F.M. Dostojewskij - Schuld und Sühne (1. Teil)

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    Kurzbeschreibung
    Rodion Raskolnikow, ein verarmter Student, ist von der Idee besessen, daß es dem "großen" Menschen erlaubt sei, "lebensunwertes" Leben zu vernichten, um "lebenswertes" zu erhalten. Er begeht einen Doppelmord an einer alten Wucherin und deren halbirrer Schwester, um mit dem geraubten Geld sein Studium zu finanzieren. Doch seine Psyche kann die Tat nicht verkraften. In einem bitteren Prozeß der Bewußtwwerdung lernt er die Strafe als Sühne zu begreifen und erfährt die erlösende Kraft der Liebe. "Schuld und Sühne" oder "Verbrechen und Strafe", erschienen 1866, ist eine Kriminalgeschichte von atemberaubender Spannung und gilt als der bestkomponierte Roman Dostojewskijs.



    Teilnehmer
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    Madicken
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    [hr]


    In diesem Bereich könnt ihr zum 1. Teil schreiben.


    Viel Spaß bei der Leserunde! :smile:

  • Hallo Ihr Lieben!


    Ich habe bereits die ersten beiden Kapitel gelesen und muss vorab sagen, dass es sich einfacher zu lesen lässt, als ich gedacht habe. Dostojewskij hat einen schönen, flüssigen Schreibstil und gar nicht so hochtrabend, wie ich befürchtet hatte.


    Auch mit den russischen Namen hält es sich in Grenzen und ist durchaus noch nachvollziehbar. Mal sehen, ob es so bleibt.


    Teil 1 - Kapitel 1:


    Die Beschreibung der inneren Zerrissenheit Roskolnikow fand ich sehr gut beschrieben. Ich finde, Dostojewskij hat genau die richtigen Worte gefunden. Faszinierend fand ich, dass in dem ganzen Kapitel nicht mit einem Wort erwähnt wird, dass er tatsächlich einen Mord begehen möchte (das weiß man eigentlich nur vom Klappentext), trotzdem vermittelt er dies unterschwellig. Auch die Beschreibung der Ängste Roskolnikow fand ich sehr schlüssig und konnte ich gut nachvollziehen.
    Das erste Kapitel war für mich ein guter Anfang und hat mir die Angst vor dem Buch ein wenig genommen.


    Teil 1 - Kapitel 2:


    Das Treffen und das anschließende Gespräch - und sollte man besser Monolog sagen - mit Marmeladow (bei dem Namen denke ich irgendwie an leckere Marmelade, wie kommt das bloß? :zwinker:) empfand ich sehr düster und bedrückend. Die ganze Situation habe ich mir sehr dunkel und depressiv vorgestellt. Die Geschichte ist ja auch keine positive Geschichte, sondern eine beklemmende und tragische Geschichte.


    Marmeladow ist mir überhaupt nicht sympathisch, ich empfinde ihn als einen schwachen, verantwortungslosen Mann, der eher in Selbstmitleid aufgeht (auch wenn er es nicht zugibt). Auch seine selbstkasteiende Art bzw. unterwürfige Art fand ich eher abstoßend. Die arme Familie... besonders die Tochter tut mir sehr leid und ich finde es schon erschreckend, dass er zusieht, wie sie für die Familie anschaffen geht, um sie über Wasser zu halten, während der eigentliche Ernährer und Vater das ganze Geld versäuft. Da tun sich wirklich Abgründe der menschlichen Seele und des Charakters auf.
    Aber auch das beschreibt Dostojewskij sehr lebendig und plastisch.



    Bis jetzt gefällt mir das Buch sehr gut.


    LG Murkxsi

    Mein Lebensmotto: Leben und leben lassen!

  • Hejhej
    Ich habe bis jetzt auch Kapitel 1 gelesen.
    Ich schließe mich Murkxsi an. Ich finde es relativ leicht zu lesen. Ich finde es irgendwie faszinierend, dass der Mord immer nur angedeutet wird und als "ES" oder ähnliches bezeichnet wird.
    Zudem wird schnell deutlich, dass Roskolnikow bettelarm ist und in einem Loch haust.

