David Benioff - Stadt der Diebe

Es gibt 32 Antworten in diesem Thema, welches 13.907 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kiba.

  • Schade Jari, dass dich das Buch nicht überzeugen konnte. Ich kann deine Kritikpunkte sogar nachvollziehen, es ist keine wirklich spannungsgeladene Geschichte. Dennoch, für mich ist es nach wie vor eines der absoluten Highlights der letzten Jahre.


    Wie gut, dass die Geschmäcker verschieden sind, sonst hätten wir hier schließlich nie etwas, worüber wir diskutieren könnten. :winken:


    Viele Grüße
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Ich finde es auch schade, aber natürlich hast du Recht, Muertia. Es wäre langweilig, wenn wir alle denselben Geschmack hätten. Aber ich denke wirklich, dass meine zu hohen Erwartungen mir den Lesegenuss verdorben haben. Man hört so viel Gutes über "Stadt der Diebe" und wenn man sich dann ans Lesen macht, hat sich eine gewisse Erwartungshaltung gebildet. Erfüllt sich diese nicht, ist man enttäuscht...

    //Grösser ist doof//


  • Man hört so viel Gutes über "Stadt der Diebe" und wenn man sich dann ans Lesen macht, hat sich eine gewisse Erwartungshaltung gebildet. Erfüllt sich diese nicht, ist man enttäuscht...


    Das stimmt. Mir ging es auch schon mit einigen Büchern so, die hoch gelobt wurden. Man geht tatsächlich mit dem Gefühl an das Buch, dass es einfach gut sein muss und freut sich schon vorher so sehr, dass man dann eben bei dem einen oder anderen Buch doch während des Lesens feststellen muss, dass es eher enttäuscht als begeistert. Zum Glück ist das nicht immer so. Wobei ich auch der Meinung bin, dass jedes Buch auch genau zu der aktuellen Stimmung des Lesers passen muss. Vielleicht würde die Wertung im einen oder anderen Fall viel besser ausfallen, wenn man das Buch nur zu einem anderen Zeitpunkt zur Hand genommen hätte.


    Viele Grüße
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Stimmt. "Stadt der Diebe" hätte ich wohl nicht gelesen, wenn es durch eine Empfehlung auf meiner Jahresendspurt-Liste gelandet wäre. Also "musste" ich es ja lesen. Vielleicht hätte es mir tatsächlich mehr zugesagt, wenn ich noch etwas gewartet hätte. Oder es wäre noch einige weitere Jahre auf dem SUB vermodert... :breitgrins:

    //Grösser ist doof//

  • Jari, ich kann deine Kritikpunkte nachvollziehen.


    Da ich weiß, dass Benioff eigentlich Drehbuchautor ist und daher mehr fürs Fernsehen oder Kino schreibt (siehe "Game of Thrones" und "The 25th Hour" - beides sehr gute Produktionen), habe ich dieses Buch auch fast wie einen Kinofilm gelesen. Man merkt schon an den Dialogen, dass sich die Geschichte vermutlich besser auf der Leinwand machen würde.


    Leo (auf Englisch ohne "w" :zwinker:) war für mich auch nicht unbedingt eine Identifikationsfigur, aber ich mochte ihn sehr gerne. Mein Herz gestohlen hat aber Kolya. was für ein Typ. :flirt: Die Kälte und der Krieg in nicht ganz so offensichtlichen Facetten waren wunderbar dargestellt. Ich erinnere mich mit Grauen an die Szene


    Und wie man sieht, bleibt die Lektüre auch länger im Gedächtnis. Für mich war "Stadt der Diebe" auch ein Highlight, aber ich verstehe total, dass einem zu viele gute Meinungen am Ende den Lesegenuss fast ein wenig verderben können. Da träumt man von etwas Überwältigende und dann ist es doch "nur" ein gutes Buch. :breitgrins:
    (Ist mir ja erst kürzlich mit "Der Name des Windes" genauso gegangen. Zu viel Hype, zu große Erwarungen.)


