Deutscher Buchpreis 2023

Es gibt 46 Antworten in diesem Thema, welches 2.916 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von b.a.t..

  • Vom Cover gefällt mir übrigens gar keines.


    Vom Inhalt her werde ich mir drei Bücher besorgen:

    Raphaela Edelbauer - Die Inkommensurablen


    Sherko Fatah - Der große Wunsch


    Clemens J. Setz - Monde vor der Landung.


    Die drei Themen finde ich sehr spannend. Ausbruch des ersten Weltkriegs, Frauen die freiwillig nach Syrien heiraten und ein Buch über die Hohlwelt-Theorie.

  • Vom Cover gefällt mir übrigens gar keines.

    Es gab schon schlimmere Coverjahre (meiner Meinung nach natürlich). Aber so wirklich ansprechend... nun ja.

    Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Cover in natura besser wirken können als auf dem Bildschirm.


    Präsentiert auf einem Buchpreistisch mit dem Cover nach oben würde ich auf jeden Fall "Doppler" und "Maman" in die Hand nehmen um den Klappentext zu lesen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Von Ulrike Sterblich habe ich vor gut zehn Jahren "Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt" gelesen, eine Sammlung der Erlebnisse und Orte ihrer Kindheit und Jugend in Berlin (West) vor dem Mauerfall. Ein großartiges Buch, in dem ich mich so oft selbst wiedergefunden habe, da ich als West-Berliner Steppke und Jugendlicher oft an den gleichen Orten war oder ähnliche Erlebnisse hatte wie sie. Ich habe damals Kontakt zu ihr auf Facebook aufgenommen, und wir haben festgestellt, dass wir Ende der Achtziger oft in die gleiche Neuköllner Diskothek gegangen sind und uns dort das eine oder andere Mal begegnet sein müssen, ohne voneinander zu wissen. ^^


    Ihr Buch werde ich also auf jeden Fall ins Auge fassen.

  • War nun zwei Tage in Erlangen auf dem Poet:innenfest mit fünf Longlist-Teilnehmern. Elena Fischer begeisterte das Publikum bei bestem Wetter, der Büchertisch verkaufte sämtliche Exemplare, sie erzählt aus der Perspektive einer 14jährigen, was Armut bedeutet und welche Werte wichtig sind. Ein Debüt bei Diogenes. Die Autorin konnte ihr Glück kaum fassen, das merkte man ihr deutlich an. 30 Lesungen stehen nun an. Kommt nicht auf die Shortlist, mir ist das alles viel zu brav. Gneuß hingegen erzählt über den Uranabbau in der DDR. Da steckt mehr echtes Leben im Text als bei Fischer. Jedoch nicht sehr ansprechendes Cover. Kommt wohl auch nicht auf die Shortlist. Klüssendorf schreibt souverän über „ihr“ Leben. Man muss diese kurzen Stücke aber mögen. Röggla war im NSU Prozess vor Ort und macht daraus nun einen Roman über Deutschland. In der Kritik vielfach zerrissen, aber ich denke, dass Buch verdient eine Chance. Öziri habe ich dann nicht mehr gehört.


    Die wahren besten Bücher stehen nicht auf der Longlist. Trojanow stellte sein dickes neues Buch vor, eine 450seitige Utopie (keine Dystopie). Sehr sprachgewaltig, ohne jegliche politische Belehrung. Oder Ulrike Draesner mit „Die Verwandelten“, ein Roman über Krieg und Flucht aus Schlesien, ohne dabei voyeuristisch zu werden. Auch der neue Kleeberg gefällt mir sehr. Er schreibt über die Jetztzeit, mit Ironie und Intelligenz.

    Einmal editiert, zuletzt von thomas_b ()

  • Meine Nachbarstadt - stimmt da war am Wochenende das Poet:innenfest

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Falls du Trojanow oder Draesner liest thomas_b würde mich deine Meinung interessieren.


    Vom Cover her hätte ich auf keines der drei Bücher gegriffen von denen su erzählst.