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:

  • Hallo :winken:


    Meine wirren Gedanken zu Kapitel 1
    Ihr habt es ja schon geschrieben... die Mordabsicht wird sehr geheimnisvoll behandelt.
    Wie entwickelt sich denn so ein Klappentext im Laufe der Zeit? Ob es vom Autor gewollt war, dass der Mord dort erwähnt wird?
    Wenn ich das jetzt einfach mal vergesse, könnte ich schnell auf eine falsche Fährte kommen.
    Die detaillierten Beschreibungen vom Zustand Roskolnikow´s finde ich sehr gelungen. Er haust in ärmlichen Verhältnissen, trägt Lumpen am Leib und schottet sich von der Gesellschaft ab. Er hat Schulden... normal würde ich denken, dass er diese Pfandleiherin bestehlen will. Er besucht sie, prägt sich das Umfeld ein, versucht Schwachstellen (die Schwester) zu entdecken usw. ... klingt nach geplantem Raub, nicht wirklich Verzweiflung.
    Wenn er verzweifelt wäre und morden will, hätte er das sicher beim ersten Besuch schon getan.
    Er hadert noch mit sich selbst, hofft vielleicht noch auf andere Auswege?
    Auf jeden Fall mag er diesen Zustand nicht, das scheint nicht normal zu sein. Es kommt öfter vor, dass er von Dreck und Gestank spricht, welche er nicht ausstehen kann.
    Also wie kam er in diese Lage.. hmm?


    Mir gefällt es sehr gut :smile:

  • Hallo :winken:


    Ich habe heute Abend das 4. Kapitel beendet.
    Ich finde das Buch lässt sich leichter lesen als man am Anfang zunächst denkt. Für einen Klassiker ist das Buch gar nicht so "trocken". Die Übergänge zu den einzelnen Kapiteln sind relativ flüssig und man bleibt an der Geschichte dran. Sehr gut finde ich, dass das mörderische Vorhaben von Roskolnikow nicht zu erraten ist.
    Bis jetzt finde ich das Buch klasse. :daumen:

  • Auch ich habe jetzt die ersten zwei Kapitel gelesen und war zu Beginn ebenfalls überrascht, wie scheinbar einfach sich das Buch lesen lässt. Allerdings ist der Roman, trotz des leicht verständlichen Textes, alles andere als eine "leichte Kost".


    1. Kapitel
    Wir lernen einen jungen Mann kennen, scheinbar die Hauptperson des Romans. Wir erfahren noch nicht seinen Namen und nichts über sein Leben, dafür umso mehr über sein Gefühlsleben. Er hat einen "abscheulichen" Plan gefasst, er will eine schreckliche "Tat" begehen, gleichzeitig lacht er jedoch darüber und betrachtet dies als reine "Phantasie". Dieser innere Zwiespalt beherrscht das 1. Kapitel und einmal dominiert die 'schlechte' Seite, dann wieder die 'gute'.
    Ich finde es interessant, dass wir Raskolnikow zuerst durch seine Gefühle kennenlernen, bevor wir etwas über seine Person erfahren. Wollte uns Dostojewskij damit vielleicht einen 'ungetrübten' Blick auf Raskolnikow geben, unbeeinflusst durch unsere Sympathie für seine Armut etc.?



    Faszinierend fand ich, dass in dem ganzen Kapitel nicht mit einem Wort erwähnt wird, dass er tatsächlich einen Mord begehen möchte (das weiß man eigentlich nur vom Klappentext), trotzdem vermittelt er dies unterschwellig.


    Diese Ahnung (abgesehen davon, dass ich es schon weiß :zwinker:), dass er einen Mord begehen möchte, vermittelt sich mir nicht. Sicher, er will etwas Schlimmes machen, doch in seinem Zustand (verzweifelt und verwirrt) könnte das alles mögliche sein. (Ich tendiere wie Kati zu einem möglichen Raub) Und bis jetzt habe ich auch nicht das Gefühl, dass Raskolnikow zu etwas wirklich Schlimmen fähig wäre.



    2. Kapitel
    Marmeladow ist einfach nur abstoßend! Seine Tochter muss sich wegen ihm prostituieren und er möchte noch Mitleid haben! Raskolnikov hat ihn & seine Frau richtig eingeschätzt: Beide nutzen Sonja aus, um an das Geld zu kommen. Wirklich traurig finde ich jedoch, dass sich beide an diese 'Einnahmequelle' so gewöhnt und sie akzeptiert haben, um daran überhaupt nichts ändern zu wollen.


