Rolf Dobelli - Die Kunst des klaren Denkens

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 7.622 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Jari.

  • Rolf Dobelli - Die Kunst des klaren Denkens
    Untertitel: 52 Denkfehler, die Sie besser anderen überlassen
    mit Illustrationen von Birgit Lang


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    Zitat

    Unser Gehirn ist für ein Leben als Jäger und Sammler optimiert. Heute leben wir in einer radikal anderen Welt. Das führt zu systematischen Denkfehlern - die verheerend sein können für Ihr Geld, Ihre Karriere, Ihr Glück. Wer weiß, wie leicht man sich irren kann, ist besser gewappnet: Rolf Dobelli nimmt die tückischsten "Denkfallen" unter die Lupe, in die wir immer wieder tappen. Und so erfahren wir, - warum wir unser eigenes Wissen systematisch überschätzen (und andere für dümmer halten, als sie sind), - warum etwas nicht deshalb richtiger wird, weil Millionen von Menschen es für richtig halten, - warum wir Theorien nachhängen, selbst wenn sie nachweislich falsch sind. Rolf Dobellis Texte sind nicht nur inhaltlich ausgesprochen bereichernd, sie sind ein echtes Lesevergnügen.


    Die einzeln beschriebenen Denkfehler sind als Zeitungskolumnen (wöchentlich) erschienen und hier in einem Buch gesammelt.


    Meine Meinung:


    Ich habe das Buch aufgrund einer Empfehlung von Denis Scheck gekauft, dessen Buchtipps mich schon oft auf neue, interessante Autoren aufmerksam gemacht haben. Hier bin ich aber hin- und hergerissen und unschlüssig, was ich von dem Buch halten soll.


    Einmal liegt das an der Kolumnenform. Wenn man die einzelnen Denkfehler im Wochenabstand liest, kommen sie sicher spritziger daher. Als Sammlung verschmelzen sie teilweise doch sehr miteinander und man hat das Gefühl, immer wieder das Gleiche zu lesen.


    Gleich zu Anfang haben mich auch die vielen Anglizismen gestört - mit der Incentive-Superresponse-Tendenz oder dem Base-Rate Neglect konnte und wollte ich nicht gleich etwas anfangen, außerdem hat es mich an die in meiner Firma gängige Präsentationstechnik erinnert: Wenn du nichts zu sagen hast, dann tu's wenigstens auf englisch. Dobelli führt zwar an, dass es für manche (!) Begriffe keine deutsche Entsprechung gibt, aber ich bin der Meinung, mit etwas Mühe hätte man sicher für die meisten Punkte etwas Passendes finden können.


    Das meiste, was Dobelli aufzeigt, lässt sich auch mit "gesundem Menschenverstand" umschreiben und sollte eigentlich für alle von uns selbstverständlich sein. Die angeführten Experimente sind oft schon bekannt gewesen, z. B. das "Marshmallow-Experiment" mit Kindern, die Pawlow'schen Hunde u.s.w.
    Aber trotzdem: es tut gut, in so geballter Form zu lesen, was alles schief gehen kann, denn dann wird mir wieder bewusst, auf was ich achten sollte.
    Ein paar Beispiele:
    - eine Entscheidung niemals rein aufgrund des Ergebnisses beurteilen
    - Konsens ist nicht immer die ideale Lösung
    - die eigenen Erfahrungen ebenso in Frage stellen, wie man es bei fremden tut
    - Expertenprognosen misstrauen
    - keine Schönfärberei betreiben bzw. sie als solche erkennen
    u.s.w. u.s.w.


    Insgesamt waren die Denkfehler nur sehr oberflächlich dargestellt, aber ich denke, das Buch sollte auch kein wissenschaftliches Fachbuch werden. Für Interessierte gibt es ein sehr umfangreiches Quellenverzeichnis.


