Kapitel 48 bis Nachwort
6: Kapitel 48 bis Nachwort
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Auch der letzte Abschnitt ist spannend!
Aber hier ist - trotz zahlreicher Unsicherheiten - tatsächlich die Hoffnung wieder deutlich spürbar.
Die Schilderungen der Versammlungen der Arbeiter finde ich total lebendig, die Aufbruchstimmung. Vielleicht weil klar war, dass es hier nicht nur um die eigene Person geht sondern um eine Veränderung der Gesellschaft.
Diese wehrhafte Aufbruchstimmung hätte auch leicht kippen können und zu Kämpfen führen können, wo es nur Verlierer gibt.
Paul wirkt wieder mäßigend und vernünftig auf die anderen ein - dadurch hat er sicher Schlimmes verhindert. Und das obwohl er "streitlustig und sozialistisch" ist. Bei diesem Gesprächsteil musste ich doch ein wenig schmunzeln, so ernst und hart das Thema eigentlich war!
Blohms Taktik, die Werft der Militärverwaltung zu unterstellen, beweist deutlich, wie wenig fest verwurzelt der in der alten Ordnung und Hierarchie war. Die Arbeiter zählten nicht. Alle wehrpflichtigen Arbeiter, die streikten, bekamen den Einberufungsbefehl. Sie wurden zur Arbeit abkommandiert - wer sich wehren wollte, musste damit rechnen, an der Front zu landen.
Zwar wurde noch gekämpft, aber die Lage war aussichtslos. Ein Sieg für das Deutsche Reich war unmöglich.
Martha und Carola haben im Krankenhaus alle Hände voll zu tun: die spanische Grippe, die überall wütete.
Eine wirklich trostlose Situation, wenn man bedenkt, wie optimistisch Martha und ihre Familie und Freunde zu Beginn dieses Buches in die Zukunft geblickt haben. Richtig unwahr erscheint die Reise nach Amerika, der Luxus und die Freiheit, die sie genießen konnten.In all dem Leid tauch auch Agathe Krämling wieder auf. Das junge Mädchen stirbt. Es würde mich trotzdem interessieren, was sie in der Zwischenzeit gemacht hat.
Melanie Metzenthin Dieser Vergleich, dass die Begleitung sterbender in den letzten Momenten ihres Lebens auf absurde Weise an eine Geburt erinnert, ist ansonsten nur in Fachbüchern zu finden. Ich war überrascht, ihn hier zu lesen. Danke!
Aber der Krieg hatte zahlreiche Folgen: da waren vor allem die Frauen, die für ihre Rechte kämpfen (damit spätere Generationen sie dann ganz einfach und selbstverständlich genießen können!) Die Frauen hatten im Krieg genau die gleichen Aufgaben und Verantwortungen wie die Männer meistern müssen. Jetzt kämpfen sie für Anerkennung und Gleichstellung (zumindest ansatzweise - das Wahlrecht ist schon mal ein Anfang) Und es gab ja auch ein paar Männer, die das durchaus unterstützten!
Vor allem die Geschichte der politischen Veränderungen, die hier beschrieben werden, ist extrem interessant!
Es war ein langer und mühevoller Weg bis zur deutschen Republik!
Interessant und bewundernswert fand ich natürlich auch die kluge Reaktion des Kapitäns, mit passivem Widerstand die Befehle zu umgehen. Ich bewundere Menschen, die auch in Uniform, nicht jeden Befehl blind ausführen!
Aber nach all diesem dramatischen und oft trostlosen Lebensabschnitt gibt es jetzt wieder Hoffnung für alle.
Und ich bin neugierig auf den dritten Teil...
Ach ja... weil es irgendwie nirgends dazu gepasst hat: es freut mich, dass Moritz und Carola geheiratet haben und dass ein Baby unterwegs ist. Beide haben sich dieses Glück wirklich verdient!
Das Nachwort ist auch sehr informativ - ich hoffe, dass die meisten Leser es auch tatsächlich lesen (ich gestehe, dass ich es nicht immer mache).
Vor allem der letzte Absatz hat mir da sehr gut gefallen - es muss immer wieder daran erinnert werden, weil wir manches vielleicht doch als etwas zu selbstverständlich nehmen.
Es war ein tolles Leseerlebnis - danke!
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Vielen lieben Dank! Ich freue mich sehr, dass es dir so gut gefallen hat. Ich selbst fand am beeindruckendsten in der Recherche, mir noch mal bewusst zu machen, wie effizient die neue Regierung war, nachdem der Kaiser abgedankt hatte. Davon sollte sich die heutige SPD mal eine Scheibe abschneiden.
Samstag, 9. 11.1918 - der Kaiser dankt ab.
Sonntag, 10.11.1918 - am Sonntag arbeitet keiner
Montag, 11.11. 1918 - Waffenstillstand wird geschlossen
Dienstag, 12.11.1918 - Einführung des Frauenwahlrechts, des 8-Stunden-Tags bei vollem Lohnausgleich und der Betriebsräte und Arbeitnehmervertretungen.
In drei Tagen alles erledigt, wofür man seit Jahren gestritten hat. Und das noch mitten im Krieg und in der großen Grippeepidemie.
Ja, was Agathe Krämling gemacht hat, bleibt offen. Ich denke, sie hat später doch bei Margarine-Voss gearbeitet, weil sie ja nicht unterernährt war. Die Arbeiterinnen da hatten bessere Möglichkeiten, an Margarine zu kommen
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Die SMS Regensburg ist übrigens historisch belegt, ebenso wie ihr Kapitän.
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Samstag, 9. 11.1918 - der Kaiser dankt ab.
