittlung, die der Lehrer betreibt, aber sein Verwandlung in ein Kind fand ich nun doch sehr kindisch. Auch der Bäcker schien befremdet zu sein.


    Das Gedächtnis des Bäckers muss phänomenal sein. Welch eine Datenvielfalt er in seinem Kopf gespeichert hat.

    Einmal editiert, zuletzt von yanni ()


  • Es passt zwar zur allgemeinen Geschichtsvermittlung, die der Lehrer betreibt, aber sein Verwandlung in ein Kind fand ich nun doch sehr kindisch. Auch der Lehrer schien befremdet zu sein.


    Das Gedächtnis des Lehrer muss phänomenal sein. Welch eine Datenvielfalt er in seinem Kopf gespeichert hat.


    Die letzten beiden Lehrer sollen doch aber eigentlich Bäcker sein, oder? :confused:

  • Der Einsatz von Sunzis Kriegsstrategien in der Bäckerei war spannend zu lesen. In diesem Bäcker steckt mehr, als es der erste Eindruck vermuten lässt. Mit seinem Wissen schätze ich ihn höher ein als den Lehrer, weil er sich alles selbst erarbeitet hat. Zumindest Kriegstaktik dürfte kein Unterrichtsfach gewesen sein. Dem Lehrer ist inzwischen auch klar, dass er nicht einen einfachen Handwerker vor sich hat, sondern eine Art intellektuellen Wolf im Schafspelz. Wie das wohl die Beziehung zwischen den beiden beeinflusst? Bis zum Abend ist nicht viel Zeit, sie haben nur noch wenige Stunden vor sich, aber langsam fallen die Grenzen zwischen ihnen, sie nähern sich einander an und zitieren sogar im Chor irgendwelche Parolen.


    Gleich zu Beginn des zweiten Teiles wird erwähnt, dass der Bäcker schon andere Löcher gegraben hat. Wenn es sich um dieselbe Art von Löchern handelte und er damals mit dem Leben davongekommen ist, sind seine Chancen gut, nach diesem Nachmittag lebend nach Haus zu kommen.


    Über die Kautschukgewinnung musste ich schmunzeln. Mir ist nur die Methode mit dem Anritzen der Rinde bekannt.


    Zu dem Märchen komme ich heute.


  • sie nähern sich einander an und zitieren sogar im Chor irgendwelche Parolen.


    Da habe ich mich manchmal gefragt: Steckt da ein Gag hinter, den ich nur nicht verstehe? Oder warum lachen sie sich dabei kaputt? Wenn zwei Leute aus dem Stegreif die exakt gleichen Worte aussprechen, muß man dahinter doch etwas „allgemein“ bekanntes vermuten, jedenfalls dann, wenn sich die Beteiligten sonst nicht besonders nahestehen wie diese beiden.



    Ich habe den Abschnitt beendet und bin gerade etwas verwirrt. Die Ausführungen rund um Dschingis Khan fügen sich für mich ja inhaltlich noch in die Diskussionen zwischen Lehrer und Bäcker ein, die wir bisher erlebt haben. Und in der Form kommen sie dem Lehrer entgegen und entsprechen zweifellos seiner Art des Geschichtsunterrichts. Aber was sollten diese Ausführungen und der „Dokumentarfilm“ über Löcher? Sicher, man kann über Löcher philosophieren, aber wohin bringt mich das? Und wohin bringen mich konkret die Ausführungen hier? Philosophie ist sowieso nicht meine Disziplin, aber darin die Ontologie sicher schon mal gar nicht, obwohl ich dort noch am ehesten Anknüpfungspunkte sehen würde. Darüber hinaus fiel mir dazu nur ein dummer Witz ein, den ich vor vielen, vielen Jahren mal gehört habe. Zwei Löcher sehen ein Sieb. Sagt das eine zum anderen: Guck mal, da vorne ist 'ne Demo.

