FAZ: Literatur in der Schule. Warum Klassiker?

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  • In der Oberstufe gab es einen Bruch und ich fühlte mich vollkommen fremd im Deutschunterricht, auf einmal wurde auf einem ganz anderem Niveau diskutiert. Das war ein Schock und ich stand anfangs genauso unbeholfen vor dem Text wie vor der ersten Autofahrt oder dem ersten echten Kuss. :breitgrins:


    Stimmt, so richtig fließend war der Übergang bei uns auch nicht. Bis einschließlich 9. Klasse haben wir relativ einfache Bücher (meist Jugendbücher) gelesen, in der 10. wurde es dann plötzlich richtig "ernst".


    Jaqui: das ist ja wirklich Quatsch. Die Lehrerin hat wohl auch nicht so ganz verstanden, was das soll mit dem Deutschunterricht und der Lektüre.


    Interessant wäre vielleicht auch mal die Fragestellung, was Schüler (Mittel- und/oder Oberstufe) eigentlich vom Deutschunterricht erwarten.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Das ist natürlich vollkommen schwachsinnig. Habe ich nie erlebt und auch aus anderen Klassen nicht gehört.


    In unserer Klasse hatte zu Beginn fast keiner die Bücher gelesen. Die "faulen" sag ich jetzt mal haben sich den Inhalt immer erzählen lassen von jenen die es gelesen haben. Das hat unsere Lehrerin bald bemerkt. Daher griff sie dann zu yer Maßnahme. Was halt zu Lasten der Interpretation ging.

  • Um festzustellen, ob jemand das Buch gelesen hat, kann man auch sinnvollere Fragen stellen. An die Tischdeckenfarbe hätte ich mich schätzungsweise auch dann nicht erinnert, wenn ich das Buch gelesen hätte (es sei denn, sie spielte wirklich eine wichtige Rolle in der Geschichte).

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    Leonard Cohen






  • Um festzustellen, ob jemand das Buch gelesen hat, kann man auch sinnvollere Fragen stellen. An die Tischdeckenfarbe hätte ich mich schätzungsweise auch dann nicht erinnert, wenn ich das Buch gelesen hätte (es sei denn, sie spielte wirklich eine wichtige Rolle in der Geschichte).


    Spielte sie natürlich nicht. Ich wusste so einen Blödsinn nie. :rollen: daher hab ich dann irgendwann aufgehört die Bücher zu lesen weil die bescheuerten fragen eh keiner beantworten konnte

  • Bei uns wurden in der Oberstufe auch sehr viele Klassiker zu Tode analysiert und interpretiert. Gemerkt habe ich mir davon (fast) nichts. In Erinnerung ist mir allerdings das Gefühl geblieben, dass ich alleine nie auf derartige Gedanken gekommen wäre und das mulmige Gefühl, dass ich ohne Hilfe diverse Texte nicht in ihrer Gesamtheit verstehen beziehungsweise erfassen könnte.



    Mit der Sorge um die "richtige Interpretation" spricht du was an Keshia ... das habe ich so nicht bedacht, aber ja. Noch heute zögere ich hier einen Thread zu einem Klassiker zu beginnen, aus Furcht, den Kern nicht erfasst zu haben oder etwas falsch interpretiert zu haben. Als Schüler mit einer Klausur kann das einem noch bedrohlicher erscheinen.


    Ich kann auch darin nur beipflichten, genauso sehe ich es auch. Trotzdem kann es nicht die Lösung sein, klassische oder anspruchsvolle Literatur aus den Lehrplänen zu streichen beziehungsweise diese Texte für die Schüler so zu verändern, dass sie lesbarer werden. Denn auch wenn mein Lehrer so manchen Klassiker wohlgemerkt unbeabsichtigt in ein überspitzt formuliertes grauenvolles Erlebnis verwandelte (zum Beispiel "Der zerbrochene Krug" von Kleist), hat er mein Interesse für andere Klassiker erst geweckt. Das waren meistens die Bücher, welche er kurz vorstellte, weil die Zeit für eine eingehende Analyse fehlte. Einige davon habe ich bereits gelesen, andere warten noch darauf.


