John Boyne - Der Junge im gestreiften Pyjama

Es gibt 52 Antworten in diesem Thema, welches 25.954 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Gaby.

  • @Holden Caulfield:
    Das ist in der Tat sehr interessant... Also ich schiebe das entweder darauf, dass die Leute einfach nicht darüber nachdenken, weil es ein Roman ist (oder eine Fabel, oder was auch immer XD) oder ganz einfach, weil sie glauben, dass es so hätte passiert sein können. Wenn Letzteres wirklich der Fall ist, dann finde ich das gerade bei Kritikern wie Focus oder Frankfurter Allgemeine Zeitung besonders schlimm. Wissen die denn so wenig über das Dritte Reich...?


    Ich kann mir auch vorstellen, dass es vielleicht weniger lobende Stimmen gegeben hätte, hätte sich erstmal jemand darüber Gedanken gemacht... Ich meine, mir ist noch so gut wie nie eine derartige Geschichte untergekommen, die nicht recherchiert war. Und wenn man dann noch darüber nachdenkt, dass

    wird das ganze noch schlimmer. (stefanie_j_h hat das ja schon gesagt) Welcher

    ? Das zeigt mir neben der Recherchefrage noch einmal die Arbeit, die an den Charakteren geleistet wurde... Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es irgendeinen Charakter gibt, der derartig naiv ist dort zu bleiben. John Boyne wollte ja offenbar über normale Kinder schreiben. Dann hätte er auch sowas wie normalen, menschlichen Fluchtinstinkt und Erhaltungstrieb beachten müssen...
    Nach all diesen Überlegungen stellt sich dann die Frage: Wozu dieses Buch? Aber da will ich jetzt nicht weiterfahren... das ginge dann doch zu weit. Immerhin ist es ja doch noch ein Roman. :breitgrins:

    Einmal editiert, zuletzt von Noble Scarlet ()

  • Hallöle,


    eine interessante Diskussion :winken:



    Ich kann mir auch vorstellen, dass es vielleicht weniger lobende Stimmen gegeben hätte, hätte sich erstmal jemand darüber Gedanken gemacht... Ich meine, mir ist noch so gut wie nie eine derartige Geschichte untergekommen, die nicht recherchiert war.


    Ich kann jetzt nur für mich sprechen. Mir hat das Hörbuch sehr sehr gut gefallen, ich war berührt und traurig - obwohl ich immer genau wusste, dass diese Geschichte so natürlich niemals passiert sein konnte. Von vornherein war es für mich eine Fabel und Recherche war mir in der Hinsicht nicht sehr wichtig (eigentlich überhaupt nicht). Das Ende ist schockierend und damit es das ist, muss sich die Geschichte so entwickeln, wie sie das getan hat. Auf die Idee, dem Autor mangelnde Recherchearbeit vorzuwerfen, wäre ich nie gekommen, weil das Buch für mich alles andere als ein historischer Roman ist. Letzten Endes hätte es auch gar keinen Realitätsbezug haben müssen (also mit veränderten Namen, einem Phantasiestaat und einem Phantasievolk, das ermordet werden soll).

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • @Nimue:
    Ich liebe solche Diskussionen, vorallem bei solchen Büchern wo es einfach mächtig viel Stoff dafür gibt. :breitgrins:


    Ich wollte damit ja eigentlich auch gar nicht sagen, dass ich das Buch deswegen jetzt absolut schlecht finde. Ich habe ja schon in meiner Rezi geschrieben, dass ich es eigentlich gut finde und die Recherchefrage eigentlich eher am Rande gestellt ist. Es hat einfach einige Fragen aufgeworfen. Mich interessierte halt vorallem, warum der Autor ausgerechnet dieses Thema bearbeiten wollte. 1971 in Irland geboren... er hätte auch über den Irlandkonflikt oder etwas ganz anderes schreiben können. Ich habe mich einfach gefragt, warum er sich ausgerechnet für die KZs entschieden hat. Frage am Rande. :breitgrins:
    Aber ich gebe dir Recht, wenn du sagst, dass es alles andere ist als ein historischer Roman. Wie gesagt, ein Roman verlangt keine Recherche. Und die Geschichte berührt, das steht ausser Frage, auch wenn sie nicht recherchiert ist.
    Mir ist einfach aufgefallen, dass sie mich persönlich nicht mehr sehr berührt, wenn ich darüber nachdenke, dass es eigentlich so nicht möglich ist... und, dass anstelle von Fakten Klischees verwendet wurden. Und ich dachte mir eben, dass es anderen Lesern vielleicht genauso geht. Respektive, warum es manchen Kritikern nicht so erging. Aber wie du schon sagtest: Es ist ja ein Roman. Da lässt sich über die Rechere streiten.


