In meinem Buch hau ich dich in die Pfanne!

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 5.512 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von christie.

  • Gestern Abend stand ich an der Stadtbahnhaltestelle und las auf diesen Video-Anzeigentafeln mit fiesem Grinsen die Meldung: 'Das reale Vorbild für "Harrry-Potter-Autorin Joanne Rowlings eitlen Lehrer Gilderoy Lockheart war ihr Ex-Gatte.' Das soll sie in einem Interview zugegeben haben.


    Ha, ertappt!


    Gerade bei dieser Figur - sowie auch bei der neuen Schulleiterin mit dem Krötengesicht - hatte ich beim Lesen so deutlich wie nie zuvor den Eindruck, dass das die Karikatur einer real existierender Personen sein muss.


    Zu meiner Kollegin sagte ich noch: " Ich fress einen Besen, wenn es den Kerl nicht wirklich gibt. Irgendwo ist einer und beißt sich in den Allerwertesten, weil die Rowling ihn hier als eitlen Fatzke durch den Kakao zieht."


    +++


    Ich hab schon mal eine Kollegin samt Esoterikfimmel in eine Glosse eingebaut. Und meinem Mann und mir eine 'Gastrolle' in einer Kurzgeschichte gegeben. Ich brauchte da zwei Leute, die an der Bar sitzen und unversehens in eine Szene reingezogen werden, die sich vor ihren Augen abspielt. Zack, saßen wir selber am Tresen *ggg*.


    So bösartig wie Rowling war ich noch nie. Ein inzwischen verstorbener Autor hat mir mal angedroht, mich in einem seiner Bücher zu 'verwursten'. Er kam nimmer dazu.


    Hier gibt's ja auch Autoren an Board: Habt ihr schon mal ein in euren Werken ein Hühnchen mit euren realen Mitmenschen gerupft?


    Oder gibt's noch mehr solcher Anekdoten aus der (Unterhaltungs-)Literatur?


    LG
    Vandam

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Vandam"

    Oder gibt's noch mehr solcher Anekdoten aus der (Unterhaltungs-)Literatur?


    Schiller und Goethe haben in den Xenien so ungefähr alles durch den literarischen Kakao gezogen, was damals Rang und Namen hatte - und was keinen hatte, auch. Wie v.a. der junge Goethe sich mit allem anlegte, was bekannt war, so in Götter, Helden und Wieland.


    Th. Mann zog G. Hauptmann im Zauberberg ebenfalls durch den Kakao; letzterer war nicht sehr erbaut.


    Karl May verunstaltet Nietzsche im Silbernen Löwen III + IV.


    Hesses Klingsor ist, wenn ich mich recht erinnere, auch an einer lebendigen Figur geformt; ich weiss aber nicht mehr auswendig an wem.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • wenn man die richtige Person in die Pfanne haut, dieser klagt gegen einen, und alles steht dick und fett in der Bild-Zeitung, kann man unter Umständen sogar Karriere machen.


    Allerdings ist man eher unten durch. Es gibt ein paar Beispiele, dass Bücher nicht erscheinen durften, weil die Autoren ihnen bekannte Leute verwurstet haben und die das gar nicht gut fanden. Ich rede hier nicht nur von Bohlen. Der ist seit seinem zweiten "Werk" auch ein wenig out.


    Liebe Grüße
    Gheron :elch:

  • In historischen Romanen kann man Leute mit ein bischen Geschick so verstecken, daß sie das nicht merken. Mein Ex-Chef ist jedenfalls in "The Exiles" und mein Onkel in "Endangered Frontiers". *mwuahahaha* :zwinker:

    Alamir

  • Zitat von "Vandam"


    Oder gibt's noch mehr solcher Anekdoten aus der (Unterhaltungs-)Literatur?


    Mir fällt da spontan Lord Byron ein, der das mehrmals gemacht hat.


    Nachdem sein erster Gedichtband in der "Edinburgh Review" ziemlich verrissen wurde konterete er mit der Verssatire "English Bards and Scotch Reviewers", in der er mit alle Dichtern und Rezensenten abrechnete, von denen er dachte, sie stünden in Verbindung mit der Zeitung.


    Später hat er sich dann einen kleinen Krieg mit dem Hofdichter Robert Southey geliefert, den er aus diversen Gründen nicht sonderlich leiden konnte. Einmal hat er Southey schon in "English Bards und Scotch Reviewers" angegriffen, was Southey ziemlich übel nahm.
    Southey rächte sich und das Geplänkel ging eine Weile hin und her und gipfelt schließlich in Byrons "The Vision of Jugdement", einer Parodie auf Southeys "A Vision of Judgement". In Byrons Version wird Southey ziemlich vorgeführt und als er am Ende aus seinen Werken liest, fliehen sogar die Engel und Teufel am Jüngsten Gericht vor ihm.