    Raskolnikow hat für sich selbst erkannt, dass es keine Schranken gibt (wenn Eltern ihre Kinder in die Prostitution schicken). Als ich am Ende des 1. Kapitels noch dachte, er sei nicht wirklich zu schlimmen Dingen fähig, sehe ich das jetzt wieder anders. Seine Begegnung mit Marmeladow hat seinen Entschluss gestärkt und ihm gezeigt, dass Menschen zu allem fähig sein können. Ich bin gespannt, zu was er fähig sein wird.


    Liebe Grüße,
    bimo

  • Ich hab jetzt auch die ersten beiden Kapitel gelesen. Und ich bin mir noch nicht ganz schlüssig, wie ich den Anfang finde. Vielleicht muss ich mich auch erstmal ein wenig in die Geschichte einlesen, denn wirklich viel ist ja auch noch nicht passiert.


    Es ist auf jeden Fall einfacher, zu lesen, als ich dachte. Also, ich bin weiterhin mal gespannt.

  • Ich habe gestern das 1. Kapitel des Buches gelesen.
    Wie schon mehrfach gesagt wurde ist es recht flüssig zu lesen.
    Was die unterschwelligen Andeutungen zum Thema Mord angeht, so kann ich bibliomonster zustimmen.
    Man merkt nicht, dass die "Tat" über die eine Reflexion stattfindet ein geplanter Mord ist.
    Viel wahrscheinlicher kommt es einem zunächst so vor, als wolle er die Pfandleiherin ausrauben, wie Kati schon sagte.
    Die Überlegungen Raskolnikows deuten zwar auf eine Tat hin und annehmbar ist, dass es um die Frau geht, da er sich ja wegen seines Auffälligen
    Hutes Gedanken macht und sich ärgert, dass er keine Kappe trägt. Der Leser erfährt so recht deutlich, dass etwas geplant ist und aber auf einen Mord deutet noch nichts hin.
    Auch finde ich Katis Frage/Aussage zum Thema Klappentext gut. Ich denke, dass 1866 Bücher noch keinen Klappentext hatten. So wäre anzunehmen,
    dass Dostojewskij im ersten Kapitel eine Spannung beim Leser aufbauen wollte.
    Ich bin mal gespannt wie es weiter geht.


    Liebe Grüße
    Kankra

  • Hab heute Kapitel drei und vier gelesen.


    Den Brief der Mutter und dann im Kapitel danach seine Gedanken dazu, haben mir wirklich gefallen. Wie er alles durchschaut, ist interessant zu beobachten.
    Allerdings fand ich die Szene mit dem betrunkenem Mädchen ein wenig merkwürdig. Vielleicht hab ich ja was überlesen?! Na ja, einfach mal weiterlesen, würd ich sagen. ;)

  • Gestern habe ich den 1. Teil zu Ende gelesen ! :klatschen:


    Ich muss sagen, das Buch kann ich kaum mehr aus der Hand legen. Besonders nach dem letzten Kapitel des 1. Teils. Das Buch wird immer spannender und ich kann es kaum erwarten weiter zu lesen! Genau wie Avila fand ich die Szene mit dem Mädchen auch merkwürdig. Ich finde das passt gar nicht zu der Handlung. Vielleicht wird Raskolnikow das Mädchen später ja wieder treffen. Ich bin schon gespannt was ihr zu dem letzten Kapitel sagen werdet und ob ihr das auch so spannend fandet wie ich. :breitgrins:

  • Ich habe den 1. Teil fertig gelesen und bin ... geplättet. Irgendwie ist es richtig anstrengend, Raskolnikows Gedankengänge zu lesen, da diese so unglaublich realistisch und intensiv beschrieben werden. Der Leser nimmt nicht nur an seinen Handlungen teil, sondern auch an seinen wirren Gedanken...


    3. & 4. Kapitel
    Wie Avila bereits schrieb, ist es wirklich interessant zu beobachten, dass Raskolnikow einen so "klaren" Verstand hat und auch zwischen den Zeilen des Briefes lesen kann (wie schon im 2. Kapitel). Als ich den Brief gelesen habe, gingen mir die gleichen Gedanken durch den Kopf, die später auch Raskolnikow hatte: Dass sich seine Schwester ebenso verkauft/opfert, wie es Sonja getan hat. Dass sie dies aus den gleichen Motiven tut (um die Familie zu unterstützen) und dass ihre Familie (die Mutter) es akzeptiert.


