03 - Teil 5

Es gibt 88 Antworten in diesem Thema, welches 11.188 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Claire Winter.

  • Hach mir geht ein Herz dabei auf, dass sich Alice und Max doch irgendwie etwas näher kommen. Da geht doch noch was? ;)

    :) :):) ...

    Als sich meine Eltern ihren gekauft haben, da hat der 8000 DDR Mark gekostet, allerdings hat man da ja nur 300 DDR Mark in etwa monatlich verdient.

    Wahnsinn, ich wusste, dass Fernseher teuer waren, aber so viel? Wie konnte man das denn zusammensparen?

    Total süß fand ich die Begegnung zwischen Juluis Vater und Emma, die sich ja richtig zu mögen scheinen. Das hat in jedem Fall eine Bedeutung, denn ich denke mal nicht dass Juluis alle seine Flirts auch seinem Vater vorgestellt hat.

    Absolut. Julius würde Emma nicht vorstellen, wenn sie nur ein belangloser Flirt wäre. August Laakmann ist ja, wie ich schon einmal erwähnt habe, auch beim Schreiben einer meiner Lieblings-Nebenfiguren geworden ...

    Total interessant finde ich immer wieder, dass die Figuren aus West- Berlin so einen Fokus setzen auf all das was man in der BRD kaufen kann. Das ist ja fast wie heute, nur dass sich damals wie heute nur die Menschen den Konsum leisten können, die auch das entsprechende Kleingeld haben.

    Aber das ist doch auch wirklich so, oder? Ich finde, das ist noch heute in Gesprächen über die DDR eines der Dinge, das von "Westlern" besonders betont wird. Und natürlich gab es, genau wie Du schreibst, damals wie heute viele, die sich das alles nicht leisten konnten.

  • Wir haben zwei Mal Anträge auf Akteneinsicht gestellt, doch es wurde nichts gefunden. Bis wir erfahren haben, dass die Akten gleich nach der Wende, von tausendenden NVA Angehörigen in den Heizhäusern verbrannt wurden.

    Ehrlich gesagt interessiert mich das Ganze unheimlich und deswegen habe ich meine Eltern gefragt, ob sie nicht Einsicht in ihre Akten wollen. Das haben sie strikt abgelehnt, weil sie nicht wissen wollen wer sie damals vielleicht bespitzelt hat. Da schwang auch Angst mit, dass es vielleicht Freunde, mit denen sie heute noch verkehren, gewesen sein könnten. An ihrer Stelle hätte ich gern Gewissheit, aber ich kann sie ja nicht zwingen da Nachforschungen zu betreiben.

    Ich wäre, glaube ich auch hin- und hergerissen, ob ich es wissen wollte oder nicht. Am Ende würde ich wahrscheinlich auch Gewissheit haben wollen. Aber ich kann Deine Eltern auch gut verstehen. Das ist bestimmt keine leichte Einscheidung. Mich würde schon allein die Tatsache, dass es eine Akte gibt, beschäftigen ...

  • Wenn ich auch viel negatives erlebt habe, so war die soziale Absicherung sehr gut wenn es um die Kinder ging. Das darf man natürlich nicht vergessen, es war nicht alles gut bei uns, aber auch nicht alles schlecht, wenn man die sozialistische Prägung ausser acht lässt.

    Ja, da stimme ich Dir zu. Das wäre auch zu einfach und schwarz-weiß gedacht. Auch wenn es politisch motiviert war, ist es doch trotzdem toll und positiv, dass z.B. Frauen in der DDR bereits andere Rechte hatten.

    Es gibt dazu übrigens eine, wie ich finde, aus heutiger Sicht lustige Geschichte. In der DDR und Ost-Berlin durften damals Frauen schon als Straßenbahnfahrerinnen arbeiten, in West-Berlin war das aber verboten. Nur wurden die Verkehrsmittel (S- und U-Bahn) ja zwischen Ost- und West-Berlin geteilt. Als die Ost-BVG nun diese Straßenbahnfahrerinnen einsetzte, ließ die West-BVG sie tatsächlich nicht passieren ... Unglaublich, oder?

  • Und ich denke, wichtig für die Bindung von Eltern und Kind (auch zum Vater) ist nicht unbedingt die Menge der Stunden sondern die Intensität und die Nähe, die in der verbrachten Zeit aufgebaut wird und dass die Kinder sich auf ihre Eltern immer absolut verlassen können und so das Urvertrauen bewahren.

