Bis einschließlich Kapitel 25:
Schade, dass sich Lewin langsam den Moskauer Sitten anzupassen scheint. Dass gerade er "keine Zeit" zum Nachdenken darüber findet, dass ihm das Geld ausgeht, sagt schon einiges. Und dass er sich erst im Klub wohlfühlt, dann aber eine "furchtbare Langeweile" empfindet...erinnert das noch jemanden an Wronskij?
Dass Kitty so eifersüchtig auf Lewins Besuch bei Anna reagiert, kann ich verstehen.
Irgendwie gefällt mir nicht, dass Tolstoi Anna anscheind auf den Wahnsinn zusteuern lässt (das Morphium, dass alle ihre Gedanken nur noch um Wronskij kreisen etc.). Einerseits schreibt Tolstoi, dass Ehe, Familie etc. das Wichtigste im Leben einer Frauen seien (sein sollen?), andererseits lässt er Anna dann so extrem werden. Und dass er dann die Folgen ihrer Selbstmorddrohung als "Sieg", als "Triumph" darstellt...ich weiß nicht. Für mich klang die angebliche Drohung so, als ob Anna wirklich in Gefahr wäre, Suizid zu begehen.
Ich weiß zwar nicht, ob ich da gerade Lewins oder Tolstois Frauenbild kritisiere, aber die Geburt eines Kindes als "größtes Ereignis im Leben einer Frau" zu bezeichnen und dann auch noch zu behaupten, dass eine Frau in den Wehen "stolz auf diese Schmerzen" ist und sie liebt? Oder sind das schon die Vorboten auf Lewins Schockzustand?
Schmunzeln musste ich jedenfalls über die Tatsache, dass der Doktor dem guten Lewin Beruhigungstropfen verpassen wollte.
Nur das Ende von Kapitel 25 stimmte mich wieder nachdenklich: Das Neugeborene erscheint Lewin als "etwas Überflüssiges, ein Zuviel, mit dem er sich lange nicht vertraut machen konnte". Denkt er das noch unter den Nachwirkungen seines Schocks oder wird dieses Gefühl so bleiben?