    Und zum Schluss muss ich noch einmal sagen, dass es tatsächlich ein aussergewöhnliches Buch ist, da es so viel Diskussionstoff liefert. Und, dass die Diskussion mit euch wirklich sehr spannend und anregend ist. :klatschen:


  • Ich wollte damit ja eigentlich auch gar nicht sagen, dass ich das Buch deswegen jetzt absolut schlecht finde. Ich habe ja schon in meiner Rezi geschrieben, dass ich es eigentlich gut finde und die Recherchefrage eigentlich eher am Rande gestellt ist. Es hat einfach einige Fragen aufgeworfen. Mich interessierte halt vorallem, warum der Autor ausgerechnet dieses Thema bearbeiten wollte. 1971 in Irland geboren... er hätte auch über den Irlandkonflikt oder etwas ganz anderes schreiben können. Ich habe mich einfach gefragt, warum er sich ausgerechnet für die KZs entschieden hat. Frage am Rande. :breitgrins:


    Du musst Dich dafür nicht rechtfertigen, weil...



    Ich liebe solche Diskussionen, vorallem bei solchen Büchern wo es einfach mächtig viel Stoff dafür gibt. :breitgrins:


    So geht es mir nämlich auch :winken:


    Ich verstehe Deine Argumente auch absolut, nur bin ich ein Mensch, den so was nicht stört (übrigens auch nicht in historischen Romanen - da können die im Jahre 700 Kartoffeln essen und ich merke es nicht :breitgrins: Dafür nerven mich dann wiederum andere Dinge wie z.B. Charaktere, die alles können oder eigentlich zu dumm zum überleben sein müssten).


    Und Du hast recht mit dem Einwand, dass die Geschichte auch einfach anderswo hätte angesiedelt werden können. Interessant wäre also allemal, wie Boyne ausgerechnet auf das Dritte Reich kam.


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Letzten Endes hätte es auch gar keinen Realitätsbezug haben müssen (also mit veränderten Namen, einem Phantasiestaat und einem Phantasievolk, das ermordet werden soll).


    Hätte das Buch in einem Phantasiestaat gespielt und sich höchstens teilweise an die Nazizeit angelehnt, hätte es mir sicher viel besser gefallen. So habe ich es als etwas respektlos gegenüber den Opfern des Nazi-Regimes empfunden, das Leben im KZ so zu "verharmlosen".



    Mich interessierte halt vorallem, warum der Autor ausgerechnet dieses Thema bearbeiten wollte. 1971 in Irland geboren... er hätte auch über den Irlandkonflikt oder etwas ganz anderes schreiben können. Ich habe mich einfach gefragt, warum er sich ausgerechnet für die KZs entschieden hat. Frage am Rande. :breitgrins:


    Der zweite Weltkrieg und KZs sind halt einfach ein Thema, mit dem sich die Menschen auf der ganzen Welt immer noch beschäftigen, das verkauft sich wohl besser als der Irlandkonflikt.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • @Nimue, aber auch alle Anderen ;)
    Für mich ist an der Geschichte vor allem der Schluss ziemlich heftig und genial zugleich, auch wenn ich in rational betrachtet unrealistisch finde. Ich denke aber auch das es dem Autor vielleicht auch gar nicht um Realität in dem Sinne ging (auch wenn ich immernoch gerne wissen würde in wie weit er recherchiert hat *gg*) sondern um die Kernaussage. Ich kenne ja nur den Film, aber ich fand vor allem den Aspekt gut in dem herauskommt wie die Kinder die Propaganda aufnehmen und damit umgehen, wieviel sie davon eigentlich gar nicht so richtig verstehen und wie sie das dann interpretieren. Gerade der Blickwinkel eines Kindes fand ich daher gut dargestellt und ich glaube hier ist die Fabel (als solche wird der Roman ja immer wieder bezeichnet) wahrscheinlich realistischer als man im ersten Moment glaubt.