    Vielleicht wäre ein Mittelweg die optimale Lösung? Einerseits das Vorstellen verschiedener Klassiker und gleichzeitig eine eingehendere Besprechung einzelner ausgewählter Stücke, um den Schülern das Einbetten in die unterschiedlichen Epochen und damit Schreibweisen zu erleichtern, mit gleichzeitig einem Augenmerk darauf, deren Schönheit dann durch zu übergenaues Interpretieren und Analysieren nicht zu zerstören.

  • Ich habe in der Schule im Deutschunterricht keinen einzigen wirklichen Klassiker gelesen, glaube ich. Doch, Lessing: Nathan der Weise.
    Oder ich hab alle anderen verdrängt, das kann auch sein.
    Im Englischunterricht erinnere ich mich noch an "Romeo und Julia", aber auch eher mit Grausen, wie man Shakespeare so schrecklich machen kann :rollen:


    Was ich aber noch weiß, dass ich meist direkt zur Sekundärliteratur gegriffen und mir die Interpretationshilfe gelesen habe. Das hat für den Unterricht gereicht, ohne das eigentliche Werk gelesen zu haben :breitgrins:

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**

  • Ich schließe mich Saltanah an. Zum Glück wurde uns im Englischunterricht kein Dickens aufgedrückt, wir haben in der Mittelstufe Doyle und Christie gelesen und da haben schon die meisten dicht gemacht. Möglichkeiten, herauszufinden worum es in einem Buch geht, gab es damals auch schon, war halt nur aufwendiger.
    Im Deutschunterricht waren lektüretechnisch alle dabei, bis wir "Kabale und Liebe" und "Warten auf Godot" lesen mussten...wir haben es gehasst, alle! Die meisten haben es nicht zu Ende gelesen (einschließlich mir), sondern sich stattdessen Lektürehilfen ausgeliehen, danach war man ausreichend präpariert um wenigstens eine 3 in der Arbeit zu schreiben. Da frage ich mich, wem oder was hat das einen Nutzen gebracht?
    Später in der Berufsschule stand dann "Nathan der Weise" auf dem Plan (Bestandteil der Prüfung), den mochten wir alle, komischerweise, denn wir hatten 50% Ausländer in der Klasse, die damit anfangs echt Schwierigkeiten hatten. Hier hatten wir aber einen tollen Lehrer, der alles daran setzte, dass es wirklich jeder verstand und das Thema passte natürlich wie die Faust aufs Auge, in einer Klasse, in der sich zig Religionen tummelten. Das konnten alle nachvollziehen. Das war auch das 1. Mal, wo wir selber keine "Lösung" finden mussten, wer es nicht beim Lesen begriffen hatte, dem wurde es erklärt, so konnten wenigstens alle mitreden.
    Es steht und fällt mit dem Lehrer und natürlich mit der passenden Lektüre. Dazu gehört allerdings, dass der Lehrer selbst Willens ist, sich auf seine Schüler einzulassen und dass er nicht durch das Kerncurriculum extrem eingeschränkt wird.


    An unserer Schule gibt es übrigend gerade mal 2 Lehrer die selbst gerne Klassiker lesen, der Rest empfindet das als genauso lästige Pflicht, wie die Schüler. Sowas kann nicht funktionieren!

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”


  • Was ich aber noch weiß, dass ich meist direkt zur Sekundärliteratur gegriffen und mir die Interpretationshilfe gelesen habe. Das hat für den Unterricht gereicht, ohne das eigentliche Werk gelesen zu haben :breitgrins:


    Ich habe über ein Buch ein Referat gehalten und eine Schularbeit geschrieben, ohne das Buch gelesen zu haben, weil mich mein Lehrer so mit Sekundärliteratur eingedeckt hatte. Am Heimweg NACH der Schularbeit habe ich es im Bus dann gelesen, weil ich mein aktuelles Buch zu Hause vergessen hatte.


