Lucy Maud Montgomery - Anne auf Green Gables

Es gibt 129 Antworten in diesem Thema, welches 21.431 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Llyren.

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    Hier nun der Thread zu unserer Anne-Leserunde.


    Ich freue mich schon sehr, Anne mit ihren verrückten Ideen und ihrer blühenden Phantasie wiederzusehen und bin gespannt, wie die "Anne-Neulinge" das Buch finden werden.


    Wie immer bitte erst anfangen zu posten, wenn Ihr wirklich etwas zu sagen habt. "Buch liegt bereit und ich fange gleich an"-Postings brauchen wir nicht. Aber dass wisst Ihr ja eigentlich sowieso ;)


    Ich wünsch' uns viel Spaß! :smile:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • So, ich habe "Anne" heute kurzerhand mit in die Badewanne genommen und bin jetzt in Avonlea angekommen. Hier mein erster Zwischenbericht:


    Warum "Anne of Green gables"?
    Auf die "Anne of Green Gables"-Bücher bin ich erst vor ein paar Jahren zufällig gestoßen, als wir auf einem Geburtstag das unverzichtbare "Was bin ich" spielten und ich plötzlich den Zettel "Anne mit den roten Haaren" auf der Stirn kleben hatte. Da ich nicht viel damit anfangen konnte, war ich die Letzte, die von ihrem Etikett erlöst wurde...;-) Neugierig geworden bestellte ich mir eine Box mit den ersten drei Bänden auf englisch.
    Nach dem ersten Band, der mir eigentlich ganz gut gefallen hat, bin ich dann irgendwo ziemlich bald in band 2 stecken geblieben und habe die Lektüre abgebrochen. Ich hoffe, mit der Leserunde im Rücken und der damit verbundenen Möglichkeit, sich auszutauschen, werde ich im 2.Anlauf etwas weiter kommen.


    Die ersten Kapitel:
    Mir gefällt, wie L.M.Montgomery den Einstieg ins Buch gewählt hat:
    Es beginnt nicht gleich mit Anne Shirley, der Titelheldin, sondern zunächst lernen wir Mrs Lynde kennen, eine neugierige Nachbarin, und dann später das ältere Geschwisterpaar Marilla und Matthew Cuthbert, die etwas abgelegen im ländlichen und idyllisch beschriebenen Avonlea auf dem Hof "Green Gables" (dt.: grüne/begrünte Dachgiebel) leben.
    Mrs Lyndes Neugier steigt ins Unermessliche, als sie Matthew Cuthbert zu ungewöhnlicher Zeit und ungewöhnlich schick mit der Kutsche wegfahren sieht. Die Neugier treibt sie zu Marilla Cuthbert, von der sie erfährt, dass die Geschwister einen Jungen aus dem Waisenhaus adoptiert haben, der ihnen bei der Arbeit auf dem Hof helfen soll. Matthew ist losgefahren, um den Jungen vom Bahnhof abzuholen - so weit, so gut.


    Am Bahnhof wartet allerdings kein Junge, sondern ein Mädchen mit auffallend rotem Haar - und das, wo der schüchterne Matthew Frauen aller Ausführungen lieber aus dem Weg geht :breitgrins:
    Offensichtlich gab es eine Verwechslung, deren Aufklärung Matthew lieber seiner Schwester überlässt. Aber da er das Mädel ja schlecht am Bahnhof stehen lassen kann, nimmt Matthew sie erst mal mit nach Green Gables. Auf der Kutschfahrt zeigt sich, dass sein Fahrgast eine lebhafte Phantasie und ein noch lebhafteres Mundwerk besitzt. Das Mädchen (ihren Namen und ihre Geschichte erfahren wir erst in Kapitel 3) hat zu allem, was sie unterwegs sieht eine Meinung und unterhält Matthew mit ihrer Begeisterung über die traumhafte Natur und ihren Ansichten über Waisen, Schönheit und das Leben im Allgemeinen.
    Ehe er sich versieht, wird es Matthew ganz unbehaglich bei dem Gedanken, dem Mädchen mitzuteilen, dass eigentlich ein Junge erwartet wurde und sie nicht auf Green Gables bleiben kann, sondern zurück muss ins Waisenhaus.


