Cixin Liu - Die drei Sonnen (Die Trisolaris-Trilogie 1)

Es gibt 26 Antworten in diesem Thema, welches 7.206 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von MacOss.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    * Werbe/Affiliate-Link


    Inhalt

    Am Ende der 60er Jahre tobt in China die Kulturrevolution. Gleichzeitig beginnt ein streng geheimes Projekt: eine kleine Gruppe von Astrophysikern sendet Signale ins All um als Erste Kontakt mit außerirdischem Leben aufzunehmen. Der Plan scheint aufzugehen, allerdings auf eine Art und Weise, die das Schicksal der Menschheit gefährdet.


    Meine Meinung

    Es scheint ironisch, dass am Anfang des Buchs ein Physiker seines Berufs wegen hingerichtet wird, während parallel dazu andere Physiker offensichtlich nützlicher für die Nation sind und an einem prestigeträchtigen Projekt arbeiten dürfen. Aber vielleicht sollte ich nicht "dürfen" schreiben, denn die Einladung an der Mitarbeit darf man nicht ablehnen.


    Die drei Sonnen beginnt nicht wie ein Science Fiction Roman, sondern eher wie eine historische Geschichte. Das Buch beschäftigt sich lange mit der Kulturrevolution und mit deren Auswirkungen. Auf das Land, aber auch auf den Einzelnen wie die Tochter Mannes, der hingerichtet wurde. Erst nach und nach kommen die Folgen des Projekts dazu und schieben die Geschichte langsam in Richtung Science Fiction.


    "Langsam" ist das richtige Wort, denn die Geschichte kommt nur langsam in Fahrt und man kann nicht erkennen, in welche Richtung sie sich entwickeln wird. Als sie dann Fahrt aufnimmt, wird sie schnell verwirrend.


    Die drei Sonnen konnte mich nur bedingt überzeugen. Die Idee an sich finde ich interessant, die Ausführung weniger. Einen weiteren Teil der Trilogie werde ich wohl nicht lesen.

    3ratten


    Liebe Grüße

    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Kirsten Tatsächlich nicht? :huh:

    Ich liebe den Roman und auch den Nachfolger. Cixin Liu hat mich begeistert, wenn ich auch über einen Teil erst "hinweglesen" musste. Schade, dass Liu dich nicht einfangen konnte.


    Meine Rezension kann ich hier auch teilen (ist ursprünglich bei mir im Blog erschienen: Die Menschheit und das All



    Wo fange ich nur an. Am besten damit, wie ich auf das Buch gekommen bin. Ehrlich gesagt, hat mich zunächst das Äußere angesprochen. Das Cover verspricht einen interessanten Science Fiction-Roman, eventuell endlich mal wieder etwas Neues, Bahnbrechendes. Zudem haben mich die Auszeichnungen des Romans mit dem Hugo Award (Best Novel 2015) und dem chinesischen Galaxy Award (2006) neugierig gemacht. Nach etwas Recherche fand ich heraus, dass dieser erste Teil der Trilogie nach Erscheinen der englischsprachigen Übersetzung im Jahr 2014 einschlug wie eine Bombe. Cixin Liu erhielt als erster chinesischer Autor den renommierten Hugo. Auch poppten überall positive und neugierige Posts in den sozialen Medien und in Blogs auf. Meine Neugier war immens, die Erwartungen entsprechend hoch.

    Das Drei-Körper-Problem – ein Teaser, keine Zusammenfassung

    “Die drei Sonnen” (Englischer Titel “The Three Body Problem”) beginnt in der Zeit der chinesischen Kulturrevolution und begleitet dann bis zu vier Generationen in unsere Gegenwart. Ye Wenjie tritt als Tochter ihrer in den Augen des chinesischen Regimes verräterischen Eltern in die Fußstapfen derselben und wird angesehene Astrophysikerin. Ihr Vater Ye Zhetai, Physikprofessor, wird öffentlich hingerichtet. Sein Verbrechen war das eigenmächtige Ergänzen des Unterrichtsmaterials durch Einsteins Relativitätstheorie. Solch reaktionäres Verhalten wurde nicht geduldet – damals in den 60ern, in China. Auch nicht von seiner Frau. Ye Wenjie sah alles mit an.