  • Vor allem weil unsere Lehrerin dann blöde fragen gestellt hat a la "welche Farbe hatte die Tischdecke". Dadurch wollte sie sehen wer das Buch gelesen hat. :rollen:


    Ob der Inhalt verstanden wurde war egal.


    Die Frage finde ich gar nicht so schlecht.
    Die meisten Diskussionen in der Klasse scheitern doch daran, dass ein Großteil der Klasse das Buch nicht, nur flüchtig oder nur teilweise gelesen hat.
    Ich kenne das auch noch: Am Tag der Klausur standen oft noch ein paar Mitschüler um mich herum, um zu fragen, worum es in dem Buch ging oder wie eine Szene verlief, die im Unterricht besprochen wurde. Ich kenne Leute, mit denen ich nicht in der gleichen Schule war, die mir erzählten, sie hätten niemals ein in der Schule behandeltes Buch ganz oder überhaupt gelesen (das war vor Wikipedia, also keine Ahnung, wie sie es gemacht haben, vielleicht nur aufgrund der Diskussionen und korrigierten Hausaufgaben irgendwie durch die Klausuren gekommen?).


    Ich selbst hatte auch nicht immer zum verarbredeten Zeitpunkt alles gelesen (keine Zeit, keine Lust, Buch zu langweilig, Zeitplanung vermasselt, da ich die Lesezeit unterschätzt hatte, oder das berühmte "oh Sh.t, sollte wir das bis heute lesen?! :grmpf:").


    Wenn der Lehrer dafür bekannt ist, dass er in der ersten Stunde einen Test mit Fragen zum Inhalt schreiben lässt, wie ich es schon von einigen Lehrern gehört habe, dann lesen bestimmt mehr Schüler das Buch oder verabredete Kapitel. Dann wissen aber die Schüler in der Klausur auf jeden Fall, worum es überhaupt in dem Buch ging!
    Dafür muss man heute Fragen stellen, die nicht auf Wikipedia etc. nachzuschlagen sind, damit man eben nicht kurz vor der Stunde googelt. Und ann kommt es zu Fragen wie der nach der Tischdeckenfarbe oder anderen banalen, für die Handlung unwichtigen Details, die aber nachweisen, dass die Schüler das Buch mindestens gelesen haben.
    Jemand, der den Text gelesen hat, speichert ja viele unwichtige Details wie die Adresse, den Wochentag, das Wetter, die Autofarbe usw., und nach denen kann man dann fragen. Vorzugsweise nach Details, die nicht gleich auf der ersten Seite sondern irgendwo in der Mitte mitten im Absatz stehen, so dass eben klar wird, dass der ganze zu lesende Text auch gelesen wurde.
    Das geht auch ganz fix per Mulitple Choice. So erinnern sich Schüler, die den Text gelesen haben, schnell, andere, die den Text nicht gelesen haben, müssten raten und würden vermutlich so weit falsch liegen, dass der Lehrer das merkt, ihnen das Lesen noch mal ans Herz legen kann und ggf. mit einem weiteren, spontanen Überraschungstest im Laufe der nächsten Tage droht.


    Vorteil für die Schüler:
    Der Unterricht ist interessanter, wenn man weiß, wovon man redet, als wenn man die ganze Zeit Angst hat, mal nach etwas gefragt zu werden und völlig auf dem Schlauch zu stehen.


    ________


    Bzgl. Erklärungen:
    Auseinandersetzung mit Texten ist ohne Frage sinnvoll. Egal, woran man das übt. Die Auseinandersetzung mit dem Text kann später ganz banal für Verträge etc. verwendet werden (genau lesen, überlegen, was gemeint ist, Fremdworte nachschlagen) oder auch bei Gesprächen und Alltagstexten helfen, mal über das Offensichtliche hinauszusehen (was steckt noch dahinter, was könnte noch damit gemeint sein, was sagt mir diese Formulierung über den Inhalt oder Gesprächspartner).


