Heimito von Doderer - Die Strudlhofstiege (Erster Teil)

Es gibt 76 Antworten in diesem Thema, welches 14.387 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kandida.


  • Ach, das ist schade, aber verständlich. Es gibt eben sohne und solche Zeiten....
    Manchmal ist leichte Kost hilfreich. Vielleicht ein anderes mal, das Buch ist ja nicht weg. :winken:


    Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass mir die Strudelhofstiege zu einem anderen Zeitpunkt gefallen wird. Doderes altwienerisches Deutsch hat für mich einen ganz eigenen Charme. Es ist herrlich von "Trottoir" und "Perron" zu lesen, Ausdrücke, die ich früher noch öfter gehört habe, die jetzt aber auch in Österreich immer seltener werden.

  • @ dodo
    Dieses Buch ist wirklich nicht geeignet, einer Leseblockade entgegenzuwirken. :winken:


    @ Alice
    Danke für den Link. Den Wikipedia-Eintrag werde ich mir ohnehin noch ganz durchlesen, das ist dem allgemeinen Verständnis bestimmt zuträglich.


    @ Moreland
    Konstruktive Beiträge sind jederzeit gerne willkommen, auch von stillen Mitlesern.


    @ Tomke
    Bei mir geht es auch ziemlich langsam voran, was aber auch daran liegt, dass ich noch anderes nebenbei lese und die vergangenen Tage wenig Zeit zum Lesen hatte. Zeitlich dürfte es jetzt besser werden, aber schnell zu lesen ist die Strudlhofstiege für mich nicht. Manche Sätze muss ich wenigstens zweimal lesen und gerade heute hatte ich einen Satz, den ich überhaupt nicht verstand. Aber weiterlesen werde ich auf jeden Fall, denn wie du schon schreibst, es gibt auch sehr schöne Passagen.

  • Danke Doris! Ich bin froh, dass auch du einige Sätze erst verdauen musst.
    Und dann wieder gibt es Passagen, in denen flutscht es, wie durch Butter. :smile:

    🐌

  • Ja, es gibt sehr schöne Passagen, auch sehr gute Gedanken. Zum Beispiel dieser Abschnitt, in dem darüber nachgedacht wird, dass man Menschen, die über Jahre hinweg eine Pose eingeübt haben, plötzlich beim Wort nimmt und wie das die Beziehung komplett verändert. Solche Absätze sind großartig.

  • Noch zwei Links - jeweils mit Illustration von Orten des Geschehens..
    Während der Suche nach einer Abbildung der Miserowsky'schen Zwillinge löste sich nebenbei auch die Frage nach den Initialen-Namen - zumindest E.P. hat's wohl als Ernst Pentlarz tatsächlich gegeben (2. Textseite..) .. nebenbei vlt sowieso ein netter Link?!

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()

  • Hallo ihr Lieben :winken:,


    wollte mich auch mal kurz melden, ich bin leider erst bis Seite 50 gekommen, was zum einen daran liegt, dass ich insgesamt letzte Woche wenig gelesen habe und zum anderen daran, dass ich noch einen Krimi fertig lesen wollte...


    Jetzt werde ich mich aber ganz auf die Strudlhofstiege konzentrieren! Diese ersten 50 Seiten haben mir auf jeden Fall auch schon mal gezeigt, dass man dieses Buch nicht mal so nebenbei lesen kann. Die vielen Personen und Zeitsprünge machen mir auch noch zu schaffen, aber ich bin sicher, das wird besser, wenn ich jetzt alle meine Lesezeit ungeteilt und uneingeschränkt auf das Buch verwende :zwinker:.

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  • Und dann kommen wieder Beschreibungen, wie die, als Mary nach dem Mittag das Haus verlässt, durchs Treppenhaus geht, am Portier vorbei, das große Tor für die Fahrzeuge, darin ein kleines für Fußgänger- ich habe genau vor Augen, wie das aussieht, kenne ich solche Häuser zwar nicht aus Wien, aber aus Berlin - und dann betritt sie die Straße und der Sommer fällt ihr um den Hals.
    Ich habe es schon 1000mal erlebt, wenn ich im Sommer aus meinem kühlên Altbaubüro nach draussen gehe, aber es nie so treffend beschrieben gelesen. Herrlich!


    Diese Szene habe ich gerade gelesen und fand sie auch ganz wunderbar! :smile: Ich hoffe sehr, dass wir so etwas noch öfter finden werden.


    Ich habe irgendwo gelesen, dass Heimito von Doderer für Österreich und besonders für Wien das ist, was Proust für Frankreich ist. Doris, was meinst du dazu? Ich muss wohl noch ein bisschen weiter lesen, um etwas dazu sagen zu können, aber gerade die oben erwähnte Szene hat mich schon ein bisschen an manche Szenen aus der Recherche erinnert.

