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Tom Rob Smith, Kind 44
(DuMont Verlag, Januar 2008)
ISBN 978-3-8321-8056-0
507 Seiten; € 19.90 (HC)
Originaltitel: Child 44
Zum Autor (Klappentext):
Tom Rob Smith wurde 1979 als Sohn einer schwedischen Mutter und eines englischen Vaters in London geboren, wo er auch heute noch lebt. 2001 graduierte er in Cambridge und ging für ein Jahr nach Italien, wo er "Creative Writing" studierte. In den letzten fünf Jahren arbeitete Tom Rob Smith als Drehbuchautor, unter anderem half er fünf Monate lang in Phnom Penh, Kambodschas erste Soap Opera zu entwickeln. Kind 44, Tom Rob Smiths erster Roman, wird derzeit in 17 Sprachen übersetzt[...].
Zum Inhalt (ebenfalls Klappentext):
Moskau, 1953. In der Sowjetunion herrscht die nackte Angst. Stalins letzte große Säuberungswelle wütet im Land. Die Staatssicherheit hat Ohren und Augen überall - und jeder denunziert jeden, in der Hoffnung, die eigene Haut zu retten.
Der hochdekorierte Kriegsheld und Offizier des NKWD Leo Demidow wird zu einem Kollegen geschickt. Fjodors kleiner Sohn ist ums Leben gekommen - und Fjodor besteht darauf, dass es kein Unfall war, sondern brutaler Kindsmord. Diese Behauptung kann die Familie das Leben kosten - denn die herrschende Ideologie sagt: Im real existierenden Sozialismus gibt es kein Verbrechen. Warum sollte in der perfekten Gesellschaft jemand Grund haben zu töten? Es gelingt Leo, den verzweifelten Vater zum Schweigen zu bringen - aber er selbst kann des tote Kind nicht vergessen.
Leo beginnt heimlich im Fall des ermordeten Jungen zu ermitteln - und stellt fest, dass einem bestialischen Killer immer mehr Kinder zum Opfer fallen. Aber seine Nachforschungen bringen Leo in tödliche Gefahr: Der Apparat bestraft die kleinste Abweichung mit gnadenloser Härte. Aus dem Karriere-Offizier wird ein Gejagter. Irgendwann hat er nur noch ein Ziel: den Mörder zu stoppen, ehe die NKWD-Kollegen Leo selbst zur Strecke bringen...
Meine Meinung:
Meine ersten Gedanken waren: klasse, ein Krimi, der in Russland spielt und noch dazu zu einer solch "interessanten" Zeit. Aber, zugegeben, ich war auch skeptisch: kann das ein noch so junger Autor überhaupt schreiben? Der zudem ein solches Leben nie selbst erfahren hat? Stimmen die historischen Fakten und Zusammenhänge?
Vorweg: ich habe während der Lektüre immer wieder bestimmte Dinge (Orte, Gebäude, Hierarchien, etc.) recherchiert und siehe da: Tom Rob Smith bleibt zumindest -soweit ich das berurteilen kann- immer bei der historischen Wahrheit.
Aber nun zum Buch an sich. Über weite Strecken der 507 Seiten würde ich Kind 44 nicht als Krimi oder gar Thriller im herkömmlichen Sinne bezeichnen. Es ist zu jeder Zeit spannend (auch dank eines gelungenen Aufbaus) - aber es geht weniger um den Kindsmord als um Leo Demidows Entwicklung. Anfangs noch als linientreuer und auch nicht gerade zimperlicher NKWD-Agent unterwegs, fängt er schon recht bald (im Buch) an, das System innerlich zu hinterfragen. Zunächst bleibt es bei diesen Fragen, aber Leo wird bewusst, dass er mit diesen Fragen zunehmend Gedanken zulässt, die die Kritik an der stalinistischen Diktatur immer deutlicher heraufbeschwört. Aber ebenso klar wird ihm die stetig wachsende Gefahr, in die er sich damit begibt, denn schließlich kennt er Methoden und Gefängnisse des Geheimdienstes nur zu gut.
Diese Entwicklung Leos ist im Grunde in eine Art "Sittengemälde" der 1950er Jahre in der Sowjetunion eingebettet. Und nun kommt das eigentlich entscheidende für mich: dieses Buch "verfolgt" mich. Kind 44 hat während des Lesens eine derartige Beklemmung ausgelöst, wie es vermutlich keine SchwarzWeiß-Dokumentation zur damaligen Zeit schaffen hätte können. Anhand der beschriebenen Personen konnte ich mich unglaublich gut in so manche Situation einfühlen und deshalb beschäftigt mich dieses Buch nahezu durchgängig, obwohl ich es "zwanghaft" an einem Stück lesen "musste".
Für mich ist Kind 44 eine totale Überraschung und ich kann mir schon gut vorstellen, dass dieses Buch in einigen Monaten einen echten Durchbruch erreicht - wenn es von einigen wirklich "entdeckt" worden ist.
Es ist deutlich mehr als ein Krimi, es ist aber auch nicht nur ein historischer Roman - vermutlich kann man es auf beide Arten lesen, aber vielleicht sollte man diesmal Schubladendenken einfach komplett vermeiden.
Fazit:
In meiner Signatur habe ich mein Lieblingszitat zum Thema Bücher von Oscar Wilde. Auf Kind 44 trifft dieses Zitat zu! Für mich ein absolutes Highlight und deshalb
und ein
Liebe Grüße
dubh