Sonntag, 10.11.1918 - am Sonntag arbeitet keiner
Montag, 11.11. 1918 - Waffenstillstand wird geschlossen
Dienstag, 12.11.1918 - Einführung des Frauenwahlrechts, des 8-Stunden-Tags bei vollem Lohnausgleich und der Betriebsräte und Arbeitnehmervertretungen.
Das hab ich mir in meinen Notizen auch so aufgeschrieben - weil es wirklich beeindruckend war!
So viel in so kurzer Zeit...
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Und der alte Blohm ist in meiner Achtung noch tiefer gesunken - dabei mochte ich ihn schon nach Band 1 nicht mehr, wie er mit den Arbeitern umgegangen ist. Damals wollte er ja schon das Militär haben, um die Arbeiter zu unterdrücken ...
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Und der alte Blohm ist in meiner Achtung noch tiefer gesunken - dabei mochte ich ihn schon nach Band 1 nicht mehr, wie er mit den Arbeitern umgegangen ist. Damals wollte er ja schon das Militär haben, um die Arbeiter zu unterdrücken ...
Gerade das zeigt auch die Hierarchie der damaligen Zeit und dass Arbeiter eigentlich nichts wert waren. Keine eigene Meinung haben sollten und schon gar nicht das Recht, diese zu sagen...
Ich bin froh, dass ich heute lebe (auch wenn heute noch immer einiges im Argen liegt)
Wie geht es eigentlich mit diesem Hernn Blohm weiter? Taucht er noch einmal auf im nächsten Teil?
Ich muss mich entschuldigen - ich lebe in einer Baustelle (Haus wird renoviert und jetzt auch noch meine Wohnung... ) mein Internet leidet darunter und ich am Handy mag ich einfach nicht schreiben... Daher die langen Pausen... Sorry!
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In Band 3 spielt Blohm selbst keine Rolle mehr, allerdings taucht die Werft als Arbeitgeber immer mal wieder auf, ohne dass es große Streiks gibt.
Seine Villa wurde 1943 bei den Bombenangriffen zerstört. Bemerkenswerterweise lag sie in Fußnähe zum Rauhen Haus, dort, wo heute der Blohmspark ist. Das war früher Villengegend.
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Der letzte Abschnitt war spannend und sehr politisch. Ich war fast von den ganzen Ereignissen, die Schlag auf Schlag geschehen sind, etwas überfordert. Ich konnte das gar nicht alles behalten obwohl ich mir Notizen gemacht habe. Darum werde ich nicht alles wiedergeben sonder nur meine wichtigsten Eindrücke dazu.
Stark beeindruckt bin ich von dem Streik gewesen, der riesige Ausmaße angenommen hatte. Sogar Paul hat sich beteiligt, doch mit der Absicht positiv auf die Streikenden Einfluss nehmen zu können.
Als er gebeten wird, mit auf die Wache zu kommen, ging mir ein wenig die Muffe, weil ich Angst um ihn hatte. Zum Glück war es mehr oder weniger eine Warnung, die sehr eindrücklich gewesen ist. Ich war diesen Herrn Weber für diese Warnung sehr dankbar. Es führte einen vor Augen, wie gefährlich alles gewesen ist.
Das mit dieser Militärverwaltung ist mir neu und habe noch nie etwas davon gehört oder gelesen. Ich bin immer noch geschockt wie mit den Arbeitern verfahren wurde. Auch wie erbarmungslos mit den anderen umgegangen wurde.
Carola und Moritz sind nun verheiratete und ach wie schön, ein Baby ist unterwegs. Und das trotz ihres fortgeschrittenen Alters. Die Leistung von Moritz, mit nur einem Stock zum Altar zu gehen, fand ich so toll und habe es ihm gegönnt, da er so hart dafür gearbeitet hat.
Tragisch in all der sowieso schon schlechten Lage, fand ich den Ausbruch der spanischen Grippe. Da habe ich mal eine Doku gesehen, wo nachvollzogen wurde, woher die spanische Grippe gekommen ist.
Was Dr. Schlüter und die Mitarbeiter der Infektionsstation leisteten war enorm. Ich hätte nicht ertragen können, jeden Tag die Dahinsiechenden sehen zu müssen, mit der Gewissheit ihnen nicht helfen zu können. Krankenschwester wäre selbst heute noch kein Beruf für mich. Leider war auch Agathe unter den Opfern. Das habe ich mir jetzt nicht für sie gewünscht, es ist ein wenig schade, da sie so verloren war. Wäre sie im Krankenhaus geblieben, wäre ihr vielleicht dieses Schicksal erspart geblieben.
Dr. Schlüter seine Versuche mit dem züchten der Bakterien blieb leider erfolglos. Gab es da überhaupt irgendwann Erfolge?
Auch der Frauenverein und Martha bleiben unermüdlich, weiterhin an den Brennpunkten zu helfen.
Nicht zu vergessen die Matrosen - Aufstände und die Geschichte von Heinrich dazu. Dernen Entwicklung fand ich wirklich sehr interessant.
War ja klar, dass die Obrigkeit so wie auch General Falk, die Flucht ergreifen, wenn es brennslig für sie wird. Ich fand solche Reaktionen schon immer sehr feige.
Auch der Kaiser hat abgedankt und es änderte sich einiges. Ich musste schmunzeln, als Martha der Begriff " verpisst" über die Lippen kam. Es ist natürlich nachvollziehbar gewesen, dass nicht nur Martha sondern auch die Bevölkerung darüber sehr erbost waren.