    Das sehe ich auch so, stimmt! Teilzeit ist auch nochmal was anderes als VZ.... - nach 2,5 Jahren war mein Sohn auch tagsüber in einer Krabbelgruppe. Da er keine Geschwister hat, war es mir wichtig, dass er unter Kindern ist. Auch KiGa war eine gute Zeit für ihn.

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Wahnsinn, ich wusste, dass Fernseher teuer waren, aber so viel? Wie konnte man das denn zusammensparen?

    In der Familie treffen wir uns jeden Sonntag zum Kaffee. Da ist so etwas öfter mal Thema. Man musste ja für alles Beziehungen haben oder eben Augen und Ohren offen haben, um etwas zu bekommen.


    Meine Eltern haben sehr lange auf einen Trabant gespart und dann sah mein Vater eine Schrankwand für die Wohnstube, die fast dasselbe gekostet hat, aber es blieb nur nehmen oder wieder Jahre warten. Sie haben dann für 8000 DDR Mark die Schrankwand gekauft und den Trabi gekauft mit geborgtem Geld seiner Eltern, was sie mühsam dann abgestottert haben. Viele wissen auch nicht, dass die Autos immer teurer geworden sind. Man hat sich für ein Auto anmelden müssen. Meine Eltern hatten Glück, dass jemand sein Auto verkauft hat, aber sie haben für den gebrauchten Wagen dann mehr bezahlt als er fabrikneu gekostet hat.


    Auch in Sachen Wohnung hat nur jemand eine Wohnung bekommen, der auch verheiratet war. Meine Eltern haben einige Jahre bei den Schwiegereltern gelebt, was meine Mutter gehasst hat, da mein Vater in der Woche bei der Armee war und meine Mutter sich doch recht fremd fühlte bei ihren Schwiegereltern. Diese haben wohl auf jeden Pfennig geschaut. Und warum ist mein Dad zur Armee gegangen: er hat sich mit seinem Vater gestritten und um ihm eins auszuwischen, hat er sich wohl verpflichtet. Wie junge Leute halt so sind. Er hat zwar nie gesagt, dass er den Schritt bereut hat, aber da er nie darüber spricht wie es dort war, kann ich mir gut vorstellen, dass das da nicht so toll war.

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Aber das ist doch auch wirklich so, oder? Ich finde, das ist noch heute in Gesprächen über die DDR eines der Dinge, das von "Westlern" besonders betont wird. Und natürlich gab es, genau wie Du schreibst, damals wie heute viele, die sich das alles nicht leisten konnten.

    Ja auf jeden Fall. Ich muss ehrlich sagen, dass meine Eltern aufgrund der Jahre in der DDR sehr sparsam waren und meine Schwester und mir sehr kurz gehalten haben. Es gab nichts unnötiges, das Fahrrad wurde sich geteilt und vieles wurde gebraucht gekauft. Damals hat mich das sehr genervt und als ich mein erstes eigenes Geld verdient habe, da habe ich es mit vollen Händen ausgegeben und auch mal unsinniges wie eine Spielekonsole oder so gekauft. Mittlerweile muss ich jedoch feststellen, dass übermäßiger Konsum nicht glücklich macht. Deswegen gebe ich lieber Geld für gute Lebensmittel (und vor allem Fleisch) aus als für Materielles. Aber das ist eben auch ein Lernprozess, den man da durchmachen muss.


    Ja, da stimme ich Dir zu. Das wäre auch zu einfach und schwarz-weiß gedacht. Auch wenn es politisch motiviert war, ist es doch trotzdem toll und positiv, dass z.B. Frauen in der DDR bereits andere Rechte hatten.

    Es gibt dazu übrigens eine, wie ich finde, aus heutiger Sicht lustige Geschichte. In der DDR und Ost-Berlin durften damals Frauen schon als Straßenbahnfahrerinnen arbeiten, in West-Berlin war das aber verboten. Nur wurden die Verkehrsmittel (S- und U-Bahn) ja zwischen Ost- und West-Berlin geteilt. Als die Ost-BVG nun diese Straßenbahnfahrerinnen einsetzte, ließ die West-BVG sie tatsächlich nicht passieren ... Unglaublich, oder?