    Die Rolle von Rasumichin finde ich auch interessant. Er ist ebenso arm wie Raskolnikow und schafft es trotzdem, indem er nicht aufgibt. Er ist beinahe das Gegenteil von Raskolnikow, welcher diesen steinigen & mühseligen Weg bereits abgeschrieben zu haben scheint und stattdessen den scheinbar leichteren Weg gewählt hat.


    5. Kapitel
    In diesem Kapitel wird zum ersten Mal erwähnt, dass Raskolnikow krank ist, allerdings wird (noch) nicht näher darauf eingegangen. Auch erfahren wir zum ersten Mal, dass er die Wucherin mit einem Beil erschlagen will, um gleich darauf wieder von seinen inneren Zweifeln & Gewissensbissen erschlagen ('tschuldigung, konnt' ich mir nicht verkneifen :zwinker:) zu werden.


    Interessant finde ich, dass, je näher der Tag der Tat kommt, Raskolnikow immer öfter mit Gott spricht und überall Zeichen sieht, die zur Tat führen. Ist das seine Art der Rechtfertigung?


    6. Kapitel
    Ist es gerecht einen Menschen zu 'opfern', um das Leben anderer zu schützen? Spontan sage ich, Nein! Aber...


    Irgendwie scheint Raskolnikow bei seinen Vorbereitungen wirklich vom Glückspfeil getroffen worden zu sein. Zufällig hört er dieses Gespräch, zufällig findet er das Holz und das Eisen etc. Dabei scheint er jedoch vergessen zu haben, dass noch immer er die endgültige Entscheidung treffen muss. Ist dies vielleicht auch ein Merkmal seiner "Krankheit", das Nichtakzeptieren seiner Schuld & Verantwortung? Darauf deutet auch die Vorwegnahme des Erzählers an (welcher plötzlich von "wir" spricht), dass Raskolnikow diesen Mord nicht als ein "richtiges Verbrechen" ansieht.


    7. Kapitel
    Trotz seiner Angst, begeht Raskolnikow den ersten Mord sehr kaltblütig und handelt anschließend sehr methodisch. Der zweite nicht geplante Mord, mit dem er sich schützen will, ist ebenso kaltblütig, wirft ihn jedoch aus der (moralischen?) Bahn. Für's erste ist er mit den Morden ungestraft davongekommen. Aber das Buch heißt ja nicht umsonst Schuld und Sühne, wir dürfen also gespannt sein.


    Liebe Grüße,
    bimo


  • Allerdings fand ich die Szene mit dem betrunkenem Mädchen ein wenig merkwürdig. Vielleicht hab ich ja was überlesen?!


    Ich finde, diese Szene zeigt zum einen das (leicht entflammbare) Temperament Raskolnikows und zum anderen sein "gutes Herz". So hatte bereits seine Mutter im Brief mitgeteilt, dass er von der Ehe etc. erst so spät informiert wurde, da sie seinen "Charakter kenne" und er alle Hebel in Bewegung gesetzt hätte, um (vielleicht auch tätlich) einzugreifen. Es wurde ja schon vorher deutlich, dass er ein recht reizbarer Mensch ist (und wohl immer war). Andererseits möchte er aber auch das Mädchen beschützen, damit es nicht das gleiche Schicksal teilen muss wie Sonja und ein Opfer wird.

  • Ich hab es endlich geschafft, die ersten beiden Kapitel zu lesen. Es hat gedauert, ja, aber das lag ganz sicher nicht am Buch. Wenn ich Zeit hätte, würde ich es glaub ich in einem Rutsch durchlesen.


    Für einen Klassiker ist das Buch gar nicht so "trocken".


    Ganz ehrlich: Bis jetzt finde ich Schuld & Sühne besser als jeden anderen Klassiker, den ich je gelesen habe. (Ausgenommen meine geliebte "Jane Eyre") Normalerweise finde ich Klassiker eigentlich endlos langweilig, weil ich keinen Zugang zu den Personen finde, was vielleicht an den Jahren beziehungsweise Jahrhunderten liegt, die zwischen mir und ihnen liegen. Bei diesem Buch ist das irgendwie überhaupt nicht so. Sollte ich mir Sorgen machen, wenn ich mich gut in Raskolnikow hineinversetzen kann?
    Und ich gebe zu, ich habe Mitleid mit Marmeladow. Ich weiß, dass er ein ziemlicher Mistkerl ist, vor allem was er seiner Tochter antut ist schrecklich und ich kann auch nicht nachvollziehen, warum er nicht weiter arbeiten gegangen ist, sondern wieder anfangen musste zu trinken, aber gerade deswegen tut er mir irgendwie leid.
    Was ich sehr toll fand ist, dass Raskolnikow den Marmeladows (Ich denke da übrigens auch immer an Marmelade! Erdbeer! :zwinker: ) sein Geld dagelassen hat. Hätte ich nicht gemacht, ehrlich gesagt...