    IMDB hat zwar zu einer Filmversion nichts zu sagen, aber meine Daumen bleiben weiterhin gedrückt. :winken:

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Interessant, ich wusste gar nicht, dass Benioff ein Drehbuchautor ist. Dann wäre es bestimmt interessant, wenn "Stadt der Diebe" auch verfilmt würde. Vielleicht wäre das dann sogar eine der wenigen "guten" Bücherverfilmungen? Falls je ein Film erscheint, werde ich ihn mir bestimmt anschauen :smile:


    Die erwähnte Szene fand ich auch ziemlich deftig, obwohl es eigentlich auch nichts Neues war. Auch Hunde, Pferde und andere Tiere mussten unter den Kriegswirren leiden. Ein Bild, das mir jedoch geblieben ist, ist

    Da musste ich dann doch etwas schlucken.

    //Grösser ist doof//


  • Dank meines kürzlich angeschafften Büchereiausweises kann ich mir jetzt endlich aaaaaalle Bücher ausleihen, die mich hier schon seit längerer Zeit antriggern, und es sind bisher nur Juwelen dabei gewesen. Danke, LitSchock, dass es Dich gibt!

    Dem kann ich mich nur anschließen! Ich weiß Bibliotheken erst wieder richtig zu schätzen, seit ich hier mitlese.


    Auf "Stadt der Diebe" bin ich natürlich auch durch das Forum gekommen. Habe es gestern Nacht angefangen und bis heute Morgen durchgelesen. Ich konnte es einfach nicht aus der Hand legen.
    Die Geschichte selbst stellte für mich ein emotionales Auf und Ab dar. Kolja hat mich oft zum Lachen (und mein Herz zum Klopfen :breitgrins:) gebracht, während die Dinge, in die die Jungs reinstolperten mich erschütterten. Das war schon eine sehr interessante Leseerfahrung.


    Mein Lieblingssatz:
    "Wenn Vera [...] nicht vor Angst hingefallen wäre, würde ich jetzt nicht mit einem geistesgestörten Desateur durch die Straßen von Piter spazieren und Eier suchen."
    (Und das kurz nach Ostern... :breitgrins:)


    Kurzum, von mir gibt's
    5ratten



    LG,
    Kuroi

  • Auch von mir gibt es 5ratten !


    In zwei Tagen durchgelesen, weil ich nicht mehr aufhören konnte.Brutale Szenen- zugegeben- aber es ist Krieg und verwoben mit der Geschichte dieser außergewöhnlichen Freundschaft absolut lesenswert.

    Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark.Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen.Hermann Hesse

  • Meine Meinung:


    Ich kann mich den positiven Rezis anschließen, auch mir hat das Buch sehr gut gefallen. Nachdem ich mit dem Buch angefangen habe, konnte ich es nicht mehr weglegen. Schon alleine die Idee mit der Eierbeschaffung finde ich wunderbar, wenn es auch natürlich grotesk ist, daß manche Menschen unbedingt eine Hochzeitstorte brauchen, während andere inmitten der Kriegswirren hungern und frieren.


    Es ist ein tolles Buch über Freundschaft (Kolja hätte ich auch gerne kennengelernt :breitgrins:) inmitten des Wahnsinns des Zweiten Weltkrieges.


    5ratten

    Liebe Grüße

    Karin

  • Zwei Menschenleben, die nicht mehr wert sind als ein Dutzend Eier. Auch wenn die Geschichte erfunden ist, fällt die Vorstellung nicht schwer, dass solche oder ähnliche Ereignisse wirklich stattgefunden haben, selbst solche abstrusen Aufträge, Eier für eine Torte aufzutreiben, während das halbe Land ums Überleben kämpft.


