Oh nein, jetzt habe ich über eine Stunde an einem Beitrag geschrieben, nur um festzustellen, dass ich nicht mehr eingeloggt war.
Jedenfalls hallo allerseits,
es freut mich, dass ich nicht die einzige bin, die vergleichsweise langsam vorankommt.
Habe gestern Teil 1 beendet und bislang gefällt mir der Roman sehr gut. Ich finde es vorallem toll, dass Tolstoj sich Zeit für die Charakterisierung der Figuren nimmt und auf ihre Gefühlswelt eingeht.
Hätte es zwar nicht gedacht, da sie mich bei meinem ersten Leseversuch eher genervt hat, aber derzeit ist Kitty meine Lieblingsfigur. Hauptsächlich, weil sie noch viel Raum für Entwicklung hat und ihre Geschichte für mich am meisten Spannung bietet. (Wie Annas endet, weiß ich aufgrund einer Verfilmung).
Anna kann ich noch schlecht einschätzen. Beispielsweise war mir nicht ganz klar, ob sie Dolly gegenüber aufrichtig war, als sie ihr zur Versöhnung riet, oder lediglich ihrem Bruder helfen wollte. (Schließlich war es eine Lüge, dass er sie noch liebt...)
Was den Männercast angeht, so haben die meisten ihre Sympathiepunkte bei mir verspielt.
Oblonskij ist mir zu wankelmütig: Sei es, dass er Lewin nach nur einem Tag vergisst und Wronskijs Seite einnimmt, oder sich über den Unfall am Bahnsteig erst bestürzt zeigt, nur um Minuten später den neuesten Tratsch auszutauschen.
Jedenfalls hoffe ich auf weitere Einblicke in sein Familienleben, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass der Seitensprung keinerlei Spuren hinterlässt.
An Lewin zu kritteln ist nicht so leicht, schließlich ist er durch und durch ehrenhaft. Einzig seine maßlose Verehrung gegenüber Kitty finde ich übertrieben, aber Liebe macht ja bekanntlich blind. Es würde mich schon interessieren, was das für Sünden sind, die er begangen haben soll.
Die Beschreibung seinens Lebens auf dem Land hat mich ziemlich gelangweilt (liegt wohl daran, dass mir teilweise das Vokabular fehlt) und ich frage mich, ob Kitty, die sich als Stadtmädchen ja gerne amüsiert, auf dem Dorf glücklich werden könnte.
Nun zu Wronskij.
Ich habe das Gefühl, dass Anna seinetwegen noch viel leiden wird. Er scheint mir ein typischer Draufgänger zu sein, der nur auf Spaß aus ist, ohne an die Konsequenzen zu denken. Zeigt sich ja schön in seiner Unterteilung der Menschen in zwei Kategorien im allerletzten Kapitel.
Zwar wird er von Anna gleichfalls fasziniert sein, aber ich denke ein gewisser Eroberungswille spielt mit hinein. Die Tatsache, dass er sich Lewin gegenüber als Sieger fühlt, ohne tiefergehendes Interesse an Kitty zu haben, unterstreicht diesen Charakterzug. Oder seine unangenehme Aufdringlichkeit, als Anna von ihrem Mann abgeholt wird. Aber ich lasse mich gern eines Besseren belehren.
Was Anna angeht, so glaube, ich, dass sie in Wronskij eine willkommene Abwechslung sieht, auch wenn sie sich (noch) sträubt.
Zu Karenin kann ich noch nicht viel sagen, aber er kommt angenehm rüber. Interessant fand ich seine Äußerung, dass Eifersucht für beide Parteien erniedrigend sei und er sich nicht auf dieses Niveau begeben werde - bin gespannt, ob er im weiteren Verlauf dabei bleibt.
Kiba: du weißt nicht zufällig, welchen englischen Roman Anna im Zug liest?
Wegen Semstvo wollte ich ebenfalls nachfragen, habe jetzt aber nachgegoogelt. ;D