    Der Physiker Wang Miao sieht einen Countdown. Plötzlich und aufdringlich ist dieser Zahlencode, der vor seinen Augen abläuft. Auch auf den Fotos, die er macht, ist er zu sehen. Aber nur wenn er abdrückt … Als wichtige internationale Gesellschaften wie die CIA, Nato und auch das chinesische Äquivalent sich an ihn wenden, da er der Schlüssel zu einer geheimen Gruppe sein könnte, sagt er zu. Er wird Mitglied bei den “Frontiers of Science”, bei dem auch Ye Wenjie zu finden ist und ihre Tochter es vor ihrem Selbstmord war. Die Selbstmorde unter den hochrangigen Wissenschaftlern sind derzeit auffällig, Wang Miao soll ergründen, ob die Ursache bei den “Frontiers” liegt. Dabei stößt er auf ein Computerspiel namens Three Body, welches ihm Rätsel aufgibt. Warum nur verbringen Menschen, die zu den klügsten Köpfen der Erde gehören, ihre Zeit in einem VR-Computerspiel? Was steckt dahinter? Wang Miao macht den Schritt und betritt das erste Level von Three Body

    Phantastisch. Und fundiert.

    Es ist nicht schwer, sich in diesen wissenschaftlich fundierten Science Fiction-Roman einzulesen. Es ist auch nicht schwer, dranzubleiben, sich dem Sog der Seiten hinzugeben. Aber es dauert ein wenig, bis die LeserInnen erkennen, was sie hier eigentlich vor sich haben. Bis der Roman sich in seinem ganzen Volumen zeigt und danach nicht damit aufhört an selbigem zuzunehmen. Es empfiehlt sich, vor der Lektüre möglichst nichts über die Richtung und Intention der Story zu wissen. Die oben stehende Zusammenfassung ist daher eher ein Teaser des ersten Teils und nahezu bedenkenlos lesbar.

    Cixin Liu beginnt seinen Roman mit Schauplätzen während der chinesischen Kulturrevolution, der Zeit der Rotgardisten. Entsprechend brutal und zugleich auch revolutionär geht es schon auf den ersten Seiten zu. Ausländische Literatur, die schon damals das Schicksal der Natur thematisiert wird als verlogen dargestellt und verboten.

    Mit diesem Anfang legt Liu die ersten Steine für die Richtung seines Romans. Thematisiert wird hier der Mensch, die Menschheit, der Planet Erde und zudem alles was “da sonst noch so ist” – das All. Seine Erzählung ist dabei gleichzeitig phantastisch als auch realistisch, basiert sie doch an vielen Stellen auf realen Hintergründen, wie beispielsweise der Quantenphysik oder Informatik. Die Schilderung eines durch Personen zusammengesetzten Computers ist geradezu genial. Und das ist nur ein Beispiel.

    Die Idiotie der Menschheit

    Stück für Stück entwickelt sich die Story, lässt die LeserInnen streckenweise im Dunkeln über die Intention, um dann den Bezug zum Gesamten wieder herzustellen. Die Idotie der Menschheit, die Arroganz dem Planeten gegenüber auf dem sie lebt, die Überheblichkeit und die Macht von Einzelnen vermag der Autor auf intensive Art zu transportieren.

    Stellenweise überrascht Liu daher mit plötzlich auftretender Brutalität – offensichtlicher und subtiler -, die sich so real anfühlt, dass einem dabei regelrecht übel werden kann. Ich selbst habe den “Fehler” gemacht an einer solchen Stelle zufällig musikalische Untermalung durch J. S. Bach gewählt zu haben, die das Erlebnis so intensiviert hat, dass es sich bei mir regelrecht eingebrannt hat.

    Philosophisch mit Tiefenwirkung. Empfehlenswert.

    Phantastisch, spannend, intelligent, philosophisch, nachdenklich, wissenschaftlich fundiert, authentisch und das alles von einem überaus sympathischen Autor, wie sein ausführliches Nachwort im Anhang des Buches zeigt. Sein Plädoyer für die Science Fiction, in dem er dieses Literaturgenre als jenes bezeichnet, das die gesamte Menschheit angeht und deshalb am ehesten verständlich und zugänglich sein sollte, tut sein Übriges.


