Zu viel Liebe in der Literatur / unrealistische Erwartungen deshalb?

Es gibt 48 Antworten in diesem Thema, welches 8.380 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Madicken.

  • Das stimmt, Suse, aber das hat wohl auch was mit der Filterblase und fragwürdigen Nachrichten, die in sozialen Medien kursieren, zu tun.


    bibse
    Eine schöne Anekdote - vor allem wenn man sich das beschauliche Brügge vor Augen führt, das eigentlich nur von Touristen bevölkert wird. :breitgrins:


  • Das stimmt, Suse, aber das hat wohl auch was mit der Filterblase und fragwürdigen Nachrichten, die in sozialen Medien kursieren, zu tun.


    Ja. Und nun angenommen, ein junges Mädchen liest ausschließlich solche unrealistischen Liebesromane :zwinker:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hm na ja, aber bei Nachrichten, die teilweise nicht immer auf den ersten Blick als unseriös erscheinen (mal von der "Lügenpresse"-Debatte abgesehen), nicht einen anderen (realistischeren) Stellenwert als (ausgedachte) Romane?

  • Interessant ist ja, dass solches Leseverhalten und solche Reaktionen nur (jungen) Frauen unterschoben wird...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Interessant ist ja, dass solches Leseverhalten und solche Reaktionen nur (jungen) Frauen unterschoben wird...


    Bei diesem speziellen Thema glaube ich ehrlich gesagt nicht, dass es vielen Jungs/Männern genauso geht. Liebesromane sind doch ein ziemlich spezifisch weibliches Lesephänomen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Naja, ich kenne in meiner Generation dagegen extrem viele, die von Mr. Darcy & Co schwärmen (ja, immer noch schwärmen).


    Dazu meine Erfahrungen:
    Klar träumt fast jeder irgendwie von der großen Liebe. Aber ich kenne auch niemanden, der sich durch Bücher oder Filme in eine romantische Scheinwelt verrannt hätte. Und eine Schwärmerei ist ja nichts schlimmes. Ich sehe das also wie Jaqui:


    Sich vorzustellen dass es den tollen Typen gäbe, und enttäuscht sein dass es ihn nicht gibt sind aber zwei paar Schuhe.


    Wir haben auch davon geträumt dass uns Robbie von take that auf die Bühne holt bei einem Konzert. Uns war aber immer klar dass das Träume sind und nie in echt passieren wird.


    Es ist ja ein haushoher Unterschied ob ich den Typ aus dem Buch gut finde. Oder ob ich enttäuscht bin dass ich im echten Leben kein Pendant finde.


    Holden und Kirsten haben es eigentlich auch schon sehr schön zusammengefasst: Es mag sicherlich Frauen und auch Männer geben, die durch Bücher/Filme/Computerspiele/Pornos eine falsche Vorstellung von Liebe und Beziehung haben. Aber genauso gibt es (mehr?) Leute, die zwischen Realität und Fiktion unterscheiden können. Ich denke, das hat viel mit der eigenen Psyche zu tun, ob man für so etwas anfällig ist oder nicht..


  • Ich denke, das hat viel mit der eigenen Psyche zu tun, ob man für so etwas anfällig ist oder nicht..


    Natürlich. Aber das bedeutet nicht, dass das eine das andere ausschließt. Dafür ist die menschliche Psyche eben zu komplex und nicht eine mit der anderen direkt vergleichbar.


    Niemand reduziert das ganze auf "Du liest Liebesromane, dann wirst du sicher realitätsfremd." Es ist eher eine Frage "Ist die Gefahr des Realitätsverlustes höher bei gesteigertem oder ausschließlichem Konsum von Liebesromanen?"


    sandhofer: Ich hatte bereits das Beispiel mit Pornografie gebracht. Das ist dann das Pendant.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Es ist eher eine Frage "Ist die Gefahr des Realitätsverlustes höher bei gesteigertem oder ausschließlichem Konsum von Liebesromanen?"


    Und die Antwort ist meiner Meinung nach: es kommt auf die Leserin an.
    Ich kenne Mädels, die mit 14 tatsächlich nur Liebesromane gelesen haben und die davon nicht merklich beeinflusst wurden (merklich, da man den Leuten natürlich nur vor den Kopf gucken kann). Selbst bei "ausschließlichem Konsum von Liebesromanen" kriegt man abseits vom Lesen in der Regel noch genug von der realen Welt mit. Das soll aber nicht heißen, dass es nicht auch andere Fälle gibt. Man kann das eben nicht verallgemeinern.


  • Sandhofer hat Recht.


    Bei Stolz und Vorurteil ist es sogar alles andre als romantische Liebe. Wenn man mal genau hinsieht dann "verliebt" sich die gute Lizzie erst in Mr. Darcy als sie seinen Reichtum hautnah erlebt...


    Naja, so habe ich das nie gelesen. Viel eher verändert sich ihre Einstellung zu ihm, im Sinne von: Wer einen Sinn für solche Schönheit (wie Pemberly) hat, kann nicht schlecht sein. Außerdem erkennt sie ja durch z.B. die Haushälterin ganz neue Seiten an ihm.


    Aber ich stimme sandhofer zu, dieser Roman ist ein schlechtes Beispiel.
    Das mit der Pornografie habe ich auch schon gelesen. Ich kann mir das auch vorstellen, da für viele solche Filme ja vielleicht auch als "Anleitung" verstanden werden. :rollen:
    Ich persönlich habe Liebesromane in meiner Jugend nie so gelesen (und ich habe viele gelesen :zwinker: ) Natürlich habe ich mich auch in so eine Welt geträumt, aber mir war immer klar dass das Leben so nicht funktioniert. (Ich war aber auch kein Mädchen dass kopflos für irgendwelche Boygroups geschwärmt hat und denen hinterhergereist ist/Autogramme wollte etc. Ich fand das immer eher albern und dachte immer, dass der betreffende junge Mann auf der Bühne das alberne Geschrei seiner Fans vermutlich selbst eher peinlich findet. :breitgrins: )
    Ich habe aber in dem Alter auch nicht nur Liebesgeschichten gelesen, sondern auch Anne Frank, Holocausterinnerungen, generell Romane über den 2. Weltkrieg. Vielleicht war das eine wohltuende Portion Realismus in dieser Zeit?


    Ich denke aber schon, dass junge Mädchen die in einer gewissen Blase leben, anfällig für so einen Schmarrn sind, leider. Aber braucht es dazu Bücher/Medien? Ich denke nicht unbedingt. Zu allen Zeiten sind junge Frauen auf windige Männer reingefallen. Meiner Meinung nach liegt das Problem heute vor allem in einer gewissen Individualisierungsentwicklung gepaart mit Optimierungswahn und Kompromißlosigkeit. (So nach dem Motto: Da muss es doch noch einen Besseren da draußen für mich geben). Wer dann solche romantischen Bilder nicht hinterfragt kann natürlich lange suchen.

    Die Literatur gibt der Seele Nahrung,<br />sie bessert und tröstet sie.<br /><br />:lesen:<br />Alfred Kerr: Die Biographie

    Einmal editiert, zuletzt von Madicken ()