Nicht zu vergessen, Paul seine Lippe hat gejuckt. Geht das wirklich, dass sich da Nervenbahnen bilden? Das neue Parlament, wo Marie die erste Frau im neugewählten Parlament werden kann.
Das Lied von Rudi, " oh Tannenbaum" einfach klasse
Dann noch die beiden Kleinen, Zachi und Beate, die sich prächtig entwickelt haben.
Zum Ende hin wird noch einmal aufgezeigt, wie wichtig eine Freundschaft ist und was man alles gemeinsam durchgestanden hat.
Nun dauert es soooo lange bis wir erfahren wie es weiter geht. Auch wie es um Milli und Martha ihre Freundschaft steht. Melanie Metzenthin , darf ich fragen in welchem Zeitraum der letzte Band spielt, oder darfst du das noch nicht verraten.
Liebe Melanie, wieder ein tolles Buch was du uns da geschrieben hast. Ich liebe die Hafenschwester
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Und der alte Blohm ist in meiner Achtung noch tiefer gesunken - dabei mochte ich ihn schon nach Band 1 nicht mehr, wie er mit den Arbeitern umgegangen ist. Damals wollte er ja schon das Militär haben, um die Arbeiter zu unterdrücken ...
Das empfinde ich auch so. Schön damals ein echter Kapitalist der nur an sich dachte.
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Die Schilderungen der Versammlungen der Arbeiter finde ich total lebendig, die Aufbruchstimmung. Vielleicht weil klar war, dass es hier nicht nur um die eigene Person geht sondern um eine Veränderung der Gesellschaft.
Paul wirkt wieder mäßigend und vernünftig auf die anderen ein - dadurch hat er sicher Schlimmes verhindert. Und das obwohl er "streitlustig und sozialistisch" ist.
Blohms Taktik, die Werft der Militärverwaltung zu unterstellen, beweist deutlich, wie wenig fest verwurzelt der in der alten Ordnung und Hierarchie war. Die Arbeiter zählten nicht.
Martha und Carola haben im Krankenhaus alle Hände voll zu tun: die spanische Grippe, die überall wütete.
Eine wirklich trostlose Situation, wenn man bedenkt, wie optimistisch Martha und ihre Familie und Freunde zu Beginn dieses Buches in die Zukunft geblickt haben.Interessant und bewundernswert fand ich natürlich auch die kluge Reaktion des Kapitäns, mit passivem Widerstand die Befehle zu umgehen. Ich bewundere Menschen, die auch in Uniform, nicht jeden Befehl blind ausführen!
Es war ein tolles Leseerlebnis - danke!
Stimmt, diese Aufbruchstimmung fand ich auch lebendig. Immer wenn ich so etwas lese, egal aus welchem Zeitalter, erinnert es mich daran, als wir vor dem Mauerfall auf die Straßen gegangen sind. Ich weiß also wie die Menschen sich in so einem Moment fühlen. Da sind sämtliche Gefühle ineinander vereint, Angst vielleicht von der Stasi mitgenommen zu werden, Hoffnung ob man etwas erreicht und das Gefühl der Gemeinschaft.
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Stark beeindruckt bin ich von dem Streik gewesen, der riesige Ausmaße angenommen hatte. Sogar Paul hat sich beteiligt, doch mit der Absicht positiv auf die Streikenden Einfluss nehmen zu können.
Als er gebeten wird, mit auf die Wache zu kommen, ging mir ein wenig die Muffe, weil ich Angst um ihn hatte. Zum Glück war es mehr oder weniger eine Warnung, die sehr eindrücklich gewesen ist. Ich war diesen Herrn Weber für diese Warnung sehr dankbar. Es führte einen vor Augen, wie gefährlich alles gewesen ist.
Im Grunde waren diese Streiks ein Grund mit für das Kriegsende. Der Kaiser hatte Angst bekommen, ihm könnte es wie dem russischen Zaren ergehen, deshalb ist er getürmt. Wenn er nicht das Beispiel von Russland gehabt hätte, wäre er vielleicht härter vorgegangen - und dann wäre es in Deutschland vermutlich zu einer blutigen Revolution gekommen. Aber da er ein Feigling war, "verpisste" er sich.
Carola und Moritz sind nun verheiratete und ach wie schön, ein Baby ist unterwegs. Und das trotz ihres fortgeschrittenen Alters. Die Leistung von Moritz, mit nur einem Stock zum Altar zu gehen, fand ich so toll und habe es ihm gegönnt, da er so hart dafür gearbeitet hat.
In Band 3 sind sie dann eine glückliche Familie - Moritz meistert sein Schicksal und war durch diese Behinderung gezwungen, endlich sesshaft zu werden und sich von seiner ewigen Träumerei von Milli zu lösen.
Dr. Schlüter seine Versuche mit dem züchten der Bakterien blieb leider erfolglos. Gab es da überhaupt irgendwann Erfolge?
Man wusste noch nicht, dass die Grippe durch Viren hervorgerufen wurde. Die kann man ja nicht anzüchten. Dr. Schlüter züchtete immer nur die Sekundärinfektionen an - bakterielle Lungenentzündungen, die es verkomplizierten.
Nicht zu vergessen die Matrosen - Aufstände und die Geschichte von Heinrich dazu. Dernen Entwicklung fand ich wirklich sehr interessant.
War ja klar, dass die Obrigkeit so wie auch General Falk, die Flucht ergreifen, wenn es brennslig für sie wird. Ich fand solche Reaktionen schon immer sehr feige.
Genau - sobald es den Obersten ans eigene Leder geht, verpissen sie sich - s. a. meine Bemerkung zum Kaiser.