    “Die drei Sonnen” endet mit einem Satz, der in die Riege der “schönsten” Schlusssätze gehört. Zugleich legt er den ersten Stein für den zweiten Band der Trilogie “Der dunkle Wald”, der beim Heyne Verlag in Vorbereitung ist. Es fällt sehr schwer zu warten, was bereits viele LeserInnen dazu gebracht hat, die englische Fassung der Fortsetzung zu lesen. Ich werde warten. Geduldig. Mehr oder weniger. Vielleicht lese ich diesen ersten Teil noch einmal, jetzt mit dem Wissen, wie der letzte Satz lautet. Vielleicht.


    Für mich eindeutig ein Highlight der SF!

    Und wer Hörbücher präferiert findet eine Besprechung der Audio-Version auf phantastisch lesen.

  • Ingroscha

    Du machst mir den Mund wässrig. Ich warte ja auf den dritten Band, damit ich alle zusammen lesen/hören kann, aber der kommt erst im April 2019 raus...


    Zitat:

    Die Idotie der Menschheit, die Arroganz dem Planeten gegenüber auf dem sie lebt, die Überheblichkeit und die Macht von Einzelnen vermag der Autor auf intensive Art zu transportieren.


    Meine Empfehlung: "Die Welt ohne uns" von Alan Weisman, soviel Horror habe ich nichtmal bei Stephen King gelesen.


    ***

    Aeria

  • Kirsten Tatsächlich nicht? :huh:

    Leider wirklich nicht. Science Fiction hat bei mir selten gezogen, hauptsächlich konnte mich Iain M. Banks begeistern. Die anderen die es geschafft haben, kann man an meinen Fingern abzählen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Wenn man sonst zu Scifi kaum einen Draht hat, ist besonders chinesisches Scifi nochmal eine ganze andere Hausnummer. Ich lese ja fast ausschließlich Scifi aber chinesisches Scifi bringt ganz andere Perspektiven und Herangehensweisen mit sich. Ist mir zumindest aufgefallen. Aktuell liegt Wandernde Himmel von Hao Jingfang auf meinem Rezistapel und ich bin sehr gespannt, inwieweit sich chinesisches Scifi einer Autorin von dem ihrer männlichen Kollegen unterscheidet. Ich persönlich finde, da weiche ich von der Meinung anderer Scifi-Leser ab, dass sich chinesisches Scifi stark unterscheidet von westlichem Scifi, besonders den moderneren Romanen. Viele Leser meinen, dass chinesisches Scifi stark an das alter Scifi-Größen aus den 50ern und 60ern erinnert. Das stimmt insoweit, als dass chinesisches Scifi meiner Meinung noch wesentlich philosophischer an das Thema rangeht als westliche Autoren der heutigen Zeit. Sie stellt eigentlich immer eine große Frage dahinter, die bei westlichen modernen Autoren eher hintergründig ist, weil Unterhaltung eher im Vordergrund steht. So kann man durchaus Liu mit den Werken Le Guins vergleichen, die in ihren Romanen auch immer philosophische und gesellschaftliche Aspekte im Vordergrund hatte. Sowas muss man natürlich mögen und als sonst kein Scifi-Leser kann ich verstehen, dass man sich damit dann äußerst schwer tut, weil es auch für den versierten Scifi-Leser nicht unbedingt leichter Stoff ist.

    ~~ noli timere messorem ~~

  • Ingroscha

    Hm, jetzt hast Du es geschafft, daß ich den "Drei Sonnenn" doch nochmal eine Chance gebe. Bei mir wars leider schon schwer dranzubleiben. Ich bin wenn ich mich recht erinnere in der virutellen Wüste hängengeblieben und hab dann nicht mehr weitergelesen. Eigentlich fand ich es auch nicht schlecht und kann mich auch noch an vieles erinnern, grundsätzlich mag ich Bücher die teilweise in virtuellen Welten spielen, aber in dem Fall hatte es mich nicht so richtig gepackt.


    TheNightingale

    Mich treiben ja schon die Namen in Büchern chinesischer Autoren in den Wahnsinn - bis ich mir da gemerkt hab, wer wer ist vergeht viel Zeit.. Da erkennt man schon wie das Gehirn auf Wörter und Namen aus der westlichen Welt geprägt ist. Es dauert auch viel länger bis ich ein Gesicht und eine greifbare Person zu dem Namen im Kopf hab. Seltsamerweise hab ich mit japanischen Namen und Büchern japanischer Autoren überhaupt kein Problem. Aber wie alles ist es wahrscheinlich nur Gewöhnung - Bücher die in Japan spielen hab ich auch schon viel öfter gelesen.