    Lew ist ein unauffälliger Typ, kein Kind mehr, aber auch noch kein Mann, und noch auf der Suche nach seinem Platz im Leben. Kolja dagegen scheint schon angekommen zu sein. Was er nicht durch Taten erreichen kann, versucht er mit Witz und Überredungskraft zu erzielen. Für meine Begriffe war er oft zu forsch. Im wahren Leben hätten sich die beiden wohl nicht die Zeit genommen herauszufinden, ob sie etwas miteinander anfangen können, dazu sind sie zu verschieden. Aber da sie die Aufgabe gemeinsam lösen müssen, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich zusammenzuraufen. Letztlich ergänzen sie sich gerade wegen ihrer Verschiedenheit und helfen sich gegenseitig, wenn auch die persönlichen Bedürfnisse auf unterschiedlichen Ebenen bestehen.

    Die Schilderung des Krieges und seiner Auswirkungen noch weit hinter der Front lassen einem manchmal regelrecht den Atem stocken. Die Faszination dieser Geschichte liegt neben der ungewöhnlichen Freundschaft sicher zu einem guten Teil in den haarsträubenden Gefahren, die sie bestehen müssen. Es ist nur fragwürdig, ob eine solche Anhäufung von Ereignissen in dieser kurzen Zeit überhaupt realistisch ist.


    Ich hatte mir von dem Buch mehr erwartet. Die Charaktere sind noch in Ordnung, doch Schilderungen der Geschehnisse hätte ich mir eingehender gewünscht und dafür dezenter. Ein bisschen merkt man, dass David Benioff auch als Drehbuchautor tätig ist. Bei so mancher Szene kam es mir vor, als schielte er schon mit einem Auge nach Hollywood. Berührt hat mich die Geschichte trotzdem, daher gibt es


    4ratten

  • Meine Meinung
    Bin ich hier die Einzige die nicht wußte, dass David Benioff Drehbuchautor ist? Das ist mir erst hier im Thread aufgefallen und es erklärt mir einige Szenen die ich sehr spektakulär fand. Das meine ich nicht negativ, aber für ein Buch waren sie schon gewaltig.


    Ich habe Stadt der Diebe für meine Verhältnisse recht lange auf dem SUB gehabt, weil ich mich nicht an das Buch getraut habe. Ich habe es beim Stöbern in der OnLeihe entdeckt und konnte mich erinnern, dass es hier erwähnt worden ist. Also habe ich zugegriffen. Beim Lesen der Inhaltsangabe war ich mir nicht mehr sicher, ob es wirklich etwas für mich ist, weil ich den Titel mit einem anderen Buch verwechselt habe. Aber dann ging es mir wie den meisten: ich habe Stadt der Diebe regelrecht verschlungen. Manches hat mich zum Lachen gebracht, anderes zum Nachdenken.... es ist eine gelungene Mischung, die uns der Autor präsentiert.


    Trotzdem geht es mir ähnlich wie Doris. Ich hätte zwar nicht mehr erwartet, weil ich keinerlei Erwartungen an das Buch hatte. Aber an manchen Stellen hätte ich mir ein bisschen weniger große Bilder, dafür aber mehr Gefühl gewünscht.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Lew Beniov ist siebzehn, als die Deutschen im Winter 1941/42 Leningrad belagern. Die Bevölkerung ist ausgehungert, Brennstoff genauso rar wie Lebensmittel, die Verzweiflung wächst. Als Lews Mutter und Schwester die Stadt verlassen, bleibt er zurück, er will kein Feigling sein und gegen die Deutschen kämpfen, obwohl er, abgemagert und eher ein Denker als ein Sportler, nicht gerade die besten Voraussetzungen dafür mitbringt.


    Aufgrund einer Dummheit landet er im berüchtigten Gefängnis von Leningrad und trifft dort in einer düsteren Zelle auf Kolja, einen jungen Soldaten, der angeblich desertiert ist. Die beiden sind sich sicher, dass die den nächsten Tag nicht überstehen werden - doch das Schicksal in Form eines Offiziers, dessen hübsche Tochter am darauffolgenden Wochenende heiraten soll, hat andere Pläne mit ihnen. Trotz der Belagerung und der Lebensmittelknappheit soll es ein rauschendes Fest werden. Der liebende Vater hat auch schon für alles gesorgt, nur die Eier für die Hochzeitstorte fehlen, denn Eier hat in ganz Leningrad seit Monaten niemand mehr gesehen, geschweige denn gegessen. Nun stellt er Lew und Kolja in Aussicht, ihr Leben zu verschonen, wenn sie es schaffen, innerhalb der nächsten paar Tage ein Dutzend Eier aufzutreiben.