    So, jetzt muss ich noch ein bisschen schuften und dann werd ich im Bett weiterlesen. Hab ich schon erwähnt, dass sich an Dostojewskijs Schreibstil so einige Autoren mal ein Beispiel nehmen könnten? Wunderbar!


    Lg,
    Sookie :winken:

    :kaffee:


  • Sollte ich mir Sorgen machen, wenn ich mich gut in Raskolnikow hineinversetzen kann?


    Leg' dich auf meine virtuelle Couch und lass' uns darüber reden. :breitgrins:


    Ich verstehe schon was du meinst, es geht mir nämlich nicht anders. Ich glaube, das liegt vor allem daran, weil wir seine tiefsten & intimsten Gedanken kennen und mit ihm teilen und wir dieses Gefühl der inneren Zerrissenheit (mach ich es oder mach ich es nicht) nachvollziehen können.


    Immer wenn ich über Raskolnikow schreibe, muss ich an einen Buchtitel von Grahame Greene denken: "Zwiespalt der Seele". Wenn euch also Dostojewskijs Roman gefällt, werdet ihr den von Greene auch mögen.


    Abendliche Grüße,
    bimo :winken:

  • Hallo. :winken:


    Ich habe bisher die ersten beiden Kapitel gelesen.


    Der Anfang hat mich schon überrascht, ich war erstaunt, dass die Sprache so gut und flüssig lesbar ist. Raskolnikow als Mensch wird mit seinen Schwächen sehr gut beschrieben, ebenso seine Überlegungen zu dem Mord. Er scheint kein gefühlskalter Mensch zu sein, andererseits kann er wohl auch nicht gut mit anderen Menschen umgehen - wie seine Flucht vor der Wirtin und sein Verhalten zu Marmeladow beweist. Diesem hört er zu, als er seine Lebensgeschichte berichtet. Er weiß anfangs nicht mit ihm umzugehen, als dieser ihn, ohne dass sie sich kennen, anspricht und ihm betrunken und schäbig aussehend seine Seele ausschüttet.
    Marmeladow ist mir - im Gegensatz zu Raskolnikow, dessen Verhalten ich im Moment noch gut nachvollziehen kann - vollkommen unsympathisch. Er schildert seine Frau als eine "großmütige Dame" und scheint nur ihre guten Seiten hervorheben zu wollen, während er ihre negativen Seiten (wie ihr Verhalten zu Sonja, der Tochter aus erster Ehe) zwar nennt, allerdings selbst als für nicht wichtig erachtet. Marmeladows Verhalten seiner Tochter gegenüber kann ich nicht nachvollziehen. Er lässt die Schikane Katerina's an ihr zu, ohne sich einzumischen, und hält es auch nicht für notwendig, seiner Tochter wenigstens zuzureden, als diese den Entschluss fasst als Prostituierte zum Familienerwerb beizutragen. Als Marmeladow sich endlich aufrafft, selbst wieder etwas Geld zu verdienen, nimmt er sich schließlich seinen Lohn, verschwindet von zu Hause und versäuft alles. Vielleicht fühlt er sich nicht für seine nicht leiblichen Kinder verantwortlich? Anders kann ich mir nicht erklären, warum sich ein Mann, dessen Hilfe und Arbeit seine Familie dringend benötigt, so hängen und lieber seine eigene Tochter als Prostituierte arbeiten lässt. Vielleicht kann er auch nicht mit der Last, die durch die Armut auf seinen Schultern lastet, und der Pflicht, die Familie Tag für Tag zu ernähren, umgehen.


    Raskolnikow hingegen wurde mir währenddessen fast sympathisch. Er hilft diesem armen, hoffnungslosen Säufer nach Hause und lässt dessen Frau von seinem wenigen Geld, wofür er wenige Zeit zuvor noch eine silberne Uhr geopfert hat, etwas auf einem Schrank zurück.
    Er selbst macht sich ebenfalls Gedanken über Sonja, deren Aufopferung eine wichtige Stütze für die Familie ist, ohne angemessen gewürdigt zu werden. Seine charakterliche Vielschichtigkeit macht ihn für mich interessant. Ich bin gespannt, in wie weit er sich entwickelt um den Mord schließlich doch zu wagen.

