Großmama packt aus - Irene Dische
Wer über sein eigenes Leben schreiben will, verstrickt sich bekanntlich in ein Lügenknäuel. Also erzählt nicht Irene Dische, sondern ihre Großmutter Elisabeth, genannt Mops, und die Enkelin setzt sich lustvoll deren süffisanten, gnadenlos vorurteilsbeladenem Blick aus. "Daß meine Enkeltochter so schwierig ist, hängt vor allem mit Carls geringer Spermiendichte zusammen" - ein Paukenschlag, mit dem das schlesisch-rheinische Familienensemble auf die Bühne gerufen ist. Carl Rother, Elisabeths jüdischer Mann aus Leobschütz, ist ihretwegen zum Katholizismus konvertiert, was die Nazis aber nicht gelten lassen wollten. Gerade noch rechtzeitig gelangte er mit Frau und Kind nach New York, während Elisabeths Brüder aufrechte Nazis wurden und Carls Verwandtschaft im Kz endete. Irenes Mutter, Renate, zerschnitt gerne Leichen und erzog ihre Tochter vornehmlich in der Pathologie, weil Dische, ihr unmöglicher Ehemann, zu Hause an einer Erfindung hockte, die ihm fast den Nobelpreis eingetragen hätte. Liesel, das Faktotum, ist moralisch unerschütterlich und Gott ebenso ergeben wie den Rothers: Nachdem sie der sterbenden Großmutter mittels Himbeergeist zu einem sanften Tod verholfen hat, bleiben ihrer Fürsorge immer noch die unbelehrbare Renate und die missratene Irene, die zwar ihre Jungfräulichkeit löblich lange verteidigt, dafür aber keinen Schulabschluß und, wie es lange schien, auch sonst wenig zustande gekriegt hat...
Irene Dische erzählt ihr eigenes Leben, aber sehr geschickt lässt sie dabei ihre eigene Großmutter erzählen. Und die ist nicht auf den Mund gefallen. Sie ist voller Vorurteile, zählt die Sünden jedes einzelnen auf (ihre eigenen werden kurz erwähnt und dann wieder vergessen) und bei ihren Erziehungsmethoden würde so mancher heute sofort das Jugendamt einschalten. Ihren Mann Carl lenkt sie geschickt, ohne das er es merkt, so durchs Leben wie sie es will. Sie hat einen derben schwarzen Humor und erzählt jedem der es hören will daß das jetzige Jahr ihr Todesjahr sein wird (sie wird trotzdem seeeehr alt).
Irene Dische kommt bei ihrer eigenen Erzählung meistens sehr schlecht weg. Sie macht keinen Schulabschluß, reist mit irgendwelchen Fremden durch die Gegend und sonst macht sie auch nie das was die Familie von ihr verlangt.
Ein ganz amüsantes Buch, für so zwischen durch. Leider hat es im letzten drittel ein paar Längen aber sonst ist das Buch ganz gut.
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EDIT: Betreff angepasst. LG, Saltanah