Pat Conroy - Beach Music

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    Jack McCall ist nach dem Selbstmord seiner Frau mit seiner kleinen Tochter Leah aus den USA geflohen, hat sich in Rom niedergelassen und den Kontakt zu seiner Familie völlig abgebrochen, um wieder zu sich selbst zu finden und Leah ohne Hypotheken aus der Vergangenheit großzuziehen. Einige Jahre später holt ihn sein altes Leben aber dennoch ein. Sein alter Freund Mike, inzwischen erfolgreicher Filmproduzent, will einen Film über die gemeinsame Jugendzeit in den Sechzigern drehen und Jack als Co-Drehbuchautor engagieren, und wenig später meldet sich einer von Jacks Brüdern mit der Hiobsbotschaft, dass ihre Mutter todkrank ist und Jack nach Hause kommen soll.


    Widerwillig lässt er sich auf den Trip in die Heimat ein und spürt trotz allem, dass er dort immer noch zu Hause ist und dass er Leah ihre Wurzeln nicht komplett vorenthalten darf. Mit jahrelanger Verspätung beginnt er, alte Traumata aufzuarbeiten und versucht, den Schlüssel zu Shylas tödlichem Sprung von der Brücke zu finden, der offenbar in den grausigen Erfahrungen ihrer Eltern während des Holocausts liegt.


    Wenn ich das Buch in einem Wort zusammenfassen müsste, wäre es "ausufernd". Ausgehend von Jack in der Gegenwart schlägt die Handlung diverse Haken in die Vergangenheit, sowohl in die von Jack als auch die seiner Mutter und seiner Schwiegereltern, geht ein oder zwei Generationen zurück und setzt daraus ein Puzzle zusammen, das letztendlich sowohl den Grund für Shylas Freitod als auch für Jacks eigene Probleme preisgibt.


    So recht bin ich mir nicht im klaren, ob ich das, was hier an schweren Schicksalen, an seelischen und physischen Grausamkeiten und an menschlicher Verkorkstheit zusammenkommt, nun "too much" finde oder nicht - aber es ist so wortgewaltig und eindringlich beschrieben und durch ebenso eindrucksvoll geschilderte Lebensfreude, Freundschaft, Zusammenhalt und Liebe zur Natur und zu guter Küche (wenn Jack kocht, was er häufig tut, läuft mir das Wasser im Mund zusammen) aufgewogen, dass ich insgesamt eine ziemlich positive Bilanz des Buches ziehe. Ja, manches mag etwas übertrieben oder hollywoodig sein, aber es steckt auch viel Wahres, gut Beobachtetes und ganz viel Menschliches darin. Und Conroys Liebe zur Sprache macht das Lesen einfach zum Genuss.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ach, hast du es endlich gelesen ;) Es ist ja immer noch mein Lieblingsbuch von diesem Autor, und leider, leider nicht mehr neu erhältlich. Das hätte ich schon mehrfach richtig gut verkaufen können...


    Ja, natürlich ist es verdammt viel Schicksal usw. Bei vielen Autoren würde ich da anfangen herumzukritteln - aber hier hab ich lieber rumgeheult. Und weil ich sehr gerne Bücher lese, die mich emotional so mitreißen, dass ich aus Herzenslust heulen kann....


    ;-D

  • Ich hab' es endlich WIEDER gelesen :breitgrins: Die erste Lektüre muss schon mindestens 15 Jahre her sein, aber ich war damals total hin und weg von dem Buch. Heute sehe ich ein paar Kleinigkeiten kritischer, aber trotzdem kann man in dem Buch so wunderbar versinken. Conroy verzeihe ich auch so manches, was ich einem anderen vorwerfen würde.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • So recht bin ich mir nicht im klaren, ob ich das, was hier an schweren Schicksalen, an seelischen und physischen Grausamkeiten und an menschlicher Verkorkstheit zusammenkommt, nun "too much" finde oder nicht - aber es ist so wortgewaltig und eindringlich beschrieben und durch ebenso eindrucksvoll geschilderte Lebensfreude, Freundschaft, Zusammenhalt und Liebe zur Natur und zu guter Küche ... aufgewogen, dass ich insgesamt eine ziemlich positive Bilanz des Buches ziehe.