    Von Hao Jingfang hab ich noch eine Kurzgeschichte auf dem e-book: "Peking falten" . Werd ich bestimmt bald mal lesen, zumal jetzt ein Roman von der Autorin erscheint. Grundsätzlich find ich es auch sehr spannend, daß jetzt mehr Romane aus dem chinesischen Sprachraum übersetzt werden.

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")



    Einmal editiert, zuletzt von Firiath ()

  • Kirsten

    TheNightingale hat es auf den Punkt gebracht. Wenn du mit SF eh nicht so häufig in Kontakt kommst, ist es mit diesem aus dem Chinesischen kommenden Roman vermutlich umso schwerer. Ich musste mich an den Stil auch erst gewöhnen. Im Moment kann ich gar nicht abwarten endlich auch den dritten Band zu lesen! Ein ehemaliger Kollege konnte es schon nach Band 1 nicht mehr aushalten und hat direkt auf englisch weitergelesen. Ihm haben alle Teile gut gefallen, der dritte soll nochmal ordentlich reinhauen ;)


    Firiath Wie bei mir - ich hing auch in der Wüste fest und fürchtete, dass es immer so weiter geht. Der Hauptteil des Romans womöglich in dieser virtuellen Welt spielt. Ich habe nach einer Pause dann weitergelesen. Und war sooo froh. Wow - was für ein Buch. Besonders im Rückblick kann ich das sagen.

  • Ich hab die Trisolaris-Trilogie auch schon ewig auf meinem Sub, alle 3 Bände in Englisch. Ich bin mal gespannt, ob ich es dieses Jahr auf die Reihe kriege, sie zu lesen XD

    ~~ noli timere messorem ~~

  • Ich hab die Trisolaris-Trilogie auch schon ewig auf meinem Sub, alle 3 Bände in Englisch. Ich bin mal gespannt, ob ich es dieses Jahr auf die Reihe kriege, sie zu lesen XD

    Ich hätte den Vorteil an die Trilogie ranzugehen, ohne von den vielen Lobeshymnen gehört zu haben. Sowas kann ja auch leicht in die Hose gehen. Ich bin schon sehr gespannt, was du zum Buch sagen wirst.

  • „Die drei Sonnen“ leuchteten mir in letzter Zeit von überall entgegen, Zeit mal Science Fiction aus einer anderen Gegend auszuprobieren. Ich habe bei ungewöhnlichen Namen immer meine Probleme, hier war es nicht anders, so wirklich gut sortiert habe ich die Figuren nicht bekommen.


    Insgesamt war der Roman in einigen Belangen zudem deutlich wissenschaftlicher als üblich, hier musste ich mir schon Mühe geben, den Erklärungen halbwegs zu folgen.


    Im Gegensatz zu einigen anderen RezensentInnen gefielen mir die Szenen innerhalb des Spiels dann ziemlich gut. Ich fand sie „gelesen“ interessant, habe ich mich aber die ganze Zeit gefragt, was das faszinierende daran sein soll, dieses absolut handlungsarme Spiel tatsächlich zu spielen.


    Insgesamt hat mich der Roman aber nicht so sehr begeistert, keine der Figuren konnte mich für sich einnehmen, die Folgebände werde ich vermutlich nicht lesen.


    Die Idotie der Menschheit, die Arroganz dem Planeten gegenüber auf dem sie lebt, die Überheblichkeit und die Macht von Einzelnen vermag der Autor auf intensive Art zu transportieren.


    Und letztendlich mag ich etwas positivere Science Fiction dann doch lieber.


    3ratten

  • Insgesamt hat mich der Roman aber nicht so sehr begeistert, keine der Figuren konnte mich für sich einnehmen, die Folgebände werde ich vermutlich nicht lesen.