    Nett fand ich das Nachwort des Autors. Hier schreibt er klar, dass ein Mensch niemals 100%ig rational denken und handeln kann - aber man soll bitte bei wirklich wichtigen Entscheidungen (z. B. dem Kauf eines Hauses oder dem Jobwechsel) objektiv prüfen und hinter die präsentierten Fassaden schauen. Wenn man dagegen entscheiden soll, ob man Tapete oder Raufaser nehmen soll, dann darf ruhig der Bauch entscheiden. :zwinker:


    Die Illustratorin Birgit Lang gibt jedem der 52 Denkfehler ein Bild - und diese sind super gemacht. :daumen:


    Ich gebe 3ratten


    Grüße von Annabas :winken:

  • Prognosen gibt Dobelli keine ab.
    Oder verstehe ich dich jetzt falsch? :gruebel:

  • Nö. Aber er ist offenbar Experte. Wenn mir ein Psychologe sagt: "Du sollst keinem Experten trauen, weil er sich irren kann!", dann ist das in dieser Verallgemeinerung - 'scuse my French - entweder schlichter gesunder Menschenverstand oder schlicht und ergreifend Mumpitz. Natürlich soll ich selber denken - aber deswegen das Fachwissen des Experten gleich in den Wind schlagen? Was ist, bitte schön, eine "objektive" Prüfung? Woran erkenne ich die? Am Beizug von Experten? Denen darf ich ja nicht trauen ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Dobelli geht eher in diese Richtung: Traue keinem Experten blind.
    Und ja, das ist auch für mich simpler gesunder Menschenverstand. :smile:

  • Da ich gerade heute erst eine positive Kritik zu diesem Buch (und dem Nachfolger) im Fernsehen gesehen habe, kam mir deine Rezension gerade recht, Annabas. Danke!
    Jetzt erst recht neugierig, habe ich mir mal die Leseprobe vorgenommen.
    Und dabei fielen mir gleich etliche Negativ-Punkte auf.



    Gleich zu Anfang haben mich auch die vielen Anglizismen gestört

    Genau die englischen Kapitelüberschriften sind mir auch sofort negativ aufgefallen. Mag sein, dass sie in wissenschaftlichen Kreisen als altbekannte Schlagworte selbstverständlich sind, aber eine Übersetzung wäre für den Normalleser mehr als angebracht gewesen. Vorallem, da er im Text die Begriffe dann auch prompt gleich übersetzt.
    Was spricht also dagegen das erste Kapitel statt "The Survivership Bias" einfach "Überlebensirrtümer" zu nennen? Oder statt ein "Overconfidence-Effekt" zu muscheln, einfach "Selbstüberschätzungseffekt" zu schreiben?
    Ich bin sicher, dass diese englischen Schlagworte viele Leser abschrecken werden!


    Gebildete Menschen mit guten Englischkenntnissen werden sicher nicht abgeschreckt. Aber sind genau die die Zielgruppe?
    Eher nicht, denn dazu sind die Aussagen einfach zu platt.

    Das meiste, was Dobelli aufzeigt, lässt sich auch mit "gesundem Menschenverstand" umschreiben und sollte eigentlich für alle von uns selbstverständlich sein.

    Ganz genau! Mehr habe ich nicht aus der Leseprobe mitnehmen können. Es ist zwar immer ein guter Rat den Verstand einzuschalten, aber wirklich innovativ ist der nicht.


    Die Aussagen des Buchs sind für nur halbwegs intelligente, vernünftige und/oder gebildete Menschen mehr als fad und selbstverständlich, aber der Autor wirft mit Fremdworten wie "medioker" und Beispielen aus einem eher massenfremden Wirtschaftsbezug nur so um sich. Da stimmt für mich einfach der Bezug zum "Otto-Normal-Verbraucher"-Leser nicht, der sich durch die Lektüre daran orientieren soll wieder etwas bewusster rational zu denken.
    Insgesamt finde ich den Stil für ein populärwissenschafltiches Buch zu gestochen, für einen Wissenschaftler sind die Aussagen jedoch viel zu flach.


    Alleine die Beispiele aus den ersten beiden Kapiteln... :rollen:
    Wer ernsthaft glaubt, nur weil er im Fernsehen fünfzig erfolgreiche Rockstars gesehen hat, auch mit seiner Band Erfolg haben wird, der wird garantiert nicht so ein Buch lesen. :rollen:
    Alle anderen werden wegen eines solchen Beispiels die Augen rollen, weil es eben mehr als selbstverständlich ist, dass es eben nicht so sein wird.