    &quot;Eine Welt ohne Magie ist unmöglich. Magie ist das, woran die Menschen glauben, und an irgendetwas werden sie immer glauben.&quot;

  • Stand: Ende Teil I


    Eure grundsätzliche Einschätzung des Buches teile ich und kann ihr im Moment nichts Neues hinzufügen.




    Ich finde es interessant, dass wir Raskolnikow zuerst durch seine Gefühle kennenlernen, bevor wir etwas über seine Person erfahren. Wollte uns Dostojewskij damit vielleicht einen 'ungetrübten' Blick auf Raskolnikow geben, unbeeinflusst durch unsere Sympathie für seine Armut etc.?


    Vor allem erlaubt dies, Raskolnikows Widersprüchlichkeit schon in wenigen Worten deutlich werden zu lassen. Z.B.: „Er war gar nicht so feige und eingeschüchtert, sogar im Gegenteil“ - „So eine Sache will ich unternehmen und habe dabei Angst vor solchem Unsinn!« sagte er sich mit einem seltsamen Lächeln. »Hm ... ja ... alles hat der Mensch in seiner Hand, und alles läßt er sich entgehen aus bloßer Feigheit ... das ist ein Axiom ... Es ist interessant, was die Menschen mehr als alles fürchten! Einen neuen Schritt, ihr eigenes neues Wort fürchten sie am meisten ... Übrigens schwatze ich zu viel. Darum tue ich auch nichts, weil ich nur schwatze. Vielleicht ist es auch so: ich schwatze, weil ich nichts tue.“





    Marmeladow ist mir überhaupt nicht sympathisch, ich empfinde ihn als einen schwachen, verantwortungslosen Mann, der eher in Selbstmitleid aufgeht (auch wenn er es nicht zugibt). Auch seine selbstkasteiende Art bzw. unterwürfige Art fand ich eher abstoßend. Die arme Familie... besonders die Tochter tut mir sehr leid und ich finde es schon erschreckend, dass er zusieht, wie sie für die Familie anschaffen geht, um sie über Wasser zu halten, während der eigentliche Ernährer und Vater das ganze Geld versäuft. Da tun sich wirklich Abgründe der menschlichen Seele und des Charakters auf.




    Und ich gebe zu, ich habe Mitleid mit Marmeladow. Ich weiß, dass er ein ziemlicher Mistkerl ist, vor allem was er seiner Tochter antut ist schrecklich und ich kann auch nicht nachvollziehen, warum er nicht weiter arbeiten gegangen ist, sondern wieder anfangen musste zu trinken, aber gerade deswegen tut er mir irgendwie leid.



    Marmeladow ist einfach nur abstoßend! Seine Tochter muss sich wegen ihm prostituieren und er möchte noch Mitleid haben! Raskolnikov hat ihn & seine Frau richtig eingeschätzt: Beide nutzen Sonja aus, um an das Geld zu kommen. Wirklich traurig finde ich jedoch, dass sich beide an diese 'Einnahmequelle' so gewöhnt und sie akzeptiert haben, um daran überhaupt nichts ändern zu wollen.



    Marmeladow ist mir - im Gegensatz zu Raskolnikow, dessen Verhalten ich im Moment noch gut nachvollziehen kann - vollkommen unsympathisch.


    Nach eurer Diskussion Marmeladows habe ich noch mal über ihn nachgedacht, weil er mir tendenziell unsympathisch war. Nun ist er mir zuwider. Gründe dafür habt ihr schon genannt. Er ist darüber hinaus, was ich für das Verständnis seiner Person grundlegend finde, äußerst manipulativ. Sein Selbstmitleid und seine unterwürfige Art sind Kalkül. Wie er in der Kneipe vor Raskolnikow sein perfides Selbstbild konstruiert, doppelbödig und hinterhältig argumentiert, warum ihm beispielsweise ins Himmelstor Einlass gewährt werden wird, dass relativiert seine Eigenschaften, die Mitleid hervorrufen können, aus meiner Sicht erheblich.