  • Wenn zwei Leute aus dem Stegreif die exakt gleichen Worte aussprechen, muß man dahinter doch etwas „allgemein“ bekanntes vermuten, jedenfalls dann, wenn sich die Beteiligten sonst nicht besonders nahestehen wie diese beiden.


    Mir fällt als Bindeglied zwischen den beiden immer der Bruder des Bäckers ein. Er wurde schon mehrmals erwähnt, damit muss es etwas auf sich haben.




    Was haltet Ihr von dem „Märchen“, das der Bäcker da erzählt? Ich habe das dumpfe Gefühl, daß meine Areligiosität und mangelnde Bibelfestigkeit mir da wieder hinderlich ist, aber mich hat das durchaus verwirrt.


    Mit religiösen Begründungen kann ich hier auch nicht dienen. Das Stichwort, das mir dazu einfällt, ist "Kommunikation". Mathilde und Torson können sich nur schwer verständlich machen, ebenso verstehen sie die anderen Himmelsbewohner nur schlecht. Lediglich wenn alle ruhig sprechen, verstehen sie einander. Lehrer und Bäcker im Diesseits haben auch die Kommunikation als gemeinsame Basis. Die Büffel, die am Ende des Märchens die Christen überrennen, könnten ein unterdrücktes Volk (Juden? Arbeiterklasse?) symbolisieren, das Rache nimmt. Das Interview einige Kapitel später lässt sich genauso interpretieren. Wieder findet Kommunikation statt und mit den Büffeln könnte man die Tartaren gleichsetzen.


    Dieses Interview fand ich ziemlich befremdend. Wer steht denn im Schneetreiben, schaufelt offensichtlich ein Massengrab und gibt nebenbei eine Vorstellung als Reporter? Ist es Kaltschnäuzigkeit oder Verzweiflung, die den Bäcker antreibt, so ein Szenario aufzuführen, oder weiß er, dass er lediglich ein Loch gräbt, das einem ganz anderen, harmlosen Zweck dient? Ich bekomme das Verhalten der beiden einfach nicht in Einklang mit der Bedrohung.


    Ich würde gerne die Beweggründe beider Männer verstehen, aber man erfährt noch zu wenig über sie persönlich, über ihre Gedanken und Gefühle. Man sieht sie wie ein bloßer Beobachter von außen, während ihr Innenleben weitgehend verschlossen bleibt.


  • Mir fällt als Bindeglied zwischen den beiden immer der Bruder des Bäckers ein. Er wurde schon mehrmals erwähnt, damit muss es etwas auf sich haben.


    Das wäre natürlich wirklich eine Möglichkeit. Dann würde es sich vielleicht um irgendwelche Aussprüche des Lehrers aus dem Unterricht handeln, die der Bäcker von seinem Bruder her kennt.



    Dieses Interview fand ich ziemlich befremdend. Wer steht denn im Schneetreiben, schaufelt offensichtlich ein Massengrab und gibt nebenbei eine Vorstellung als Reporter? Ist es Kaltschnäuzigkeit oder Verzweiflung, die den Bäcker antreibt, so ein Szenario aufzuführen, oder weiß er, dass er lediglich ein Loch gräbt, das einem ganz anderen, harmlosen Zweck dient? Ich bekomme das Verhalten der beiden einfach nicht in Einklang mit der Bedrohung.


    Ich auch nicht. Manchmal denke ich, es gibt gar keine Bedrohung. Dagegen spricht die Kriegszeit, die aufpassenden Soldaten und erst recht die in LKW angekarrten Leute. Ich könnte noch verstehen, daß der Lehrer zwar frierend, aber ansonsten unbeeindruckt in der Gegend herumsteht. Vielleicht weiß er sicher, daß eine etwaige Bedrohung ihm nicht gilt. Aber der Bäcker? Wenn überhaupt, dann würde ich bei ihm eher auf Verzweiflung tippen, obwohl es das auch nicht richtig trifft. Ich begreif es jedenfalls auch (noch?) nicht.