    Da sind wir uns wieder einig ;)

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Alice Ehrlich gesagt bin ich immer ein bisschen nervös, wenn jemand ein Buch wegen mir liest. Aber andersherum stelle ich fest, dass mich das kalt lässt ;) Und du hast mehr Zeit für ein wirklich tolles Buch.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich verfolge diesen Thread seit seinem Entstehen mit großem Interesse. Inzwischen habe ich mir doch das eBook geladen und heute bin ich bei 70 % des Romans angelangt. Bisher habe ich noch keine Vorstellung davon, wie dieses Buch ausgehen könnte. Auch weiß ich noch nicht, ob ich die Folgebände lesen werde.

    Den physikalischen Erklärungen kann ich nicht immer folgen, die sind schon sehr spezifisch. Die chinesischen Namen verwirren mich weniger als erwartet.

    Wie illy kann ich die Faszination des Computerspiels nicht ganz nachvollziehen, aber vielleicht komme ich noch dahinter.


    Das Buch macht nachdenklich. Ich habe schon mal "Der stumme Frühling" auf die Wunschliste gesetzt, zwecks Hintergrundwissen.


    ***
    Aeria

  • Ich hab "Die drei Sonnen" als Hörbuch gehört. Als Lesebuch hätte ich es vermutlich nach wenigen Seiten aus der Hand gelegt. Das liegt aber nicht daran, dass ich nicht technikinteressiert wäre, ich liebe Sci Fi und ich lese superviele technische Handbücher zu Raumschiffen oder anderen fiktiven Dingen. Sowas mag ich gerne.

    Die chinesischen Namen waren manchmal ein bisschen schwierig zu unterscheiden, aber damit kam ich zurecht.

    Schlimmer war die unglaubliche Brutalität, die Annahme, dass Individuen wertlos sind. In der Welt der drei Sonnen können die Menschen (oder menschenähnliche Leute) dehydrieren und sich dann für eine gefahrlose Zeit in eine Art Stasis versetzen. Von so einem Vorgehen träumen viele Geschichten und wer auf einem Planeten mit drei Sonnen lebt, der braucht zum Überleben solche Vorgänge.

    Bei jeder Dehydrierungsphase stirbt eine Zivilisation aus. Die Computerspieler steigen immer wieder in das Spiel ein und erforschen die neue Zivilisation, die dann entsteht, wenn die Lebensbedingungen auf dem Planeten wieder annehmbar sind.

    Wie das physikalisch funktionieren soll, wie zum Beispiel eine Atmosphäre geschaffen sein muss, um der Strahlung von drei Sonnen standzuhalten und wie sie den Planeten schützen soll, das wird tatsächlich nicht verraten. Das ist vermutlich auch anhand unserer Naturgesetze unmöglich. Mir fehlten auch Hinweise darauf, wie denn die Atmosphäre am Planeten verbleibt, wenn die Strahlung so hoch ist, dass starke, planetenweite Reaktionen auf bestimmte solare Konstellationen erfolgen.

    Aber die größte Schwäche des Buchs war, dass es einfach stinklangweilig war. Das Aufregendste ist eine kuriose Verschwörung rund um die Eroberung der Erde durch die Bewohner des Dreisonnensystems. Klar, ich würde auch lieber irgendwo leben, wo ich nicht vom Tod durch eine meiner drei Sonnen bedroht werde. Andererseits fragte ich mich beim Hören immer wieder, wieso diese Außerirdischen in der Lage sind, auf der Erde zu leben. Wie ist es möglich, dass eine Kreatur, die an spontane Dehydrierungsvorgänge gewohnt ist und dennoch in ihrer fortpflanzungsfähigen Grundsubstanz überlebt, ein Leben auf einem Planeten ersehnt, wo diese Vorgänge unmöglich sind?

    Und wieso bilden sich auf diesem Planeten immer nur solche Herrschaftsformen aus, die auf Monarchien und Tyrannei beruhen? Einer der größten Antriebe für die Eroberung der Erde schien eine Verbesserung der politischen Umstände zu sein. Was ich aber nicht verstehe ist, weshalb die wirklich unfassbare Anstrengung der Kolonisierung in Betracht gezogen wird, wenn doch eine heimische Lösung relativ naheliegend wäre: Revolution der politischen Umstände und Sicherung der Lebensweisen durch verbesserte Bildung und Schutzeinrichtungen vor den solaren Strahlungen.