    Ich erinnere mich, dass ich beim ersten Lesen vor ein paar Jahren die Landschaftsbeschreibungen etwas überflüssig fand und Annes Begeisterung über die Schönheit der Natur nicht ganz teilen konnte.
    Mittlerweile lebe ich seit 5 Jahren in sehr ländlicher Umgebung und habe einen Hund, wodurch man wirklich alles hautnah mitbekommt, was sich in der Natur so tut - nicht nur im Sommer, wenn man sich freiwillig nach draußen traut, um sich in die Sonne zu legen. ;) Ich muss zugeben, dass Anne/L.M.Montgomery einen schärferen Blick beweisen haben als ich in meinem jugendlichen Leichtsinn: Jede Jahreszeit hat ihren eigenen Zauber und jeden Tag kann man in der Natur besondere Momente erleben, wenn man dafür offen ist wie Anne Shirley.


    Gut gefällt mir auch, wie die Autorin ihre Figuren beschreibt: Liebevoll, manchmal ironisch, aber nie überzeichnet oder spöttisch. Besonders gern mag ich Matthew, dessen extreme Schüchternheit L.M.Montgomery wirklich perfekt beschrieben hat, z.B., dass er sich bei Kutschfahrten davor fürchtet, Frauen zu begegnen, denn dann müsste er ihnen ja zunicken, wie es die Höflichkeit gebietet, oder wie viel Überwindung es ihn kostet, Anne am Bahnhof schließlich anzusprechen (was sich dann ja erledigt, da sie ihn zuerst begrüßt)... :breitgrins:
    Ein Grund dafür, warum ich mit "Anne of Avonlea" (2.Band) deutliche Schwierigkeiten hatte, liegt sicherlich daran,


    Anne ist ebenfalls eine Titelheldin mit Ecken und Kanten - sie kann wunderbare Dinge in ihrer Umgebung oder den Menschen sehen, die anderen nicht auffallen, aber sie ist keine nervtötende ewige Optimistin wie die von mir seit Kindheitstagen gehasste "Pollyanna", sondern erlebt Kummer und Schmerz ebenso intensiv wie Freude und Glück.
    Marilla mochte ich beim ersten Lesen vor ein paar Jahren nicht so besonders, aber heute sind mir beim Lesen Charakterzüge aufgefallen, die ich vorher nicht wahrgenommen habe und die mich doch etwas versöhnlicher stimmen. Marilla begegnet Anne oft aus Unsicherheit eher schroff, weil sie gar nicht weiß, wie sie mit Kindern so recht umgehen soll. Außerdem geben ihre trockenen Bemerkungen ein gutes Gegengewicht zu Annes überbordenden Emotionsausbrüchen ab; ein Duo, über das ich oft lachen musste, z.B. als Marilla sie nach ihrem Namen fragt und Anne die Bitte entgegnet, "Cordelia" genannt zu werden, was sie viel romantischer findet als ihren wirklichen Namen.
    Jetzt höre ich erst mal auf und bin gespannt auf die Eindrücke meiner Mit-Leser! :klatschen:

  • @Ruby
    Endlich jemand der versteht weshalb ich Pollyanna nicht leiden kann :breitgrins:


    Anne liebe ich weil sie ihren eigenen Kopf hat und so eine Träumerin ist, ich hab mich als Kind in ihr sehr wiederfinden können. Außerdem war ich übel neidisch auf ihre roten Haare. Sie ist definitiv der Grund weshalb ich noch heute eine große Schwäche für rothaarige Frauen und Frauenfiguren habe :breitgrins:


    Ich mag ja irgendwie Marilla sehr gerne, sie ist ja sehr raubeinig, aber wie Matthew hat sie nie so recht gelernt mit Gefühlen umzugehen. Er ist zu schüchtern und sie schämt sich glaube ich das jemand merken könnte, das auch sie ein Mensch ist ;)


    Annes Lieblingsname Cordelia. Da muss ich immer an die 80er Jahre Verfilmung von Anne of Green Gables denken, in der die Schauspielerin das mit solcher Inbrunst sagt. Göttlich. :err:


    Mrs. Lyndes ist soooo neugierig :lachen: Bei der Szene muss ich immer lachen. Ein Skandal das der gute Mathew mal ganz anders handelt als gewohnt :lachen:

