FAZ: Literaturkritik im Videoblog. Ein zarter Flirt mit dem Warenfetisch

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  • Interessant. Der Feuilleton der FAZ prügelt um sich. Da scheint sich jemand schwer getroffen zu fühlen. Schade, dass in der Literatur dieser eisige Wind der Konkurrenz herrscht. Als ob eine Ko-Existenz nicht völlig problemlos möglich wäre. Aber dem Autor des Artikels scheinen Nichtleser lieber zu sein als Leser von "Bestsellerlistenschrott". Bedauerlich, finde ich. Sehr bedauerlich. Und der ziemlich angepisst geschriebene Artikel deutet keinen sehr erweiterten Horizont an.


    Literaturkritik im Videoblog Ein zarter Flirt mit dem Warenfetisch


    Ich mag diese "Marzipanherzen-Mädchen" zwar selbst auch nicht - ebensowenig kann ich mit diesen Video-Rezensionen anfangen, aber der Feuilleton bedient doch auch eine ganz andere Zielgruppe als die Biss-Leserinnen. Ist es da nicht ganz normal, dass deren Sprache auch der Zielgruppe (der die Video-Bloggerinnen auch selbst angehören) angepasst wird? Wäre es nicht ausgesprochen seltsam, wenn nun ein 13jähriges Mädel (keine Ahnung, wie alt diese Reni aus dem Beispiel ist) wie eine Literaturdozentin über ein Jugendbuch referiert? Kein anderes 13jähriges Mädel würde sich das ansehen.


    Was meint ihr dazu?

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Ich bin da völlig Deiner Meinung, nimue!


    Ich mag diesen giftigen Tonfall nicht und diese künstliche Gegenüberstellung von Extremen. Wie so oft hätte ich es schöner gefunden, einen Mittelweg zu gehen zwischen der hochgepriesenen (und vielleicht etwas verkopften) Feuilleton-Schiene und den zuckersüß-übersprudelnden "Marzipanmädels" - es gibt doch inzwischen so viele großartige Bücherwebsites und -blogs, die von "Laien" geschrieben werden (wobei ich den Begriff in dem Zusammenhang überhaupt nicht mag) und qualitativ sehr gut sind.


    Und wer weiß, ob nicht einige der Rosa-Wölkchen-Teenies in ein paar Jahren zum einen oder anderen Klassiker greifen, nachdem sie durch Bella-und-Edward-Schmachtfetzen das Lesen liebengelernt haben und der Lesegeschmack mit den Jahren gereift ist? ;)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Zitat

    Um welche Bücher geht es in den Vlogs?
    Um Bücher von Cornelia Funke, Kerstin Gier, Stephenie Meyer, Charlotte Roche, Joanne K. Rowling. Der ganz normale Bestsellerlistenschrott also. Frauenliteratur, natürlich, aber nicht nur.


    Nun weiß ich wieder, warum ich keine Literaturbesprechung im Feuilleton lese. :breitgrins:
    Den Artikel sollte man gar nicht weiter beachten.


    Grüße von Annabas :winken:


  • Den Artikel sollte man gar nicht weiter beachten.


    Eigentlich hast Du recht, aber ich ärger' mich trotzdem über sowas. Arroganz kotzt mich ganz einfach an.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Huhu, ihr Lieben!


    Oh, was ärgere ich mich gerade. Nicht nur, dass auch mir der Tonfall dieses Artikels höchst missfällt, ich kenne sogar das Mädchen, das da als Vollidiot hingestellt wird von einem ihrer Videos. Ich gucke jetzt schon seit einigen Monaten öfter solche Video-Bücherblogs und finde manche davon wirklich reizend. Es gibt Leute, die können sich gar nicht ausdrücken und drucksen und kichern herum (genauso wie es Leute gibt, die sich schriftlich nicht so gut ausdrücken können) und es gibt solche, die machen einem Bücher dermaßen schmackhaft, dass man schon mit der Pfeiltaste auf dem Amazon-Button ist. Sicher gibt es da auch viel wirklich Schlechtes, aber wo gibt es das nicht.


