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Inhalt
In der Pepys Road (London) leben die unterschiedlichsten Leute. Da wäre zum Beispiel der Banker Roger mit seiner Familie, die alle gespannt auf den diesjährigen Bonus des Familienoberhauptes warten. Oder die Rentnerin Petunia, die unter plötzlichen Schwächeanfällen leidet und die Welt wie durch Glas beobachtet. Oder der Ladeninhaber Ahmed Kamal, in dessen Haus immer Trubel herrscht. Oder ein polnischer Handwerker, eine afrikanische Politesse, ein aufstrebender Fußballstar. Sie (und andere) haben wenig gemeinsam, außer dass sie alle in der Pepys Road unterwegs sind. Und dass sie geheimnisvolle Postkarten erhalten, auf denen nur ein einziger Satz zu lesen ist: "Wir wollen was ihr habt".
Meine Meinung
Der Aufbau des Buches hat mich wirklich begeistert. Jedes Kapitel erzählt von einer anderen Person, man kehrt immer wieder zu ihnen zurück und irgendwann ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild. Dabei geht es um die unterschiedlichsten Charaktere, von einer illegal arbeitenden Afrikanerin über einen eigenwilligen Künstler bis hin zu einem vermögenden Banker ist wirklich alles dabei. Nicht jeder wohnt direkt in der Pepys Road, aber jeder hat etwas damit zu tun und so ergeben sich die Verbindungen. Sie treffen sich auf der Straße oder haben nur voneinander gehört.
Ich finde solche Konstellationen klasse ... lose miteinander verknüpfte Geschichten, die jede für sich ein Buch füllen könnte. Man erfährt natürlich nicht alles über die jeweiligen Charaktere, sondern nur, was sich gerade ereignet. Bereits Vergangenes bekommt man über die Gedanken der Personen mit. Aber dennoch weiß man genug über jeden, um sich ein Bild machen zu können.
Der Autor schafft es zudem, die verschiedenen Charaktere völlig wertfrei darzustellen. Man taucht in die Gedankenwelt der jeweiligen Person ein und erlebt direkt mit, was sie erlebt und was sie denkt. Die Frau des Bankers fühlt sich z.B. völlig überfordert von ihrem Alltag, der daraus besteht, shoppen zu gehen und sich zu schminken. Als Leser schüttelt man den Kopf. Für sie jedoch ist es in diesem Moment wirklich so und der Autor stellt ihre Gedanken und Gefühle ohne Wertung dar.
Verknüpft werden die einzelnen Personen außerdem noch durch die geheimnisvollen Postkarten. Zunächst tauchen sie nur am Rande auf, aber mit der Zeit werden sie immer aufdringlicher und aggressiver. Dadurch wird die Stimmung automatisch beklemmender und etwa zur gleichen Zeit verändert sich auch das Leben einzelner Charaktere. Ist am Anfang noch alles hoffnungsfroh, so sieht es zwischenzeitlich ziemlich düster aus. Wer am Schluss sein Glück findet, lasse ich jetzt mal offen, aber soviel sei verraten: kaum einer führt sein Leben so weiter wie zu Beginn.
Bei einer so großen Anzahl an Geschichten findet man natürlich einige interessanter als die anderen. Es werden ja auch so viele Themen angesprochen (z.B. Asylbewerber, übertriebender Reichtum, Umgang mit dem Tod, Terrorismus, ...). Die Geschichte des Fußballstars fand ich z.B. weniger spannend, dafür habe ich andere Geschichten mit dauerhaften Interesse verfolgt. Dadurch ergeben sich zwangsläufig einige Teile, die ich ein bisschen langweilig fand.
Auch bevor plötzlich alles drunter und drüber geht, ist eine kleine Durststrecke zu bemerken. Die Charaktere sind eingeführt, jetzt könnte es losgehen. Aber erstmal passiert nicht viel. Für meinen Geschmack etwas zu wenig.
Insgesamt konnte das Buch mich aber immer bei der Stange halten und ich habe es mit Genuss gelesen. Es ist ein Spiegel unserer Gesellschaft, in der die verschiedensten Personen miteinander leben, ohne wirklich Notiz voneinander zu nehmen. Jeder hat seine eigene Geschichte, ohne die seines Nachbarn zu kennen. Man mag das jetzt finden, wie man will ... das Buch ist auf jeden Fall einen Blick wert. Oder auch zwei.