Janice Hadlow - The Other Bennet Sister/Miss Bennet

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 393 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von HoldenCaulfield.

  • (Ich sortiere es mal hier ein - es ist m. E. weder ein richtiger Liebesroman noch passt es zur historischen Kategorie, weil die Zeit, in der es spielt, nur die Kulisse für die persönlichen Entwicklungen der Figuren ist.)


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links



    Mary ist das hässliche Entlein unter den fünf Töchtern der Bennets. Sie ist nicht so hübsch wie ihre Schwestern, sie macht sich nichts aus Äußerlichkeiten und interessiert sich brennend für Literatur und Geschichte. Keine gute Mischung, um auf dem Heiratsmarkt im England des frühen 19. Jahrhunderts Chancen zu haben. Dabei bräuchte Mary ziemlich dringend einen Ehemann, denn das Haus der Familie wird aus erbrechtlichen Gründen nach dem Tod des Vaters an einen entfernten Verwandten gehen, so dass sie dort nicht bleiben kann, und sich als Gouvernante oder Musiklehrerin zu verdingen kann ja wirklich nicht ihr Ziel im Leben sein. So denkt zumindest ihre Mutter, die diese seltsame Tochter nie verstanden hat.


    Ihrer Mutter kann es Mary also einfach nicht recht machen, dem Vater ist sie mehr oder minder egal, doch immerhin lässt er sie irgendwann nach Herzenslust in seiner Bibliothek lesen. Über das Gelesene reden, wie es Mary sich so sehnlich wünscht, möchte er aber auch selten bis nie, zu Marys grenzenloser Enttäuschung.


    Nachdem einige unvorhergesehene Dinge geschehen sind, beginnt Mary aber ganz allmählich, sich aus dem Kokon von familiären Erwartungen, Konventionen und Minderwertigkeitsgefühlen zu schälen, nicht zuletzt, weil sie Menschen begegnet, die in ihr nicht nur den unansehnlichen Bücherwurm sehen und bei denen sie ihre reservierte Zurückhaltung ablegen und sie selbst sein kann. Dass das ein langer Weg ist und es auch dann noch zahlreiche Komplikationen gibt, steht natürlich auf einem anderen Blatt.


    Dieses Buch wirft einen ganz neuen Blick auf Mary Bennet, die in "Stolz und Vorurteil" eher blass und ein bisschen karikaturhaft wirkt. Hinter dem unscheinbaren Äußeren und den salbungsvollen Sprüchen verstecken sich tiefe Gefühle, Wünsche und Sehnsüchte, die sie zu verbergen gelernt hat, weil sie in ihrer Familie auf wenig Verständnis stößt. Mir hat Mary deshalb anfangs ziemlich leid getan, weil ihr in der Zeit, in der sie lebt, so vieles verwehrt bleibt, was für heutige Frauen ganz normal wäre. Aber zu Beginn des 19. Jahrhunderts lag der Wert einer Frau leider zumindest in gewissen Kreisen in ihrer Heiratsfähigkeit, guten Manieren und ansehnlichem Äußeren, also genau in den Bereichen, die Mary gar nicht wichtig sind. Es ist traurig, wie fatalistisch sie sich zunächst in ihr Schicksal zu ergeben scheint, weil sie keinen wirklichen Ausweg sieht.


    Was dann passiert, ist nicht spektakulär aus heutiger Sicht, eröffnet Mary aber doch ganz neue Perspektiven, und es hat mir Freude gemacht, sie in ihrer Entwicklung zu begleiten. Der große Konflikt zum Ende des Buches hin war zwar etwas nervig, weil er sich sehr einfach hätte auflösen lassen können, wenn die Leute einfach mal miteinander geredet hätten, aber das ist ja selbst heutzutage schwer genug und wäre seinerzeit vermutlich kaum denkbar gewesen.


    Janice Hadlow trifft sehr schön den passenden Ton, der durchaus an Jane Austens Stil erinnert, ohne verstaubt zu wirken, und schafft es, diese so ganz andere Zeit mit ihren Sitten und Gebräuchen lebendig werden zu lassen. Es ist kein aufregendes Buch, das eine oder andere hätte man vielleicht auch ein bisschen straffen können, aber ich habe die Geschichte der Bennet-Schwester, die im ursprünglichen Roman viel zu kurz kommt, doch sehr gerne mitverfolgt und mochte auch Marys wichtigste Wegbegleiter sehr gerne. Mrs. Bennet hätte ich allerdings, wie schon im Original, mit Freuden erwürgen können, diese dünkelhafte Schnepfe!


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das könnte was für mich sein; danke für Deine Rezi, liebe Valentine !

    Zu ... "dünkelhafter Schnepfe" fällt mir sogleich Evelyn Hamann ein mit

    "Winselstute!!!! - Jodelschnepfe" ^^

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Ich habe vor einiger Zeit auf Youtube mal in einem Literaturkanal etwas über Mary Bennett gesehen. Warum sie als Schwester in der Mitte so wichtig für die Geschichte ist. Ich bekomme die Begründung nicht mehr ganz zusammen, aber es ging um den Kontrast, den sie sowohl zu den älteren als auch den jüngeren Schwestern bildet.

    Vor dem Hintergrund interessiert mich diese Buch auch, danke für die Rezi.

  • Warum sie als Schwester in der Mitte so wichtig für die Geschichte ist. Ich bekomme die Begründung nicht mehr ganz zusammen, aber es ging um den Kontrast, den sie sowohl zu den älteren als auch den jüngeren Schwestern bildet.

    Interessant, ich habe sie nämlich immer als fast schon überflüssig empfunden, und als ein bisschen konstruiert mit den frommen Sprüchen.


    Das mit dem Kontrast stimmt natürlich, sie ist sowohl anders als die klugen und witzigen großen Schwestern als auch anders als die zwei kleinen Hohlköpfchen Lydia und Kitty :breitgrins:


    Ich dachte mir beim Lesen ganz oft, dass Mary es heute viel einfacher hätte. Da könnte sie sich kellnernd oder Bücher ausliefernd oder wie auch immer ein Studium finanzieren und glücklich und zufrieden als Single in einer kleinen Bude mit achthundert Büchern und zwölf Katzen leben. Oder natürlich auch mit einem netten Kerl, aber der wäre eben optional.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Da könnte sie sich kellnernd oder Bücher ausliefernd

    Ich stelle mir gerade eine Kellnerin vor, die mir bei jedem Bier, das ich bestelle, einen pessimistisch-düsteren Sinnspruch eines Theologen aus dem 18. Jahrhundert dazu liefert ... ^^

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Och, je nach Publikum bekäme das womöglich Kultstatus! :lachen: Wäre auf jeden Fall ein Alleinstellungsmerkmal für die Kneipe.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen