Zu Beginn des Abschnitts ein kurzer, lichter Moment bei Alma, während draußen der Nebel wabert. Der Nebel ist ein großartiges Bild für das, was in Almas Geist vorgeht, dicht, undurchdringlich, verwirrend, desorientierend. Und ihre schlichte, fast unschuldig wirkende Erkenntnis, dass sie manchmal Probleme hat, sich zu erinnern, hat mich mehr getroffen als viele überdramatische Szenen es könnten.
Kassette 4510, in der Küchenschublade, hat gar nichts mit den Fossilien zu tun, sondern es scheint diejenige zu sein, die Alma am glücklichsten macht, die zentrale schöne Erinnerung in ihrem Leben, an der sich alles, was danach kam, messen lassen muss, und es scheint wirklich keine besonders gute Ehe gewesen zu sein (wenn auch keine außergewöhnlich schlechte).
Kaum hatte ich daran gedacht, wird Temba wirklich sehr krank. Ich hatte große Angst, dass Pheko auch noch sein kleiner Sohn wegstirbt, doch der Einfall, bei Mrs. Alma Antibiotika zu holen, war gut, sicherlich viel besser, als in einer aussichtslosen Schlange zu warten und am Ende wohl gar nur Unzureichendes zu bekommen.
Und letztendlich ist die Begegnung mit den beiden auch ein Wendepunkt für Luvo, der nach Rogers Tod durch Almas Pistole (ich wusste schon, dass was passieren würde, als Alma die Pistole aus der Schachtel geholt hat!) frei ist und beschließt, den kümmerlichen Rest Leben, der ihm noch bleibt, nicht als Handlanger eines anderen Kriminellen zu vergeuden, sondern Harolds Werk zu vollenden.
Beachtlich, mit wie viel Zähigkeit und Durchhaltevermögen er trotz aller Widrigkeiten die Suche nach dem Gorgonops anpackt und dabei die Wüste so systematisch durchsucht, wie Alma ihre Erinnerungen zu sortieren versucht hat. Und er ist trotz des Missbrauchs durch Roger (nichts anderes ist die unfreiwillige Implantation der Ports und die Ausnutzung von Luvo als "Medium") nicht verbittert. Dass er den Löwenanteil des Geldes, das ihm das Fossil einbringt, Pheko und Temba zukommen lässt, und sich selbst nur so viel nimmt, dass er den Rest seines Lebens angenehm verbringen kann, fand ich ganz wunderbar von ihm. Vielleicht wollte er Temba die Chance auf ein gutes Leben geben, die er selbst nie hatte.
Und Alma? Sie spielt, außer in den Erinnerungen, am Ende kaum noch eine Rolle und versinkt komplett im Nebel der Demenz, im Heim ... und interagiert vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben positiv mit einer Farbigen. So ganz bin ich noch nicht durchgestiegen, was uns das Schlusskapitel sagen soll.
Eine Frage, die sich mir noch stellt: was machen denn Erinnerungshändler wie dieser Cabbage mit den Kassetten? Eine nach der anderen einem Erinnerungszapfer zeigen, um daraus eventuell Kapital zu schlagen? Sehr effizient ist das ja nicht ...
Unterm Strich bin ich froh, dass es die Leserunde gab, denn von mir aus hätte ich selbst mit Doerr als Autor nicht zu dem Buch gegriffen, das ich als sehr intensive, ungewöhnliche Lektüre empfunden habe. Inhaltlich war es teils harter Tobak, sprachlich ein großer Genuss.
(Übrigens, das einzige, was mich in dem Buch gestört hat, war die Schreibweise "kaki". Die Farbe heißt "khaki", da mag die neue Rechtschreibung fordern, was sie will, Kaki ist eine Frucht!)