  • Aber was sollten diese Ausführungen und der „Dokumentarfilm“ über Löcher? Sicher, man kann über Löcher philosophieren, aber wohin bringt mich das? Und wohin bringen mich konkret die Ausführungen hier?


    Ich schließe mich deinen Fragen an. Irgendeinen Zusammenhang zur Handlung muss es geben. Wir werden hoffentlich später daraus schlau werden. Die Dschingis-Khan-Geschichte war zwar interessant, aber die Verknüpfung zu Lehrer und Bäcker erschließt sich mir ebensowenig.


    Durch diese geschichtlichen und philosophischen Einschübe kommt mir der Spaß am Lesen momentan etwas abhanden. Man merkt, dass Donovan diese Geschichte einfach auf sich zukommen ließ und ohne konkreten Plan geschrieben hat. Sicher verfolgt er ein bestimmtes Ziel, aber mir ist dazu noch kein Licht aufgegangen und von der eigentlichen Handlung fühle ich mich weit entfernt. Da hat mir "Winter in Maine" um einiges besser gefallen, das war greifbar und nicht so theoretisch wie dieses Buch.

  • Diesen Abschnitt habe ich nun endlich hinter mir. Ich muss sagen, dass das Lesen, trotz der kurzen Kapitel, nicht so gut voran geht.


    Die Khan-Liveschaltung erinnerte mich sehr an Berichterstattungen der Nachrichtensender unserer Zeit.
    Ich konnte mir aber irgendwie nicht vorstellen, dass jemand in einem Loch steht und unter diesen Bedingungen so eine Show abzieht.


    Geradezu haarsträubend fand ich den Einschub mit der Loch-Geschichte und diesem Professor. Sicher kann man gerade in dieser Situation so seine Überlegungen zu Löchern anstellen, aber auf diese Art? Der Sinn hat sich mir bisher nicht erschlossen.


    Was ich über das kurze Kapitel mit dem Schüler des Lehrers denken soll, weiß ich auch nicht. Der Lehrer und der Bäcker stehen frierend im Schnee und der Junge erzählt von halbnackten Soldaten, die Sonnenbrillen und Schals um die Köpfe trugen. Und dann noch dieses:

    Zitat

    Sie gingen zu einem Feld und setzten sich mit ihren Gewehren in die Wildblumen.


    Ich hatte den Eindruck, der Krieg ist er ein paar Tage alt in dieser Stadt und es ist bereits länger Winter mit Kälte und Schnee. Der Bericht des Jungen lässt mich seine Geschichte eher in den Frühling oder auch Herbst erleben.

  • Hallo zusammen,


    ja, ich bin noch da. :zwinker: Ehrlich gesagt bin ich mit diesem Buch etwas hin und her gerissen: einerseits finde ich die Geschichte und die Erzählweise Donovans großartig, andererseits ist die Thematik ganz schön düster und die Philosophiererei der beiden Protagonisten auch ziemlich anstrengend... Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich gezielt etwas suche, was ich tun kann, um das Gelesene irgendwie zwischendurch zu verarbeiten!
    Der Bäcker ist für mich weiterhin die interessantere Figur - er ist gegenüber dem Geschichtslehrer ungebildet, aber er ist - auch wenn man vielleicht versucht ist, dies zu vermuten - nicht weniger intelligent. Allerdings Frage ich mich nach wie vor, was seine Schuld ist (denn der Lehrer sagt ja, dass er seine Strafe noch bekommt). Und an anderer Stelle wird erwähnt, dass dies nicht sein erstes Loch ist. Ob das auch im übertragenen Sinne gemeint ist?
    Der Bäcker macht auf mich den Eindruck, als ob er um jeden Preis überleben will. Wirklich jeden? Er wirkt auf mich skrupelloser als der Lehrer - obwohl man von den Positionen der beiden eher andersherum tippt, oder?