    Das ist ja kaum zu glauben mit den S- Bahnfahrerinnen. Wer dazu ein tolles Buch lesen möchte, sollte zu "Familie der geflügelten Tiger" von Paula Fürstenberg greifen. Da sucht ein Mädel nach ihren Wurzeln in der DDR und wird Straßenbahnfahrerin.


    Und ja die Frauen in der DDR hatten deutlich mehr Rechte zur damaligen Zeit. Man durfte selbst entscheiden ob man arbeitet und auch für den Führerschein musste man niemanden fragen. Und da jeder wenig verdient hat, hat auch vieles verhältnismäßig wenig gekostet.


    Beste Beispiel dafür ist meine Oma. Sie hat Vollzeit in Schichten in einem Stahlbetrieb auf dem Kran in der Produktion gearbeitet. Aus diesem Grund musste ich die Doku "1986- 1991: Katrins Hütte" anschauen, weil der Betrieb und die Arbeit dort ähnlich der meiner Oma ist. Heute arbeite ich in der Firma, allerdings im Büro.

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • gagamaus jetzt verstehe ich deinen Spoiler aus dem vorigen Abschnitt. Du hast recht, dass die beiden Frauen die Rollen vertauscht haben könnten, ist bei mir jetzt ebenfalls ein heißer Favorit.


    Julius und Emma, ich denke, das ist auch von seiner Seite aus etwas Ernsthaftes. Und vielleicht entwickelt sich tatsächlich noch etwas zwischen Max und Alice. Und immer hängt über allem der vor ihnen liegende Mauerbau, vom dem unsere Protagonisten noch nichts wissen. Ich darf gar nicht daran denken, wenn es soweit ist, das wird noch zu dramatischen Szenen führen. Dann ist es vorbei mit "Aber ich kann jederzeit nach West-Berlin fahren, wenn ich will."


    Irma ist definitiv nicht ehrlich zu Alice, aber Alice schöpft bisher noch keinen Verdacht, auch wenn sie bereits die richtigen Fragen stellt. Das ist aber auch eine Bespitzelei untereinander ... als Alice am Ende dieses Abschnitts den Namen Wellenstein hört, horcht sie ebenso auf. Ich kann mir nur vorstellen, dass sie diesem Namen evtl. in der Akte begegnet ist, die Sergej und Grigoriew ihr zum Lesen gegeben haben. Geht sie nun mit Max zu der Party bei Hubert Wellenstein, weil sie es gerne möchte oder weil sie mehr herausfinden möchte/soll?

    Mensch, ich werde schon ganz misstrauisch und unterstelle auch Alice, dass sie von Grigorjew und Sergej zum Bespitzeln angewiesen wurde. Falls Sergej tatsächlich irgendwas von Alice verlangt hat - irgendwas scheint da zwar zu sein, dass Markov von Sergej und Alice erwartet, aber ich bin mir nicht sicher, ob Sergej Markov nicht eher hinhält.


    Na super, nun hat Rittmeister seine Chance bekommen, gegen Max erfolgreich zu intrigieren. Einerseits ärgert mich das zwar maßlos, weil er im Endeffekt doch noch Erfolg hatte, andererseits denke ich, wer weiß, wozu es gut ist. Max hätte ja irgendwann erkennen müssen, dass beim BND die alten Seilschaften weiterhin aktiv sind, was zu einer weiteren Enttäuschung geführt hätte.


    Und dann die Entführung von Haushofer, wer steckt nun tatsächlich dahinter? Hat seine Entführung etwas mit dem Preis zu tun, den er gezahlt hatte, dass er früher wieder aus Moskau zurück durfte? Evtl. sollte er in den Westen fliehen, damit er dort für die Russen spionieren kann. Aber wie passt dann seine Entführung dazu? Hat er sich nicht an die Vereinbarung gehalten?


    Eine ganz schlimme Situation für Martha und die Kinder, so weit weg von Berlin zu sein und überhaupt nichts über den Verbleib ihres Mannes zu erfahren. Ich finde es toll, dass Julius so viel wie möglich herausfinden will, obwohl er sich darüber im Klaren ist, dass er sich dabei in Gefahr bringt. So rückt Julius und sein Bekannten-/Freundeskreis jedenfalls immer mehr ins Zentrum der internationalen Geheimdienstinteressen.


