Frankenstein: Abschnitt 1 - bis einschl. Kapitel 5

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  • Und wen hat er verfolgt? Sein erschaffendes Monster? Schließlich war die Rede davon, dass die Gestalt auf dem ersten Schlitten sehr groß wirkte.

    Nach den Angaben zur Erschaffung des Monsters, das Frankenstein "ungefähr zweieinhalb Meter groß und entsprechend breit" gestaltet hat, würde das ja gut passen.

    Und wenn es das "Monster" ist... wieso ist das Monster dort??

    Weil es sich sonst nirgends sicher vor Frankenstein fühlt?

    Davon würde ich auch ausgehen. Immerhin bereut Frankenstein die Erschaffung des Monsters sofort nach dessen Belebung und vergewissert sich etwas später, dass sein "Feind wirklich geflohen war". Ich finde diese Bezeichnung insofern aufschlussreich, als das Monster bis dahin noch gar nichts getan hat, um als Feind eingestuft zu werden. Diese Einschätzung Frankensteins kann aber sehr gut die Grundlage einer Verfolgungsjagd sein.

  • Danke auch fürs Nachschlagen der Textstelle. Das klingt wirklich sehr anders. Mich würde interessieren, wie es im englischen Original formuliert ist. b.a.t. kannst du was dazu sagen? Die Stelle ist aus dem 4. Brief.


    Bitte sehr! Es gibt übrigens zwei verschiedene englische Ausgaben, die sich an dieser Stelle ein klein wenig unterscheiden. Der blau markierte "Lebensmut"-Satz hat in der Erstausgabe keine Entsprechung.

    Je nachdem nach welcher Ausgabe sich die deutsche Übersetzung richtet, ergeben sich daher Unterschiede, die über rein sprachliche, stilistische hinausgehen.

    Soon after this he inquired, if I thought that the breaking up of the ice had destroyed the other sledge? I replied, that I could not answer with any degree of certainty; for the ice had not broken until near midnight, and the traveller might have arrived at a place of safety before that time; but of this I could not judge.

    From this time the stranger seemed very eager to be upon deck, to watch for the sledge which had before appeared; but I have persuaded him to remain in the cabin, for he is far too weak to sustain the rawness of the atmosphere. But I have promised that some one should watch for him, and give him instant notice if any new object should appear in sight.


    Soon after this he enquired if I thought that the breaking up of the ice had destroyed the other sledge? I replied, that I could not answer with any degree of certainty; for the ice had not broken until near midnight, and the traveller might have arrived at a place of safety before that time; but of this I could not judge.

    From this time a new spirit of life animated the decaying frame of the stranger. He manifested the greatest eagerness to be upon deck, to watch for the sledge which had before appeared; but I have persuaded him to remain in the cabin, for he is far too weak to sustain the rawness of the atmosphere. I have promised that some one should watch for him, and give him instant notice if any new object should appear in sight.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Meine Ausgabe, die auf der Erstausgabe basiert, hat einen Anmerkungsapparat, in dem auch an verschiedenen Stellen auf Unterschiede hingewiesen wird. Offenbar diente die spätere Überarbeitung dazu, verschiedene Aspekte für die Leser eindeutiger und weniger kontrovers zu gestalten (so steht es auch im Artikel zu Frankenstein in der englischsprachigen Wikipedia).

    Ein Beispiel für diese Änderungen ist, dass Victor Frankensteins jüngerer Bruder Ernest in der Urfassung ein immer kränkliches Kind ist, in der späteren Ausgabe aber nicht. Die entsprechende Anmerkung im Anhang lautet:

    Zitat

    Ernests schlechte Gesundheit wurde in der Version von 1831 gestrichen, um jeden Verdacht auf Verfall der Familie und Inzucht zu vermeiden.

  • Den kann ich total nachvollziehen. Will nicht jeder gerne jemanden zum Reden haben, der mit einem selbst auf einem "Niveau" ist?

    Den Wunsch selbst verstehe ich sehr gut. Ich habe Probleme mich in Frankenstein hineinzuversetzen, weil es so weit von meiner Lebenswirklichkeit entfernt ist. Frankenstein scheint nicht nur sehr behütet, sondern auch sehr abgeschottet aufgewachsen zu sein und das auch genossen zu haben. Vielleicht weil er auch nichts anderes kannte.


    Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Wunsch der Mutter auf dem Sterbebett richtig verstanden habe:

    Wünscht Sie sich, dass Frankenstein und seine Adoptivschwester heiraten oder "nur" beieinander bleiben und sich gegenseitig unterstützen?

