Persuasion aka Anne Elliot aka Verführung

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  • Soeben hab ich mir die Arte Version angesehen mit frz. Untertiteln.


    Bien sure, je peux parler maintenant du livre en francais :)


    Die Version ist stark gekürzt, Gespräche werden einfach anderen in den Mund gelegt. Wenn man das Buch nicht kenn ist es ganz ok, aber es kommen die Charakterzüge der Personen nicht so gut heraus.


    Spannend fand ich den Anfang des Filmes, als Anne durch Kellynch hetzt und alles Inventar katalogisiert. Da gibt es ein Dienstmädchen, das nur neben der Tür steht und ein Tintenfass hält, wenn Anne zufällig dort vorbeigeht, damit sie Nachschub für ihre Liste hat. Das ist wohl dekadent und das wäre eine sinnvolle personelle Einsparung. Wobei das Personal damals ja quasi eh für fast nichts gearbeitet hat.


    Ich glaube ich hab noch andere DVDs, also andere Fassungen. Eventuell in den nächsten Tagen mal, dass ich mir noch eine Dosis Überredung gebe :)

  • Den Kontrast merkt man hier ja auch gut wenn man sich die Wohnverhältnisse von Annes Freundin Mrs.Smith anschaut im Vergleich zum Haus der Familie in Bath (frag mich ja wie man mit drm Haus dort Geld einspart 🤣🤣🤣)

    Zumindest brauchen sie keine Landschaftspfleger und Gärtner und ein Appartment mit 5 Zimmern ist sicher billiger als ein altes Schloss.

    Und die Gehälter für die Dienstboten scheinen eine entscheidende Rolle zu spielen - Elizabeth möchte ja in Bath keine Abendgesellschaft geben, damit ihre Gäste die schlechteren Bedingungen, unter denen sie nun leben, nicht bemerken, und da wird ausdrücklich das Personal erwähnt.

  • Ich bin jetzt im vorletzten Kapitel und immer wieder aufs Neue von Sir Walter und Elizabeth entsetzt: diese Oberflächlichkeit und Ignoranz, gepaart mit Hochmut, bei gleichzeitig fehlendem Stolz (man denke nur daran, wie sie sich bei Lady Dalrymple einschleimen) ist kaum zu überbieten. Eigentlich hat Jane Austen hier Karikaturen entworfen, vielschichtige Figuren wären mir lieber gewesen.


    Eine gewisse Ambivalenz finde ich noch am ehesten bei Mrs Smith, der das Leben natürlich übel mitgespielt hat, die in meinen Augen aufgrund ihres Agierens hinter Annes Rücken und dem Wunsch, dass Anne sich für sie einsetzen soll, aber auch manipulative Züge hat. Vor allem verstehe ich nicht, warum sie meint, dass Mr Elliot keine schlechte Partie für Anne wäre, obwohl er so ein schlechter Mensch ist und sie das genau weiß. Das disqualifiziert sie in meinen Augen als Freundin.


    Gut ist, dass Anne sich selbst treu bleibt und auf ihre eigenen Gefühle sowie ihren Verstand vertraut, bei so vielen Einflüsterungen um sie herum wäre sie sonst auch verloren.


    Mrs Musgrove gefällt mir unverändert gut, weil sie die Verbindungen ihrer Töchter aus Liebe zulässt und dabei immer etwas Ausgleichendes für die Menschen um sich herum hat, sie scheint sich ganz unaufgeregt zu kümmern und wirkt auf mich einfach positiv.

  • Ich bin jetzt über die Buchmitte gekrochen, Anne ist in Bath angekommen.

    Lächerlich fand ich ja Marys Anweisungen, was Anne in ihren Briefen an den Vater und die Schwester zu schreiben hat, statt selbst zu schreiben.