    Irgendwie albern, aber unterhaltsam... :breitgrins:


    Byron selbst wurde übrigens auch selbst verwurstet. Eine abservierte Geliebte hat sich mal mit einem Roman über einen schrecklichen Adeligen, der eindeutig Byrons Züge trug, gerächt.



    Liebe Grüße, Pandora.

  • Zitat von "Pandora"

    Eine abservierte Geliebte hat sich mal mit einem Roman über einen schrecklichen Adeligen, der eindeutig Byrons Züge trug, gerächt.


    Hallo zusammen!


    Das wär mal ein Thema für eine Doktorarbeit ...


    Auch die Ex von Bulwer Lytton (The Last Days of Pompeii) veröffentlichte einen Schlüsselroman, in dem sie den Autor nicht nur durch den Kakao sondern wirklich durch den Dreck gezogen haben soll.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • "Historisch" bedingt fallen mir auf Anhieb nur Schriftwechsel ein, die statt oder als Fachbeiträge in den alten Fachzeitschriften veröffentlich wurden.


    Die Wissenschaftler schrieben dann entweder für die Sparte "Leserbriefe" / "Letters to the Editor" oder aber sie schrieben in ihren Fachaufsatz sehr deutliche Kommentare à la "wir halten die Ergebnisse aus XY eher für zweifelhaft" und es war aufgrund der Ortsangabe ein sehr direkter Schlagabtausch. Justus Liebig gehörte u.a. zu solchen Schreibern.


    Heute erst weiß man, dass mancher Zwist grundlos war, beide Seiten hatten Recht. Aber auch schön zu lesen!

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Zitat von "sandhofer"

    Hallo zusammen!



    ...


    Karl May verunstaltet Nietzsche im Silbernen Löwen III + IV.
    ...


    Jaja, jetzt muss Sandhofer wieder mit den alten Geschichten anfangen - Jugendsünden. Ich und der Friede hatten eben damals gewisse Differenzen. :grmpf::breitgrins:



    Zum Thema: Mir fallen da gerade nur Voltaire und Börne eine. Der erste hat sich ja mit so ziemlich allem in der damaligen Zeit angelegt, meist allerdings im Briefwechsel oder verbaler Kommunikation.
    Und Börne, nunja, er und Goethe waren nicht gerade die besten Kumpels, so hat er diesen auch schonmal in Briefen und seiner Zeitschrift erwähnt.


    Was ich mich allerdings frage, wie man beweisen möchte, das man sich literarisch verunglimpft fühlt ?!

    &quot;Der Mann, der den Berg abtrug, war derselbe, der anfing, kleine Steine wegzutragen.&quot;<br />Konfuzius<br />

  • Hi!


    Ich habe mich sehr gewundert, als ich in Berlings Roman "Das Kreuz der Kinder" über einen gewissen Hedi Ben Salem, Oberhofkämmerer des Sultans von Marrakesch gestolpert bin. Hedi Ben Salem war nämlich ein Schauspieler (zB "Angst essen Seele auf") und Liebhaber von Fassbinder, mit dem auch Berling zusammengearbeitet hat und befreundet war.
    Ich weiß allerdings nicht, ob er nur den Namen verwendet hat, oder ob der Roman-Salem auch charakterlich Ähnlichkeit mit ihm hatte.


    Ganz deutlich hat Berling das in seinem Roman "Die Nacht von Jesi" gemacht. Hier hat er seine Erfahrungen als Produzent von Fassbinders erstem Film "Whity", die recht chaotisch waren, verarbeitet. Er selbst ist in diesem Roman Manuel Bergstroem und der Regisseur des Musical, um das es fort geht, dürfte Fassbinder sein. Und zweifellos noch einige andere Leute, die ich nicht identifizieren konnte, weil ich die Fassbinder-Biographie erst nach dem Roman gelesen habe.
    (Fassbinder hat das gleiche übrigens filmisch gemacht und diesen chaotischen ersten Dreh im Film "Warnung vor einer heiligen Nutte" verewigt. Witzig, muß starken Eindruck hinterlassen haben!)


    Und ein ganz offensichtliches Bsp. ist der amerikanische Autor Pat Conroy, der auch in seinen Romanen immer über sein eigenes Leben schreibt. Am deutlichsten in "Der große Santini", seiner literarischen Abrechnung mit seinem Vater. Hier hat er der Romanfigur sogar den genau gleichen Spitznamen gegeben, unter dem Conroy sr. bekannt war.


    Bye,


    Grisel

  • Mir fällt da spontan Dantes "Göttliche Komödie" ein, in der sich massenweise Berühmtheiten tummeln.


    Auch Heinrich Manns "Mephisto" hat ein reales Vorbild: Den Schauspieler Gustav Gründgens.