    Dennoch fand ich einige Dinge recht interessant und ich habe mich doch festgelesen. Manchmal ist es eben doch gut sich solche einfachen Wahrheiten noch mal vor Augen zu führen und einige Beispiele fand ich sehr unterhaltsam und prägnant.
    Soll das Buch nun auf meinem Wunschzettel landen oder nicht? :gruebel:

  • Klingt ein bisschen nach Bullshit Bingo :elch:


    Dobelli kommt meines Wissens aber auch aus der Berater- oder zumindest Manager-Ecke. Da ist das leider bei den meisten Berufskrankheit.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Dennoch fand ich einige Dinge recht interessant und ich habe mich doch festgelesen. Manchmal ist es eben doch gut sich solche einfachen Wahrheiten noch mal vor Augen zu führen und einige Beispiele fand ich sehr unterhaltsam und prägnant.
    Soll das Buch nun auf meinem Wunschzettel landen oder nicht? :gruebel:


    Festgelesen habe ich mich auch, und das Buch ist ratzfatz durch - liegt an den angenehm kurzen Kapiteln. Daher verschwendet man auch nicht viel Zeit. :zwinker:
    Aber wirklich empfehlen kann ich es nicht, das Geld ist anderweitig besser angelegt.


  • Klingt ein bisschen nach Bullshit Bingo :elch:

    Ein bisschen schon. :breitgrins:
    Zugegbenermaßen bemüht er die Phrasen aber doch etwas zu füllen. Dummerweise eben manchmal nur mit weiteren Phrasen.



    Dobelli kommt meines Wissens aber auch aus der Berater- oder zumindest Manager-Ecke. Da ist das leider bei den meisten Berufskrankheit.

    Ich denke genau das ist auch die eigentliche Zielgruppe von Dobelli, den auf die passt das Buch wohl ziemlich gut.
    Das sehe ich ja an den Motivations-, NLP- und weiß nicht was für Seminaren, die eine gute Freundin aus dem Wirtschaftsbereich dauernd besucht und immer ganz begeistert ist. Wenn sie mir dann davon erzählt und ich ihr sagenhaft tolles Fazit und die wundervolle "Take home message" vorweg nehme, ist sie jedes Mal ganz erstaunt. Für mich war es immer nur eine logische Schlussfolgerung aus dem bisher erzählten.
    Ist wohl wirklich so ein Wirtschaftsding.
    Ich setze es mal auf die Weihnachtsgeschenke-Liste für besagte Freundin. Ich denke, sie wird begeistert sein.
    Für mich ist es wohl eher doch nichts. Danke fpr den Tip, Annabas!
    Und zur Not kann ich es mir ja mal ausleihen. :breitgrins:


    Uninteressant ist das Buch aber dennoch nicht.
    Inzwischen bin ich aber auf einige falsche oder zumindest schwammige oder nicht ganz korrekte Aussagen gestoßen, die mich als kritischer Leser schon etwas stören.
    Aber als kritischer Leser soll man das Buch vielleicht gar nicht lesen. Man soll erst nach dem Lesen kritischer werden. :zwinker:

  • Dobelli trägt m.E. hier nur Denkfehler zusammen, die ohnehin seit langem in Managementkursen präsentiert werden und auch in der Literatur lange bekannt sind. Der Vorteil dieses Buches ist, dass sie hier noch mal kompakt dargestellt werden. Also etwas wirklich originär Neues schafft der Autor nicht. Aber so eine Zusammenstellung hat auch seinen Wert. Und wenn man danach nur so manchen Kursinhalt kritisch hinterfragt, warum nur 3 ausgewählte der 52 Denkfehler präsentiert wurden.


    Die englischen Begriffe bedienen die Zielgruppe. Für den Smalltalk in internationalen Unternehmen eignet sich so ein Buch sicherlich bestens. Und ich befürchte, es ist mehr für Smalltalk-Runden geschrieben als für ernsthafte Entscheidungsfindung. Dazu müsste das Buch anders aufgebaut sein.