    Ich hätte mich besonders bei der "Verlorenen Ehre der Katharina Blum" in der 7. Klasse über einige Erklärungen zum Text gefreut, und zwar vorzugsweise vor dem Lesen. So habe ich den Text als komischen, zu trocken geschriebenen Roman gelesen und mich immer gewundert, dass andere Leute so etwas freiwillig kaufen und weitergeben wollen.
    Eine kleine Einführung zum Genre, zur Intention, und ein paar Beispielsätze vor dem Lesen mit Erklärungen oder Diskussion um Absicht und Wirkung hätten vermutlich meine Lesemotivation gesteigert.


    Allgemein würde ich das aus meiner persönlichen Erfahrung heraus empfehlen:
    Nicht die Schüler mit dem Text alleine lassen (der ja erst mal zu Hause alleine gelesen wird), sondern vorher über die Sprache und den Stil reden, Beispielsätze und Begriffe bringen, falls es ungewöhnliche Wörter gibt, erklären, wie man an den Stil herangeht, auf was man achten kann, was eventuell interessant sein könnte statt öde und "schwierig". Warum vielleicht etwas, das man als "Laie" für schlecht hält von Literaturwissenschaftlern etc. geschätzt wird. (Mir fällt da Koetzees "Foe" ein, ein sehr gelobtes Buch, das ich nur abstoßend fand aufgrund der Beschreibung des "Wilden", der mir als extrem dumm und stumpfsinnig erschien. Den Grund für die Beschreibung kenne ich nicht, habe das Buch nach Empfehlung in der Freizeit gelesen und war nur irritiert, dass es so oft empfohlen wurde.)


    Interessant fand ich, dass ich immer dachte, weil ich auf der Realschule war, würde ich quasi um Bildung betrogen (einige Lehrer jammerten immer über die dummen Schüler oder sagten, dies und jenes würden wir nicht behandeln, das sei fürs Gymnasium bestimmt).
    Später fand ich heraus, das mein Bruder, der auf dem Gymnasium war, den Text erst in der Oberstufe behandelt hatte. Ich hätte mich da also gar nicht so schämen müssen. :breitgrins:


    LG von
    Keshia


    LG
    von Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • PS
    Eine Unart, die viele Leser sogar noch in der Uni haben, und die sogar dort von Dozenten aufgegriffen, jedenfalls angesprochen wurde, ist das Überspringen von Textstellen.
    Entweder, weil es zwei abwechselnde Handlungsstränge gibt und man erst mal nur an einem interessiert ist, oder weil es längere "Unterbrechungen" der Haupthandlung gibt (Stephen King ist Meister darin, alles mit detaillierten Beschreibungen von gefühlten "Nichtigkeiten" zu übersähen) oder weil man Handlung sucht und an Beschreibungen von Landschaft, Räumen oder Personen nicht interessiert ist.


    Dieses genaue Lesen kann man in der Schule auch gut üben, wenn man die Schüler motivieren kann und Erklärungen für das Lesen des gesamten Textes an einem Stück hat. Dafür muss es aber einen Anreiz geben.
    Ich selbst habe das nicht gelernt und tendiere dazu, Bücher gestückelt zu lesen, teilweise mehr als drei mal: Einmal die interessanten Stellen, dann die Stellen, die für die interessanten Stellen noch wichtig waren und eventuell danach noch mal das ganze Buch. Grund ist, dass ich oft mit Ungeduld und bestimmter Erwartungshaltung an ein Buch gehe. Leider habe ich mir diese Unart sehr früh angewöhnt.
    Klassisch ist aber bei vielen Lesern das Überspringen von "Zwischenkapiteln", die die Haupthandlung überspringen oder Beschreibungen.