  • Die Anfangsszene mit Mrs. Lynde finde ich auch immer wieder genial. So richtig wie auf'm Dorf eben - das ist ja heute noch so, dass es überall Menschen gibt, die die anderen stets im Blick haben. Obwohl Mrs. Lynde an sich gar nicht verkehrt ist, nur halt etwas neugierig. Herrlich, wie sich auszumalen versucht, was Matthew in Schlips und Kragen auf dem Einspänner macht :breitgrins:


    Und der arme Matthew erst, als er feststellt, dass er es a) mit einem weiblichen Wesen zu tun hat und b) seiner Schwester beibringen muss, dass dieses weibliche Wesen kein Junge ist ;) Ich mag Matthew ja sehr, auch wenn er wirklich extremst schüchtern zu sein scheint.


    Marilla mochte ich früher auch nicht so gerne, die ist mir erst ans Herz gewachsen, als ich älter wurde, denn unter ihrem gestrengen Auftreten verbirgt sich doch ein liebevolles Herz und vor allem ein wunderbarer Sinn für Humor (sofern sie ihn denn mal rauslässt).


    Anne selbst ist einfach wunderbar. Ich mag ihre versponnene Phantasie und ihre Begeisterungsfähigkeit und auch ihren Hang zum Dramatischen :herz: Ihr bisheriger Lebensweg scheint nicht gerade leicht gewesen zu sein, aber offenbar hat ihre unbändige Vorstellungskraft sie da über vieles hinweggetröstet. Ich finde es auch sehr süß, wie sie immer Namen für alles und jeden erfindet.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich schließe mich euch an - der Anfang ist herrlich.
    Die neugierige Nachbarin, die alles wissen muss und informiert sein will, aber auch weiß, wie sie an ihre Informationen kommt, so typisch und so passend dargestellt.


    Mir gefällt ja Annes Redeschwall auf der Fahrt nach Green Gables richtig gut: wie sie sich für alles begeistert, Frage über Frage stellt und die Dinge einfach umnennt, weil sie einen ihrer Meinung nach passenderen Namen hat (auch wie sie Marillas Blume umbenennt, weil diese doch bestimmt auch gerne einen richtigen Namen hätte... :breitgrins:)... ich glaube, selbt wenn Matthew nicht schüchtern und schweigsam wäre, er käme hier kaum zu Wort.
    Und dann die heftigen Gefühlsschwankungen und -ausbrüche, als Anne erfährt, dass sie eigentlich gar nicht bleiben soll, da tut sie mir schon sehr leid!


  • Und dann die heftigen Gefühlsschwankungen und -ausbrüche, als Anne erfährt, dass sie eigentlich gar nicht bleiben soll, da tut sie mir schon sehr leid!


    Da hätte ich sie auch am liebsten mal ganz doll in den Arm genommen :traurig:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich bin noch nicht sicher, ob ich es ganz durchziehe, aber zumindest für den Anfang bin ich auch mit dabei ;)



    Und der arme Matthew erst, als er feststellt, dass er es a) mit einem weiblichen Wesen zu tun hat und b) seiner Schwester beibringen muss, dass dieses weibliche Wesen kein Junge ist ;) Ich mag Matthew ja sehr, auch wenn er wirklich extremst schüchtern zu sein scheint.


    Ja, Matthew ist klasse! Vor allem, als Marilla in Gedanken anmerkt, dass sie eigentlich gar nicht gegen ihn ankommt. Denn wie soll man das auch, wenn der Mann nicht mit einem redet, sondern einen nur anschaut! :breitgrins:



    Mir gefällt, wie L.M.Montgomery den Einstieg ins Buch gewählt hat:
    Es beginnt nicht gleich mit Anne Shirley, der Titelheldin, sondern zunächst lernen wir Mrs Lynde kennen, eine neugierige Nachbarin.


    Es ist auf jeden Fall etwas Anderes. Ich habe von Lucy Maud Montgomery als Kind nur Emily auf der Moon Farm gelesen (und geliebt) und da steigt sie ja (wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe) direkt bei Emily ein.