    Gruß, Thomas

  • Zitat von Klassikfreund

    Und ich befürchte, es ist mehr für Smalltalk-Runden geschrieben als für ernsthafte Entscheidungsfindung. Dazu müsste das Buch anders aufgebaut sein.


    Dobelli schreibt er würde im Alltag eigentlich auf seine eigenen Tipps vergessen und rein intuitiv handeln, aber bei größeren Entscheidungen hat er immer eine Checkliste parat, die ihm die Denkfehler nochmal kurz vor Augen führt und die er auch wirklich anwendet. Ich finde, dass das eigentlich ein Merkmal von ehrgeizigen, erfolgreichen Menschen ist, sie bemühen sich immer das Beste aus allem herauszuholen und so gut wie möglich auf Expertenwissen zuzugreifen. Ein normaler Mensch würde Denkfehler auch bei wichtigen Entscheidungen nicht beachten, er würde sich sicher auch fachmännischen Rat einholen, aber ich glaube ohne Dobelli vorher gelesen zu haben käme man gar nicht darauf die Entscheidung auch auf Denkfehler hin zu überprüfen ^^


    Von dem her war das Buch für mich doch ein Stückchen weit aufschlussreich und bereichernd, aber ohne eine Checkliste kommt man wirklich nicht aus, denn ich zumindest habe das Buch so schnell durchgelesen, dass ich sehr wenig davon wirklich im Gedächtnis behalten konnte. Es ist wirklich schade .. aber ich lebe frei nach Montaignes Philosophie: "Lies viel und vergiss das meiste wieder..." :eis:


    3ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

    :leserin:

  • Ich sage immer, man hat von jedem Buch irgendetwas mitgenommen und sei es noch so klein :breitgrins:

    //Grösser ist doof//

  • Ich habe beide Dobelli-Bücher über Denkfehler ebenfalls gelesen, und auch bei mir ist, ehrlich gesagt, nicht viel hängengeblieben. Was aber nicht heißt, dass ich die Bücher nicht gerne gelesen habe. Im Gegenteil, ich hatte so manchen Aha-Effekt beim Lesen, aber die kurzen Kapitel pro Denkfehler, die ursprünglich jeweils als einzelne Zeitungsartikel konzipiert waren und alle paar Wochen u.a. in der ZEIT veröffentlicht wurden, sind eigentlich nicht für das stringente Lesen hintereinander geeignet. So bleibt dann einfach zu wenig von jedem einzelnen Abschnitt hängen. Sie sind für das häppchenweise Lesen besser geeignet, z.B. abends ein Kapitel vorm Schlafengehen, und natürlich bestens als Klolektüre. :breitgrins:


    Von seinem letzten Buch ("Die Kunst des klugen Handelns") hat mir das letzte Kapitel am besten gefallen: "Warum Sie keine News lesen sollten". Hier legt er relativ klar und gut nachvollziehbar dar, warum es eigentlich gar nichts bringt, sich kurze Nachrichtenhäppchen reinzuziehen, egal ob nun im Internet, im Fernsehen oder in der Zeitung. Er selbst hat das Experiment gewagt und sein Zeitungsabo gekündigt, den Fernseher entsorgt und konsequent auf Internetnachrichten verzichtet und das ein paar Jahre lang durchgezogen. Sein Fazit: Er hat nichts vermisst, das Wichtigste hat er auch so mitbekommen (z.B. durch Freunde), und schließlich hat er mehr Zeit gehabt, um auch mal wieder ein gutes Buch zu lesen.


    Dieser letzte Beitrag wurde übrigens in wesentlich längerer Form und unter dem Titel "Vergessen Sie die News!" im März 2011 in der Schweizer Zeitschrift "Schweizer Monat" veröffentlicht. Er kann auf Dobellis Blog als PDF-Datei heruntergeladen werden.

  • Beeindruckende Aktion, die Herr Dobelli durchgezogen hat. Zeitungen lese ich nicht, TV-Nachrichten schaue ich mir auch nicht an und ich komm ganz gut mit den aktuellen Meldungen zurecht. Aber so ganz auf alles zu verzichten, das hat schon was.

    //Grösser ist doof//