Nicht zu vergessen, Paul seine Lippe hat gejuckt. Geht das wirklich, dass sich da Nervenbahnen bilden? Das neue Parlament, wo Marie die erste Frau im neugewählten Parlament werden kann.
Das Lied von Rudi, " oh Tannenbaum" einfach klasse
Die Haut kann durchaus wieder innerviert werden, der Muskel nicht. Aber fürs Jucken reicht es. Das Lied O Tannenbaum in dieser Spottform ist historisch belegt.
Nun dauert es soooo lange bis wir erfahren wie es weiter geht. Auch wie es um Milli und Martha ihre Freundschaft steht. Melanie Metzenthin , darf ich fragen in welchem Zeitraum der letzte Band spielt, oder darfst du das noch nicht verraten.
Band 3 spielt von 1923 (Hyperinflation) bis 1945 mit geplantem Epilog 1955.
Hier mal ein kleiner Spoiler aus Band 3, Kapitel 2 im November 1923.
Eine Stunde später saß die Familie gemeinsam am Frühstückstisch. Während Ella und Fredi munter und vergnügt wirkten, sah Rudi völlig übernächtigt und unrasiert aus.
„Der Dollar steht heute bei 631 Milliarden Mark.“ Paul legte das Hamburger Echo beiseite und schenkte sich Tee ein. „Das heißt, Kaffee bleibt bis auf weiteres unbezahlbar.“
„Steht auch irgendetwas Vergnügliches in der Zeitung?“, fragte Martha und strich sich Marmelade auf ihr Graubrot. Richtige, fruchtige Erdbeermarmelade, die sie im Sommer selbst aus ihrer Schrebergartenernte eingekocht hatte.
„Wie wäre es damit: In Berlin streiken die Buchdrucker.“
„Und das findest du vergnüglich?“ Martha runzelte die Stirn.
„In gewisser Weise. Hier steht, von dem Streik ist auch der Druck von Banknoten betroffen. Und dabei brauchen wir doch jetzt haufenweise Billionenscheine.“
„Du, Papa, wenn die jetzt kein Geld mehr drucken können, ist das doch gut, oder? Du hast doch gesagt, es ist erst wertlos geworden, als die Regierung zu viel gedruckt hat.“
„Dazu ist es inzwischen leider längst zu spät, Ella.“ Paul seufzte. „Ich schätze, sie werden einfach den Notendruckereien das Streiken untersagen.“
Martha fiel auf, dass Rudi ungewöhnlich still war und sah zu ihm hin. Seine Augen waren geschlossen und sein Kopf sank langsam in Richtung Tischplatte. Das Frühstücksmesser entglitt seiner Hand und landete mit einem lauten Klirren auf dem Teller. Sofort schreckte Rudi hoch. „Oh“, murmelte er. „Tut mir leid.“
„Sag mal, schläfst du hier schon am Tisch ein?“, fragte Paul verärgert. „Wo warst du letzte Nacht überhaupt so lange? Du siehst ja schlimmer aus als ein durchgekauter Frosch.“
Ella und Fredi prusteten los.
„In der Spätvorstellung vom Hansa-Theater.“ Rudi setzte sich etwas aufrechter hin und schenkte sich Tee ein.
„Im Varieté?“ Paul hob überrascht die Brauen. „Woher hattest du denn das Geld?“
„Pieko hatte Freikarten von seinem Vater.“ Rudi rührte so langsam in seiner Teetasse, dass Martha befürchtete, er würde gleich wieder einschlafen.
„Pieko?“, wiederholte Paul. „Was ist denn das für ein Name?“
„Ist der Spitzname von Peter Kollwitz“, nuschelte Rudi.
„Ist das ein Schulfreund von dir?“
„Ja.“ Rudi rieb sich die Augen und blinzelte mehrmals.
„Sag mal, habt ihr danach auch noch Alkohol getrunken?“
„Na ja, ein paar Freunde von Piekos Vater haben Lokalrunden geschmissen. Meinten, ist besser, man vertrinkt das Geld, solange es noch was dafür gibt. Und da wäre es doch unhöflich gewesen, wenn wir abgelehnt hätten, ne?“
„Aha. Und was macht Piekos Vater beruflich, dass er so großzügig Theaterkarten zu verschenken hat und seine Freunde Lokalrunden für Minderjährige schmeißen können?“
„Ist das ein Verhör?“, murrte Rudi.
„Als dein Vater ist es meine Pflicht, darauf zu achten, dass du nicht in schlechte Gesellschaft gerätst.“
„Denkst du, dass Piekos Familie aus Spitzbuben besteht?“, gab Rudi bissig zurück.
Bevor Paul etwas erwidern konnte, klingelte es.
„Ich sehe nach.“ Martha stand auf, ging zur Tür und öffnete.
Vor ihr stand ein neunjähriger Junge mit pechschwarzem Haar und mandelförmigen Augen. Er trug einen beigefarbenen Anzug, der Martha an die Fotografien von Safarireisenden erinnerte. Nur dass er statt eines Tropenhelms eine weiße Matrosenmütze trug.
„Tante Martha“, rief er fröhlich und fiel ihr überschwänglich in die Arme. „Wir sind wieder da!“
„Arthur! Was für eine wunderbare Überraschung.“ Sie drückte ihn fest an sich. „Gut siehst du aus. Gesund und braungebrannt wie ein Zigeuner.“ Dann führte sie ihn in die Küche.