    Mir gefällt ja Annes Redeschwall auf der Fahrt nach Green Gables richtig gut:


    Da bin ich ehrlich gesagt noch nicht so ganz sicher, wie ich das finde. Obwohl, eigentlich doch: Im Moment empfinde ich Anne als ziemlich anstrengend und ihre Ausschweifungen können mich bisher noch nicht wirklich begeistern. Aber vielleicht kommt das ja noch.



    Interessant finde ich ja Annes extreme Abneigung gegen rote Haare. Also mir persönlich gefallen rote Haare ja wunderbar! Aber zu der Zeit war das wohl eher weniger gern gesehen...

    Even when reading is impossible, the presence of books acquired produces such an ecstasy that the buying of more books than one can read is nothing less than the soul reaching towards infinity... - We cherish books even if unread, their mere presence exudes comfort, their ready access reassurance.


  • Ja, Matthew ist klasse! Vor allem, als Marilla in Gedanken anmerkt, dass sie eigentlich gar nicht gegen ihn ankommt. Denn wie soll man das auch, wenn der Mann nicht mit einem redet, sondern einen nur anschaut! :breitgrins:


    Und auf seine stille Weise übt er einen ganz großen Einfluss auf seine Schwester aus, wenn er sich ausnahmsweise mal etwas (oder jemanden ;) ) in den Kopf gesetzt hat. Fand ich klasse!


    Zitat

    Da bin ich ehrlich gesagt noch nicht so ganz sicher, wie ich das finde. Obwohl, eigentlich doch: Im Moment empfinde ich Anne als ziemlich anstrengend und ihre Ausschweifungen können mich bisher noch nicht wirklich begeistern.


    Damit bist Du nicht alleine ... Marilla macht Annes Gequassel ja auch zu schaffen :breitgrins:


    Zitat

    Interessant finde ich ja Annes extreme Abneigung gegen rote Haare. Also mir persönlich gefallen rote Haare ja wunderbar! Aber zu der Zeit war das wohl eher weniger gern gesehen...


    Selbst in meiner Kindheit wurden rothaarige Kinder gerne mal gehänselt, weil sie halt anders/auffällig waren. Ganz besonders, wenn auch noch Sommersprossen im Spiel waren. Und Anne hat ja beides. Wahrscheinlich hat sie auch noch dauernd zu hören gekriegt, was für ein dürres, sommersprossiges, karottenköpfiges Kind sie ist, die Arme.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Beim ersten Lesen ging es mir wie Llyren und ich fand Anne und ihre ausschweifenden Meinungsäußerungen über alles und jeden ziemlich befremdlich, aber mittlerweile ist sie mir sehr sympathisch geworden, vor allem, da sie zu ihrer eigenen Meinung steht und sich nicht von den Erwachsenen einreden lässt, was sich "gehört" und was nicht (oft genug muss ja auch Marilla im Nachhinein zugeben, dass Anne gar nicht so unrecht hat).
    Sympathisch finde ich auch Annes gesunde Eitelkeit: Sie macht sich Gedanken über ihr Aussehen, möchte eine "tragische Schönheit" sein und Kleider mit Rüschen und Puffärmeln haben... :breitgrins:
    Und sie lässt sich auch nicht einreden, dass dies alles nur eitel und vergänglich ist und nicht so viel zählt wie die inneren Werte. Kein Wunder, im Waisenhaus oder in den Pflegefamilien wurde ihr sicher auch erzählt, dass es sich nicht schickt, solche "überspannten" Wünsche zu haben und nicht mit dem zufrieden zu sein, was man hat.

  • Hallo zusammen,


    ich bin nun auch dabei. Bis jetzt gefällt mir die Geschichte ganz gut. Vor meinem geistigen Auge hat sich anhand der Beschreibungen schon ein idyllisches Bild der Landschaft entwickelt. Beschauliches Landleben, wie man es sich vorstellt. Aber es wundert mich, dass Anne schon so sehr darauf eingeht. Mir als Kind in dem Alter war es egal, ob es eine malerische Kulisse war. Hauptsache, es gab Bäume zum Klettern, Scheunen zum Verstecken und Bäche zum darin Spielen. Es kommt mir vor, als wollte Anne alles unbedingt schön finden, weil sie ja davon ausgeht, dort aufzuwachsen. Ich glaube, sie würde auch alles toll finden, wenn sie in eine Stadt ziehen sollte.