  • Der zweite Weltkrieg und KZs sind halt einfach ein Thema, mit dem sich die Menschen auf der ganzen Welt immer noch beschäftigen, das verkauft sich wohl besser als der Irlandkonflikt.


    Stimmt. Gerade heute war ich mal wieder in der Buchhandlung und war in der Englischen Abteilung erstaunt, wie viele Autoren momentan über das Dritte Reich schreiben. Na ja, ich gehöre ja auch zu denen, die sich das kaufen. Es verkauft sich also wohl tatsächlich besser. :breitgrins:


    @Holden Caulfield:
    Da kann ich auch zustimmen. Wenn ich das Ende nicht rational betrachte, ist es wirklich unheimlich gut gelungen! Schlussendlich sagt die Geschichte, dass wir trotz all der Unterschiede die immer wieder gemacht werden, alle irgendwo gleich sind - wir leben alle und wir sterben alle. Und wenn es im Tod und in der Trauer um die Opfer keinen Unterschied mehr gibt, warum sollte man ihn im Leben machen? Das ging mir zumindest durch den Kopf als ich die letzten Seiten las. Wenn man im Lesefluss ist, hat es wirklich den gewünschten Effekt, was ja auch sehr schön ist.


    @Nimue und auch alle anderen:
    Haha, so wie es aussieht müssen wir Boyne wohl eine Mail schicken und ihn ausquetschen. XD

  • :winken:


    Ich habe das Buch im Rahmen des diesjährigen SLW gelesen.
    Es war schon seit ca 2 Jahren auf der Wunschliste und zwar zu Recht.
    Die Diskussion hier hat mich eben total fasziniert, wie weit die Meinungen hier auseinander gehen.



    Zum Inhalt, brauche ich wohl nichts mehr schreiben, denn darüber wurde hier ja doch ausführlich geschrieben.
    Mich hat die Geschichte von Bruno und Schmuel sehr bewegt.
    Klar ist ein 9jähriger Junge sehr naiv aber in diesem Fall nur Bruno.
    Oft stellte ich mir vor wie Schmuel, ebenfalls 9 Jahre, bei manchen Äusserungen von Bruno, nur den Kopf schüttelt oder die Augen verdreht.
    Ich muß sagen, das ich ganz unbefangen an das Buch herangegangen bin, denn ich wusste ja nicht wirklich was mich erwartet.
    Nur auf so eine Geschichte war ich nicht gefasst, klar war mir nur von Anfang an, das es in der Zeit des 2 Weltkrieges spielte.
    Eher war sogar ich etwas naiv... bis ich mal kapiert habe wer mit "Furor" gemeint ist :redface: als der Furor mit Eva zum Essen eingeladen war, ist dann auch endlich bei mir der Groschen über besagte Person gefallen.
    Mit diesem Ende der Geschichte hätte ich aber niemals gerechnet, und ausgerechnet heute morgen vor meinem Dienst habe ich das Buch beendet.
    Es verfolgte mich doch noch einige Stunden und eigentlich hätte ich am Liebsten gleich mit jemand darüber geredet.
    Mir hat der Schreibstil eigentlich ganz gut gefallen, aber von allen Protagonisten war mir Schmuel am liebsten.
    Kotler war mir natürlich unsympatisch, aber der arme Junge hat ja sein eigenes Todesurteil herbeigerufen, indem er unüberlegt erzählt hat.
    Alles in allem hat mir das Buch gefallen und ich würde es jederzeit wiederlesen und auch weiterempfehlen


    4ratten

    :biene:liest :lesen: und hört

    07/60

    2116 /25.525 Seiten


  • Ich bin damals über die Rezi von Jari gestolpert und wusste: Das Buch muss ich haben. Und es hat sich wirklich gelohnt.