    Sich ein Mädchen so rauszusuchen finde ich unter aller Sau. Einerseits ist das großartige Werbung für sie, andererseits ist sie - finde ich - auch nicht repräsentativ, da sie soweit ich das mitbekommen habe, auch noch über viele andere Theman (Gott bewahre, eines davon ist Make-Up *sarkasmus wieder aus*) dreht. Ich gucke etwa gerne Kossis Welt - so bin ich auf Sebastian Fitzek gekommen und obwohl der bestimmt nie vom Feuilleton geliebt wurde, habe ich selten so spannende Lesestunden erlebt.


    Videoblogs sind - wie Podcasts - ein Teil meines bücherverrückten Lebens und füllen eigentlich nur ein weiteres Medium mit Büchern. Das finde ich schön, auch wenn sich diese Vlogger dann manchmal über Edwards Hände oder Kerstin Giers Marzipanherzen auslassen. Ich gucke weiterhin meine Kossi und die Glimmerfeen und freue mich, weil die immer noch um Welten besseres "Fernsehen" machen als das was im echten Fernsehen so läuft.


    Liebe Grüße,
    Wendy


    P.S.: Über die "Klasse" Literatur, die ja so furchtbar schlecht sein soll, weil sie von vielen geliebt wird, fange ich gar nicht an zu reden. :rollen: Soll doch jeder lesen, was er will. Gerne auch bunt gemischt. (Ich ziehe mich jetzt aus Trotz mit einem John Irving und eine Diana Gabaldon - Frauenliteratur, jaja - ins Bett zurück!)

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Bescheuert. Zuerst wundern sich sämtliche Kritiker, warum so wenige Jugendliche lesen, und wenn sie Bücher dann sogar noch kommentieren, werden sie allesamt niedergemacht.
    Blöd auch, dass alle über einen Kamm geschert werden, sowohl Bücher, als auch Internetrezensenten.


    In einem Punkt kann ich die FAZ noch verstehen. Typische Teenies in diesem Alter könne etwas unglaublich nervendes an sich haben, und wenn sie dann noch "Literaturkritk" betreiben... Vielleicht reagiert man so sauer, wenn man sich das zu oft angetan hat.


    Aber das ist natürlich keine Entschuldigung für solch einen Artikel.



    Und wer weiß, ob nicht einige der Rosa-Wölkchen-Teenies in ein paar Jahren zum einen oder anderen Klassiker greifen, nachdem sie durch Bella-und-Edward-Schmachtfetzen das Lesen liebengelernt haben und der Lesegeschmack mit den Jahren gereift ist? ;)


    Der Verlag der Bis(s)- Bücher hat inzwischen eine Bella-und- Edward-Sturmhöhe-Edition rausgegeben. Teenager zum Lesen bewegen finde ich zwar lobenswert, aber dann ein Buch wie "Sturmhöhe" mit dem Untertitel "Edwards und Bellas- Lieblingsbuch" rauszugeben, ist etwas gewöhnungsbedürftig. :rollen:

    Ein Zimmer ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele ~ Marcus Tullius Cicero

  • Ich finde den Artikel so daneben, dass ich schon wieder lachen muss.


    Ist doch schön, wenn die Jugendlichen lesen, und sei es auch nur der "Schund" von den Bestsellerlisten - damit sind sie ja immerhin in guter Gesellschaft, sonst wären die besagten Bücher ja keine Bestseller.


    Ich kann mit Videorezensionen auch wenig bis gar nichts anfangen und bei vielen Blogs rollen sich mir aufgrund Ausdrucksweise und mangelhafter Rechtschreibung die Fußnägel hoch - aber es zwingt mich ja niemand, das zu lesen... genausowenig wie eine gähnend langweilige Rezension über ein hochliterarisches Buch, wo ich mit meinem beschränkten Durchschnittsleser-Gehirn doch weder das eine noch das andere verstehe :breitgrins:

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**

  • Ich sehe mir keine Videorezensionen an, weil ich nichts damit anfangen kann. Trotzdem finde ich den Artikel einfach nur daneben. Aber auch sehr aufschlussreich, was die beiden Männer im Interview angeht:


    Zitat

    Seit es massenhaft Blogs und Vlogs gibt, haben nicht nur die Nachrichtenformate der Zeitungen und Zeitschriften eine fast schon letale Konkurrenz bekommen, sondern eben auch das Feuilleton.