    Da bin ich ehrlich gesagt noch nicht so ganz sicher, wie ich das finde. Obwohl, eigentlich doch: Im Moment empfinde ich Anne als ziemlich anstrengend und ihre Ausschweifungen können mich bisher noch nicht wirklich begeistern. Aber vielleicht kommt das ja noch.


    Das endlose Plappern wäre mir auch zu viel, selbst wenn ich kein so schweigsamer Mensch wie Matthew wäre. Aber ich schiebe es auf Annes Nervosität. Es gibt viele Menschen, die um so mehr quasseln, je nervöser sie sind, nur um zu vertuschen, dass ihnen die Knie zittern.


  • (oft genug muss ja auch Marilla im Nachhinein zugeben, dass Anne gar nicht so unrecht hat).


    Darüber habe ich schon ein paarmal schmunzeln müssen, vor allem, als Anne über den Pfarrer schimpft :breitgrins:


    Zitat

    Sympathisch finde ich auch Annes gesunde Eitelkeit: Sie macht sich Gedanken über ihr Aussehen, möchte eine "tragische Schönheit" sein und Kleider mit Rüschen und Puffärmeln haben... :breitgrins:


    Das mag ich auch an ihr - ihre Eitelkeiten und ihre Schusseligkeit sind so herrlich normal und aus dem Leben gegriffen.


    Dass sie Matthew und Marilla bei jeder Gelegenheit das Ohr abquasselt, liegt bestimmt mit daran, dass sie endlich mal jemanden hat, der ihr zuhört, und ein Zuhause, dem sie sich zugehörig fühlt. Und bei ihrem romantischen Seelchen wundert es mich auch nicht, dass sie so ein Auge für die Natur hat.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Am Ende des III. Kapitels weiß Anne, dass Marilla sie nicht haben möchte, weil sie kein Junge ist, der auf der Farm (?) arbeiten kann. Die Ärmste! Was muss das für ein Gefühl sein, endlich aus dem Heim rauszukommen und das schöne Anwesen zu sehen, um dann zu erfahren, dass man wegen seines Geschlechts nicht erwünscht ist. Dieses Problem zieht sich tatsächlich durch alle möglichen Gesellschaftsschichten und Länder. Marillas Reaktion finde ich heftig. Sie wollte anscheinend nur eine billige Arbeitskraft auf dem Hof haben, die sie sich nach Belieben noch formen kann. Wahrscheinlich hätte sie sich noch als großzügig betrachtet, dass sie dem armen Kerl ein Zuhause bietet. Bislang ist sie mir nicht besonders sympathisch.


    Die Beschreibungen der Landschaft rund um die Farm sind einfach toll. Ich kann die blühenden Bäume förmlich riechen und sehen. Dort würde ich auch ungern wieder weggehen, nachdem ich gerade erst angekommen bin.


    Ich bin schon gespannt auf die Begründung von Mrs. Wie-hieß-sie-noch, die veranlasst hat, dass ein Mädchen nach Green Gables kommt und kein Junge.


    Mir ist entgangen oder ich habe vergessen, in welcher Zeit wir uns befinden. Wurde das erwähnt?


    @ Holden
    Puffärmel hatte ich auch als Kind, und habe sie aus tiefstem Herzen gehasst. :breitgrins:

  • Das endlose Plappern wäre mir auch zu viel, selbst wenn ich kein so schweigsamer Mensch wie Matthew wäre. Aber ich schiebe es auf Annes Nervosität. Es gibt viele Menschen, die um so mehr quasseln, je nervöser sie sind, nur um zu vertuschen, dass ihnen die Knie zittern.


    Mir wäre das ehrlich gesagt auch zu anstrengend, wenn ich Anne neben mir sitzen hätte und sie mich vollquasselt. Aber es zu lesen und nicht live zu erleben, das macht dann den Unterschied, so finde ich es unterhaltsam.



    Ich hab mich heute außerdem sehr amüsiert, als Anne so heftig auf Mrs Lyndes Kommentar über sie reagiert hat und Marilla ihr, wenn auch in abgeschwächter Form, zustimmte. Mrs Lyndes Reaktion sah ich genau vor mir - herrlich.