    Zu guter letzt muss ich gestehen, dass ich über den Mord an 10 Millionen Afrikanern nichts wusste! :redface: Peinlich, eine echte Bildungslücke! Interessant fand ich hierbei, was Du, Aldawen, dazu geschrieben hast: dass andere europäische Länder den belgischen König immerhin dazu brachten, dass er seinen Privatbesitz aufgegeben hat. Gut, der Kolonialismus ist nicht besser, aber wie Aldawen schon sagte: wenigstens war es Menschen unangenehm, was mit den Afrikanern gemacht wurde.


    Soweit erstmal.


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Hallo dubh,


    irgendwie hatte ich den Rest der LR verloren geglaubt. :redface:



    Allerdings Frage ich mich nach wie vor, was seine Schuld ist (denn der Lehrer sagt ja, dass er seine Strafe noch bekommt). Und an anderer Stelle wird erwähnt, dass dies nicht sein erstes Loch ist. Ob das auch im übertragenen Sinne gemeint ist?
    Der Bäcker macht auf mich den Eindruck, als ob er um jeden Preis überleben will. Wirklich jeden? Er wirkt auf mich skrupelloser als der Lehrer - obwohl man von den Positionen der beiden eher andersherum tippt, oder?


    Dazu erfährst du im Laufe des Buches noch mehr. Auf deine endgültige Meinung bin ich schon gespannt.


  • Zu guter letzt muss ich gestehen, dass ich über den Mord an 10 Millionen Afrikanern nichts wusste! :redface: Peinlich, eine echte Bildungslücke!


    Sagen wir mal so: Vielleicht nicht gerade eine Bildungslücke, aber davon gehört zu haben, ist nicht verkehrt :zwinker:


    Das Problem dieser Wertigkeiten taucht ja immer wieder mal auf, und es ist bis heute letztlich nicht behoben. Man denke an die Berichterstattung aus irgendwelchen Katastrophengebieten, seien es Erdbeben, Flutwellen oder sonst etwas. Es wird genau aufgedröselt, wieviele Amerikaner, Briten, Deutsche, Franzosen etc. betroffen sind. Die Einheimischen? Eine Zahl, am Rande erwähnt. Menschliche Leben zählen eben nicht gleich viel, allen Lippenbekenntnissen zum Trotz. Ich verweise in dem Zusammenhang auch immer gerne auf die Aussage von François Mitterand, der im Zusammenhang mit Ruanda 1994 wohl gesagt hat, in so einem Land sei ein Völkermord nicht so wichtig. Das ist eine leider immer noch weit verbreitete Geisteshaltung.



    Gut, der Kolonialismus ist nicht besser, aber wie Aldawen schon sagte: wenigstens war es Menschen unangenehm, was mit den Afrikanern gemacht wurde.


    Alle Kolonialmächte haben versucht, ihre Kolonien wirtschaftlich auszubeuten und dabei nur wenig Rücksicht auf die Einheimischen genommen. Leopold war nur einfach derart unersättlich, daß es selbst eingefleischten Kolonialisten in den anderen europäischen Hauptstädten peinlich wurde.

  • Hallo zusammen,


    auch ich bin noch dabei, allerdings komme ich nur kleinschrittig voran, abends ist mir das Buch einfach zu anstrengend. :redface: Diese kleinen Dosen machen das Lesen wahrscheinlich nicht einfacher, denn ich werde immer wieder aus dem Gedanken- und Gesprächsfluss gerissen. Ich bin nun auf Seite 135, soeben ist der dritte Laster angekommen, der Bäcker hat gerade das Märchen beendet.


    Das Märchen hat mich auch etwas verwirrt zurückgelassen, ursprünglich ging es doch darum, warum der Bäcker an den Himmel glaubt. Und dann erzählt er in perfekter Imitation des Lehrers ein Märchen darüber, dass es den Himmel nicht gibt. Was habe ich verpasst? Genauso wie Doris glaube ich auch, dass Kommunikation ein zentrales Thema darin ist, aber hätte die Bewertung des Lehrers nicht eigentlich sein müssen "Am Thema vorbei, ungenügend"?