    So ähnlich ging es mir mit dem Buch auch. Einerseits war ich etwas überfordert von all den Dramen, aber irgendwie hat es trotzdem funktioniert, dass ich mehr oder weniger hingerissen war, im Gegensatz zu "South of Broad", wo das leider nicht mehr funktioniert hat. Aber hier ist es ja immer noch Conroys eigenes Leben, mal wieder und ich habe ja die Theorie, dass es daran liegt, dass er mehr zu mir spricht, wenn er über sich schreibt, mehr oder weniger, so erschütternd herzlos mir das auch selber erscheint. Soweit ich mich erinnern kann, hat sich seine 2. (?) Ehefrau zwar nicht umgebracht, aber sie hat ihn wohl verlassen oder die Ehe ging so in die Brüche? Jedenfalls war es, glaube ich, einer seiner Brüder, der sich umgebracht hatte und dazu mal wieder die extrem dysfunktionale Familie plus Kindheit. Das alles scheint hier eingeflossen zu sein.


    Was sich mir aus diesem Buch vor allem eingeprägt hat war der Teil über die Holocaustvergangenheit von Shylas Familie. Das war exzellent beschrieben, wie sehr das die betroffenen jüdischen Familien über die Generationen hinweg traumatisiert hat.


  • Jedenfalls war es, glaube ich, einer seiner Brüder, der sich umgebracht hatte


    Genau. Das Buch ist seinen vier Brüdern gewidmet, und in der Widmung ist auch vom Suizid des einen Bruders die Rede. Ich habe mich gefragt, ob er womöglich ähnliche Probleme hatte wie John Hardin in diesem Buch (der Jüngste mit den psychischen Problemen).


    Zitat

    Was sich mir aus diesem Buch vor allem eingeprägt hat war der Teil über die Holocaustvergangenheit von Shylas Familie. Das war exzellent beschrieben, wie sehr das die betroffenen jüdischen Familien über die Generationen hinweg traumatisiert hat.


    Das waren wirklich heftige Geschichten. Sehr traurig fand ich, dass

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Meine Meinung
    Wie viel Leid kann in einem Buch geschildert werden, ohne dass es zu viel wird? In der Vergangenheit der Charaktere in Beach Music passiert so viel, dass es für mehrere Bücher reichen würde. Trotzdem wirkt es nie zu viel, sondern erklärt nur die Zusammenhänge. Eigentlich ist es überraschend, dass bei der bewegten Vergangenheit die meisten der mittlerweile erwachsenen Kinder keine größeren Schäden davongetragen haben.


    Was ich dagegen ein bisschen übertrieben finde, sind die Unterhaltungen. Jack und seine Brüder scheinen nicht normal miteinander reden zu können. Auch bei ernsten Themen muss immer geblödelt werden. Auf der anderen Seite sind die Gespräche zwischen und mit seinen Eltern und Schwiegereltern oft sehr dramatisch. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich daran gewöhnt habe und mich der Stil nicht mehr gestört hat. Zum Glück ist das Buch so dick!


    Leah ist ein fantastisches kleines Mädchen. Manchmal musste ich mich wieder daran erinnern, wie jung sie ist. Denn von ihrem Benehmen her wirkt sie reifer als ihr Alter. Aber vielleicht ist das normal bei einem Kind, das so viel durchgemacht hat.


    Was ich bei diesem Buch allerdings nicht verstehe: warum hat Valentine so lange gebraucht, bis sie es ein zweites Mal gelesen hat?
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Was ich dagegen ein bisschen übertrieben finde, sind die Unterhaltungen. Jack und seine Brüder scheinen nicht normal miteinander reden zu können. Auch bei ernsten Themen muss immer geblödelt werden.


    Da muss ich zu Conroys Verteidigung sagen, dass das in dem Fall offenbar aus dem Leben gegriffen ist, da er im "echt" autobiographischen "The death of Santini" erzählt, dass das ein Mechanismus ist, den er und seine Geschwister irgendwie entwickelt haben, um mit Tragödien umzugehen und dass das meist zu extremer Konsternierung bei ihren Partnern und anderen gesorgt hat.

  • Habe mit "Beach Music" gerade mein 4. Conroy-Buch beendet.
    Dass ich die 900 Seiten in einigermaßen kurzer Zeit ausgelesen habe, zeigt allein, dass das Buch mir wohl Einiges zu sagen hatte - ich schreibe keine ganz neue Rezension hier, sondern schließe mich großteils den Bemerkungen meiner "Vorschreiber" an.
    Conroy scheint zu den Autoren zu gehöre, die in ihren Büchern vor allem ihre eigene Lebensgeschichte be- und verarbeiten - mir fielen dabei einige Parallelen zu Hanns-Josef Ortheil auf - ist das noch jemandem so gegangen?


    (Ich habe das Buch gut erhalten gebraucht erworben und würde es jemandem, der ein "echtes Leseinteresse" hat, durchaus (aus Platzmangel) weiterverschenken.)

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()


  • Conroy scheint zu den Autoren zu gehöre, die in ihren Büchern vor allem ihre eigene Lebensgeschichte be- und verarbeiten - mir fielen dabei einige Parallelen zu Hanns-Josef Ortheil auf - ist das noch jemandem so gegangen?


    Nicht im Hinblick auf Ortheil (von dem kenne ich nur ein Buch), aber ja, seine eigene Geschichte spielt immer wieder stark mit rein in das, was er schreibt. Er hat aber auch einige Dinge erlebt, die nicht so ganz "ohne" gewesen sein müssen. Allein schon dieser fürchterliche Vater.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Pat Conroy


    Beach Music





    Nach dem Selbstmord seiner Frau wendet Jack dem Süden der USA den Rücken und zieht mit seiner kleinen Tochter Leah nach Rom. Er bricht brüsk alle Kontakte mit seiner Familie ab und zieht einen Strich unter sein bisheriges Leben. Zu viel Schlimmes ist vorgefallen, und Leah soll in einem komplett anderen Umfeld aufwachsen.



    Einige Jahre später wird Jack jedoch von einem seiner Brüder kontaktiert, weil die Mutter im Sterben liegt. Obwohl Jacks Vorbehalte gegen beide Elternteile groß sind, zögert er nicht, sondern macht sich auf den Weg in die Heimat.



    Er trifft nicht nur diverse Familienmitglieder mitsamt ihren jeweilig eingekellerten Leichen wieder, sondern auch seine einstmals besten Freunde aus Kindheit und Jugend. Die Clique zerbrach in der Studienzeit im Fahrwasser des Vietnamkrieges, und auch hier wollen einige die Vergangenheit nicht ruhen lassen.



    Die verbleibende Zeit mit seiner Mutter und das Wiedersehen mit seinen Nächsten wird für Jack anspruchsvoll, aber wichtig.





    Mit fast 900 Seiten hat Conroy recht weit ausgeholt, um Jacks Geschichte zu erzählen, aber für mich hatte das Buch keine Längen. Nur der Teil, in dem Jacks Schwiegervater von seiner Zeit in Auschwitz erzählt, war mir etwas zu heftig. Ich hatte leise Zweifel, ob der Mann wirklich ausgerechnet eine Zusammenrottung der allerschlimmsten Sadisten getroffen hat oder Conroy hier einfach ganz viele Gräuel auf einmal mit reinpacken wollte. Aber sei es drum, es war Auschwitz.



    Etwas gewöhnungsbedürftig waren die merkwürdigen Namen, die die Menschen im Süden der USA anscheinend als Vornamen angehängt bekommen.



    Den ziemlich schrägen Humor und die Kabbeleien zwischen Jack und seinen vier Brüder mochte ich sehr.



    4ratten






    Bechdel-Test: ?

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.