    Die Aussage: "Wenn wir den imperialistischen Feind bezwingen wollen, müssen wir auch in unseren eigenen Reihen wachsam sein." zeigt deutlich, dass sich an der Denkweise den Bespitzelns und Denunzierens im Vergleich zum Dritten Reich im Osten nichts geändert hat.


    Einer meiner Lieblingscharaktere in diesem Buch ist Brixmann: er ist einfach menschlich, gerecht und authentisch - und ein echter Freund.


    Alice bekommt allmählich eine skeptischere Sichtweise auf den Sozialismus der DDR, gut so, wenn sie sich auch mal unbequemere Fragen stellt.

    Liebe Grüße

    Karin

  • Nämlich die, dass es niemand auffallen würde, wenn die Schwestern die Plätze tauschen würden. Was könnte passieren, dass Emma in den Osten geht und Alice als Emma im Westen bleibt.

    Diese Gedanke hat sich jetzt bei mir ebenfalls festgesetzt.


    Die Geschichte wird immer dramatischer. Ich bin ganz gefangen im so unterschiedlichen Leben der zwei Schwestern.

    Geht mir in beiden Punkte ganz genauso!


    Ich bin überaus gespannt, welche Entwicklungen Sergej im Roman noch nehmen wird: Er sitzt ein wenig zwischen vielen Stühlen - und die Situation ist nicht ungefährlich für ihn, da er eine "Gegenleistung" zu bringen hat.... - ojee...

    Darauf bin ich auch sehr gespannt, aber ich befürchte, es wird für ihn nicht gut ausgehen ...


    Den Vater von Julius finde ich übrigens total klasse: Er rät seinem Sohn, in den Westen zu gehen. Manche Menschen haben/hatten schon immer einen "Weitblick" - er wusste sicher, dass er in der DDR keine Zukunft haben wird und wollte trotz seiner Krankheit das Beste für Julius...

    Julius' Vater hatte ich ganz vergessen, dabei finde ich ihn auch toll. War mir gleich klar, dass er und Emma sich wunderbar verstehen werden.


    Ich habe eben ganz bewegt gelesen, wie Du diese "sozialistische Laufbahn" beschreibst. Es muss wahnsinnig schwierig gewesen sein, sich in solch einem System, in dem man sofort ausgeschlossen und ausgegrenzt wird, wenn man eine andere Meinung hat, zu sich selbst zu stehen - oder auch nur Zweifel zuzulassen, weil diese unweigerlich für das ganze Leben Konsequenzen haben ...

    Kessi69 Ich finde deine Erfahrungen und Erlebnisse ebenfalls sehr spannend. Vielen Dank, dass du sie mit uns teilst.

    Genauso nicigirl85


    Genau so sehen wir es auch. Denn wir wissen jetzt, das unser beste Freund von damals ein MfS Spitzel gewesen ist. Wer weiß wer noch alles, da wäre die Enttäuschung zu groß, so von Freunden hintergangen worden zu sein.

    Ja, dann war es vielleicht besser, dass das Schicksal es nicht wollte, dass eure Akte "überlebt" hat. Was für eine riesige Enttäuschung mit eurem besten Freund.


    Ich mochte übrigens den Ausspruch von Brixmann sehr, dass man immer noch in der Lage sein muss sich in den Spiegel anzuschauen.

    Genau deswegen ist er einer meiner Lieblingsfiguren in diesem Buch <3

    Liebe Grüße

    Karin

  • Wer dazu ein tolles Buch lesen möchte, sollte zu "Familie der geflügelten Tiger" von Paula Fürstenberg greifen. Da sucht ein Mädel nach ihren Wurzeln in der DDR und wird Straßenbahnfahrerin.

    Vielen Dank für den Tipp! :)

    Beste Beispiel dafür ist meine Oma. Sie hat Vollzeit in Schichten in einem Stahlbetrieb auf dem Kran in der Produktion gearbeitet.