„Seht mal, wer da ist!“
„Na sowas, der Weltreisende!“ Paul sprang auf und umarmte seinen Neffen ebenfalls. „Seit wann seid ihr denn wieder im Lande? Und wie war es im asiatischen Meer?“
„Wir haben gerade angelegt. Mama und Papa sind mit Lilli nach Hause gegangen, aber ich wollte euch unbedingt Bescheid sagen, dass wir wieder hier sind.“
„Das ist auch gut so!“, sagte Paul. „Wir haben euch sehr vermisst.“
Seit etwas über einem Jahr war Marthas Bruder Heinrich Kapitän des Dampfschiffs Weser, das auf der Ostasienroute verkehrte. Er war sehr stolz auf sein Schiff und die Tatsache, dass er als Kapitän das Vorrecht genoss, seine Familie mit auf große Fahrt zu nehmen.
„Möchtest du etwas essen?“, fragte Martha, nachdem Paul Arthur wieder losgelassen hatte.
„Ne, wir haben schon an Bord gefrühstückt. Aber Papa hat gesagt, ihr sollt heute Nachmittag um drei zu uns kommen, wir haben ganz viele Sachen für euch und Opa mitgebracht. Sogar Kakao und Kaffee.“
„Kaffee!“, rief Paul begeistert. „Wenn mir etwas fehlt, dann ein ordentlicher, starker Kaffee am Morgen.“
„Das merkt man an deiner Laune“, murmelte Rudi.
„Du halt mal lieber den Mund, Freundchen. So wie du aussiehst, fehlt der dir noch viel mehr als mir.“
Ella und Fredi lachten.
Dann wandte Paul sich wieder seinem Neffen zu. „Wo wart ihr denn überall, Arthur?“
„In Hongkong und in China und in Japan. Und als das große Erdbeben in Japan war, haben wir ganz viele Leute gerettet!“ Arthurs Augen leuchteten.
„In Japan war ein Erdbeben?“
„Ja, ein ganz schlimmes. Aber das erzählt Papa euch nachher. Ich muss jetzt noch zu Opa, damit der auch um drei zu uns kommt.“
Martha strich ihrem Neffen liebevoll über das dunkle Haar. Sie fand es immer wieder faszinierend, dass er trotz der unverkennbar asiatischen Züge, die er von seiner Mutter geerbt hatte, beim Reden genau dieselben Gesichtsausdrücke wie sein Vater verwendete.
„Na, dann lauf mal zu Opa. Ich bring dich noch zur Tür, mein Schatz.“
Fredi und Ella freuten sich auf den Besuch bei Onkel Heinrich, nur Rudi schnitt eine Grimasse. „Ich bin heute doch schon mit meinen Freunden verabredet“, nuschelte er und zog die Nase hoch.
„Nimm bitte ein Taschentuch, wir sind hier nicht bei den Wilden“, sagte Paul verärgert.
„Was hast du immer an mir rumzunörgeln?“, fauchte Rudi. „Verdammt, ich bin erwachsen.“
„Noch nicht ganz. Du wirst erst mit einundzwanzig volljährig.“
„Und deshalb soll ich jetzt zum Kaffee zu Onkel Heinrich?“
„Nein“, beschwichtigte Martha. „Onkel Heinrich hat Verständnis dafür, wenn ein junger Mann wie du den Sonntag lieber mit seinen Freunden verbringen will.“
„Ja, dem ist es bestimmt auch lieber, wenn er nicht in deine sauertöpfische Miene blicken muss“, schimpfte Paul.
„Na, dann sind doch alle zufrieden“, gab Rudi giftig zurück. „Ich geh jetzt wieder ins Bett. Ich bin ja sowieso nur aufgestanden, um euch einen Gefallen zu tun. Dabei hatte ich noch überhaupt keinen Hunger.“ Er stand auf und verließ die Küche.
„Wer hätte gedacht, dass wir jemals den Tag erleben, an dem Rudi keinen Hunger und keine Lust zum Reden hat“, sagte Paul. „Fredi, kennst du eigentlich diesen Pieko?“
„Ja, der ist in Rudis Klasse. Sein Vater ist Theaterkulissenmaler. Deshalb kriegt Pieko immer Freikarten, je nachdem, wo sein Vater gerade arbeitet.“
„Das erklärt vieles“, sagte Paul und griff wieder zur Zeitung.
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Oh nein, bis 1945! Das bedeutet noch ein Krieg. Ich habe es geahnt.
Danke für den Textausschnitt
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Oh nein, bis 1945! Das bedeutet noch ein Krieg. Ich habe es geahnt.
Danke für den Textausschnitt
Hat dir der Textausschnitt gefallen? Mit 18 ist Rudi nicht mehr ganz so niedlich, oder?
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Ja hat mir gefallen und von dem kleinen Rudi ist nichts übrig, er hat sich entwickelt!!! Bin echt gespannt wie wir die Kleinen zu Groß gewordenen erleben werden
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Ja hat mir gefallen und von dem kleinen Rudi ist nichts übrig, er hat sich entwickelt!!! Bin echt gespannt wie wir die Kleinen zu Groß gewordenen erleben werden
Möchtest du noch einen Spoiler? Das ist aus dem Kapitel, in dem ich aktuell gerade schreibe, spielt im September 1933, da ist Rudi 28.
Eine Woche, nachdem Rudi das Schreiben an die Universität abgeschickt hatte, klingelte es um die Mittagszeit an der Tür seiner Kanzlei. Zunächst dachte Rudi, Goldie hätte ihren Schlüssel vergessen, aber als er öffnete, zuckte er zurück. Vor der Tür standen vier Männer in SA-Uniform.
„Sind Sie Rudolf Studt?“, wurde er barsch gefragt.
„Ja“, erwiderte Rudi.