    Ich muss die Stelle nochmal suchen, dazu hatte ich noch keine Zeit.

    Das hat mich auf jeden Fall verwirrt.

  • Ich habe es so im Kopf, dass er sie heiraten soll. In dem Hörbuch war auch bei Elisabeths erster Beschreibung eine ganz komische Formulierung, die danach klang, als wäre er schon als Kind von ihr besessen gewesen und sähe sie als sein Eigentum an. Das fand ich bisher tatsächlich die gruseligste Stelle im Buch ^^

  • Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Wunsch der Mutter auf dem Sterbebett richtig verstanden habe:

    Wünscht Sie sich, dass Frankenstein und seine Adoptivschwester heiraten oder "nur" beieinander bleiben und sich gegenseitig unterstützen?

    Ich muss die Stelle nochmal suchen, dazu hatte ich noch keine Zeit.

    Das hat mich auf jeden Fall verwirrt.

    Er soll sie heiraten, das steht fest, als sie in die Familie kommt, und wird durch die Bestätigung der Mutter auf dem Sterbebett nochmal betont. Ihre Herkunft ist in der späteren Ausgabe wohl auch eine andere als in der Urfassung: Hier ist sie seine Kusine, die lieber von ihrem Onkel und dessen Frau als von einer Stiefmutter erzogen werden soll. In der späteren Ausgabe ist sie die Tochter eines italienischen Freiheitskämpfers, damit die beiden nicht mehr verwandt sind.

  • Die Erschaffung des Wesens kam mir viel zu kurz. Ein bisschen Studium, ansonsten erfahren wir nicht viel und auf einmal lebt das Ding. Und erst fand Frankenstein es schön, aber schlagartig mit dem Einhauchen des Lebens nicht mehr und er hat Angst und rennt weg? Für mich war diese Wendung total unverständlich.

    Mir fehlt vor allem auch, warum er das Wesen erschaffen hat. Wollte er als Wissenschaftlicher zeigen, dass es geht? Oder wollte er sich einen Freund basteln?

  • Ich bin noch nicht so weit, erst auf Seite 42.

    Meine Ausgabe ist die von 1818 ich wollte bewusst die ursprüngliche Version lesen.


    Saltanah hats aber eh schon beantwortet, wie es im Text steht :)

  • Mir ist Frankenstein super unsympathisch. Er findet sein "Monster" auch nur gruselig weil es nicht seinen Vorstellungen von gutem aussehn entspricht. Aber er versucht gar nicht erst zu kommunizieren sondern geht gleich davon aus das "Monster" sei Böse.


    Diese Geschichte mit Elizabeth finde ich befremdlich. Klar, es ist für sie natürlich eine Absicherung das sie heiraten werden. Aber sie letztendlich nur in die Familie zu holen um eine Gattin auf zu ziehen... Furchtbare Vorstellung.


    Den Bruef von Elisabeth fand ich auch furchtbar. Nichtvwegen Elisabeth die man ja eh nur durch den verklärten Frankensteinblick sieht, sondern weil die Frauen darin nur durch hässlich oder hübsch beschrieben wurden.

  • Ich glaube auch er wollte einfach endlich ein richtiger Wissenschaftler sein und daher hat er es versucht. Er hat aber gar nicht darüber nachgedacht, welche Folgen sein Handeln haben könnte. Oder ob es gar andere moralische Bedenken geben könnte. Das ist bei ihm finde ich eh so ein Problem. Irgendwie denkt er nie über Konsequenzen nach...

  • Mein Eindruck war, dass es vor allem der Forscherdrang war. Ihn hat die theoretische Möglichkeit fasziniert und deshalb wollte er es versuchen.

    Das sehe ich auch so, mir kommt Frankenstein hier vor wie ein unreifes Kind - ich kann das, also mache ich das, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich finde v.a. seine Reaktion danach aufschlussreich, dieses Weglaufen hat was von "was ich nicht sehe, ist auch nicht da" und auch seine Erleichterung, als das Geschöpf bei seiner Rückkehr verschwunden ist doch sehr merkwürdig - die Einstufung als "Feind" impliziert doch eine Gefahr, trotzdem unternimmt er (auch nach seiner Genesung) keinen Versuch, das Geschöpf zu finden.

  • ich kann mit der Unterteilung der Kaptiel nicht soviel anfangen. In meiner Version ist das alles etwas anders.


    Das Buch ist in drei Volumes eingeteilt und Volume 1 geht bei mir bis Chapter 7

    Ich beginne gerade mit Chapter 6, da gehts um die Rückkehr nach Genf.


