Abdalrachman Munif - Salzstädte

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    1. Band der Pentalogie "Salzstädte"
    Band 2: "Zeit der Saat"
    Band 3: "Das Spiel von Licht und Schatten"
    Band 4: noch nicht übersetzt
    Band 5: noch nicht übersetzt


    Inhalt/Klappentext
    Wadi al-Ujun, das Tal der Wasserquellen. Nur der Regen, die Karawanen und das Gebet bestimmen den Rhythmus der Oase. Bis eines Tages Fremde die Stille jäh zerreißen, Amerikaner, die nur nach einem trachten: dem Öl unter dem Wüstensand. Die Bewohner des Dorfes erkennen bald voller Schrecken, dass ihr Leben nie mehr dasselbe ist. Und auch das Dörfchen Harran, welches nahe der Küste liegt, sieht sich mit Veränderungen konfrontiert.


    Meine Meinung
    Ich muss gestehen, dass ich am Anfang so meine Schwierigkeiten mit dem Buch hatte. Der Sprach- und Schreibstil ist recht eigen, ich würde ihn als hochgestochen bezeichnen. Auch die vielen verschiedenen Namen habe ich zunächst schwer auseinander halten können, was aber einfach an der ungewohnten arabischen Namensgebung lag.


    Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Nachdem ich mich in den Schreibstil eingelesen hatte, konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Interessant finde ich, dass es keine Hauptperson gibt, sondern dass die verschiedenen Geschichten der Menschen erzählt werden und sich parallel dazu die Veränderung des arabischen Lebens beobachten lässt. Oft werden Personen erwähnt, als wäre es ganz natürlich, dass man sie kennt. Und erst in einer späteren Geschichte erfährt man, wer das wirklich ist. Oder andere Personen werden aufwendig eingeführt, um danach nur noch als Randfiguren aufzutauchen. Das kann verwirren, aber ich rate dazu, sich einfach mal darauf einzulassen. Das Buch entwickelt dann nämlich einen starken Sog, dem man sich nur schwer wieder entziehen kann.


    Auch wenn wir uns Anfangs nicht besonders gut vertragen haben, ist mir das Buch mittlerweile ans Herz gewachsen. Ich möchte auf jeden Fall die anderen Teile lesen und hoffe, dass sie alle übersetzt werden. Für mich ein Tipp für alle, die sich gerne mal mit der arabischen Welt beschäftigen möchten.


    Übrigens: Auf Wikipedia ist zu lesen:

    Zitat

    Aufgrund dieser Pentalogie entzog ihm 1989 der saudi-arabische Staat die Staatsangehörigkeit.

    Schon interessant, was Bücher so auslösen können.


    4ratten

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Ich habe ja bis jetzt nur Östlich des Mittelmeers von ihm gelesen, das wohl ganz anders gelagert ist. Einfach zu lesen fand ich das auch nicht, was mehr mit dem Inhalt als dem Stil zu tun hatte. Jedenfalls freue ich mich nach Deinem Kommentar, daß die Bände eins und zwei dieser Pentalogie bei mir auch schon subben, ich wußte gar nicht, daß der dritte auch schon übersetzt ist ...

  • Ich habe gerade deine Rezi zu "Östlich des Mittelmeers" gelesen und es hört sich echt gut an. Ich glaube, dass ich mit Abdalrachman Munif einen neuen Autor für mich entdeckt habe.
    Der Stil ist, finde ich, nicht unbedingt schwer zu lesen, aber gewöhnungsbedürftig. Die Sätze sind oft sehr lang und alles wird aus einer gewissen Distanz erzählt. Ich kann nicht wirklich festlegen, woran es lag. Vielleicht ist es einfach der "arabische" Stil. :gruebel:

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Gestern Abend habe ich mit diesem recht umfangreichen Roman (über 550 Seiten eng bedruckt im Taschenbuch) begonnen.


    Es geht um das Leben in einer saudischen Oase in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts.
    Der von Traditionen geprägte Alltag ändert sich, als plötzlich Amerikaner in der Oase auftauchen.