    Interessant finde ich, dass, je näher der Tag der Tat kommt, Raskolnikow immer öfter mit Gott spricht und überall Zeichen sieht, die zur Tat führen. Ist das seine Art der Rechtfertigung?


    Hier gibt es eine Parallele zu Marmeladow, der auch sein Verhalten zu Gott und Vergebung in Beziehung setzt. Vielleicht werden hier zwei Positionen der Gestaltung von Nähe zu Gott in diesem irdischen Jammertal angerissen, die später noch Bedeutung erhalten.





    Die Überlegungen Raskolnikows deuten zwar auf eine Tat hin und annehmbar ist, dass es um die Frau geht, da er sich ja wegen seines Auffälligen Hutes Gedanken macht und sich ärgert, dass er keine Kappe trägt. Der Leser erfährt so recht deutlich, dass etwas geplant ist und aber auf einen Mord deutet noch nichts hin.


    Der deutsche Hut ist sehr interessant. Es fällt auf, wie oft und in welchen Zusammenhängen Verweise auf etwas Deutsches gegeben werden: der Hut; der Mieter im Haus der Pfandleiherin, der ausgezogen ist; die Bilder mit den deutschen Damen und den Vögeln in der Wohnung der Pfandleiherin. Das legt nahe, dass es einen Zusammenhang zwischen etwas Deutschem und Raskolnikow oder der Tat geben könnte.





    Allerdings fand ich die Szene mit dem betrunkenem Mädchen ein wenig merkwürdig. Vielleicht hab ich ja was überlesen?! Na ja, einfach mal weiterlesen, würd ich sagen. ;)



    Genau wie Avila fand ich die Szene mit dem Mädchen auch merkwürdig. Ich finde das passt gar nicht zu der Handlung. Vielleicht wird Raskolnikow das Mädchen später ja wieder treffen. Ich bin schon gespannt was ihr zu dem letzten Kapitel sagen werdet und ob ihr das auch so spannend fandet wie ich. :breitgrins:


    Ich finde, diese Szene zeigt zum einen das (leicht entflammbare) Temperament Raskolnikows und zum anderen sein "gutes Herz". So hatte bereits seine Mutter im Brief mitgeteilt, dass er von der Ehe etc. erst so spät informiert wurde, da sie seinen "Charakter kenne" und er alle Hebel in Bewegung gesetzt hätte, um (vielleicht auch tätlich) einzugreifen. Es wurde ja schon vorher deutlich, dass er ein recht reizbarer Mensch ist (und wohl immer war). Andererseits möchte er aber auch das Mädchen beschützen, damit es nicht das gleiche Schicksal teilen muss wie Sonja und ein Opfer wird.


    Die Begründung möchte ich noch ergänzen um eine Vermutung. Vielleicht ist dies eine von mehreren „guten“ Taten, die in der Summe in einem späteren Zusammenhang noch Bedeutung bekommen.


    Liebe Grüße,
    mohan :winken:

    Einmal editiert, zuletzt von mohan ()


  • Stand: Ende Teil I
    Nach eurer Diskussion Marmeladows habe ich noch mal über ihn nachgedacht, weil er mir tendenziell unsympathisch war. Nun ist er mir zuwider. Gründe dafür habt ihr schon genannt. Er ist darüber hinaus, was ich für das Verständnis seiner Person grundlegend finde, äußerst manipulativ. ...


    Ich hoffe doch, dass wir jetzt nicht zu manipulativ waren. :zwinker:



    Der deutsche Hut ist sehr interessant. Es fällt auf, wie oft und in welchen Zusammenhängen Verweise auf etwas Deutsches gegeben werden: der Hut; der Mieter im Haus der Pfandleiherin, der ausgezogen ist; die Bilder mit den deutschen Damen und den Vögeln in der Wohnung der Pfandleiherin. Das legt nahe, dass es einen Zusammenhang zwischen etwas Deutschem und Raskolnikow oder der Tat geben könnte.


    Mir ist auch aufgefallen, dass es immer wieder Verweise auf etwas/jemanden Deutsches gibt. Doch abgesehen von deiner Vermutung, könnte dies doch auch nur den Zeitgeist treffen (dass das Deutsche zum damaligen Zeitpunkt eine 'historisch' wichtige Position innehatte).


    Einige deiner Bemerkungen haben in mir den Verdacht aufkeimen lassen, dass du das Buch schon einmal gelesen hast?! Oder bist du einfach nur sehr vorausschauend?