„Sie sind verhaftet!“
„Wie bitte? Verhaftungen darf nur die …“ Bevor er aussprechen konnte, traf ihn ein harter Faustschlag mitten ins Gesicht! Rudi taumelte zurück und spürte, wie ihm das Blut aus der Nase strömte. Noch ehe er reagieren konnte, wurde er erneut gepackt und gegen die Wand geschleudert.
„Jetzt hör mal zu, du Kommunistenschwein, du hast hier gar nix zu melden, klar?“, wurde er angebrüllt.
„Ich bin kein Kommunist!“, keuchte Rudi, nur um gleich noch einen Schlag ins Gesicht zu bekommen. Er hörte wie sein Nasenbein knackte und ihm wurde schwarz vor Augen, doch es gelang ihm, die drohende Bewusstlosigkeit abzuschütteln.
„Rudi!“ Goldies Stimme brachte sein Bewusstsein ganz zurück. Verdammt, musste sie ausgerechnet gerade jetzt kommen? Hoffentlich taten die Kerle ihr nichts!
„Lassen Sie meinen Mann los!“, schrie sie und schlug dem SA-Mann, der Rudi festhielt, mit ihrem Regenschirm gegen den Rücken. Sofort wurde sie von seinen Genossen gepackt ebenfalls an die Wand gedrückt.
„Sie haben kein Recht dazu!“, schrie Goldie. „Er hat nichts getan!“
„Halt’s Maul du Schlampe, sonst nehmen wir dich auch gleich mit!“
„Goldie, bleib ruhig“, näselte Rudi, dem immer noch das Blut aus der Nase strömte. „Tun Sie meiner Frau nichts, ich geh ja mit.“
„Oh ja, das wirst du. Aber vorher räumen wir hier noch ein bisschen auf!“ Er verpasste Rudi einen so heftigen Schlag in die Magengrube, dass der keuchend in die Knie brach. Dann sah er, wie zwei Männer in die Kanzlei stürmten und anfingen, das Mobiliar zu zerschlagen.
„Hören Sie auf damit!“, schrie Goldie und kassierte dafür eine heftige Ohrfeige. Rudi versuchte sich aufzurichten, um Goldie zu Hilfe zu kommen, doch im nächsten Moment traf ihn der Stiefel des SA-Mannes so heftig am Kopf, dass er das Bewusstsein verlor.
Als er wieder zu sich kam, befand er sich in einer schmutzigen Baracke und lag auf der untersten Pritsche eines Stockbetts. Neben ihm saß ein Mann in zerrissenem Anzug und hatte ihm einen feuchten Lappen auf die Stirn gelegt. Erst beim zweiten Hinsehen erkannte Rudi den Mann. Es war Johann Löwe, einer seiner jüdischen Klienten. Auch seinem Gesicht war die Begegnung mit der SA deutlich anzusehen.
„Wo bin ich?“, fragte Rudi und versuchte sich aufzurappeln.
„Wittmoor“, sagte Löwe knapp.
„Wittmoor?“, wiederholte Rudi ungläubig. Der Name war in der Gegend gefürchtet, denn es handelte sich um ein von der SA geführtes Konzentrationslager, in dem politische Gegner und andere unliebsame Personen eingesperrt wurden. Allerdings hatte Rudi bislang geglaubt, dass es zumindest einen Haftbefehl brauchte, zumal das Lager offiziell von der Polizei bewacht wurde. Dann dachte er wieder an Goldie. Ob sie ihr etwas angetan hatten? Er erinnerte sich an die Geräusche zerbrechender Möbel, als sie angefangen hatten, die Kanzlei zu verwüsten. Konnte das wirklich passiert sein, oder befand er sich in einem bösen Traum? Aber dann würde sein Kopf kaum so sehr schmerzen und seine Nase wäre nicht voller Blut. Vorsichtig tastete er über den Nasenrücken, der bei der Berührung schmerzhaft knirschte.
„Die Nase ist gebrochen“, sagte Löwe. „Fassen Sie da lieber nicht dran.“
Rudi nickte schwach. „Was wollen die hier von uns?“, fragte er dann. „Ich habe gegen keines der geltenden Gesetze verstoßen.“
„Sie haben Juden und Sozialdemokraten unter ihren Klienten“, sagte Löwe. „Das genügt schon.“
„Aber … gibt es keine Verhandlung? Oder zumindest einen Haftbefehl?“
Löwe schüttelte den Kopf. „Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, Herr Studt: Halten Sie am besten den Mund, machen Sie, was man Ihnen sagt und sonst nichts. Dann kann man hier einigermaßen unbeschadet überleben.“
„Überleben?“, fragte Rudi. „Was soll das heißen?“
„Wer aufmuckt, kriegt eine Spezialbehandlung, dagegen ist das, was Sie bei Ihrer Festnahme erlebt haben, harmlos. Einer hat es nicht überlebt, dem haben sie wohl die Nieren zerschlagen, der hat noch vier Tage Blut gepinkelt, ehe er gestorben ist. Das nannten sie dann Altersschwäche. Der Mann war sechsundfünfzig Jahre alt.“
Rudi schluckte.
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Na super, da will sich Paul mäßigend einbringen, damit die Situation für die Arbeiter nicht völlig eskaliert - ich bin wie er der Meinung, dass die Obrigkeit mit aller Härte zurückschlange würde - und dann wird er noch "gewarnt", man könnte es durchaus auch als Drohung auffassen.
Paul wäre nicht Paul, wenn er nicht zu seinem Arbeitgeber stehen würde, denn er hat recht: Wolkau hat wirklich viel für ihn getan, indem er ihn nicht nach seiner schweren Verletzung und den OP's direkt gekündigt hat oder sonst irgendwie unter Druck gesetzt.
Ja, die Spanische Grippe, das war mal ein richtig tödlicher Virus, der bei den vielen unternährten und unterversorgten Menschen auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Die ganze Zeit hatte ich Sorge, dass womöglich noch einer unserer Protagonisten an der Grippe erkrankt und sterben würde. Dass wir unter diesen Umständen nochmal Agathe wiedersehen würden, hätte ich nicht gedacht ... egal, welche Einstellung sie hatte, aber dieses Ende hatte sie in keinem Fall verdient, zumal sie ihr Leben noch vor sich hatte.
Sehr spannend sind auch die Kieler Aufstände, dieser geschichtliche Abschnitt war mir bisher gar nicht bekannt. Aber es ist ja auch kein Wunder, dass die Unzufriedenheit immer mehr wächst, wenn es den Menschen am nötigstens fehlt. Ich gehe davon aus, dass den cleveren Kapitän Wegener tatsächlich gab, das war ja wirklich raffiniert.
Martha erkennt das ziemlich gut mit dem Versailler Vertrag und ihre Verärgerung darüber ist ja leider später einer der Gründe, warum die Nazis sich Gehör verschaffen konnten.Stimmt, der 8-Stunden-Tag und das Frauenwahlrecht wurde damals zu Beginn der Republik eingeführt - eigentlich weiß ich das und doch ertappe ich mich immer wieder, dass ich das unbewusst auf eine spätere Zeit verschiebe. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass Deutschland ab 1933 mächtig in mittelalterliche Zustände teilweise zurückgefallen ist. Vor allem hätte man das nach den letzten Monaten und Jahre, als die bisherigen sozialen Errungenschaften während des Ersten Weltkriegs immer mehr am bröckeln waren, nicht erwartet, dass dann doch so weitreichende Entscheidungen so schnell getroffen wurden.
Was mich aber auch riesig gefreut hat, dass die Schwenke-Kinder wirklich Glück gehabt haben, obwohl die Voraussetzungen nicht die besten waren und auch noch der Krieg dazwischen kam. Dass Katrin sogar durch Lidas Hilfe das Abitur machen konnte, ist der absolute Traum.
Für Carola hoffe ich, dass ihre späte Schwangerschaft problemlos über die Bühne gehen wird und sie eine kleine glückliche Familie werden - das hat nicht nur Carola, sondern vor allem auch Moritz verdient. Und dass Carola dann von Lida auch noch den Job als Redakteurin bei der neu zu gründenden Frauenzeitschrift angeboten bekommt, ist die Krönung: besser kann es nicht laufen.
Da sieht man mal, was Frauenpower bewirken kann, wenn man zusammenhält
Dass es eine chinesische Gemeinde und auch chinesische Restaurants bereits Anfang des 20. Jahrhunderts in Hamburg gab, war ebenfalls eine Neuheit für mich.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich das Buch wieder wunderbar unterhalten hat und ich wieder sehr viel Neues erfahren und gelernt habe
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Paul wäre nicht Paul, wenn er nicht zu seinem Arbeitgeber stehen würde, denn er hat recht: Wolkau hat wirklich viel für ihn getan, indem er ihn nicht nach seiner schweren Verletzung und den OP's direkt gekündigt hat oder sonst irgendwie unter Druck gesetzt.
Paul war ja schon immer der Meinung, dass Arbeiter am loyalsten sind, wenn sie unter fairen Bedingungen arbeiten. Und genau das zeigt er ja jetzt auch - wenn er loyal behandelt wird, ist er selbst der loyalste Mitarbeiter, den man sich wünschen kann. Ich fand es übrigens auch spannend, die Entwicklung von dem jungen, ungestümen Mann zu beschreiben, der alles beim großen Hafenarbeiterstreik 1896 riskierte, obwohl es ihm gut ging, hin zu dem gereiften, erfahrenen Mann, der noch immer dieselben Ideale hat, aber vorsichtiger und weitsichtiger geworden ist.
Ja, die Spanische Grippe, das war mal ein richtig tödlicher Virus, der bei den vielen unternährten und unterversorgten Menschen auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Die ganze Zeit hatte ich Sorge, dass womöglich noch einer unserer Protagonisten an der Grippe erkrankt und sterben würde. Dass wir unter diesen Umständen nochmal Agathe wiedersehen würden, hätte ich nicht gedacht ... egal, welche Einstellung sie hatte, aber dieses Ende hatte sie in keinem Fall verdient, zumal sie ihr Leben noch vor sich hatte.
Bemerkenswert ist ja auch, wenn man sich damals die Cholera oder heute Corona ansieht, wie wenig die spanische Grippe die Leute damals noch verängstigte - war eben so. Man war abgestumpft, weil ständig irgendwo gestorben wurde. Gab Wichtigeres.
Sehr spannend sind auch die Kieler Aufstände, dieser geschichtliche Abschnitt war mir bisher gar nicht bekannt. Aber es ist ja auch kein Wunder, dass die Unzufriedenheit immer mehr wächst, wenn es den Menschen am nötigstens fehlt. Ich gehe davon aus, dass den cleveren Kapitän Wegener tatsächlich gab, das war ja wirklich raffiniert.
Das war der berühmte Kieler Matrosenaufstand. Und ja, die Regensburg unter Kapitän Wegener gab es wirklich.
Für Carola hoffe ich, dass ihre späte Schwangerschaft problemlos über die Bühne gehen wird und sie eine kleine glückliche Familie werden - das hat nicht nur Carola, sondern vor allem auch Moritz verdient. Und dass Carola dann von Lida auch noch den Job als Redakteurin bei der neu zu gründenden Frauenzeitschrift angeboten bekommt, ist die Krönung: besser kann es nicht laufen.
Da sieht man mal, was Frauenpower bewirken kann, wenn man zusammenhält
Am Anfang von Band 3 wird man erfahren, wie es mit Carola als Journalistin und ihrer kleinen Familie weitergeht. Ich verrate schon mal, dass Moritz als Familienvater aufblüht.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich das Buch wieder wunderbar unterhalten hat und ich wieder sehr viel Neues erfahren und gelernt habe
Das freut mich sehr.
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Diese wehrhafte Aufbruchstimmung hätte auch leicht kippen können und zu Kämpfen führen können, wo es nur Verlierer gibt.
Das ist die große Gefahr dabei und wenn ich an die Demos gegen den Krieg vor 1914, hat man ja gesehen, wie das teilweise eskalieren konnte. Und nun war die Unzufriedenheit einiges größer.
Richtig unwahr erscheint die Reise nach Amerika, der Luxus und die Freiheit, die sie genießen konnten.
Da hast du recht, das kommt einem wirklich unwirklich vor bzw. als ob das schon Jahrzehnte zurückliegt.
Und ich bin neugierig auf den dritten Teil...
Und ich erst, vor allem nach den Appetizer, die Melanie uns hier zur Verfügung gestellt hat
Das Nachwort ist auch sehr informativ - ich hoffe, dass die meisten Leser es auch tatsächlich lesen (ich gestehe, dass ich es nicht immer mache).
Das Nachwort war der Grund, warum ich das vorbestellte Hörbuch abbestellt hatte und doch zum eBook gegriffen habe, bei den Hörbüchern wird leider immer das Nachwort unterschlagen.
Ich selbst fand am beeindruckendsten in der Recherche, mir noch mal bewusst zu machen, wie effizient die neue Regierung war, nachdem der Kaiser abgedankt hatte. Davon sollte sich die heutige SPD mal eine Scheibe abschneiden.
Genau das dachte ich auch beim Lesen, das waren mal schnelle Entscheidungen, da könnte sich nicht nur die heutige SPD eine Scheibe davon abschneiden, sondern die ganze Regierung.
Die SMS Regensburg ist übrigens historisch belegt, ebenso wie ihr Kapitän.
Ah, damit hat sich meine Frage erübrigt
Und der alte Blohm ist in meiner Achtung noch tiefer gesunken - dabei mochte ich ihn schon nach Band 1 nicht mehr, wie er mit den Arbeitern umgegangen ist. Damals wollte er ja schon das Militär haben, um die Arbeiter zu unterdrücken ...
Blohm gehörte noch so richtig zum alten Schlag.
Das mit dieser Militärverwaltung ist mir neu und habe noch nie etwas davon gehört oder gelesen. Ich bin immer noch geschockt wie mit den Arbeitern verfahren wurde. Auch wie erbarmungslos mit den anderen umgegangen wurde.
Das war mir auch neu, dass sich Betriebe unter Militärverwaltung stellen lassen konnten.
Ich musste schmunzeln, als Martha der Begriff " verpisst" über die Lippen kam.
Ich auch
In Band 3 sind sie dann eine glückliche Familie - Moritz meistert sein Schicksal und war durch diese Behinderung gezwungen, endlich sesshaft zu werden und sich von seiner ewigen Träumerei von Milli zu lösen.
Sehr schön
Hier mal ein kleiner Spoiler aus Band 3, Kapitel 2 im November 1923.
Hat dir der Textausschnitt gefallen? Mit 18 ist Rudi nicht mehr ganz so niedlich, oder?
Oha, der pubertierende Rudi hat echt nichts mehr von dem niedlichen kleinen Jungen, der immer fröhlich am Plappern ist. Die Inflation 1923 und 1928 die Weltwirtschaftskrise ... die goldenen Zwanziger erwarten uns noch mit einen Hoch und Tiefs.
Der Textausschnitt von 1933 lässt aber auch nichts gutes erahnen. Ich hatte nach den bisherigen Andeutungen ja die Befürchtung, dass sich Rudi womöglich zu den Nazis hingezogen fühlt, aber das scheint eher nicht der Fall zu sein. Die SA behielt ihre Bedeutung bis 1934, bevor es zum Röhm-Putsch kommt, ich hoffe nur, dass Rudi nicht solange in der Gewalt der SA verbleiben muss.
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Ich fand es übrigens auch spannend, die Entwicklung von dem jungen, ungestümen Mann zu beschreiben, der alles beim großen Hafenarbeiterstreik 1896 riskierte, obwohl es ihm gut ging, hin zu dem gereiften, erfahrenen Mann, der noch immer dieselben Ideale hat, aber vorsichtiger und weitsichtiger geworden ist.
Ja, die Entwicklung ist wirklich toll beschrieben, vor allem auch durch die Rückblicke, da konnte man nochmal seine Erinnerungen auffrischen.
Bemerkenswert ist ja auch, wenn man sich damals die Cholera oder heute Corona ansieht, wie wenig die spanische Grippe die Leute damals noch verängstigte - war eben so. Man war abgestumpft, weil ständig irgendwo gestorben wurde. Gab Wichtigeres.
Und es gab noch nicht diese weltweiten Medien, die rund um die Uhr über die Grippe berichteten und damit noch zusätzliche Ängste schüren.
Und mal was ganz Böses (ist sehr ironisch gemeint): durch den Mangel direkt nach dem Krieg kam auch keiner auf die Idee, Klopapier zu horten
Ich verrate schon mal, dass Moritz als Familienvater aufblüht.