    Im Moment bin ich noch etwas verwirrt von der Vielzahl der Personen und muss mich auch in den Erzählton noch einfinden. Scheint sich aber zu lohnen.

  • Inzwischen hat sich herausgestellt, dass die Amerikaner, um nach Öl zu bohren, die ganze Oase plattgemacht haben und die Bewohner buchstäblich in die Wüste geschickt haben.
    Großes Elend und Rachgelüste!
    Das Buch erklärt ein wenig die wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der Amerikafeindlichkeit in der arabischen Welt.

  • Nach vier Monaten habe ich das Werk endlich zu Ende gelesen.


    Zum Autor:


    Abdalrachman Munif, 1933 als Sohn eines Saudis und einer Irakerin geboren, wuchs in Saudi-Arabien und im Irak auf, promovierte in Erdölwirtschaft und arbeitete für die OPEC. Seti den 80er jahren arbeitete er nur noch als Schriftsteller. Der unten vorgestellte Roman ist Teil einer fünfbändigen Reihe,die anscheinend den saudischen Machthabern so sauer aufstieß, dass Munif seit Abschluss der Reihe in Damaskus im Exil leben musste, weil ihm die saudische Staatsbürgerschaft entzogen wurde. Er starb 2004.


    Inhalt:


    Auch in den 30erJahren geht in der Oase Wadi al Ujun Jahrhunderten alles seinen gewohnten Gang. Die Oasenbewohner bewirtschaften ihre Felder, in den äußeren Bereichen hält man Weidevieh. Abwechslung bringen nur die durchziehenden Karawanen mit den ihretwegen veranstalteten Märkten. Doch eines Tages erscheinen Fremde, Amerikaner, vor Ort und kurze Zeit später wird die ganze Oase plattgemacht und stattdessen eine Erdölpumpstation mit einem Arbeitscamp errichtet.
    Ibn Rasched, eine angesehene Persönlichkeit aus der Umgebung, dient als Vermittler zwischen den Amerikanern und den Beduinen. Während ihm viele Oasensbewohner auch nach der Zerstörung vertrauen und auf seinen Hinweis hin als Arbeiter in das Küstenstädtchen Harran ziehen, um dort einen Verladehafen für das Erdöl zu bauen, misstraut der aus der für ihre Unabhängigkeit berühmte Sippe Aun stammende Mut’ib Hadal den Umtrieben Ibn Rascheds und verschwindet nach Flüchen auf diesen und die Amerikaner in der Wüste. Für die Beduinen wird er im Folgenden, obwohl er nur noch gerüchteweise auftaucht, zu einem Symbol des Widerstands gegen die „Fremden“.
    Mit der Unterstützung der saudischen Adeligen, insbesondere des Emirs von Harran, beschäftigen die Amerikaner über Jahre hinweg die Beduinen, deren Lebensstandard sich jedoch, entgegen aller Versprechungen, nicht steigert, sondern die im Gegenteil immer stärkeren Repressalien ausgesetzt werden. Die Amerikaner bauen sich eine eigene Stadt und leben im Luxus, während die arabischen Arbeiter in unerträglich heißen Wellblechhütten hausen müssen und keine Möglichkeit haben, ihre Familien nachziehen zu lassen. Schließlich eskaliert die Situation, es kommt zum Streik …. .


    Meine Meinung:


    In diesem Roman taucht man in eine völlig andere Welt ein. Es fiel mir schwer, nachzuvollziehen, wie lange die Beduinen die Repressalien erduldeten, und auf diese Weise zieht sich der Roman auch sehr in die Länge, weil wenig geschieht und es zumeist um Kaffeehausgespräche, Diskussionen zwischen allen Beteiligten und Alltagskonflikte geht. Frauen spielen in dem Buch so gut wie keine Rolle außer als trauernde Mütter und Lustobjekte, auch das etwas, was mir unangenehm aufstieß. In dieser reinen Männerwelt fehlt es dennoch nicht an enervierender Geschwätzigkeit.
    Ich habe einiges darüber gelernt, in welcher menschenverachtenden Weise die Amerikaner, die saudische Oligarchie und die Honoratioren der Orte zusammenarbeiteten (und dies wohl zum Teil auch heute noch tun), um den Rahm des Ölgeschäftes abzuschöpfen. Und ich habe auch gelernt, wie langmütig Menschen Ausbeutung ertragen können und diese durch private Konflikte untereinander überdecken. Eine Lesegenuss war dieser Roman allerdings nicht für mich!