    Das finde ich wirklich beeindruckend - und dass Frauen in solchen Berufen tätig waren, hat natürlich das Bild von ihnen verändert. Auch für sie selbst. - In der BRD gab es nach dem Krieg ja eher eine Rückentwicklung. Viele Frauen, die während und auch nach dem Krieg in Männerberufen gearbeitet hatten, völlig selbstständig waren und sich und die Kinder alleine durchbrachten, wurden später wieder in die alten Rollenmodelle zurückgedrängt. Diese Bestrebungen gab es u.a. auch aus wirtschaftlichen Gründen, um die Arbeitslosigkeit zu senken. Das hat aber natürlich kaum einer laut gesagt. Es gab damals eine Dr. Oetker Werbung, in der wurde wirklich gesagt, dass eine Frau zwei Lebensfragen hat - was koche ich und was ziehe ich an. Das hat heute wirklich Comedy-Charakter, wenn man sich das ansieht.


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  • Und immer hängt über allem der vor ihnen liegende Mauerbau, vom dem unsere Protagonisten noch nichts wissen. Ich darf gar nicht daran denken, wenn es soweit ist, das wird noch zu dramatischen Szenen führen. Dann ist es vorbei mit "Aber ich kann jederzeit nach West-Berlin fahren, wenn ich will."

    Ja, das habe ich beim Lesen auch immer im Hinterkopf gehabt. Das musste Claire gar nicht erwähnen, das war sehr präsent. Ich dachte auch, dass es sehr interessant ist darüber zu lesen, wie sich die Abkapslung langsam aber unaufhaltsam vollzog. Und wie die DDR-Bürger sich emotional immer entfernten von den BRD-Bürgern. So was ist für Psychologen sicher ein "tolles Feld zum Forschen". Ein Paradebeispiel, wie Menschen ticken, wenn man ihnen von Oben falsche Propaganda vorsetzt und sie versuchen, emotional mit Mangel und Unterdrückung umzugehen. Irgendwie "faszinierend". =O

    Mensch, ich werde schon ganz misstrauisch und unterstelle auch Alice, dass sie von Grigorjew und Sergej zum Bespitzeln angewiesen wurde

    Bei Alice frage ich mich immer, würde ich sie als Mitläuferin sehen? Wie viel steckt in ihr selber drinnen? Einfach alles nur Sergej oder Grigorjew in sie Schuhe zu schieben ist mir fast zu einfach.

    Und dann die Entführung von Haushofer, wer steckt nun tatsächlich dahinter? Hat seine Entführung etwas mit dem Preis zu tun, den er gezahlt hatte, dass er früher wieder aus Moskau zurück durfte? Evtl. sollte er in den Westen fliehen, damit er dort für die Russen spionieren kann. Aber wie passt dann seine Entführung dazu? Hat er sich nicht an die Vereinbarung gehalten?

    Ich denke, Haushofer ist wirklich geflohen, aber er weiß einfach zu viel - vor allem über die Russen.


    Ich finde es übrigens toll, dass wir hier ehemalige DDR-Bürgerinnen in der Runde haben, die aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz berichten. Das gibt dieser Runde nochmal eine ganz besondere Dimension. :)

    :lesen:





  • Na super, nun hat Rittmeister seine Chance bekommen, gegen Max erfolgreich zu intrigieren. Einerseits ärgert mich das zwar maßlos, weil er im Endeffekt doch noch Erfolg hatte, andererseits denke ich, wer weiß, wozu es gut ist. Max hätte ja irgendwann erkennen müssen, dass beim BND die alten Seilschaften weiterhin aktiv sind, was zu einer weiteren Enttäuschung geführt hätte.

    Auch wenn es blöd ist, dass hier Rittmeister seine Macht ausspielen kann, so bin ich doch froh, dass er es tut, da ich mir kaum vorstellen kann, dass Max dort glücklich geworden wäre.


    Eine ganz schlimme Situation für Martha und die Kinder, so weit weg von Berlin zu sein und überhaupt nichts über den Verbleib ihres Mannes zu erfahren.

    Vor allem stellt sich ja auch die Frage von was sie lebt. Außer ihren Mann wird sie dort kaum Kontakte haben und ich vermute mal, dass sie frisch umgezogen und mit zwei Kindern dort nicht arbeiten geht. War damals ja in der BRD nicht üblich. Also ist die arme Martha doppelt bestraft: ihr Mann spurlos verschunden und keiner weiß ob er wieder auftaucht und Existenzängste.



