Auch, wenn ich erst bis Seite 66 (= Ende vom 16. Kapitel) gekommen bin, fange ich einfach einmal an:
Zum ersten Satz:
"Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich, jede unglückliche ist unglücklich auf eigene Art."
Da muss ich erst noch ein bisschen mehr darüber nachdenken, allerdings habe ich den Eindruck, dass es heutzutage genau andersherum ist.
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Ich lese die "Büchergilde Gutenberg"-Ausgabe von 1964 und genau deshalb wundere ich mich, wie schnell ich in die Geschichte hineingezogen wurde. Gut, die Namen sind am Anfang etwas ungewohnt und ich musste mein normales Lesetempo wegen der Schreibweise doch um einiges drosseln, aber ich hatte (zumindest bis jetzt) viel weniger Schwierigkeiten mit "Anna Karenina" als befürchtet. Ich mag die Sprache sogar sehr, wegen Worten wie z.B. auf Seite 10: "[...], folglich mußte man im Traum des Lebens Vergessen suchen." Wunderbar!
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Zur Handlung:
zuerst habe ich mich gewundert, dass die Titelfigur in den ersten sechzehn Kapiteln des Buches gar keinen Auftritt hat. Allerdings sind 66 Seiten im Vergleich zu den ganzen 866 nicht wirklich viel.
"Kabale und Liebe" könnte man diese ersten 66 Seiten auch überschreiben:
Fürst Stiwa betrügt seine Frau Dolly; sie liebt ihn noch, er sie nicht mehr. (Die Art, wie Stiwa über seine Frau denkt, fand ich recht respektlos (<- freundlich gesagt!).)
Lewin ist in Dollys Schwester Kitty verliebt; Kitty wiederum ist in Graf Wronskij verliebt und lehnt deswegen Lewins Heiratsantrag ab, weil sie auf einen Antrag Wronskijs hofft. Der jedoch denkt nicht an eine Heirat.
Gerade Kitty und Lewin machen mir Sorgen: hoffentlich tut sich Kitty nichts an, wenn sie merkt, dass Wronskij sie nicht heiraten wird. Ob sie dann vielleicht doch Lewin nimmt? (Vgl. Dollys "Voraussage".) Aber ob Lewin ihr die Abfuhr überhaupt verzeihen kann? Und will er wirklich eine Frau heiraten, für die er nur die zweite Wahl ist?
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Auch die sozialen Fragen, die im Roman angedeutet werden, fand ich sehr interessant. Habe bisher gar nicht gewusst, dass Tolstoi selbst ein Graf und "trotzdem" sozial engagiert war. (Zum Glück gibt´s Wikipedia! )