    Meine Ausgabe von Anaconda ist voller Fehler, Zeichensetzung, Grammatik usw. Da hat der Korrekturleser geschlafen.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich habe den Roman gestern abend beendet und muss sagen, dass Annes Schwager Charles für mich auf jeden Fall diejenige Person ist, die sich am meisten und am sympathischsten entwickelt. Während er am Anfang so unreif und egoistisch wie seine Frau Mary wirkt macht er danach durchaus Schritte, die nach Erwachsenwerden aussehen. Und bei der Diskussion darüber, dass er lieber ins Theater als zur Einladung bei Sir Walter Elliot, bei der er auch Lady Dalrymple und ihre Tochter kennenlernen soll, gehen würde, beweist er Mut und einen Drang zur Unabhängigkeit von der Verwandtschaft, die vielen der Figuren abgehen.

    Charles zeigt sich einerseits ernsthaft besorgt um Anne, hat aber andererseits genug Fingerspitzengefühl, um sie am Ende mit Wentworth allein zu lassen, damit die beiden sich aussprechen können.


    Aufgrund von Charles´ Wandlung kann man am Ende auch durchaus noch Hoffnung haben, dass Mary vielleicht in vernünftigere Bahnen gelenkt wird (er scheint ihr ja nun durchaus etwas entgegenzusetzen zu haben), wodurch die wirkliche Verliererin der Ereignisse, Elizabeth, voll im Rampenlicht steht. Letztlich hat ihr auch ihre Schönheit, auf die sie und Sir Walter aufgrund ihrer Fixierung auf Äußerlichkeiten ja immer so gepocht, nichts genutzt, sie steht im Gegensatz zu ihren Schwestern allein da und hat noch dazu den launischen Vater am Hals. Auch, dass Mrs Clay den beiden letztendlich abhanden kommt (und das auch noch unter sehr unmoralischen Umständen), gönnt man beiden von Herzen.


    Und dass Anne und Frederick miteinander glücklich werden - zweifellos in einer Beziehung auf Augenhöhe, die der der Crofts gleich dürfte - gönne ich den beiden uneingeschränkt, sie haben sich ihr Glück nach dieser langen Zeit verdient.

  • Lächerlich fand ich ja Marys Anweisungen, was Anne in ihren Briefen an den Vater und die Schwester zu schreiben hat, statt selbst zu schreiben.

    Das habe ich auch gedacht.

    Was ist wertvoller, Wissen oder Fantasie? Es ist die Fantasie, denn das Wissen hat Grenzen.  - Albert Einstein

  • Vor allem verstehe ich nicht, warum sie meint, dass Mr Elliot keine schlechte Partie für Anne wäre, obwohl er so ein schlechter Mensch ist und sie das genau weiß. Das disqualifiziert sie in meinen Augen als Freundin.

    Soweit ich es verstanden habe, denkt sie, dass er Anne wirklich liebt, und sie deswegen nichts zu befürchten hat. Außerdem denkt sie, dass Anne ihn auch liebt, und da würden ihre Warnungen sowieso auf taube Ohren fallen, und Anne wurde ihr vielleicht nicht glauben, und somit wäre die Freundschaft zerstört. Ich kann schon verstehen, dass sie sich zurückhält.

    und dem Wunsch, dass Anne sich für sie einsetzen soll, aber auch manipulative Züge hat.

    Naja, sie will Anne doch nur um einen Gefallen fragen, was in ihrer finanziellen Situation absolut verständlich ist. Sie will weniger Anne manipulieren, sondern Anne soll Elliott manipulieren. :D

    Was ist wertvoller, Wissen oder Fantasie? Es ist die Fantasie, denn das Wissen hat Grenzen.  - Albert Einstein

  • Charles zeigt sich einerseits ernsthaft besorgt um Anne, hat aber andererseits genug Fingerspitzengefühl, um sie am Ende mit Wentworth allein zu lassen, damit die beiden sich aussprechen können.