    Die Aussage: "Wenn wir den imperialistischen Feind bezwingen wollen, müssen wir auch in unseren eigenen Reihen wachsam sein." zeigt deutlich, dass sich an der Denkweise den Bespitzelns und Denunzierens im Vergleich zum Dritten Reich im Osten nichts geändert hat.

    Ich finde die Aussgae auch furchtbar und mag mir gar nicht vorstellen wie sich das angefühlt haben mag. Man muss doch dauernd Angst gehabt haben was man sagt. Meine Eltern meinten nur, dass man eh wusste wer bei der Stasi ist und wenn solche Leute in der Nähe waren, dann hat man eben nicht gesagt was man denkt. Mit dem dritten Reich würde ich es aber nur bedingt vergleichen wollen, da ich mir nicht sicher bin, ob diese Methode gerade in den frühen Jahren nicht auch für die Entnazifizierung eingesetzt wurde.


    Das finde ich wirklich beeindruckend - und dass Frauen in solchen Berufen tätig waren, hat natürlich das Bild von ihnen verändert. Auch für sie selbst. - In der BRD gab es nach dem Krieg ja eher eine Rückentwicklung.

    Das ist halt schon sehr prägend, wenn das über Generationen in der eigenen Familie so läuft. deswegen wird man auch nicht schräg angeguckt, wenn man nach einem Jahr Elternzeit dann wieder Vollzeit arbeiten geht, mal ganz davon ab, dass die Kinderbetreuung auch gut ausgebaut ist und man auch gut einen Betreuungsplatz bekommt. Ich arbeite ja in einem Produktionsbetrib und da ist es auch heute noch so, dass Frauen auch Kran fahren, Bleche zubrennen und alles, was ich sehr bewundere. Mir wäre der Lärm und Schmutz draußen dauerhaft zu anstrengend, aber ich bin da auch echt sensibel (ich sag nur leicht ausgeprägter Putzfimmel).

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  • odenwaldcollies: Irgendwie müssen wir gestern parallel geschrieben haben oder es ist wirklich zu heiß ... Ich habe jetzt erst gesehen, dass Du gestern zu diesem Abschnitt geschrieben hast!

    Und immer hängt über allem der vor ihnen liegende Mauerbau, vom dem unsere Protagonisten noch nichts wissen. Ich darf gar nicht daran denken, wenn es soweit ist, das wird noch zu dramatischen Szenen führen. Dann ist es vorbei mit "Aber ich kann jederzeit nach West-Berlin fahren, wenn ich will."

    Während ich an diesem Roman geschrieben habe, habe ich ganz oft genau daran gedacht - dass die Menschen keine Ahnung hatten, was auf sie zukommt und in diesem Bewusstsein gelebt haben, dass sie jederzeit in den anderen Stadtteil fahren können.

    Na super, nun hat Rittmeister seine Chance bekommen, gegen Max erfolgreich zu intrigieren. Einerseits ärgert mich das zwar maßlos, weil er im Endeffekt doch noch Erfolg hatte, andererseits denke ich, wer weiß, wozu es gut ist. Max hätte ja irgendwann erkennen müssen, dass beim BND die alten Seilschaften weiterhin aktiv sind, was zu einer weiteren Enttäuschung geführt hätte.

    Das stimmt und finde ich eine wirklich interessante Überlegung, wie Max sich fühlen und handeln würde, wenn er das wüsste ... Für mich ist er ja jemand, der ein sehr starkes Gewissen hat.

    Die Aussage: "Wenn wir den imperialistischen Feind bezwingen wollen, müssen wir auch in unseren eigenen Reihen wachsam sein." zeigt deutlich, dass sich an der Denkweise den Bespitzelns und Denunzierens im Vergleich zum Dritten Reich im Osten nichts geändert hat.

    Ja, das habe ich leider auch oft gedacht. Als wenn es dort eine Form der Kontinuität, wenn auch in einem völlig anderen System, gegeben hätte.

  • Genau deswegen ist er einer meiner Lieblingsfiguren in diesem Buch <3

    Das freut mich sehr. Manche Nebenfiguren entstehen ja erst später, aber Brixmann ziemlich von Anfang in meinem Kopf, als ich begonnen habe, an der Geschichte von "Kinder ihrer Zeit" zu arbeiten.

    (Ich wollte hier noch das Zitat von nicigirl85, auf das sich Deine Antwort bezieht, mit einfügen, aber mein Laptop wollte beides zusammen einfach nicht als Zitat annehmen!? :/)

    Ich dachte auch, dass es sehr interessant ist darüber zu lesen, wie sich die Abkapslung langsam aber unaufhaltsam vollzog. Und wie die DDR-Bürger sich emotional immer entfernten von den BRD-Bürgern. So was ist für Psychologen sicher ein "tolles Feld zum Forschen".

    Im Nachhinein ist das so eine erschreckende Entwicklung, finde ich, gerade weil man sieht, in welchen Etappen sich diese Veränderung vollzogen hat. Aber andererseits, wenn mal von Ost-Berlin absieht, waren zu diesem Zeitpunkt ja die Grenzen zwischen der DDR und BRD geschlossen, sodass die Menschen immer mehr in ihrer eigenen Welt lebten und Einflüsse von außen nicht mehr so leicht an sie herankamen.

    Ich finde es übrigens toll, dass wir hier ehemalige DDR-Bürgerinnen in der Runde haben, die aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz berichten. Das gibt dieser Runde nochmal eine ganz besondere Dimension. :)

    Ja, das finde ich auch - und es ist überhaupt eine unglaubliche spannende Runde, weil jeder so andere Erfahrungen und Sichtweisen mitbringt. Für mich ist als Autorin auch wirklich eine Bereicherung!

    Das ist halt schon sehr prägend, wenn das über Generationen in der eigenen Familie so läuft. deswegen wird man auch nicht schräg angeguckt, wenn man nach einem Jahr Elternzeit dann wieder Vollzeit arbeiten geht, mal ganz davon ab, dass die Kinderbetreuung auch gut ausgebaut ist und man auch gut einen Betreuungsplatz bekommt. Ich arbeite ja in einem Produktionsbetrib und da ist es auch heute noch so, dass Frauen auch Kran fahren, Bleche zubrennen und alles, was ich sehr bewundere.

    Ja, das denke ich auch. Und es geht ja auch nicht unbedingt darum, ob man diese Möglichkeiten ausnutzt. Es muss ja nicht jede Frau Kran fahren:), aber dass sie es könnte, prägt doch das Bewusstsein bestimmt ganz entscheidend.

  • Mir schwirrt auch ständig der Mauerbau im Kopf und je nach Kapitel denke ich immer, viel Zeit bleibt den Betroffenen nicht mehr. Das ist für mich wie ein Wettlauf um die Zeit.


    nicigirl85 , ich glaube auch, dass Max bei BND nicht glücklich wäre, wenn er erst einmal sieht, wie mit !duschen und deren Rechten umgegangen wird. Ich sagt ja, er hat eine andere Bestimmung, wo er vielleicht gutes bewirken kann.

    &quot; Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben , über die Sterne&quot;<br />- Thomas Carlyle

  • Es gab damals eine Dr. Oetker Werbung, in der wurde wirklich gesagt, dass eine Frau zwei Lebensfragen hat - was koche ich und was ziehe ich an. Das hat heute wirklich Comedy-Charakter, wenn man sich das ansieht.

    Da hat inzwischen wirklich einen Comedy-Charakter, ansonsten :wand:


    Bei Alice frage ich mich immer, würde ich sie als Mitläuferin sehen? Wie viel steckt in ihr selber drinnen? Einfach alles nur Sergej oder Grigorjew in sie Schuhe zu schieben ist mir fast zu einfach.

    Stimmt, ganz sicher bin ich mir darüber auch noch nicht, aber solange ich nicht sicher weiß, was sie eigentlich für die beiden tun soll, tue ich mich noch schwer, es einzuschätzen.


    Auch wenn es blöd ist, dass hier Rittmeister seine Macht ausspielen kann, so bin ich doch froh, dass er es tut, da ich mir kaum vorstellen kann, dass Max dort glücklich geworden wäre.

    In jedem Fall, langfristig ist es für Max die bessere Entscheidung.


    Vor allem stellt sich ja auch die Frage von was sie lebt. Außer ihren Mann wird sie dort kaum Kontakte haben und ich vermute mal, dass sie frisch umgezogen und mit zwei Kindern dort nicht arbeiten geht.

    Das habe ich mich auch einige Male gefragt.