    Da hat doch nicht etwa jemand Angst, dass ihm die Felle wegschwimmen??? :breitgrins:

  • Den Artikel hatte ich gestern (oder vorgestern :gruebel: ) schon entdeckt, Reni hatte ihn getwittert :breitgrins: (Sie ist übrigens Anfang 20 ;) )
    Ein wenig amüsant finde ich ja, dass der Autor des Artikels sich ausgerechnet sie ausgesucht hat, die vielleicht etwas mehr als eine Handvoll Büchervideos gemacht hat und ansonsten nur Kosmetik, etc. :rollen: :breitgrins: Als Beispiel finde ich das dann etwas mager, da es genug Youtuber gibt, die nur Büchervideos machen und teilweise auch ziemlich professionell. Aber gut, so passt es ja in genau das Schema, das sich der Autor ausgedacht hat ;)



    Den Artikel sollte man gar nicht weiter beachten.


    Und genauso sehe ich es auch.
    Der Autor hätte ein interessanten Artikel dazu schreiben können, wenn er mal mehr und gründlicher recherchiert hätte. So ist es, zumindest in meinen Augen, ein Armutszeugnis für ihn selbst. Traurig.

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice

  • Ich bin mir auch gerade nicht sicher, ob ich darüber lachen oder mich ärgern soll.


    Ich sehe mir nur selten solche Vlogs an, aber was kann so verwerflich daran sein, wenn Leser über ihre große Liebe, nämlich das Lesen und Bücher, reden? Und genau das ist für mich auch der Unterschied zwischen diesen "Marzipanherzen-Mädchen" und richtiger Literaturkritik. Das eine ist eine Leidenschaft, das andere in erster Linie erst einmal ein Job, mit dem die Autoren ihr täglich Brot verdienen. Und wie ihr auch schon geschrieben habt bedienen beide ganz andere Leser. Den FAZ-Literaturkritik-Leser, der nun sein Abo abbestellt und sich stattdessen lieber die Videos auf YouTube reinzieht, den möchte ich erst mal sehen. Also soll der gute Herr Maye sich mal nicht vor Angst ins Hemd machen.


    Aber nicht, dass nimue bald das Forum dicht macht, weil man ja nur als studierter Literaturkritiker öffentliche Rezensionen schreiben darf! Weiß Harun Maye von unserem bunten Treiben hier?! :entsetzt:

    ~ The world is quiet here ~

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  • Mit Videorezensionen kann ich auch nicht so viel anfangen (ich lese halt lieber :breitgrins: ).


    Bei so einem Artikel frage ich mich auch ob ich lachen (weil diese Einstellung so unfassbar dämlich ist) oder weinen (weil man selbst das Maß aller Dinge ist und der Rest nur Schund ist) soll.

  • *lach* Jetzt berichtet schon die FAZ über xKarenina (die übrigens so heißt, weil sie das Buch Anna Karenina von Tolstoi sehr mag). Eigentlich ist sie auch eins der Schmink-Mädels auf Youtube (eine der erfolgreichsten dazu) und keine Buchvloggerin, aber das ist wohl ganz egal.


    Fragt sich nur, welches Marzipanherzen-Mädchen den Autoren da über die Leben gelaufen ist. Die verallgemeinernde, abschätzige Art, wie hier über Leserkritik im Netz gesprochen wird, kann man einfach nicht ernstnehmen. Als erwachsene, gebildete "Literaturkritiker" so über junge Frauen und ihre Schwärmereien herzufallen ist reichlich unwürdig.


    Ich frage mich nur immer wieder, warum all die tolle, wertvolle Literatur diesen Menschen weder Einfühlungsvermögen noch Bescheidenheit oder gar Toleranz beibringen kann.

    Einmal editiert, zuletzt von Pandora ()


  • Aber nicht, dass nimue bald das Forum dicht macht, weil man ja nur als studierter Literaturkritiker öffentliche Rezensionen schreiben darf! Weiß Harun Maye von unserem bunten Treiben hier?! :entsetzt:


    Pst!! Nicht, dass er noch dieses Forum entdeckt und dann darüber schreibt, wie verwerflich es doch ist, dass hier auch über "Frauenliteratur" geschrieben wird. Und dann auch noch über TEE!!!*fg*


  • *lach* Jetzt berichtet schon die FAZ über xKarenina (die übrigens so heißt, weil sie das Buch Anna Karenina von Tolstoi sehr mag). Eigentlich ist sie auch eins der Schmink-Mädels auf Youtube (eine der erfolgreichsten dazu) und keine Buchvloggerin, aber das ist wohl ganz egal.