    Liebe Grüße,
    bimo


  • Ich hoffe doch, dass wir jetzt nicht zu manipulativ waren. :zwinker:


    Nein, natürlich nicht. Ich bin einfach nur eine formbare Masse (Marmelade?) und dankbar für jede Orientierung.


    Mir ist auch aufgefallen, dass es immer wieder Verweise auf etwas/jemanden Deutsches gibt. Doch abgesehen von deiner Vermutung, könnte dies doch auch nur den Zeitgeist treffen (dass das Deutsche zum damaligen Zeitpunkt eine 'historisch' wichtige Position innehatte).


    Es ist allein auf den ersten Seiten in wichtigen Zusammenhängen der Pfandleiherin und des Mordvorhabens so gehäuft, dass ich an eine liebevolle Verbeugung des Verfassers vor dem Zeitgeist nicht glauben kann. Vielleicht liegt diese Einschätzung auch einfach nur daran, dass ich überwiegend kürzere Texte lese, in denen alles gezielt gesetzt ist. Das hat mich ein wenig paranoid werden lassen, weshalb ich jetzt dauernd etwas zwischen den Zeilen vermute. :redface: :rollen:




    Einige deiner Bemerkungen haben in mir den Verdacht aufkeimen lassen, dass du das Buch schon einmal gelesen hast?! Oder bist du einfach nur sehr vorausschauend?


    Zwar ist Dostojewskij einer meiner Lieblingsautoren, weshalb ich auch schon Bücher von ihm gelesen habe - oder verhält es sich andersherum? Aber dies sind bis auf den Idioten nur relativ kurze Sachen. Also: nein, gelesen habe ich ihn noch nicht. Ich lese mehr in die Breite, lieber Autoren, die ich noch nicht kenne, abgesehen von wenigen wie Fontane, Dickens und Wilde, von denen ich alles kenne - zumindest, soweit veröffentlicht.


    Zu deiner letzten Frage kann ich nur sagen, dass man in diesem Land schon politisch gezwungen ist, vorausschauend zu sein. Das bleibt natürlich nicht folgenlos.


    Liebe Grüße,
    mohan

  • Es ist allein auf den ersten Seiten in wichtigen Zusammenhängen der Pfandleiherin und des Mordvorhabens so gehäuft, dass ich an eine liebevolle Verbeugung des Verfassers vor dem Zeitgeist nicht glauben kann.


    Ich habe noch einmal das erste Kapitel überlesen und tatsächlich, das Deutsche wird immer/meist mit negativen Dingen assoziiert. So ist Raskolnikows Hut alt, verbraucht und ein mögliches 'Indiz' für seine Schuldigkeit. Das Bild mit den deutschen Damen hängt im Zimmer der bösen Wucherin und der Deutsche, der ausgezogen ist, war ein Beamter (ich erwähne hier ein Klischee :zwinker:).


    Einen bestimmten (Hinter-)Grund muss es doch aber geben, wieso ausgerechnet das Deutsche mit schlechten Dingen in Verbindung gebracht wird.


    Naja, ich schätze/hoffe, das erfahren wir noch.


    bimo :winken:

  • Ich habe noch einmal das erste Kapitel überlesen und tatsächlich, das Deutsche wird immer/meist mit negativen Dingen assoziiert. So ist Raskolnikows Hut alt, verbraucht und ein mögliches 'Indiz' für seine Schuldigkeit. Das Bild mit den deutschen Damen hängt im Zimmer der bösen Wucherin und der Deutsche, der ausgezogen ist, war ein Beamter (ich erwähne hier ein Klischee :zwinker:).


    Einen bestimmten (Hinter-)Grund muss es doch aber geben, wieso ausgerechnet das Deutsche mit schlechten Dingen in Verbindung gebracht wird.


    Ich habe eine Antwort auf meine Frage gefunden. Auf der Such nach dem Personenverzeichnis, ist mir ein Satz im Nachwort förmlich ins Auge gesprungen:


    "Dem deutschen Kulturanteil innerhalb Rußlands wird mit bitterstem Hohn begegnet [...]. Raskolnikows 'deutscher Hut' ist artfremde Kopfbedeckung, die ebenso artfremde Gedanken signalisiert. Mächtig sein wie Napoleon und reich sein wie Rothschild, das sind die Verführungen Europas, die am bedrohlichsten präsent sind. ..." (Horst-Jürgen Gerigk)


    bimo :winken: