Mathijs Deen - Der Holländer

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    Ein interessanter Fall


    Es sollte Geeske Dobbengas letzte Fahrt vor ihrer Pensionierung mit dem Patrollienboot RV180 werden. Doch auf der Sandbank De Hond westlich des Fahrwassers der Außenems zwischen Deutschland und den Niederlanden liegt keine tote Robbe sondern ein Mensch. Sie nehmen den Mann, der sonst mit der steigenden Flut weg geschwemmt worden wäre, an Bord. Doch die Zugehörigkeit der Sandbank De Hond ist nicht eindeutig geklärt. Brigadekommandeur Henk van de Wal will unbedingt, dass die Todesursache des vor allem in Norddeutschland sehr bekannten Wattwanderers in den Niederlanden geklärt wird. So schickt die Bundespolizei inoffiziell Liewe Tristan Cupido „der Holländer“ auf den Weg ins Nachbarland.


    Reden ist silber, schweigen ist Gold – das ist das Motto des in Deutschland geborenen und in den Niederlanden auf der Nordseeinsel Texel aufgewachsenen Ermittlers Liewe T. Cupido. Er beobachtet, hört zu und zieht daraus seine Schlüsse. Ich fand den schweigsamen Mann, dessen Eltern ich auch kurz kennenlerne, gleich sehr sympathisch. Auch Geeske Dobbenga, die den toten Wattwanderer an Land bringt, habe ich mit ihrer zugewandten Art gleich schätzen gelernt. Natürlich gibt es auch hier Menschen, die ich nicht so mag. Z.B. Brigadekommandeur Henk van de Wal, der mir mit seinem Verhalten und seinem Kompezenzgerangel ein bisserl auf die Nerven ging. Aber sie alle, vor allem die beiden anderen Wattwanderer, passen mit ihren speziellen Eigenheiten sehr gut in die ihnen zugedachten Rollen, füllen diese ausgezeichnet aus und sind gut vorstellbar gezeichnet.


    Richtig klasse finde ich die Karte auf der Innenseite des Buchumschlages. Hier sehe ich einen Teil der Niederlande und Norddeutschlands mit den West- und Ostfriesischen Inseln und einiger eingezeichneter Örtlichkeiten, die im Buch genannt sind. So finde ich mich sofort viel besser zurecht.

    Während der Geschichte bekomme ich einen kleinen, sehr interessant Einblick ins Wattwandern, Infos zu den Gezeiten und zu den Gefahren, die im Wattenmeer lauern. Etwas, von dem ich hier in Süddeutschland natürlich gar nichts mitbekomme.


    Der Schreib- und Erzählstil von Mathijs Deen ist so einnehmend, fesselnd und spannend, dass ich nur so durch die Seiten geflogen sind. Der ungewöhnliche Fall des toten Wattwanderers hat mich sofort in Beschlag genommen und nicht mehr losgelassen.


    Ein etwas anderer Krimi, sehr leise, den ich sehr genossen habe. Einfach klasse.


    5ratten

  • Liewe Cupido - alias "Der Holländer"


    "Der Holländer" von Mathijs Deen, aus dem Niederländischen von Andreas Ecke ins Deutsche übersetzt, erschien 2022 (HC, gebunden) im mare-Verlag. Der Roman, der eher ein Kriminalroman für mich ist, spielt an der niederländischen und der ostfriesischen Nordseeküste.


    Den erfahrenen Extrem-Wattwanderern Aron, Peter und Klaus fehlt nur noch die Wattwanderung zur Insel Borkum (der "Mount Everest" der Wattwanderer), dann haben sie alle ostfriesischen Insel über das Watt erwandert. Doch bei Borkum ist die erfolgreiche Wattwanderung von einigen Dingen (wie Tide, Ostwind etc.) sehr abhängig; ideale Bedingungen hierfür gibt es nicht sehr oft. So startet Peter alleine mit Klaus, da Aron mit seiner Frau gerade in England ist und an der Wattwanderung nicht teilnehmen kann, da er seine Frau nicht alleine lassen will (es geht ihr nicht sehr gut). So legt Aron, der "Wegbereiter" (er plant alle Routen immer genauestens vor, hat auch mit den beiden Mitwanderern ein Buch veröffentlicht, in dem alle Touren der drei Extrem-Wattwanderer festgehalten werden) es in Peters Hände, ob beide auch ohne ihn starten. Peter und Klaus ziehen beide gemeinsam mit ihren Rucksäcken los - mit fatalen Folgen:

    Nur einer sollte Borkum lebend erreichen, der andere wird auf einer Sandbank im Meer von Geeske Dobenga, Oberwachtmeisterin und Grenzschützerin auf der RV180 während ihrer vermeintlich letzten Fahrt vor ihrer Pensionierung, tot aufgefunden. Die Sandbank heißt "De Hond" und schnell stellt sich heraus, nachdem der tote Wattwanderer als Deutscher identifiziert wird, dass die polizeiliche Zuständigkeit in diesem Falle unklar ist: Weder dem Brigadekommandeur Henk de Wal noch anderen ist klar, ob es ein Fall für die niederländische Staatsanwaltschaft ist - oder für die deutsche.


    Aufgrund dieser nichtgekärten Zuständigkeiten wird von deutscher Seite kurzerhand ein inoffizieller Ermittler eingesetzt, um sich vor Ort ein Bild zu machen: Liewe Cupido, in Deutschland geboren, aber in den Niederlanden aufgewachsen (Texel). Wird er es durch seine empathische, ruhige Art und seine Beobachtungs- und Kombinationsgabe schaffen, den Fall zu lösen?


    Meine Meinung:


    Matthijs Deen schafft es von Beginn an, eine subtile und psychologisch feinsinnige Spannung beim Leser zu erzeugen. Liewe war mir durch seine ruhige und souveräne Art gleich sympathisch; wortkarg beobachtet er, stellt die richtigen Fragen, ist einfühlsam und zieht seine eigenen Schlüsse. Zeitweise wird er auch durch einen sich langweilenden jungen Grenzpolizisten unterstützt, Xander, der seinerseits wichtige Entdeckungen macht und in den wenigen Tagen, in denen er seinem eher langweiligen Posten entfliehen konnte und für Liewe Erkundigungen einzieht, dürfte er vieles gelernt haben, was ihn später zu einem guten Ermittler machen könnte.

    Auch Geeske trifft die richtigen Entscheidungen und ist auch mal einfach ruhig, wenn ihr (neuer) Vorgesetzter de Wal meint, De Hond sei auf jeden Fall niederländisches Gebiet und eher Karriere als den geringsten Fehler machen will - mit ebenfalls fatalen Folgen. Relativ spät erfährt der Leser etwas mehr vom Background des "Holländers"; viel Raum nehmen die Ermittlungsarbeiten ein, so dass ich den Roman zeitweise wie ein Drehbuch las, das ich mir auch gut als Grundlage für einen "Tatort" vorstellen kann (ich mochte Schimanski, Thanner und "das Hänsje" sehr - auch wenn die beiden Erstgenannten leider nicht mehr für eine Verfilmung in Frage kommen....) Die Spannung wurde gleichmäßig gehalten und nahm auf den letzten 50 Seiten noch zu: Es gab einige nicht vorhersehbare Wendungen und Hintergründe, mit denen man als Leser so nicht gerechnet hatte. Die drei Hauptprotagonisten neben den Ermittlern wie Liewe, Geeske und einigen RechtsmedizinerInnen ("Shakespeare" alias Wortelboer, der mir sehr gut gefallen hat z.B.) war das Trio der Extrem-Wattwanderer, über die man nach und nach ebenfalls mehr erfahren hat: Zwei waren mir sympathisch, einer überhaupt nicht. Meine Vorahnung hat sich bestätigt und ich war am Ende von der Lösung des Falles nicht gänzlich überrascht. Höchstens davon, dass es zwei Personen gab, die Motive hatten.


    Der Schreibstil von Mathijs Deen gefällt mir gut, er ist schnörkellos und unaufgeregt, jedoch dennoch mit subtiler Spannung versehen. Ein wenig erinnerte mich sein Stil an z.B. Nesser, den ich ebenfalls sehr schätze. Der Showdown im Watt hat dann auch etwas Dramatisches; man lernt eine Menge über die Gefahren, die im Watt lauern können und wie gefährlich es ist, ohne Kenntnisse eine Wattwanderung zu unternehmen: Davon würde ich unbedingt abraten. Auch die Einschaltung eines Meeresgeologen von Liewe zu diesem Fall - und dessen Erkenntnisse erstaunten mich sehr.


    Fazit:


    Ein sehr gelungener, unaufgeregter Kriminalroman, der mir stilistisch sehr gut gefallen - aber auch noch Potenzial nach oben hat. Authentisch mit einigen humorvollen Einschüben (van de Wal) und auch lehrreich für LeserInnen, die sich für das Watt und Wattwanderungen interessieren. Von mir gibt es eine Leseempfehlung und körnige 4*. Gerne würde ich weitere Fälle von Liewe Cupido, dem "Holländer" lesen!


    4ratten

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Gerne würde ich weitere Fälle von Liewe Cupido, dem "Holländer" lesen

    Im Mai kommt ein zweiter Teil auf Niederländisch heraus, vielleicht habt ihr ja Glück und und er wird auch übersetzt. Für mich macht es das Buch ein Stück interessanter (zurzeit zieht es sich ein bißchen, ich bin jetzt knapp auf der Hälfte), da ich kaum noch Stand-Alones lese.


    In der niederländischen Ausgabe ist überigend auch eine Karte des deutsch-niederländischen Grenzgebiet an der Nordseeküste vorhanden, dummerweise ist das Gebiet, um das es sich dreht, genau in der Mitte.