    Dazu schreibt Rowling auf ihrer Homepage:


    Zitat

    Section: Rubbish Bin


    Symbol(s): Pure Garbage, Toxic
    Gilderoy Lockhart is based on JKR's first husband


    No, he most certainly is not. I have always been honest about the fact that Gilderoy Lockhart WAS inspired by a real man (see the 'Extras' section). For obvious reasons I am not going to identify the person in question - however irritating he was, he does not deserve that - but I can state categorically that I never married him. I do not lie about the inspiration for characters (although at times like these, I wonder why I don’t refuse to answer these questions at all!)


    Auf Deutsch: Ja, Gilderoy Lockhart basiert auf einer realen Person, aber sie hat diese Person nie geheiratet.

    Mein Geist dürstet nach Taten, mein Atem nach Freiheit!<br />Der Hauptmann der Räuber

  • Zitat von "K.May"

    Was ich mich allerdings frage, wie man beweisen möchte, das man sich literarisch verunglimpft fühlt ?!


    Kann man getrost den Medien überlassen, die übernehmen das Abstrafen. Ich entsinne mich, dass Tod eines Kritikers von Martin Walser mächtig in den Schlagzeilen krachte, weil man als "toten Kritiker" Marcel Reich-Ranicki identifiziert hatte oder zu identifizieren glaubte.
    Bei mir liegt das Buch auf dem SUB und ich kann noch nichts dazu sagen.


    Der Presse nach zu urteilen, geht Walser sehr deutlich mit Reich-Ranicki ins Gericht und von daher brauchte zumindest dieser nichts "beweisen".

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Also ich hatte mal eine Alicegeschichte angefangen wo ich meinen liebsten Klassenkameraden in meiner Grundschulzeit je nach Charakter eine bestimmte Tierrolle zugestehen wollte. Da ich aber jedoch inzwischen der Meinung bin, ich muss ja die armen Tiere nicht beleidigen, überlege ich eine andere Version davon. Aber ja, in meinen Geschichten habe ich aber auch woanders "Rache" geübt. Dichterische Freiheit nenne ich mal das ^^

  • Zitat von "Nightfever"

    Mir fällt da spontan Dantes "Göttliche Komödie" ein, in der sich massenweise Berühmtheiten tummeln.


    Auch Heinrich Manns "Mephisto" hat ein reales Vorbild: Den Schauspieler Gustav Gründgens.


    War das nicht der Klaus? :smile:
    Na ja...gerade bei den Manns muss man ja direkt die Figuren suchen, die KEIN reales Vorbild haben!

  • Zitat von "Yoshi"

    War das nicht der Klaus? :smile:
    Na ja...gerade bei den Manns muss man ja direkt die Figuren suchen, die KEIN reales Vorbild haben!


    Kann sein. Ich weiß es nicht - ich habe nur den Film gesehen :elch:

    Mein Geist dürstet nach Taten, mein Atem nach Freiheit!<br />Der Hauptmann der Räuber

  • Hallo zusammen,


    jawohl, "Mephisto" ist von Klaus Mann und ein. Paradebeispiel für dieses Thema. Klaus Mann schrieb diesen Roman in Anspielung auf den Schauspieler Gustaf Gründgens, mit dem er Ende der 20er Jahre eng befreundet war und der eine Weile auch sein Schwager war (nach Heirat mit Erika Mann).
    Nach dem zweiten Weltkrieg war das Buch nur in der DDR erschienen. Als 1964 eine Ausgabe in der BRD geplant war, klagte der Adoptivsohn Gründgens gegen die Veröffentlichung. 1966 wurde die Verbreitung vom Hamburger Oberlandesgericht komplett verboten und das Urteil 1968 vom Bundesgerichtshof bestätigt. Die eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde 1971 abgelehnt und gilt als das Grundsatzurteil zu Kunstfreiheit und Schutz des Persönlichkeitsrecht. Der Roman war danach nur noch im Ausland oder als Raubdruck zu haben.
    1981 wurde das Buch erneut veröffentlicht und weitere rechtlich Schritte blieben aus. Offensichtlich war aufgrund des Zeitablaufs die Brisanz nicht mehr gegeben und das ganze eher zu einer historischen Angelegenheit geworden.
    Über das Buch und seine spannende Geschichte mit weitreichender Bedeutung gibt es wiederum ein eigenes Buch von Eberhard Spangenberg: Karriere eines Romans. Mephisto, Klaus Mann und Gustaf Gründgens, erschienen als Rowohlt TB 1982 derzeit leider nur antiquarisch erhältlich. *:belehr: * :zwinker:
    Keine Ahnung wie die Rechtsprechung in Großbritannien ist, aber zumindest für den deutschsprachigen Bereich hat J.K. Rowling gute Gründe, die Vorbilder für einige Figuren nicht zu benennen :zwinker:


    Viele Grüße
    christie