    Ach ja, zu den "Schmink-Mädels": Das darf man echt nicht unterschätzen. Ich habe eine Engländerin (oder Schottin, ich hoffe, sie verzeiht mir) früher oft angesehen auf youtube und die Dame hat jetzt ihre eigene Make-Up Linie, weil sie so unglaublich erfolgreich auf youtube war (sie heißt dort panacea). So schminkverliebt bin ich zwar nicht, aber die hat wirklich tolle Videos für Halloween-Make-Up usw.


    Dass aber wirklich für Bücher-Vlogs genau die Schmink-Mädels als Beispiel hergenommen wurden, finde ich ebenso bizarr wie ihr. *kopfschüttel*

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog


  • Pst!! Nicht, dass er noch dieses Forum entdeckt und dann darüber schreibt, wie verwerflich es doch ist, dass hier auch über "Frauenliteratur" geschrieben wird. Und dann auch noch über TEE!!!*fg*


    Oh GOTT! Die KULTUR ist in Gefahr! :ohnmacht::entsetzt:


    Grüße von Annabas :breitgrins:

  • @Annabas 
    :lol:


    Das zeigt halt einmal mehr das auch die FAZ nicht das Maß aller Dinge ist - auch wenn sie sich gerne so darstellt. :breitgrins:
    Ich finde es schon ein Armutszeugnis wenn ein Journalist nicht in der Lage ist vernünftig zu recherchieren und dann lieber mit Vorurteilen und Halbwahrheiten um sich wirft das ist echt RTL Niveau...

  • Vor meinem inneren Auge sehe ich jetzt einen kleinen trotzigen Jungen, der mit dem Fuß rumstampft und wütend ist, weil ihm ein kleines Mädchen die Show gestohlen hat.


    Literaturkritik in diesem Sinn ist mitunter einer der Gründe, weshalb Germanistik für mich als Studium nie in die engere Wahl kam. Ich lese unheimlich gerne (ach ne :breitgrins: ), aber ich mochte nie dieses "Ausschlachten" der Literatur in Motive und "Exposition" und diverese andere Dinge. Das ist mir zu technisch, ich lasse ein Buch lieber auf der emotionalen Ebene wirken. Klar fallen mir auch solche technischen Kniffe auf, aber ich frage mich dann immer, ob nicht viel zu viel in ein Werk hinein interpretiert wird und wieso man ein Buch nicht einfach Buch sein lassen kann :zwinker:

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • tári
    Deshalb hab ich auch nie Germanistik als Hauptfach in betracht gezogen. Zwar hab ich es jetzt als Beifach aber da ist das meiste eher Sprachaufbau und Sprachgeschichte. Außerdem gefällt es mir nicht so gut das der Autor und sein Werk so getrennt betrachtet werden (ich als angehende Historikerin bekomme da das Grauen ;) )

  • Eigentlich tut mir der Herr Maye fast ein wenig leid. Da ist er noch keine 40 Jahre alt (Jg. 72), hat aber keine Ahnung, was in der digitalen Welt vor sich geht und darf sich jetzt schon als abgehängt betrachten.


    Keine eigene Website, kein Facebook-Account, kein Google+-Profil, kein Blog - wieso glaubt der eigentlich, eine so pointierte Meinung zu Vloggern äussern zu dürfen? Nur, weil er studiert hat und jetzt einen auf Medienphilosoph macht? (Lustig, dass Interviewer Jungen das offenbar auch geglaubt hat. Aber der ist ja selber ein ziemlich unbeschriebenes digitales Blatt.) Dabei wäre Philosophie doch das Fachgebiet, in dem man versucht, die Welt und den Menschen zu verstehen, statt über das herzufallen, was man eben nicht versteht.


    Je länger ich darüber nachdenke, desto grösser werden meine Zweifel an der Fachkompetenz des Duos Maye/Jungen. Streng genommen ein Fall von Dilettantentum und damit dieselbe Stufe, über die die beiden Herren im Artikel so schön lästern. Feine Realsatire. (Dass es obendrein recht peinlich ist, wenn sich zwei reife Erwachsene derart über Jugendliche/junge Erwachsene aufregen können, macht es nur noch lustiger.)


    Und schon allein dass Reni den Artikel selber getwittert hat, zeigt, dass sie Verstand und mehr Humor und Grösse hat als die jungen Altherren, die sie in die Pfanne hauen wollten :daumen:

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.