    Was ich bis jetzt spannend fand, dass er an der Universität Ingolstadt studierte. Ich habe das nachgeschlagen, weil es mich interessierte ob das nach wie vor eine Uni-Stadt ist. Es gab dort wirklich die erste bayerische Universität (damals noch bairisch geschrieben), die dann später nach Landshut verlegt wurde und zum Schluss nach München, ist heute die LMU.


    Die Erzählung an sich beginnt ja als Briefroman in der Einleitung, und danach die Erzählung des geretteten Frankenstein.


    Die Elisabeth Darstellung ist nicht so befremdlich. Verwandte wurden ja bis ins beginnende 20. JH geheiratet. Eine andere Möglichkeit zur Absicherung gab es noch nicht, wenn kein entsprechendes Erbe vorhanden war.


    Wirklich gruselig finde ich es noch nicht. aber wir sind andere Grausamkeiten aus Medien, Filmen und leider auch der Realität gewohnt als gelehrte Mädchen im beginnenden 19. JH.


    Zu Beginn seines Studiums gab es ja den Chemie- und den Physikprofessor. Der Physiker war arrogant, überheblich auf die Studenten herabblickend. Frankensteins veraltete und nicht mehr zeigemäße Lektüre von Agrippa und Paracelsus hat er als Zeitverschwendung abgetan.

    Der Chemieprofessor Waldman hat es aber dennoch gewürdigt und gesagt, dass weitere Forschungen darauf aufgebaut haben.



    Als Frankenstein beginnt Robert Walton die Geschichte seines Monsters zu erzählen geht er sehr besonnen vor. Er will die Geschichte langsam aufbauen, um ihn nicht sofort zu verschrecken und damit er auch die Hintergründe versteht. (Hat mich etwas an die Physiker von Dürrenmatt erinnert, das bereits Gedachtes wieder gedacht werden kann, sobald eine Idee da ist, kann sie ein anderer auch haben - somit kann das Monster ja auch von anderen erschaffen werden).


    Es steckt auch etwas vom Zauberlehrling drinnen, mit den Konsequenzen von dem was man geschaffen hat muss man leben lernen bzw. auch als Konsequenz sterben.

  • Was ich bis jetzt spannend fand, dass er an der Universität Ingolstadt studierte. Ich habe das nachgeschlagen, weil es mich interessierte ob das nach wie vor eine Uni-Stadt ist. Es gab dort wirklich die erste bayerische Universität (damals noch bairisch geschrieben), die dann später nach Landshut verlegt wurde und zum Schluss nach München, ist heute die LMU.

    Ja, die historischen Hintergründe sind spannend. Es werden auch regelmäßig Frankenstein-Stadtführungen durchgeführt; 2018 war großes Jubiläumsjahr mit vielen Veranstaltungen etc. Also Mary Shelleys Buch ist dort auf jeden Fall sehr präsent!


    Zum Thema Uni-Stadt: In Ingolstadt gibt es heute eine Technische Hochschule und einen Teil der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

  • Ich habe jetzt auch endlich den ersten Abschnitt geschafft. Und ich habe die Originalausgabe von 1818 auf englisch.

    Die einleitenden Briefe fand ich etwas mühsam zum Lesen. Man hat ganz deutlich gemerkt, dass Shelley dieses Buch zur Zeit der Romantik geschrieben hat. Der überwiegende Teil der Erzählung besteht aus Beschreibungen von Sehnsucht und Gefühlen. Irgendwie nicht ganz mein Ding. Mir war aber sofort klar, dass der Erzähler der Briefe nur die Rahmenhandlung für die eigentliche Geschichte darstellt, die in den Kapiteln folgt. Der Mann auf dem Schlitten ist das Monster und der Gerettete ist Frankenstein. Mehr sage ich nicht, da ich sonst Spoilern würde.


    Die Kapitel gehen im gleichen Schreibstil weiter und sind voller Beschreibungen der Gefühle und Sehnsüchte, die Frankenstein mit seinem Studium verbindet. Auch dass er sich plötzlich von seinem Monster abwendet, passt dazu. Er hat in verklärter Weise gedacht, dass er perfekte Menschen erschaffen kann und war plötzlich auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Das muss für einen Träumer ein Schock sein.


    Ehrlich gesagt hatte ich den Abschnitt komplett überlesen, als er das Monster erweckt. Ich musste erstmal zurückblättern bis ich die entsprechende Stelle fand. Ich finde, dass es viel zu kurz dargestellt ist, wie er es geschafft hat, ihm Leben einzuflößen. Oder bin ich da zu sehr von Hollywood beeinflusst?