    Die Puffärmel, hihi, diese Vorliebe finde ich auch eher eigenartig. Das erinnert mich an so weiße Rüschenblusen und dergleichen, das mochte ich noch nie. Anne wird Marilla bestimmt noch irgendwann dankbar sein, dass sie ihr das erspart hat! :breitgrins:


  • Marillas Reaktion finde ich heftig. Sie wollte anscheinend nur eine billige Arbeitskraft auf dem Hof haben, die sie sich nach Belieben noch formen kann. Wahrscheinlich hätte sie sich noch als großzügig betrachtet, dass sie dem armen Kerl ein Zuhause bietet. Bislang ist sie mir nicht besonders sympathisch.


    Das Schöne ist ja, dass sich bei L.M.Montgomery auch die Erwachsenen noch weiterentwickeln können. Ich kenne genug ältere Jugendbücher, in denen Erwachsene entweder als perfekte, fehlerlose Wesen dargestellt werden, die - abgesehen davon, dass sie z.B. die Eltern der Titelhelden sind - keine individuellen Charakterzüge tragen, oder aber es sind richtige Fieslinge, bevorzugt Lehrerinnen, böse Verwandte und ähnliches.
    Hier haben gottseidank auch die Erwachsenen ihre Ecken und Kanten: Marilla wirkt leicht ruppig, wenn sie unsicher ist; Matthew ist extrem schüchtern und Mrs.Lynde neugierig und taktlos. Es sind Menschen, wie sie uns auch im wirklichen Leben begegnen könnten.
    Man darf auch nicht vergessen, dass die Cuthbert-Geschwister bisher nicht viel Kontakt zu jungen Menschen hatten und auch sonst keine besonderen Bindungen zu anderen Menschen zu haben scheinen, abgesehen von den üblichen nachbarschaftlichen Kontakten. Die beiden gelten als etwas eigenbrötlerisch und seltsam. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie das Thema "Wir nehmen ein Kind auf" tatsächlich erst einmal in einem sehr naiven Licht betrachtet haben. Spätestens wenn durch das tägliche Zusammenleben eine gewisse Beziehung zueinander aufgebaut wird, gehen Theorie und Praxis dann schon mal auseinander... Als Marilla Annes traurige Vorgeschichte erfährt, ist sie plötzlich doch nicht mehr so recht überzeugt von dem Plan, Anne zurück ins Waisenhaus zu bringen oder an die hartherzige Mrs.Blewett weiterzuvermitteln.



    Mir ist entgangen oder ich habe vergessen, in welcher Zeit wir uns befinden. Wurde das erwähnt?


    Bis jetzt ist mir noch nichts aufgefallen, was eine genaue zeitliche Einordnung ermöglichen würde, zum Beispiel die Erwähnung von tatsächlichen historischen Ereignissen. Ich weiß nur, dass "Anne of Green Gables" im Jahr 1908 veröffentlicht wurde.

  • Die zeitliche Einordnung wird bei Anne auch eher implizit deutlich, etwa auch durch die Frage wie man mit Waisenkindern umgeht - es war durchaus normal das diese dann zum Arbeiten aufgenommen wurden. Und natürlich Annes Vorliebe, entspricht durchaus der Mode der Zeit damals *g*

  • Das Schöne ist ja, dass sich bei L.M.Montgomery auch die Erwachsenen noch weiterentwickeln können.


    Damit rechne ich. Ich habe ja oben geschrieben, dass sie mir bislang nicht sympathisch ist, aber ihre Rolle ist wichtig genug, um ihr Charakteränderungen zuzugestehen. Dass sie über die Konsequenzen einer Adoption noch gar nicht weiter nachgedacht haben, ist mir selbst noch nicht nicht in den Sinn gekommen. Da war ich also genauso naiv wie die Cuthberts.


    Ich bin noch nicht so ganz in der Zeit angekommen, in der das Buch spielt. Mir fehlen die genaueren Zeitangaben, wie man sie in der Erwachsenenliteratur findet. Bei Kinderbüchern spielt das nur eine untergeordnete Rolle. Da wird es schwer, die Zeit auszumachen und sich auf die damaligen Gepflogenheiten einzustellen. Aber zum Glück habe ich ja euch, die mir auf die Sprünge helfen :smile:.

  • Hallo ihr Lieben :winken:,


    ich habe am Montag auch mit dem Buch begonnen und bin nun bei Kapitel 11 angelangt.