    Die beiden ergreifen die Chance, ohne so recht zu wissen, wo sie eigentlich anfangen sollen zu suchen, und eine wahre Odyssee beginnt, in deren Verlauf die beiden Jungen mit ungeahnten Gefahren und Grausamkeiten konfrontiert werden.


    Ich hatte das Buch schon jahrelang auf dem SUB und nie so wahnsinnig Lust, es zu lesen, doch David Benioffs lebendiger Erzählstil hat mich sehr schnell gepackt, und ich mochte auch Lews oft ein wenig selbstironische Erzählweise. Er ist kaum mehr als ein Junge, unter Intellektuellen aufgewachsen, der gerne Schach spielt und harmlosen Phantasien über seine junge Nachbarin nachhängt, als durch den Krieg und die Belagerung alles aus den Fugen gerät und er plötzlich in diese "Mission Hochzeitstorte" hineingerät. Er und Kolja sind ein ungleiches Paar, das sich wahrlich nicht immer einig ist - dass sie eben nicht gleich dicke Kumpels werden, sondern sich manches Mal gehörig auf den Wecker gehen, hat mir gut gefallen.


    Was sie auf ihrer Wanderung durch den eisigen Hungerwinter mitbekommen und auch am eigenen Leib erleben, körperliche Gewalt wie seelische Grausamkeit, ist nichts für schwache Mägen und manchmal fast "too much", könnte andererseits aber auch gut so passiert sein in dieser Zeit. Diversen Schrecknissen steht aber auch einiger Humor gegenüber, wobei man an einigen Stellen merkt, dass es sich um spätpubertäre oder gerade knapp der Pubertät entwachsene Jungs handelt (der eine oder andere Gag unterhalb der Gürtellinie hätte jetzt nicht unbedingt sein müssen).


    Dass Benioff auch Drehbuchautor ist (u.a. Co-Autor der Serie "Game of Thrones"), verwundert nicht - er hat ein Händchen für bildgewaltiges Erzählen, ohne dafür allzu viele Worte aufwenden zu müssen, und lässt vor dem inneren Auge des Lesers richtiggehend einen mitreißenden Film ablaufen. Dabei ist es ihm für meine Begriffe ziemlich gut gelungen, die Balance zwischen Grauen, Gefühl und (Galgen)Humor zu finden.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





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  • David Benioff


    Stadt der Diebe


    City of Thieves


    Winter 1941/1942
    Leningrad wird von den Deutschen belagert, ausgehungert. Jede Nacht fallen Bomben auf die Stadt. Die Einwohner, die nicht rechtzeitig aus der Stadt nach Osten geflüchtet sind, hungern und verhungern. Es gibt bereits Kannibalismus.


    Der 17jährige Lew wird beim Ausplündern einer deutschen Leiche erwischt. Eigentlich steht darauf sofortige Todesstrafe. Aber er und sein Zellengenosse Kolja, ein Deserteuer, haben Glück im Unglück: Sie erhalten von einem hohen Offizier einen Spezialauftrag: Sie sollen innerhalb einiger Tage 12 Eier für die Hochzeit der Offizierstochter organisieren. Im komplett ausgehungerten Leningrad zwar ein Unternehmen ohne jede Aussicht auf Erfolg, aber immerhin eine Überlebenschance für die beiden jungen Männer. Sie brechen gemeinsam auf…


    Eine Geschichte voller Gewalt, Angst, Wut, Traurigkeit, Freundschaft, Überlebenswille, Mut. Durchaus empfehlenswert!


    Zitat

    An Vika zu denken hatte mich von meinem Hunger abgelenkt; nun brauchte ich etwas, um mich von meiner Ablenkung abzulenken.


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Bechdel-Test: :pueh:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.