    Schön wäre es, wenn man Schülern deren Bedeutung für das Verständnis des ganzen Buches vermitteln könnte und mehr Menschen dazu erziehen könnte, Bücher von vorne bis hinten ganz zu lesen.
    Dies dürfte gerade heute, wo auch selektives Lesen gelehrt und intensiv betrieben wird, ziemlich wichtig sein.
    Im Internet und in Zeitschriftenartikeln sowie bei Fachbüchern ist selektives Lesen richtig und wichtig, bei Literatur aber nicht, nur das muss einem erst mal bewusst gemacht werden.


    LG von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Eines noch, was mMn noch gar nicht gesagt wurde:
    Geht es nicht auch um Bildung, also bestimmte Werke zu kennen, die ggf. später mal im Gespräch auftauchen können und die man einfach "kennen sollte", weil man sonst als ungebildet gilt?



    Ist sicher ein schwaches Argument und Zirkelschluss (Werke lesen, die "man kennen muss", damit man sich nicht vor Leuten blamiert, die sie ebenfalls "zwangsgelesen" haben). :rollen:
    Aber auf der anderen Seite doch tatsächlich immer noch Teil der erwarteten Allgemeinbildung: Autoren und deren wichtigste Werke "zu kennen", zu wissen, wer der Autor ist und wer was geschrieben hat.


    Würde man einen Deutschen (Erwachsenen), der noch nie etwas von Goethes "Faust" gehört hat, oder das für einen Roman über Boxer hält, mindestens schief ansehen?


    LG von
    Keshia

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  • Ist das heutzutage wirklich noch so? Ich bezweifle es! Mittlerweile reicht es doch, wenn man weiß, dass Goethe vor Ewigkeiten was geschrieben hat, wer fragt denn noch danach?

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”


  • Eines noch, was mMn noch gar nicht gesagt wurde:
    Geht es nicht auch um Bildung, also bestimmte Werke zu kennen, die ggf. später mal im Gespräch auftauchen können und die man einfach "kennen sollte", weil man sonst als ungebildet gilt?


    Ja, darum geht es (auch). Aber als 15jähriger Schüler war mir das reichlich egal und fand das Argument auch wenig einleuchtend.

  • Ich finde schon, das es zumindest für Gymnasiasten zur Allgemeinbildung gehört, ein ganz klein wenig mehr über Goethe zu wissen als nur, dass es ihn gab und dass er Schriftsteller war. Aber das ist natürlich eher ein Sekundäreffekt der Schullektüre ... denn in dem Alter sehen das die allermeisten bestimmt genauso wie Thomas ;)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich versuche es mal mit einer Positivliste:


    Literaturunterricht sollte aufzeigen, was ein klassisches Werk zu etwas Besonderem macht. Was es auszeichnet und über die Zeiten hat überleben lassen.


    Gruß, Thomas

  • Valentine


    Im Prinzip sehe ich das ja ähnlich, aber die Welt besteht ja nicht nur aus Gymnasiasten :zwinker: Und viele, die später in einen technischen Bereich wollen oder auch in die Wirtschaft, interessiert das wenig bis gar nicht, dafür haben sie dann Talente in Bereichen wo andere nur noch Bahnhof verstehen.
    Ich wüsste jetzt auch keinen Eignungstest oder Arbeitgeber, der sowas abfragt oder wert darauf legt, außer in einem kleinen Teilbereich vielleicht.
    Als Beispiel mal, wer von euch, der in seinem Beruf mit Mathematik absolut nichts zu hat, kann denn auf Anhieb noch eine geometrische Figur berechnen? Oder lineare Gleichungen? Quadratische Funktionen? Wer beherrscht noch, ohne nachgucken zu müssen, Bruchrechnung (Stoff der 6. Klasse)?
    Das kann man beliebig für jedes Fach fortführen...warum ist Goethe so viel wichtiger?

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

  • Allgemeinbildung ist selbstverständlich nicht nur Literatur. Ich würde von einem Gymnasiasten genauso erwarten, dass er mit der Zahl Pi oder mit dem Satz von Pythagoras etwas anfangen kann. Oder weiß, was die Hauptstadt von Irland ist. Aber hier ging es ja explizit um die Klassikerlektüre in der Schule.