    Meine Eltern meinten nur, dass man eh wusste wer bei der Stasi ist und wenn solche Leute in der Nähe waren, dann hat man eben nicht gesagt was man denkt.

    Wie man bei Kessi69 und deren früheren besten Freund sieht, konnte man sich darauf aber auch nicht unbedingt verlassen :(

    Liebe Grüße

    Karin

  • Grüß Euch!


    Mit viel Verspätung melde ich mich wieder mal - die letzten Tage waren in jeder Hinsicht stressig und dazu kam, dass ich kurzzeitig Internet nur am Handy hatte. Und da länger zu schreiben ist so gar nicht meine Sache!

    Also diskutiere ich "hinten nach".


    Eure Diskussionen hier und vor allem die vielen privaten Erlebnisse sind extrem interessant. Ich lebe ja in Österreich, bin also überhaupt nicht betroffen. Und auch wenn ich ein wenig über die Zustände damals schon wusste (mein Vater war diesbezüglich ein Freund der klaren Worte!), so hat mich das nur leicht berührt: ich kannte niemanden der betroffen war und wenn man etwas in den Nachrichten hört oder in einer Zeitung liest, so ist es nur halb so "intensiv" wie wenn man irgendwie persönlich oder emotional verwickelt ist.


    Deshalb finde ich solche Bücher wie eben "Kinder ihrer Zeit" so wichtig: weil sie persönlich betroffen machen und Schicksale so dramatisch und lebensecht schildern, dass man mitlebt und mitfiebert. Wenn Emotionen geweckt werden, dann hat die Aufnahme von Informationen eine ganz andere Qualität!


    Manche Geschichten machen besonders betroffen: hier in diesem Abschnitt war es vor allem die Entführung von Dr. Haushofer und dass Julius Augenzeuge war ohne Einschreiten zu können. Das zeigt wie völlig ausgeliefert die einzelnen Menschen der "Staatsgewalt" waren und auch gleichzeitig wie abhängig die DDR-Politik von Moskau war. Was genau hat Dr. Haushofer gemeint, als er sagte, dass er sehrwohl einen hohen Preis zahlen musste um von Moskau wieder zurückzukommen? Menschen, die einfach verschwinden - ein schrecklicher Gedanke! Und was für eine Grausamkeit wenn die Angehörigen nicht wissen, was tatsächlich passiert, wo jemand ist, wie es ihm geht.


    Außerdem ist das Zusammenfinden von Emma und Alice interessant: zwei komplett verschieden Überzeugungen prallen aufeinander und auch wenn ich weiß, dass Alice ein wenig naiv ist.... irgendwie gefällt mir ihr Festhalten am Traum. Aber wie schon gesagt: ein naiver Traum. In der Realität war es einfach nur schrecklich. Aber Alice ist in dieser idealisiserten Glaubenswelt aufgewachsen. Allerdings wird ihr dieser naive Idealismus ja bald genommen.


    Gab es diesen Künstlerclub, die "Möwe" tatsächlich? Mit den Sonderrationen und ohne Lebensmittelmarken?

    Falls das schon beantwortet wurde, dann bitte einfach ignorieren. Ich werde erst später in Ruhe alle Beiträge genau durchlesen...

    Vernunft, Vernunft...

    Einmal editiert, zuletzt von ysa ()

  • Dass Hunderte aus Westberlin "Zurückgeführt" (perfides Wort dafür) wurden, war mir nicht klar. Ich bin echt geschockt. Vor allem, dass das ja alle so locker hinnehmen. Vor allem die Ostler.

    Das fand ich auch schockierend. Vor allem, dass sogar "Entschuldigungen" oder "Erklärungen" dafür gesucht wurden, dass Menschen ganz einfach auf der Straße entführt wurden.

    Ständig wird jemand verfolgt und man muss überall aufpassen, was man wem sagt

    Eine schreckliche Situation. Für mich wirklich unvorstellbar immer und überall aufpassen zu müssen.

    Und immer die Angst, dass alles was man sagt weitergeht, aufgemerkt wird und irgendwann eventuell gegen einen selbst gerichtet wieder auftaucht. Wie konnte man in dieser ständigen Angst leben? Wird dann die Vorsicht zu einem erlernten Charakterzug? Und wie war das dann nach der Maueröffnung wieder?

    Vernunft, Vernunft...