    Bruno wirkt oft sehr weltfremd, da er über die komplette Situation mit den Juden so gar nichts weiß. Das hat ihn für mich aber so sympatisch gemacht und hat das "unschuldige Kind" in den Vordergrund gerückt. Ohne etwas Böses zu wollen geht er durch die Welt und denkt, dass es jedem Menschen so geht wie ihm. Als er dann auf Shmuel trifft, zeigt sich, wie unterschiedlich zwei 9-jährige sein können. Der eine hat schon viel erlebt, der andere ist etwas naiv. Die Freundschaft zwischen den beiden, hat mir das Herz erwärmt. Ich habe sie richtig liebgewonnen.


    Ob die ganze Geschichte nun richtig recherchiert ist oder nicht, war mir egal. Die Story hat mich mitgerissen (gerade auf den letzten Seiten). Da hatte ich einen dicken Kloß zu Schlucken.


    Von mir gibt es 5ratten

    Pessimisten stehen im Regen, Optimisten duschen unter den Wolken.


  • Ich bin damals über die Rezi von Jari gestolpert und wusste: Das Buch muss ich haben. Und es hat sich wirklich gelohnt.


    Das freut mich ja :) Und freut mich auch, dass es sich für dich gelohnt hat, das Buch zu lesen :winken:

    //Grösser ist doof//

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Hoch emotional


    Sein Vater wurde gerade wieder befördert und nun muss der neunjährige Bruno mit Schwester und Mutter von Berlin wegziehen. In seinem neuen Zuhause ist alles ganz anders und gar nicht so schön, wie es sich Bruno vorgestellt hatte. Der kleine Forscher sieht nur das karge Land, den endlos langen Stacheldrahtzaun und dahinter Menschen, die den ganzen Tag im Schlafanzug herum laufen dürfen. Eines Tages trifft er Schmuel, einen Jungen, der genau so alt ist wie er und mit dem er sich anfreundet…



    Der Klappentext verrät sehr wenig über das, was ich in diesem Buch vorgesetzt bekomme. Und auch, wenn sich alles um zwei neunjährige Jungs dreht, ist dieses Buch, wie ich finde, für diese Altersgruppe nicht geeignet. Man sollte schon einige Vorkenntnisse aus der Zeit des Nationalsozialismus haben, um die Hintergründe und die Botschaft dieses Buches verstehen zu können. Gerade für Heranwachsende kann dieses Buch eine gute Möglichkeit sein, die Situation von damals durch die Augen eines kleinen Jungen zu lesen und zu verstehen.


    Die Geschichte liest sich leicht und flüssig, ist aber keine leichte Kost. Bruno lässt die Schrecken der Zeit durch seine Naivität, durch seine Abenteuerlust, seinen Forschungsdrang weniger erschreckend zu erscheinen. Die Seiten vor und hinter dem Zaun werden ausgeleuchtet, nichts wird beschönigt, Recht und Unrecht sehe ich durch Kinderaugen. Ich kann sogar hier und da einmal schmunzeln, was die dunklen Wolken und mein Unwohlsein beim Lesen aber nicht vertreibt.


    „Der Junge im gestreiften Pyjama“ kämpft gegen das Vergessen an und lässt uns an den Geschehnissen auf der vorderen Seite des Zaunes teilhaben. Es ist eine wunderbare Geschichte über die Freundschaft zweier total unterschiedlicher Jungs und gegen das Vergessen einer noch gar nicht so lange vergangenen Zeit. Ein Buch, das mich besonders nach der emotional aufgeladenen Ende auch lange nach dem ich es weggelegt habe, immer noch bewegt.


    5ratten:tipp:

  • Gaby

    Ich hab dich an den bestehenden Thread angehängt... hab mich spontan gewundert, dass es zu diesem Buch noch nichts geben sollte und prompt einen 3seitigen Thread gefunden ;)

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „John Boyne, Der Junge im gestreiften Pyjama“ zu „John Boyne - Der Junge im gestreiften Pyjama“ geändert.