    Dass jemand Bruchrechnen kann (zumindest die einfachen Sachen), erwarte ich allerdings schon von allen, die einen Schulabschluss haben, egal wo. Kompliziertere Geometrie oder Algebra ist was anderes, aber die Grundrechenarten, Bruchrechnen, Dreisatz, sowas braucht man doch auch mal im ganz normalen Alltag, ganz abgesehen vom Beruf.


    Mir geht es weniger um Wissen, das abgefragt oder "verwendet" wird, aber eine gewisse grundlegende Allgemeinbildung ist z.B. auch nötig, um Anspielungen in Filmen, Büchern, Songtexten ... zu verstehen. Simples Beispiel: eine Kollegin hat mal erzählt, dass sie in ihrer Kindheit und Jugend in keiner Weise mit religiösen Inhalten konfrontiert worden, kennt also die bekanntesten Bibelgeschichten nicht. "Das Leben des Brian" oder "Die Bibel nach Biff" fand sie folglich überhaupt nicht witzig, weil sie es nicht zur "Vorlage" in Bezug setzen konnte. Solche Dinge meine ich. Auch so ganz banales Zeug wie zu wissen, wer Elvis Presley war oder dass man in den 50ern Petticoats trug.

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    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Keshia: ich bin 36. Zu meiner Schulzeit gab es noch lang kein Wikipedia :breitgrins:


    Von daher waren diese Fragen dämlich. Den Inhalt konnte damals noch niemand im Internet nachlesen.


  • Keshia: ich bin 36. Zu meiner Schulzeit gab es noch lang kein Wikipedia :breitgrins:


    Von daher waren diese Fragen dämlich. Den Inhalt konnte damals noch niemand im Internet nachlesen.


    Genau darum geht es doch!
    Die Schüler zum Lesen zu "zwingen", indem man Inhalte abfragt, die eben nicht in gängigen Zusammenfassungen oder auf offensichtlichen Seiten (erste und letzte Kapitelseite etc.) stehen.



    Es ist für beide Seiten frustrierend, wenn ein Lehrer ein Werk unterrichten möchte, das die Schüler nicht gelesen haben.


    Kennst Du Janes Wellensittich? (ab 18:20) :zwinker:


    LG von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

    Einmal editiert, zuletzt von Keshia ()

  • Valentine


    ich verstehe schon, was du meinst und ich finde ja auch, dass eine gewisse Allgemeinbildung vorhanden sein sollte. Ich bezweifle nur, dass man sie heutzutage in dem Umfang noch unbedingt braucht. Ich will damit auch nicht sagen, dass im Unterricht keine Literaturgeschichte mehr behandelt werden soll, nur die Art und Weise halte ich für fraglich und das gilt auch für andere Fächer.
    Jemand anderes hier sagte ja auch, dass Auszüge eigentlich reichen. Man kann z.B. verschiedene Abschnitte aus unterschiedlichen Epochen lesen und vergleichen oder sich Literatur fächerübergreifend zu Geschichte in Abschnitten vornehmen. Oder Buchvorstellungen im Klassikerbereich, wo sich jeder Schüler etwas aussuchen kann was ihm auch gefällt, Referate über Autoren der Literaturgeschichte oder Vorstellungen vom Lehrer mit Literaturliste oder oder oder...es gibt so viele Möglichkeiten, als einfach nur den Faust zu lesen und durchzukauen mit wenig motivierten Schülern und genervten Lehrern.
    Bruchrechnung habe ich früher übrigens nie verstanden und auch später in dem Umfang nie gebraucht. Maßangaben für Kochrezepte oder ähnliches, das wars dann aber auch und wozu ich wissen muss wie viel 37/80 -/: 43/60 erschließt sich mir bis heute nicht, obwohl ich es mittlerweile kann :zwinker:

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”