    Ich habe die Sandbank mal auf einer Seekarte gesucht

    Hond en Paapzand

    Wear the old coat and buy the new book (Austin Phelps)

  • Im aktuellen Podcast der Zeitschrift mare, "Übers Meer", erzählt Mathijs Deen von sich und seinen Büchern. Sympathischer Typ.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • vielen Dank, yanni

    wäre schade, wenn "Der Taucher" an mir vorbeigeschnorchelt wäre ^^ Neues von Cupido? Aber hallo ;)

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • bibse Ist das dieses?


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    Ja, die Original-Ausgabe erscheint erst im Mai, warum auch immer. Deswegen war ich gar nicht auf die Idee gekommen, nach einer Übersetzung zu suchen.


    Zu "der Holländer":

    am Anfang zog es sich ein bisschen und meiner Meinung nach wurden am Anfang auch zu viele Protagonisten eingeführt, da am Ende aber alle einen Sinn hatte, bin ich damit aber versöhnt. Mit dem Ende habe ich so gar nicht gerechnet.

    Wear the old coat and buy the new book (Austin Phelps)

  • vielen Dank, yanni

    wäre schade, wenn "Der Taucher" an mir vorbeigeschnorchelt wäre ^^ Neues von Cupido? Aber hallo ;)

    und nu schnorchelt "Der Taucher" in meiner pipeline :daumen: Ich freu' mich drauf - und der Biblio sei gedankt, die sich auf meinen Vorschlag hin beide Romane zulegt ;)

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Drei Wattwanderer planten zusammen seit Jahren die außerordentlich herausfordernde Wanderung nach Borkum. Als Tide und Wetter endlich mitspielen starten aber nur zwei von ihnen, der dritte lehnt ab.


    Namensgeber des Buchs ist Liewe Cupido, er ist auf Texel geboren und arbeitet für die Polizei in Cuxhaven, er ist dort „der Holländer. Als die Leiche eines der Wattwanderer von einem niederländischen Patrouillenboot gefunden wird, soll er zunächst inoffiziell ermitteln - der Fundort ist nämlich eine Sandbank über deren nationale Zugehörigkeit Deutschland und die Niederlande uneinig sind.


    Obwohl mir einiges an dem Buch sehr gut gefiel, bin ich gerade mit der Hauptfigur nicht wirklich warm geworden, er war mir irgendwie zu unpersönlich, und dass obwohl man eigentlich recht viele Gedanken und Überlegungen von ihm mitgeteilt bekommt. Sein niederländisches Gegenüber, Geeske Dobenga, gefiel mir deutlich besser, ihr Anteil hätte gerne noch größer sein dürfen. Die vielen friesischen Namen irritierten mich tatsächlich ein wenig (im Fantasy-Umfeld komme ich mit unbekannten Namenskonventionen und -konstrukten besser zurecht als im ungewohnten „Ausland“) und ließen mich beim Lesen stocken.


    Den Folgeband („Der Taucher“) hatte ich mir bereits notiert, bin mir aber aktuell nicht sicher, ob er es in mein Regal schaffen wird.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Den Folgeband („Der Taucher“) hatte ich mir bereits notiert, bin mir aber aktuell nicht sicher, ob er es in mein Regal schaffen wird.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    So geht es mir auch. Ich hatte mir wesentlich mehr von dem Buch erhofft. Aber, wie du schon schriebst, man bekam einfach keinen richtigen Zugang zu Hauptperson, Liewe Cupido.

  • Liewe Cupido ermittelt in einem mir unbekannten Milieu. Ich habe zwar schon von Wattwanderungen gehört. Aber das Ausmaß, in dem die drei Freunde sie unternehmen, kannte ich bisher noch nicht. Aber waren die drei Männer wirklich Freunde? Anfangs wirken sie wie eine verschworene Gemeinschaft. Aber je mehr ich über sie lese, desto weniger glaube ich daran. Irgendwann wirken sie auf mich nur noch wie drei Männer, die eine Leidenschaft verbindet, bei der jeder der Beste sein will und das wirft ein ganz anderes Licht auf das tragische Unglück.


    Ich habe in dem Krimi viel gelernt übers Wattwandern, worauf man achten muss und wie sich die Gezeiten verhalten. Das hat mir gut gefallen. Aber das Hin und Her zwischen den Zuständigkeiten und die Art, wie die jeweiligen Ermittler damit umgegangen sind, fand ich fast schon kindisch. Der Autor hat diesen Spielchen für meinen Geschmack zu viel Raum gegeben.


    An die Stimmung musste ich mich erst gewöhnen. Die Charaktere sind durchweg wortkarg und eher statisch. Das mag zur kargen Landschaft im Watt passen, hat aber die Handlung zäh und mich ungeduldig gemacht. Eigentlich war ich mir sicher, dass ich es bei dem Teil der Reihe belassen würde. Aber warum der Wattwanderer sterben muss und vor allem wie es passiert ist, haben mich dann doch überzeugt, Liewe Cupido noch eine Chance zu geben.

    3ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.