    Oh, ich denke nicht, dass das der Grund war. Er hat nur die Chance ergriffen, doch noch sein Gewehr anschauen zu gehen, da Anne ja mit Wentworth gut behütet ist. Dass da zwischen den beiden was war weiß Charles überhaupt nicht.

    Was ist wertvoller, Wissen oder Fantasie? Es ist die Fantasie, denn das Wissen hat Grenzen.  - Albert Einstein

  • Ich hab Charles zB. auch nicht so positiv im Blick. Er hat sich ja z.B. für Mary auch nur entschieden, weil Anne nicht wollte.
    Ich glaube tatsächlich. das Marys Verhalten auch ein Stückweit davon beeinflusst ist. So sichert sie sich seine Aufmerksamkeit, auch wenn das natürlich eigentlich nicht der Weg sein sollte, um sie zu bekommen.


    Ich sage ja immer das Persuasion mein heimliches Lieblingsbuch von Jane Austen ist. Das liegt tatsächlich an der Liebesgeschichte, ich finde sie ist von allen Geschichten, die jenige die ich irgendwie am realistischsten finde.

  • Vor allem verstehe ich nicht, warum sie meint, dass Mr Elliot keine schlechte Partie für Anne wäre, obwohl er so ein schlechter Mensch ist und sie das genau weiß. Das disqualifiziert sie in meinen Augen als Freundin.

    Soweit ich es verstanden habe, denkt sie, dass er Anne wirklich liebt, und sie deswegen nichts zu befürchten hat. Außerdem denkt sie, dass Anne ihn auch liebt, und da würden ihre Warnungen sowieso auf taube Ohren fallen, und Anne wurde ihr vielleicht nicht glauben, und somit wäre die Freundschaft zerstört. Ich kann schon verstehen, dass sie sich zurückhält.

    Ich sehe es wie Vorleser: Wenn Anne sich in Mr Elliot verliebt haben sollte, wäre sie nicht mehr zugänglich für Warnungen und würde sich nur gegen die Warnende stellen.


    Mittlerweile bin ich auch durch mit dem Roman. Mir ist aufgefallen, dass der Friede mehrmals als ungünstig dargestellt wird. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber diese Bemerkungen kamen vermutlich immer von den Männern der Marine. Im Nachwort meines Buches wurde darauf hingewiesen, dass der Krieg erst ganz kurz vorher beendet war und tatsächlich viele Veränderungen mit sich brachte, u. a. Aufstiegsmöglichkeiten für Männer ohne adeligen Stammbaum.


    Als Anne auflistete, was ihr an Mr Elliot nicht gefiel, fand ich ihre Kritikpunkte etwas lächerlich: Der Mann verreist an Sonntagen und ist nicht überschwänglich genug in seinen Gefühlsäußerungen, sondern eher durchgehend bedacht, reflektiert, höflich und zurückhaltend. Das spricht alles eher für den Mann. Laut Nachwort war das Reisen an Sonntagen bei Puristen nicht gern gesehen. Dass Anne aber überhaupt im Geiste eine solche Negativliste anfertigt, ist ein bisschen merkwürdig. Ein "ganz nett, aber mehr auch nicht" hätte ja auch gereicht.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Zu den Kriegen - das war ja in dieser Zeit etwas wünschenswertes. Ist Krieg, kann man Geld verdienen als Militärangehöriger. Und da das Buch 1818 erschienen ist, waren die napoleonischen Kriege kurz vorher beendet worden und der Wiener Kongress, hat die Welt neu geordnet, bzw. die alten Verhältnisse wieder hergestellt. Diese Kämpfe haben sich vor allem auch in den englischen und französischen Kolonien abgespielt.

    Ohne diese Kriege wären die Admirals und Captains nie zu Geld gekommen und auch nie heiratswürdig gewesen.


    Wegen der Äußerung der zu wenigen Gefühlsausbrüchen, das ist glaube ich Jane Austens schwarzer Humor, sie will wohl damit sagen, dass er gefühlskalt ist.