    Seine Umsetzung der Kriegsführung nach Sinzu in seiner Auseinandersetzung mit der Polizistengattin fand ich auch irritierend. Ja, er ist klüger als es erst scheint und fähig, abstrakte Theorien umzusetzen. Allerdings hat er damit auch bewiesen, dass seine Anstrengungen, sich unauffällig in die Gesellschaft zu integrieren, für die Katz waren. Diese Aktion festigt nicht nur seinen Ruf als Sonderling, sondern beschert ihm auch einen einflussreichen Feind. Wirklich klug wäre wahrscheinlich ein etwas unauffälligeres Vorgehen gewesen ...


    So, ich lese euch dann mal weiter hinterher, in der Hoffnung, trotz der Feiertage besser voranzukommen. :rollen:


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges


  • Seine Umsetzung der Kriegsführung nach Sinzu in seiner Auseinandersetzung mit der Polizistengattin fand ich auch irritierend. Ja, er ist klüger als es erst scheint und fähig, abstrakte Theorien umzusetzen. Allerdings hat er damit auch bewiesen, dass seine Anstrengungen, sich unauffällig in die Gesellschaft zu integrieren, für die Katz waren.


    Die Verteidigungsstrategie fand ich ganz passend. Als er aber mit den Torten zum offenen Angriff überging, war ich sehr erstaunt. Auch sein Auftreten dem Gatten gegenüber fiel auf, jedoch nicht so gravierend wie die Aggression der Frau gegenüber.
    Interessant wäre es, zu wissen zu welchem Zeitpunkt der Bäcker von passiv zu aktiv wechselte. Zeichnete sich beispielsweise bereits ein Übergriff der Kämpfe auf die Stadt ab. Oder war er der Dame einfach endgültig überdrüssig geworden.


  • irgendwie hatte ich den Rest der LR verloren geglaubt. :redface:


    Nein, keine Sorge, nur etwas überarbeitet... :zwinker: Zumindest geht es mir abends auch so wie Breña.


    Zitat

    Dazu erfährst du im Laufe des Buches noch mehr. Auf deine endgültige Meinung bin ich schon gespannt.


    Ich selbst auch. Zugegebenermaßen bin ich nur sehr, sehr selten bei Büchern versucht, schon vorzeitig das Ende zu erfahren. Bei diesem hier bin ich nicht nur einmal kurz davor gewesen, es zu lesen! :breitgrins: Am neugierigsten bin ich momentan darauf, ob Donovan ein Nachwort geschrieben hat - vor allem seine Intention würde mich sehr interessieren!


    Sagen wir mal so: Vielleicht nicht gerade eine Bildungslücke, aber davon gehört zu haben, ist nicht verkehrt :zwinker:


    Vermutlich ist das das mindeste!


    Zitat

    Man denke an die Berichterstattung aus irgendwelchen Katastrophengebieten, seien es Erdbeben, Flutwellen oder sonst etwas. Es wird genau aufgedröselt, wieviele Amerikaner, Briten, Deutsche, Franzosen etc. betroffen sind.


    Übrigens eine Tatsache, die mich so schon alleine oft ärgert. Bemerkungen in den Nachrichten, von wegen wieviele Deutsche unter wievielen Toten insgesamt sind, ärgern mich schon. Als ob dies besonders herauszuheben gilt. Als ob dies schlimmer ist, als die Toten anderer Länder.


    Zitat

    Die Einheimischen? Eine Zahl, am Rande erwähnt. Menschliche Leben zählen eben nicht gleich viel, allen Lippenbekenntnissen zum Trotz. Ich verweise in dem Zusammenhang auch immer gerne auf die Aussage von François Mitterand, der im Zusammenhang mit Ruanda 1994 wohl gesagt hat, in so einem Land sei ein Völkermord nicht so wichtig. Das ist eine leider immer noch weit verbreitete Geisteshaltung.


