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Das ist ein Wendebuch, das zweimal „die gleiche Geschichte“ erzählt, aber aus verschiedenen Perspektiven. Dazu gibt es noch ein Essay (erst lesen, wenn man beide Seiten durch hat!), welches in der einen Richtung vorneweg gedruckt ist - konsequenter hätte ich ja ein Einlegeheftchen gefunden.
Ich habe mich entschlossen, mit der weiblichen Perspektive zu beginnen. Amals Eltern stammen aus Kurdistan, sie haben dort studiert, doch in Deutschland werden die Abschlüsse nicht anerkannt und so bleibt nur ein Hilfsarbeiterjob für ihren Vater, der ihn nicht ausfüllt. Amals Mutter wird nur aus ihrer Perspektive geschildert und der Mutter-Tochter-Konflikt überschattet die Darstellung, dabei könnte auch sie vermutlich interessante Dinge erzählen.
Wir begleiten Amal praktisch von der Grundschule bis zum Schulabschluss, sie entspricht nicht den Erwartungen, sie trägt kurze Haare und prügelt sich lieber statt nachzugeben. Durch ihre Augen betrachten wir auch den Nachbarsjungen Younes, dessen Mutter die „gefallene Frau“ der Siedlung ist. Die andere Seite des Buches bestreitet Raffiq, der hier als Amals „Erzfeind“ aus der Kindheit auftaucht
Die zweite Seite der Geschichte ist so anders in manchen Darstellungen, dass ich kaum glauben kann, dass hier über die gleichen Zeiträume und Personen gesprochen wird.
Hauptfigur hier ist Raffiq, der Younes bester Freund ist und so ein bisschen der “Boss der Gang“ - na ja, sind keine Gang, schließlich sind sie auf dem Weg zum Abitur, aber die anderen folgen ihm ein wenig. Seine Eltern haben den gleichen Hintergrund wie die von Amal, mit den gleichen Überlegungen, ob die Zukunft in Deutschland oder Kurdistan liegt. Raffiq spricht nicht mal ordentlich kurdisch, für ihn ist Deutschland die Heimat, auch wenn er sonst unentschlossen ist und lieber beobachtet als zu handeln. Es hat mich reichlich irritiert, dass er hier als guter Freund auftaucht.
Am Ende dieses Abschnitts war ich versucht, das Buch erneut zu wenden und Amals Geschichte nochmal zu lesen - welche Entdeckungen sich da womöglich ergeben würden.
Jede Geschichte für sich wäre erzählenswert gewesen, die Situation der „Einwandererkinder“ wird sehr gut dargestellt. Durch die Dopplung bekommt man aber noch einmal vor Augen geführt, wie viel Einfluss auf eine Geschichte die Perspektive hat und das Thema der Deutungshoheit wird auch in dem Essay noch einmal aufgegriffen.