    Man kann dort Raumschiffe für Generationen von stark auf die Umwelt spezialisierte Lebensformen bauen, man kann Lichtjahre überwinden, aber man kriegt es nicht hin zu berechnen, wie lang der nächste trisolare Zeitraum noch entfernt ist und eine Wissensweitergabe an die folgenden Generationen ist auch irgendwie nur über altertümliche Erzählweisen gebräuchlich.

    Ich fand die Geschichte hatte sehr viele Logiklücken. Da ich aus dem Star Trek-Universum komme, gefällt mir sowas überhaupt nicht. Ich möchte Dinge nachvollziehen können, und sei es mittels Heisenbergkompensator (er kompensiert das, was Heisenberg uns mit seiner Erkenntnis über Aussagen zu Ort und Zeit von Teilchen mitteilt und ermöglicht es dadurch, zu beamen: Um zu beamen musst du wissen WAS du WO hintun willst. Das kannst du aber nur, wenn du Ort und Zeit eines Teilchen kennst - geht nicht denken wir heute, aber mit dem Heisenbergkompensator geht es). Mit solchen technischen Spinnereien komme ich zurecht, aber Cixin Liu hat mich mit "Die drei Sonnen" technisch leider nicht überzeugt.


    Aber wer bin ich, dass ich dutzende von Literaturkritikern nicht nach dem Mund rede - ich geb dem Ding nur eine Ratte. 1ratten

  • Aber wer bin ich, dass ich dutzende von Literaturkritikern nicht nach dem Mund rede - ich geb dem Ding nur eine Ratte. 1ratten

    Zum Glück haben wir hier eine eigene Meinung ;) Aber mir fällt auf, dass mir oft die hochgelobten Bücher gar nicht gefallen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Zur Rechtfertigung von Liu, der tatsächlich einige physikalische und mathematische Prinzipien korrekt hingekriegt hat:


    aber man kriegt es nicht hin zu berechnen, wie lang der nächste trisolare Zeitraum noch entfernt ist und eine Wissensweitergabe an die folgenden Generationen ist auch irgendwie nur über altertümliche Erzählweisen gebräuchlich.

    Das zu berechnen, ist eine mathematische Unmöglichkeit. Das macht der Roman eigentlich auch klar. Das hat nichts mit irgendwelchen Fortschritten in Physik und Technik zu tun. Es geht einfach nicht, bzw. nur annäherungsweise.



    Um zu beamen musst du wissen WAS du WO hintun willst. Das kannst du aber nur, wenn du Ort und Zeit eines Teilchen kennst - geht nicht denken wir heute, aber mit dem Heisenbergkompensator geht es

    So etwas ist physikalischer Unsinn, und ich für meinen Teil würde das nicht als 'logisch' bezeichnen. Die Star-Trek-Autoren brauchten so etwas, damit die Story nicht ständig davon aufgehalten wurde, dass man Transportschiffe zu besteigen hätte. Liu ist, bei aller Kritik, physikalisch korrekter als Star Trek.


    Nachdem dies gesagt ist, muss ich zugeben, dass ich von Liu auch nicht so begeistert bin, wie viele Kritiker es offenbar sind. Die Story ist nett, und die Tatsache, dass wir hier Menschen haben, die aus umweltschützerischen oder politischen Überlegungen heraus sogar eine Vernichtung der Menschheit dem aktuellen Zustand vorziehen, hat etwas. Aber ein Band hätte genügt.


    Etwas ausführlicher bin ich =>hier<= geworden.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Zur Rechtfertigung von Liu, der tatsächlich einige physikalische und mathematische Prinzipien korrekt hingekriegt hat:


    aber man kriegt es nicht hin zu berechnen, wie lang der nächste trisolare Zeitraum noch entfernt ist und eine Wissensweitergabe an die folgenden Generationen ist auch irgendwie nur über altertümliche Erzählweisen gebräuchlich.

    Das zu berechnen, ist eine mathematische Unmöglichkeit. Das macht der Roman eigentlich auch klar. Das hat nichts mit irgendwelchen Fortschritten in Physik und Technik zu tun. Es geht einfach nicht, bzw. nur annäherungsweise.


    Das habe ich dann im Hörbuch nicht mitbekommen. Es fiel mir zugegeben manchmal auch schwer dem ganzen "Geplapper" immer gleichermaßen aufmerksam zu folgen. Für mich war das Buch eher was für nebenbei, aber ganz sicher kein packender Weltraumroman mit irgendeinem Nervenkitzel.

    Dieses Dehydrieren hat mich auch ein bisschen angeekelt, als ich versucht habe es mir vorzustellen, wie das mit organischen Substanzen die danach weiterleben funktionieren soll.

    Dass die ganzen Gesellschaften immer wieder auf gleiche Weise monarchische Hierarchien herausbilden, bevor sich weitere Regierungsformen ausbilden, fand ich sehr "chinesisch". In China gab es ja auch sehr lange eine kaiserliche Dynastie nach der nächsten, bevor sich eine Diktatur entwickelte, die heute als Volksrepublik verstanden wird (was sie nur nach eigenen Maßstäben ist).

    Um zu beamen musst du wissen WAS du WO hintun willst. Das kannst du aber nur, wenn du Ort und Zeit eines Teilchen kennst - geht nicht denken wir heute, aber mit dem Heisenbergkompensator geht es

    So etwas ist physikalischer Unsinn, und ich für meinen Teil würde das nicht als 'logisch' bezeichnen. Die Star-Trek-Autoren brauchten so etwas, damit die Story nicht ständig davon aufgehalten wurde, dass man Transportschiffe zu besteigen hätte. Liu ist, bei aller Kritik, physikalisch korrekter als Star Trek.

    Naja, darüber könnten wir uns streiten. Ich finde es eher logisch, einen Teil physikalischer Gesetzmäßigkeiten mithilfe einer kompensierenden Maschine zu übergehen, als einfach zu sagen: Wir wissen heute nicht, wie das gehen soll, also geht es nicht. Es ist ja auch Science Fiction und nicht Science Science.

    Ich bin aber eben auch von einer anderen Leserart, denke ich. Ich erwarte keine exakten mathematischen Berechnungen, die irgendwelchen bekannten Annahmen zugrundeliegen, die ich nicht nachvollziehen kann, ich erwarte aber eine Erklärung für Phänomene, die einem interessierten Fan bekannt sind. Meine physikalische Bildung ist ja auch nur auf Schulniveau.

    Was mich bei vielen Science Fiction Romanen stört ist zum Beispiel, dass sie zugunsten der Möglichkeit ihrer Geschichte die Relativitätstheorie ignorieren. Einstein sagte ja verkürzt ausgedrückt, dass Menschen, die hoher Gravitation ausgesetzt sind schneller altern müssten, als Menschen, die einer niedrigen Gravitation ausgesetzt sind. Für Reisen im Weltall bedeutet das, dass Menschen im Raumschiff bedeutend weniger schnell altern, als Menschen auf der Erde oder auf anderen Planeten mit noch höherer Gravitation.

    Was mir als Physiklaie zum Verständnis genüg, ist wie in Star Trek ein auf Raumschiffen standardisiert installiertes Gravitationsgitter, das Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit für die Passagiere ungefährlich macht und das gleichzeitig die Relativitätstheorie bedient, indem die Leute an Bord nicht schneller altern, als auf einem Planeten. Da gibt es eine kompensierende Maschine, deren Technologie wird erforderlich sein für humanoide Raumfahrt, es ist Science Fiction und der Autor hat die Technologie in seine Erzählung eingebaut.


    Da muss ich Liu allerdings loben: Er geht davon aus, dass die Personen auf dem Raumschiff, das vom Dreisternsystem zur Erde fliegen, mehrere Generationen lang unterwegs sein werden. Zwar sagt er nichts über die künstliche Schwerkraft aus, die vorherrschen könnte, aber immerhin geht er nicht von einer Überlichtgeschwindigkeit aus. Das wäre mir dann auch zu viel, denn Überlichtgeschwindigkeit erreichen die Star Trek-Raumschiffe nur durch die autorisch erfundene Weltraumebene "Subraum", also einer Art Schicht, die erfunden wurde, damit man sie krümmen kann und damit die Warp-Theorie angewendet werden kann, die ohne die Subraumerklärung bei der Star Trek-Urserie unter Captain Kirk einfach eingeführt wurde. Ziemlich viele Sci Fi-Autoren ignorieren einfach, dass man irgendwas erklären müsste, damit Raumschiffe schnell von A nach B gelangen und setzen das einfach als möglich voraus. Das tut Liu nicht und das finde ich ganz gut.