    Das ist eine ziemlich widerliche Einstellung, um das mal so deutlich zu sagen. Aber auch bei diversen Unglücken in China habe ich schon bitterböse Kommentare gehört... Bei Afrika fällt mir immer wieder auf, wie wenig die Menschen die Kriege dort interessieren! Alle Jahr an Silvester - wenn gerne mal die Anzahl der auf der Welt herrschenden Kriege hört - sieht man große Augen. Aber wie schnell vergisst man die blutigen Auseinandersetzungen, an denen unsere sogenannte erste Welt (Stichworte wie Rohstoffe, Diamanten, Klimawandel, etc.) nicht unschuldig ist? Darfur ist nur ein Beispiel - aber da streitet man sich lieber, ob es sich um einen Krieg handelt. :vogelzeigen:


    Zitat

    Alle Kolonialmächte haben versucht, ihre Kolonien wirtschaftlich auszubeuten und dabei nur wenig Rücksicht auf die Einheimischen genommen. Leopold war nur einfach derart unersättlich, daß es selbst eingefleischten Kolonialisten in den anderen europäischen Hauptstädten peinlich wurde.


    Wirklich eine heftige Tatsache! Wenn man sich das mal "auf der Zunge zergehen lässt": den anderen Ausbeutern wurde es zu doll! Unfassbar, wie wenig Menschenleben in den Kolonien zählten! Da fällt mir Rom in der Antike ein: ein politisches System, von dem selbst heute noch so manche Staaten träumen können - aber eben nur für die römischen Bürger - weiter unten sah es deutlich bitterer aus und die Sklaven erst! Die wurden zur Belustigung den wilden Tieren vorgeworfen...


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Die Verteidigungsstrategie fand ich ganz passend. Als er aber mit den Torten zum offenen Angriff überging, war ich sehr erstaunt. Auch sein Auftreten dem Gatten gegenüber fiel auf, jedoch nicht so gravierend wie die Aggression der Frau gegenüber.


    Ich fand das alles sehr unpassend. Irgendwie kann man doch solche "Zwistigkeiten" auch anders lösen. Mir kommt es eher wie ein Test vor, wie er die gelesene Strategie in die Tat umsetzen kann. Vielleicht rastet er am Ende aus, weil sich die Strategie nicht geradlinig umsetzen lässt - zu viele weitere Indikatoren, die eine spontane Reaktion erfordern und er war letztendlich überfordert. So wirklich hat er ja nicht gewonnen, denn sich einen neuen Feind zu schaffen, ist nicht gerade die intelligenteste Lösung. Ihm fehlt da das feinfühlige unterschwellige Gespür.


    Ich befinde mich gerade noch mitten im Dschingis-Khan-Interview. Ich frage mich ehrlich, was diese ganzen Nebenkriegsschauplätze mir sagen sollen? Ist es einfach Kritik an der Menschheit, die sich seit ewigen Zeiten über kriegerische Gewalt kennzeichnet? Mein Philosophie-Radar funktioniert wohl gerade nicht besonders. Ich habe zwar so grobe Vorstellungen aber dieses Gestückel über die kurzen Kapitel machen es mir gerade nicht einfach am Ball zu bleiben. Ein kares Feindbild habe ich aber noch nicht - weiterhin halten sich Bäcker und Lehrer die Waage.
    Außerdem kommt es mir so vor, dass auch der Lehrer nicht in der besten Situation ist. Warum sollte er sonst die gesamte Zeit bei der Eiseskälte den Bäcker beaufsichtigen? Weit oben in der Siegerhierarchie steht er offensichtlich nicht. Noch sind sie Indizien für Täter - Opfer für mich fließend.


  • Ist es einfach Kritik an der Menschheit, die sich seit ewigen Zeiten über kriegerische Gewalt kennzeichnet?


    Da bin ich mir auch noch nicht so ganz sicher. Deshalb hoffe ich im übrigen auch auf ein Nachwort...


    Zitat

    Ich habe zwar so grobe Vorstellungen aber dieses Gestückel über die kurzen Kapitel machen es mir gerade nicht einfach am Ball zu bleiben.