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()

  • Darf ich fragen warum es kein Lesegenuss war. Was hat dir nicht gefallen? Inhalt, Schreibstil? ...


  • Darf ich fragen warum es kein Lesegenuss war. Was hat dir nicht gefallen? Inhalt, Schreibstil? ...


    Das müsste eigentlich durch meine Ausführungen unter "Meine Meinung" deutlich geworden sein.

  • Wenn es so deutlich wäre würde ich ja nicht fragen. Danke für deine aufschlussreiche Antwort.


    Also ist ein Buch mit unangenehmen Inhalt kein Lesevergnügen für dich. Für mich schon, wenn es mich bereichert hat und gut zu lesen war.


  • Wenn es so deutlich wäre würde ich ja nicht fragen. Danke für deine aufschlussreiche Antwort.


    Also ist ein Buch mit unangenehmen Inhalt kein Lesevergnügen für dich. Für mich schon, wenn es mich bereichert hat und gut zu lesen war.


    Ich fand den Inhalt des Buches nicht "unangenehm" und lese in der Regel keine Happyend-Schmonzetten. Ich hatte aus den oben beschriebenen Gründen eine Lesewiderwillen, der mich die Lektüre lang hinziehen ließ. Wenn dir das aber zu wenig ist, will ich gerne noch genauer werden:
    Es fiel mir schwer, mich in die Denkweise der agierenden Personen hineinzufühlen. Ich will dem Buch keineswegs seinen literarischen Wert absprechen, es ist auch "gut" geschrieben, im Sinne eines verständlichen und flüssigen Stils. Und natürlich ist das Thema, wie unten ebenfalls ausgeführt, wichtig und ergreifend. Mir aber fehlt der Spannungsbogen, es wird über alles geredet, Eifersüchte und Animositäten spielen ebenso eine Rolle wie die kaum erträglichen Lebensbedingungen der Arbeiter. Aber all das führt zumeist zu nichts oder erst kurz vor dem Ende. Der Emir ist ein naiver und egoistischer "Vollhorst", der kaum in der Lage ist, über seinen Brillenrand hinwegzublicken und seinen Untergebenen und den Amerikanern alles überlässt, solange er sich mit seinen Spielzeugen beschäftigen kann. Es treten sehr viele Personen auf, die auch gut charakterisiert werden, aber die Masse und auch die mehrfachen, unterschiedlichen Bezeichnungen für jeweils eine Person erschweren die Lektüre und machten es mir schwierig, eine Bindung zu einer der Personen aufzubauen. Manchmal scheint mir Munif auch gegenüber seinen Figuren einige Arroganz walten zu lassen, für mich sind nur wenige sympathisch, sondern meist Karikaturen.


    Hast du denn den Roman gelesen und anders empfunden? Dann würde mich deine Meinung interessieren. Dein Foto unter deinem Avatar lässt eine Sympathie zum arabischen Kulturraum vermuten. Vielleicht meinst du, dass ich den angreifen will. Keineswegs! Ich liebe die Romane von Nagib Machfus und habe auch ein, zwei andere Romane von arabischen Autoren gelesen, die mir recht gut gefallen haben.

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()

  • Danke für deine etwas ausführlichere Erklärung. Ich fühle mich keineswegs angegriffen durch mein Interesse am arabischen Kulturraum.
    Ich habe ganz einfach Salzstätte noch ungelesen im SuB und bin von daher etwas neugieriger.
    Wenn ich es denn aber in den nächsten Jahrzehnten lese werde ich meine Eindrücke hier mitteilen. :winken: