Pierre Péju – Die kleine Karthäuserin

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 2.468 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Dostoevskij.

  • Inhalt: Der Buchhändler Etienne Vollard erlebt einen Albtraum - ein kleines Mädchen läuft vor sein Auto, er kann nicht ausweichen. Sie fällt ins Koma. Während ihre Mutter Thérèse sich kaum zu Krankenbesuchen aufraffen kann, spricht der eigenbrödlerische Vollard unermüdlich mit Eva und liest ihr vor. Nach Wochen wacht Eva wieder auf, doch sie hat ihre Sprache verloren. Als sie in ein weit entferntes Sanatorium verlegt wird, nimmt Vollard seine Besuche wieder auf, doch ihre Genesung scheint immer weiter entfernt…


    Meine Meinung: Laut Klappentext war das Buch in Frankreich einer der größten Erfolge der letzten Jahre – aus meiner Sicht zu Recht. Péju verzichtet auf Schnörkel, Kitsch und tränenreiche Szenen. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb geht die Geschichte ans Herz. Die kleine Eva hat von Anfang an etwas Trauriges an sich; einerseits wird dies durch den Unfall und seine Folgen natürlich noch verstärkt, andererseits blitzt ab und zu der Gedanke auf, dass Koma und Krankheit vielleicht nicht schlimmer sind. Warum das so sein könnte? Péju erzählt es nicht. Ebensowenig erklärt er, was die rastlose Thérèse bewegt: wie kann sie ihr Kind allein lassen (nicht erst mit dem Unfall), warum verspürt sie einen unbezwingbaren Drang, sich „aus dem Staub zu machen“? Einiges wird angedeutet, aber der Leser darf sich selbst einen Reim darauf machen. Oder auch nicht.


    Die einzige Person, die für den Leser etwas klarer wird, ist Vollard. Ein einsamer Mensch, dessen ganzes Leben das Lesen und seine Buchhandlung „Wort und Sein“ ist (übrigens ein toller Laden! Gäbe es ihn wirklich, wäre er hier im Forum wohl ein Geheimtipp. Noch nie habe ich beim Lesen so Lust bekommen, direkt ins Geschehen, d.h. in die Buchhandlung, einsteigen zu können). Und er war schon immer einsam, wie ein Kapitel, das aus Erinnerungen eines früheren Schulkameraden besteht, beweist. Nachdem der Unfall ihn fast in den Wahnsinn treibt, verwendet er seine ganze Kraft darauf, Eva beizustehen. Ob er Erfolg damit hat? Ist das denn wichtig – kommt es nicht auf den Versuch an?


    Fazit: Ein kleines, sehr feines Büchlein, auf das ich durch einen Tipp von Dostoevskij gestoßen bin (an dieser Stelle vielen Dank :winken: ). Daneben ist es auch eine Fundgrube für Literaturfreunde: zitiert und vorgelesen werden u.a. Goethe, Andersen, Hugo, Frisch, de La Fontaine…


    :tipp:


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    Einmal editiert, zuletzt von Manjula ()

  • Autor: Pierre Péju
    Verlag: Piper; Auflage: 2 (Mai 2007)
    Seiten: 187


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    Auf dieses kleine Büchlein bin ich durch das Forum gestoßen. Das Thema hörte sich für mich auf dem Klappentext sehr verlockend an.


    Etienne Vollard läuft ein kleines Mädchen vor seinen Lieferwagen, der voll beladen mit Büchern ist. Etienne ist Buchhändler, ein leidenschaftlicher Buchliebhaber. Im Verlauf des Buches erfährt der Leser nun von Evas Leidensweg nach dem Unfall, denn Eva liegt im Koma.
    Der Klappentext hatte mir etwas anderes versprochen, als ich letztendlich bekam. Das ärgert mich schon sehr. Ich möchte hier aber nicht zu viel verraten. Die Handlung ist sehr sprunghaft und man wird von der Unruhe der Mutter Evas mitgerissen. Der schöne Erzählstil passte nicht zur Handlung und damit war das Lesen für mich kein Vergnügen, sondern eher ein ruheloses Voranschreiten. Was mir allerdings gefallen hat, ist Etiennes Liebe zu den Büchern, die während der gesamten 187 Seiten durchkommt.


    Aus diesem Grund kann ich dann doch gnädige 2ratten vergeben.


    Viele Grüße
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Einige Passagen haben mir extrem gut gefallen, aber insgesamt war mir das Buch zu traurig, zu düster und zu deprimierend. Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich es auch gar nicht erst angefangen. Wobei ich das Buch trotzdem sehr fesselnd fand (habe es gestern in einem Rutsch gelesen), aber ein kleiner Lichtblick hätte mir in dieser ganzen Düsterkeit gut getan.


    Die schönsten Passagen waren für mich die im Buchladen. (Ein absoluter Traum!) Aber auch die wurden irgendwie kaputt gemacht. Die sogenannte "Liebe" zu den Büchern war kein Trost, das war einfach krankhaft und hat mich als Leserin, die selber gerne in Büchern der Realität entflieht, mit eher unguten Gefühlen zurückgelassen. Etienne hat mir furchtbar leid getan, aber eigentlich haben mir sowieso alle Personen leid getan. Alle so furchtbar einsam, alles so trostlos. Das deprimierende Ende hat mir dann den Rest gegeben. (Das Ende hätte mich etwas versöhnen können, wenn Etienne einen Schritt auf die reale Welt zugemacht hätte, einen Schritt weg von seinen Büchern zum richtigen Leben hin.)


    Ich bin immer noch deprimiert. Das Buch war nicht schlecht, aber für mich, zumindest zur Zeit, nicht das Richtige.


    2ratten

  • Muertia: Du schreibst:

    Zitat

    Der schöne Erzählstil passte nicht zur Handlung

    Wie darf ich das denn verstehen?


    Ich habe das Buch schon vor ewigen Zeiten gelesen und kann mich dunkel erinnern, dass es sehr, sehr schön war. Danke für die Rezension, ich werde nochmals hineinlesen.

  • Moin, Moin!


    Fazit: Ein kleines, sehr feines Büchlein, auf das ich durch einen Tipp von Dostoevskij gestoßen bin (an dieser Stelle vielen Dank :winken: ).


    Huch, ich war im LSF doch seit ewigen Zeiten nicht mehr aktiv und schaue eben nur durch Zufall rein, weil die Zeit meiner Rekonvaleszenz nach der Bandscheiben-OP mir Zeit läßt, mal wieder in alte Kampfgebiete zu sehen...