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  • knödelchen: Als so ne Art Proust - Dostojewski/Tolstoi'sches Hybrid hab ich's auch teilweise empfunden.. hab aber für mich noch nicht endgültig entschieden, ob die Version durchgehend echt ist oder ob es sich nur um eine "Vergoldung" handelt.. :zwinker:

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()

  • Ich bin übrigens auch erst auf Seite 62. Aber ich weiß auch, dass ich für dieses Buch ohnehin länger brauchen werde. Schlauerweise habe ich mich zum gleichên Zeipunkt für zwei Leserunden angemeldet und schiebe den Doderer ab und zu zwischen. :redface:
    In ein paar Tagen hat er dann meine ganze Konzntration.

    &#128012;

  • Danke für die Links, Alice. Sie sind beide sehr interessant.


    Von Melzer ist nach wie vor wenig die Rede. Als er einmal wieder für kurze Zeit im Mittelpunkt stand, kam ein für mich bedeutsamer Punkt, als er im Auto des Rittmeisters neben Frau Schlinger sitzend Letztere nach Hause begleitet. Sie gefällt ihm, aber zu mehr als dieser Feststellung kommt es nicht. Sie geht nicht weiter auf ihn zu und er lässt die Gelegenheit verstreichen, wie er schon oft in den unterschiedlichsten Situationen des Lebens einfach passiv abgewartet und andere entscheiden lassen hat. Das bringt ihn über einige gedankliche Umwege zu der Erkenntnis, dass dies sinnbildlich für sein Leben ist: "...die tiefe Angst nämlich, eigentlich nicht gelebt zu haben. Man könnte sagen, dass damit immerhin ein bedeutender und neuer Schritt ins Leben getan sei." Ob an diesem wesentlichen Punkt weiter angesetzt wird?


    Langsam wachsen einige Figuren zu einem genaueren Bild, was die Handlung übersichtlicher macht und Zusammenhänge verdeutlicht. Gegen Ende des ersten Teils zeigt sich, dass Etelkas Beziehung zu Grauermann nur ein Mittel zum Zweck ist. In ihren jungen Jahren sehe ich darin zuerst ein Aufbegehren gegen ihr Elternhaus und den Wunsch, die langsam zunehmenden Freiheiten junger Erwachsener auszukosten (wozu die kuriosen architektionischen Eigenheiten des Hauses äußerst vorteilhaft beitragen) und dann schließlich die Möglichkeit zur Flucht aus dem Elternhaus. Dass ihre Ehe ein Fehler war, erkennt sie erst ein paar Jahre später. Ihr "zweiter Frühling" wird sehr bildhaft von Doderer beschrieben. Man fühlt sich förmlich in die Umgebung hineinversetzt.


  • Ich habe irgendwo gelesen, dass Heimito von Doderer für Österreich und besonders für Wien das ist, was Proust für Frankreich ist. Doris, was meinst du dazu?


    Hallo, knödelchen, ich habe dich schon vermisst hier. Ja, mich hat Doderer auch schon an Proust erinnert, wobei Letzterer mehr Tiefe aufweist und nicht so häufig zwischen den Schauplätzen und dem Personal hin- und herwechselt. Aber gewisse Dinge ähneln sich schon, z. b. die Beschreibung der Umgebung bis hin zu Sonnenflecken im schattigen Bereich. Das ist schon sehr Proust.

  • Ihr Lieben, da ich nun eine Leserunde beendet, die zweite spätestens am Wochnende beenden werde, finde ich wieder mehr Zeit für den Herrn von Doderer. Und die hat er auch verdient.


    Ich musste so lachen, als Herr Melzer auf Seite 66 ein Buch aus seiner Tasche zog - "Er griff zu einem Buch!Zweifellos eine überraschende Wendung."


    Zweifellos scheint Melzer kein großer Leser zu sein. Was für eine Sensation, dass er im Zug ein Buch aus sêiner Tasche holte. Diese Beschreibung fand ich absolut gelungen.

    &#128012;

  • Auch wenn ich kein Freund der Bärenjagd bin - die Beschreibung der selben fand ich aber absolut packend und treffend beschrieben. Mehrmals stand mir das Nackenhaar hoch bei der Beschreibung, wie Melzer und sein Major (?) dên Spuren des Bären folgten.


    Manchmal ist der Doderer etwas umständlich langatmig, aber dann kommen wieder Abschnitte, die so unglaublich schön geschrieben sind und mich begeistern.

    &#128012;

  • So spannend manche Szenen auch sind, gefallen mir am besten die Abschnitte, in denen Doderer den Sommer beschreibt. Er widmet sich selbst den kleinsten Kleinigkeiten, und schildert alles so echt, dass man die Hitze förmlich spürt und die Schattenspiele sieht. Das sind Absätze, die ich öfter als nur einmal lesen kann. Die meisten Schwierigkeiten habe ich dagegen, wenn er anfängt, zu "denken", sich also in die Charaktere hineinversetzt und ihre Gedanken sprechen lässt. Das lese ich dann auch öfter, aber aus anderen Gründen :zwinker:

  • Hallo :winken:,


    ich habe bereits vor ein paar Tagen den ersten Abschnitt beendet, komme aber heute erst dazu, auch etwas dazu zu schreiben.


    Wie schon mehrfach erwähnt ist es sicher kein Buch, das man so nebenbei lesen kann. Ich finde manche Abschnitte wunderbar und lese auch gerne die Beschreibungen von Orten und Häusern (Etelkas "Quartier Latin" z.B. in dem großen Haus und trotzdem so schön für sich) oder die kurzen Biographien zur Einführung einer neuen Person, komme aber regelmäßig ins Straucheln, wenn der Autor die Gefühlswelten seiner Protagonisten beschreibt.


    Außerdem wäre ich auch dankbar für ein Personenverzeichnis! Leider habe ich es versäumt, mit von Anfang eins ein anzulegen, so dass ich oft nochmal zurückblättern muss oder nur noch so ungefähr erahnen kann, um wen es gerade geht. Etelka und Editha habe ich schon ein paar Mal verwechselt, genauso wie Grauermann und Geyrenhoff.


    Ein bisschen schwierig finde ich es auch immer noch, zwischen den beiden Zeitebenen 1911 und 1925 zu unterscheiden. Auf einer Seite geht es um Etalka´s erste Rendezvous mit Grauermann und dann sind die beiden als Ehepaar auch schon wieder aus Konstantinopel zurück? :gruebel: Aber meistens bekomme ich dann schon alles wieder in die richtige Reihenfolge und finde diese Ausblicke in die Zukunft dann sogar interessant.


    Mary K. und Grete Siebenschein, die die ersten Seiten des Buches beherrscht haben, kamen jetzt eine ganze Weile gar nicht mehr vor, was aber wahrscheinlich daran liegt, dass diese beiden Damen 1911 noch nicht mit den Herren Stangeler und Melzer bekannt waren. Ich bin sicher, dass sie im Laufe der Geschichte nochmal auftauchen.

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  • Im Gedächtnis geblieben ist mir auch der von Doris bereits zitierte Satz:
    "Und so musste er denn jene Augenblicke leiden, die niemand erspart bleiben, der eigentlich gelebt hat; die Angst nämlich, nicht eigentlich gelebt zu haben."
    Falls es bedeutet, dass Menschen, die sich nie Gedanken darüber machen, ob sie eigentlich intensiv und wahrhaftig leben, eher Gefahr laufen, tatsächlich nicht wirklich zu leben und das Leben nur so an sich vorbei laufen zu lassen, bin ich beruhigt; denn ich hinterfrage mein Leben und ob es tatsächlich gelebt ist schon sehr oft. :lupe:


    Melzer wirkt allerdings von den anderen Beschreibungen gar nicht so, als ob er sich oft tiefschürfende Gedanken machen würde. Vielleicht war das nur eine kurze erhellende Eingebung?

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

  • Huhu,


    ich scheine ein wenig hinterher zu hängen, denn ich habe Teil 1 noch nicht beendet, hoffe über Ostern ein wenig aufzuholen...
    Das Hörbuch und Buch parallel habe ich aufgegeben, dass verwirrt mich zu sehr, weil doch zu stark gekürzt ist.


    Die Personen gefallen mir in der Beschreibung ziemlich gut und so langsam gewöhne ich mich an den Gedanken, dass es hier keinen echten roten Faden gibt. Wenn man sich von der Erwartung trennt kann man die Beschreibungen besser genießen. Weil ich mein Moleskine verlegt hatte, habe ich die Notizen zu den Namen nicht weiter geführt, ich denke es geht schon auch so, hoffe ich. :redface:


    Etelka in ihrer Beschreibung fand ich super, v.a. die Beschreibung wie sie sich nachts aus dem Haus schleicht.


    Grüße
    schokotimmi

  • schokotimmi - du bist nicht allein! Ich hänge auch hinterher, möchte das Osterwochenende nutzen, um ordentlich weiter zu kommen und freue mich auch darauf. :winken:
    Das Buch hat eine eigene Sprache, die mir sehr gut gefällt, auch wenn ich den einen oder anderen Absatz mehrmals lesen muss.

    &#128012;


  • Die Personen gefallen mir in der Beschreibung ziemlich gut und so langsam gewöhne ich mich an den Gedanken, dass es hier keinen echten roten Faden gibt. Wenn man sich von der Erwartung trennt kann man die Beschreibungen besser genießen.


    Ob man es einen roten Faden nennen kann, weiß ich nicht, aber das wird schon noch rund. Irgendwie hängt alles zusammen, das kommt erst in der Mitte richtig zum Vorschein.



    Weil ich mein Moleskine verlegt hatte, habe ich die Notizen zu den Namen nicht weiter geführt, ich denke es geht schon auch so, hoffe ich. :redface:


    Ich habe erst mit Verspätung ein Personenregister angelegt, in dem auch die Beziehungen untereinander festgehalten sind, und das erweist sich als große Hilfe.

  • Kandida: schön wenn man weiß dass man nicht alleine ist.... die Sprache ist wirklich schön, aber man braucht Muse um abzutauchen.


    @ Doris: Viel fehlt mir dazwischen nicht, vllt. sollte ich doch weiter machen, mein Notizbüchlein ist ja beim Vorosteraufräumen wieder aufgetaucht... fehlt mir ja nur 1,5 Wochen und vllt. 4-5 Leute.


    Grüße
    schokotimmi