Im Rahmen des SLW 2011 habe ich - endlich - "Herr Lehmann" gelesen.
"Herr Lehmann!"
"Ja?"
"Sie faseln."
"Ja, nun..."
Dies ist ein Teil des Dialoges, den Herr Lehmann mit einem Grenzbeamten am Übergang Friedrichstraße führt. Die Aktion, Geld nach Ost-Berlin zu schmuggeln endet bekanntlich damit, daß die DDR "auf den Besuch Herrn Lehmanns verzichtet."
Für mich ist das ein Schlüsseldialog, aber Faseln allein wird dem Buch nicht gerecht. Die Dialoge und inneren Monologe grenzen zwar oft an Faselei und verlangen dem Leser Geduld und manchmal Nachsicht ab, aber sie werden nicht zu weitschweifig oder langweilig. Na okay, weitschweifig vielleicht schon... Aber immer, wenn ich das Buch entnervt zuklappen wollte, gab es eine Wendung und ich musste wieder schmunzeln.
Einzig der Schluss hat mir nicht gefallen. Fast beiläufig wird der Mauerfall erwähnt, fast zufällig stolpert Herr Lehmann in die spontanen Feierlichkeiten um die Grenzöffnung, das kann ich noch verkraften. Aber mit den langwierigen Beschreibungen des "Nervenzusammenbruchs" (oder was auch immer die Künstlerseele quälte) seines Freundes Karl zusammen ergab es - wie ich finde - einen schwachen Schluss für ein ansonsten starkes Buch.
Ich hatte es als Hin-und-her-Buch für die Busfahrt zur Arbeit ausgewählt, musste aber das letzte Drittel dann schließlich auf einen Schwung lesen, weil viele Unterbrechungen irgendwie den Lesefluss stoppen. Mein Fazit: gute Unterhaltung. Ein Kultbuch wird es für mich wohl nicht, aber ein erneutes Lesen (und dann nicht hin-und-her) ist nicht ausgeschlossen.