    Liegt das an der Kapiteleinteilung oder einfach an der Tatsache, dass wir den einzelnen Gedanken der beiden so detailliert folgen? Einmal geht es um die Zigarette - und wie sie angezündet wird, im nächsten Moment um Kriegsführung oder irgendwelche Theorien, verpackt in Märchen und Andeutungen.


    Zitat

    Ein kares Feindbild habe ich aber noch nicht - weiterhin halten sich Bäcker und Lehrer die Waage.


    Ja, ich finde auch nicht, dass sich einer der beiden besonders herauskristallisiert. Aber beim Bäcker habe ich für seine weitere Entwicklung einfach ein deutlich schlechteres Gefühl. Ich kann noch nicht einmal unbedingt sagen, warum. Beim Geschichtslehrer fällt mir die Einordnung noch schwerer, da mir seine Rolle noch unklar(er) ist. Wie Du schon schreibst:


    Zitat

    Außerdem kommt es mir so vor, dass auch der Lehrer nicht in der besten Situation ist. Warum sollte er sonst die gesamte Zeit bei der Eiseskälte den Bäcker beaufsichtigen? Weit oben in der Siegerhierarchie steht er offensichtlich nicht.


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Die Verteidigungsstrategie fand ich ganz passend. Als er aber mit den Torten zum offenen Angriff überging, war ich sehr erstaunt. Auch sein Auftreten dem Gatten gegenüber fiel auf, jedoch nicht so gravierend wie die Aggression der Frau gegenüber.
    Interessant wäre es, zu wissen zu welchem Zeitpunkt der Bäcker von passiv zu aktiv wechselte. Zeichnete sich beispielsweise bereits ein Übergriff der Kämpfe auf die Stadt ab. Oder war er der Dame einfach endgültig überdrüssig geworden.


    Auch die Verteidigungsstrategie halte ich für übertrieben - ein Stuhl auf der Vitrine, und darauf ein Kartenhaus? Bitte! Das anschließende Gerangel fand ich absolut daneben. Da finde ich jääkaas Gedanken sehr passend:



    Vielleicht rastet er am Ende aus, weil sich die Strategie nicht geradlinig umsetzen lässt - zu viele weitere Indikatoren, die eine spontane Reaktion erfordern und er war letztendlich überfordert.


    Was den Zeitpunkt angeht, ordne ich den Zwischenfall eher deutlich vor den Übergriffen ein, frag nicht weshalb. Aber aus dem Bauch heraus würde ich vermuten, dass dazwischen noch wesentliche Dinge passiert sein müssen, und zwar nicht von jetzt auf gleich.


    Ich habe nun auch diesen zweiten Teil beendet und bin etwas ratlos, was diese Aneinanderreihung von philosophischen Gedanken zu Kriegen, Kriegsherren und Kriegsführung soll. Das Ganze erscheint nicht wie aus einem Guss, ich erahne zwar, in welche Richtung mich Donovan lenken möchte, aber mir fehlt der rote Faden.


    Das Kapitel über Löcher habe ich eher amüsiert gelesen. Ich musste die ganze Zeit an meine Schulzeit denken, als ich erleichtert war, SoWi statt Philosophie gewählt zu haben: bei denen wurde stundenlang darüber diskutiert, ob alle den selben Tisch sehen und weshalb das wohl nicht so ist und weshalb ein Tisch überhaupt von der Gesellschaft gleichermaßen als Tisch anerkannt wird. :vogelzeigen: Erkenntnisse hat mir dieses Kapitel leider keine gebracht.



    Was ich über das kurze Kapitel mit dem Schüler des Lehrers denken soll, weiß ich auch nicht. Der Lehrer und der Bäcker stehen frierend im Schnee und der Junge erzählt von halbnackten Soldaten, die Sonnenbrillen und Schals um die Köpfe trugen.


    Das hat mich auch absolut irritiert und meinen Versuch, die Ereignisse in eine zeitliche Ordnung zu bringen, hoffnungslos durcheinandergehauen.


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges