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Zitat:
"Was ist los mit dir?"Meine Eltern haben mich nicht mehr angefasst, seit ich zu krabbeln begann. Ich habe Mitschüler zum Weinen gebracht, indem ich sie an der Hand nahm. In der Schule musste ich alleine lesen, damit ich den anderen Kindern nicht weh tat. Ich hatte nie Freunde. Ich habe nie den Trost einer mütterlichen Umarmung erlebt. Ich habe nie die Zärtlichkeiten eines väterlichen Kusses erfahren. Ich bin nicht verrückt. "Nichts"
(S. 29)
Ich bin Juliette.
Ich bin ein Mädchen.
Ich gehöre niemandem.
(S. 73)
Inhalt:
Die Menschen haben die Erde zerstört, es toben Kriege. Das Reestablishment verspricht allen eine Zukunft. Doch zu welchem Preis?
Juliette befindet sich seit 265 Tagen in einer Zelle. Allein. Eingesperrt. Essen, Trinken oder Hygiene gibt es nur ab und zu. Sie überlebt nur wegen ihres Traumes: dem weißen Vogel mit der goldenen Krone.
Eines Tages wird Adam zu ihr gesperrt. Sie kennt ihn aus ihrer Vergangenheit. Doch ihr Geheimnis vertraut sie ihm nicht an, gerät aber immer mehr in seinen Bann.
Aber Adam gehört zu den Soldaten und ist ein Spion für Warner, dem Führer des Sektors. Und der hat seine eigenen Pläne mit Juliette.
Meinung:
"Ich fürchte mich nicht" hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen.
Die Hektik, die Juliette durch ihr Denken verbreitet, griff auf mich über. Ich hatte kaum Zeit, Notizen zu machen. Ich musste lesen, lesen, lesen.
Das Besondere an diesem Buch ist der Schreibstil, daher werde ich den vorwegnehmen:
Diese Dystopie ist anders geschrieben als alle, die ich zuvor gelesen habe. Der Leser steckt tief in den Gedanken der Protagonistin fest und fühlt sich mit Juliette verbunden, als säße man direkt in ihrem Kopf und bekommt so jeden (vielleicht auch verwirrenden) Gedankengang mit.
In kurzen und knappen Sätzen erzählt sie im Präsens und der Ich-Perspektive von sich und der neuen Welt, gibt zwischendurch kurze Rückblenden in Form von Erinnerungen.
Gewöhnungsbedürftig ist, dass teilweise Wörter oder ganze Sätze durchgestrichen sind. Juliette verdrängt den Gedanken daran oder wagt es nicht, so etwas zu denken. Im Verlauf der Geschichte wird sie immer klarer und das Buch immer besser lesbar und die Geschichte rast auf ihren Höhepunkt zu, von dem ich aber nicht zu viel verraten möchte.
Juliette denkt auch sehr "düster". Vergleiche wie "blau wie Blutergüsse" und "braun wie dürres Gras" sind keine Seltenheit, passen aber perfekt zu ihrem Lebenslauf.
Denn Juliettes Leben ist gezeichnet von Schmerz - den sie anderen zugefügt hat oder zufügen kann. Sie wurde stets isoliert und hat niemals Liebe oder Vertrauen gespürt. Umso skeptischer ist sie, dass Adam genau das in der Zelle versucht.
Ihr Innerstes bricht in sich zusammen, als Adam diesen Verrat begeht. Durch ihre Gefühle für ihn ist sie erpressbar, er ist aber auch ihr "weißer Vogel", ihre Hoffnung.
Adam war 7 Jahre lang auf derselben Schule wie Juliette. Aus anfangs unerklärlichen Gründen wird er zu ihr in die Zelle gesperrt. Er erzählt ihr von "draußen" und ist bemüht, Kontakt herzustellen. Doch er ist nicht der, der er zu sein scheint. Er wurde beauftragt, ihr Vertrauen zu gewinnen und sie für Warner auszuspionieren. Sein wirklicher Charakter erschließt sich erst im Laufe des Buches und Adam ist verantwortlich für einige überraschende Momente...
Dann ist da noch Warner. Der Böse. Er ist mit seinen 19 Jahren ein sehr junger Anführer. Er hasst glückliche Menschen und liebt Macht und Zerstörung. Er ist besessen von Juliette, will aber, dass sie aus freien Stücken an seine Seite kommt und will gemeinsam mit ihr die Welt erobern. Es war spannend, mitzuerleben, was Warner fühlt (oder denkt zu fühlen).
Urteil:
Meine Begeisterung für "Ich fürchte mich nicht" ist schwer in Worte zu fassen, ohne zuviel über die Handlung zu verraten.
Der (anfängliche) Schreibstil mag vielleicht nicht Jedermanns Sache sein, dasselbe gilt für die teils "brutalen" Gedanken. Aber beides fügt sich so wunderbar in diese Geschichte ein...
Die Schlussszenen lassen sogar auf eine noch bessere Fortsetzung hoffen.
"Ich fürchte mich nicht" erhält von mir sehr sehr gute 4/5 Ratten und lässt so noch ein klitzekleines bisschen Luft für "mehr"...
Es ist ein Must-Read für Dystopie-Fans, die auch mal auf den gängigen Schreibstil verzichten können.
EDIT: Betreff angepasst. LG, Saltanah