    Der Einstieg mit der neugierigen Mrs. Lynde war wirklich grandios. Ich hatte das Buch in der Sauna dabei und musste ein paar Mal laut lachen, glücklicherweise war ich gleich so schlau, mich zum Lesen nicht in den Ruheraum zu legen, sonst hätte ich sicher ein paar böse Blicke abbekommen :zwinker:.


    Matthew ist mir sehr sehr sympathisch (ich mag schüchterne Menschen), er hat ein goldenes Herz und macht sich als Adoptivvater sicher prima. Sein Einfluss auf seine Schwester und auch auf Anne ist nicht zu unterschätzen, kann er Anne doch sogar dazu bewegen, sich bei der unmöglichen Mrs. Lynde zu entschuldigen (die Entschuldigungsszene fand ich übrigens grandios! Anne hat schon einen Hang zur Theatralik :breitgrins:).
    Marilla kommt zumindest am Anfang sehr rau und kaltherzig rüber, aber die wirklich sehr traurige Lebensgeschichte von Anne erweicht sie am Ende doch. Ich denke, auch sie hat einen weichen Kern und vor allem Sinn für Humor. Nach außen hin seht sie es als ihre Pflicht an, Anne zu erziehen, insgeheim muss sie über das Adoptivkind aber selbst schmunzeln.


    Anne selbst ist ein sehr liebenswertes, phantasievolles, lebendiges Mädchen, aber sicher auch enorm anstrengend. Ihre Ideen und Gedankengänge sind immer sehr ausgeschmückt und farbenfroh und wenn etwas nicht so ist wie sie das gerne hätte, stellt sie es sich eben vor.
    Wie furchtbar muss es für sie gewesen sein, zu erfahren, dass die Cuthberts sie eigentlich gar nicht wollten! Nachdem sie so oft schon weitergereicht und herumgeschoben wurde! Wahnsinn wie unsensibel anscheinend zu dieser Zeit mit Kindern umgegangen wurde, wenn man ihnen ins Gesicht sagt, dass sie nur eine billige Arbeitskraft hätten sein sollen :sauer:.
    Ach, und wie sie ihre roten Haare hasst. Ich habe auch rote Haare und Sommersprossen, hatte aber das Glück, dass in meiner Kindheit rote Haare langsam "in" wurden und man sich die Haare sogar in Rottönen gefärbt hat. Das "Kupferdachl" war ich trotzdem immer und auch den den schrecklichen "Lieber eine Tote als eine Rote"-Spruch musste ich mir oft anhören, genauso wie die Frage, ob es bei uns zuhause durch Dach regnet :rollen:. Und eine Bekannte meiner Mutter meinte tatsächlich mal in meinem Beisein (ich war vielleicht 5 oder so), dass sie eigentlich kein hübsches rothaariges Kind kenne, dir sähen einfach alle komisch aus. Äh, ja... Meine Mutter war von da an nicht mehr mit ihr bekannt...
    Aufgrund dieser Erlebnisse kann ich mit Anne sehr mitfühlen und auch verstehen, dass sie Mrs. Lynde gegenüber so ausrastet. Was fällt der Frau ein!


    Ich bin schon gespannt auf Anne´s weitere Erlebnisse und ihre verrückten Ideen!

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  • Ich glaube, sie würde auch alles toll finden, wenn sie in eine Stadt ziehen sollte.


    Davon gehe ich aus. Sie nimmt sich ja einfach vor, alles gut zu finden und dann klappt das auch :smile:.



    Das endlose Plappern wäre mir auch zu viel, selbst wenn ich kein so schweigsamer Mensch wie Matthew wäre. Aber ich schiebe es auf Annes Nervosität. Es gibt viele Menschen, die um so mehr quasseln, je nervöser sie sind, nur um zu vertuschen, dass ihnen die Knie zittern.


    Ich glaube ja ehrlich gesagt nicht, dass Anne soviel plappert, weil sie nervös. Das Mädchen hat eine unglaubliche Phantasie (glücklicherweise, wer weiß, wie sie die Zeit bei den Pflegefamilien und im Waisenhaus sonst überstanden hätte :sauer:) und telt ihre Gedanken und Empfindungen gerne mit, solange sie keiner bremst.

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