  • Ich mochte den Roman von Teresa Präauer "Kochen im falschen Jahrhundert" sehr gerne und habe schonmal mit Raphaela Edelbauers "Die Inkommensurablen" geliebäugelt, weil ich das Setting (Wien 1914) spannend finde.

  • Ich mochte das Präauer Buch auch sehr. Mit Raphaela Edelbauers Büchern hab ich mich noch nicht so auseinander gesetzt, Liest sich aber für mich auch interessant da. Das Draesner Buch - Die Verwandelten hab ich mir vor ein paar Wochen gekauft und wartet darauf gelesen zu werden.


    Da der dt. Buchpreis ja der Preis des Buchhandels ist, ist wohl die Verkäuflichkeit ein großes Thema. Für jeden etwas dabei oder auch nicht :)


    Ich finde diese Longlists, Shortlists und die Preise insofern interessant, weil ich so auf Bücher und Autor:innen komme, die ich nicht so auf meinem Radar hatte. Deutschsprachige Literatur lese ich zwar schon immer mal wieder, aber von den letzten 20 Büchern, die ich gelesen habe, war Teresa Präauer die einzige deutsch schreibende Autorin.

  • In der Jury sitzen aber nicht virle Buchhändler, sondern auch Kritiker, Journalisten, Literaturhausleitungen etc. In diesem Jahr war man sich wohl sehr uneinig, dadurch konnte jede:r ihren Favoriten durchsetzen.

  • Beitrag von thomas_b ()

    Dieser Beitrag wurde von Saltanah gelöscht ().
  • Heute bei T Präauer gewesen. Ein erfrischend anderes Buch. Kein klarer Plot erkennbar. Ganz unterschiedliche Leute werden zum Essen eingeladen und daraus ergeben sich interessante Beobachtungen. Irgendwie nie langweilig. Potential für die Shortlist.

  • Die Shortlist steht fest:


    Terézia Mora - Muna oder Die Hälfte des Lebens (Luchterhand Literaturverlag, August 2023)
    Necati Öziri - Vatermal (claassen, Juli 2023)
    Anne Rabe - Die Möglichkeit von Glück (Klett-Cotta, März 2023)
    Tonio Schachinger - Echtzeitalter (Rowohlt Verlag, März 2023)
    Sylvie Schenk - Maman (Carl Hanser Verlag, Februar 2023)
    Ulrike Sterblich - Drifter (Rowohlt Verlag Hundert Augen, Juli 2023)

  • Gestern also nun die Shortlist-Lesung im Frankfurter Schauspielhaus. Mora und Rabe waren erkrankt, so dass nur vier Autor:innen ihre Bücher präsentieren konnten. Aber noch nie war mir nach der Veranstaltung so klar wie gestern wie der Sieger lauten muss. Necati Öziri liest aus dem Beginn des Buches "Vatermal" und fesselt alle Besucher im ausverkauften Schauspielhaus.


    Der junge Literaturstudent Arda Kaya leidet an einer Autoimmunhepatitis mit Organversagen und liegt auf der Intensivstation. Arda weiß nicht, ob er seine schwere Krankheit überleben wird, schreibt dem Vater, den er nie kennengelernt hat, aber von dem er weiß, dass er wieder verheiratet ist und zwei Kinder hat, einen Brief. Es ist sein Wunsch, dass der Vater, nach dem er sich immer gesehnt hat, ihn auf diese Weise kennenlernt.


    Es ist Öziris Debut, im Interview wird aber schnell deutlich, wie sehr der Autor, der bisher als Theaterregisseur tätig ist, die Gesetze des Schreibens versteht. Und er kann diese Metaebene dem Publikum auch sehr gut erklären. Es ist aber nicht nur eine spannende persönliche Geschichte der Figuren, sondern darin findet auch jede Menge Politik über Migration, Armut, Deutschland statt ohne dass dies in irgendeiner Weise belehrend wirkt. Und Öziri versteht es in den 25 Minuten gesellschaftliche Probleme anzusprechen ohne Plattitüden zu verwenden. Armut bedeutet in Deutschland vor allem, dass man für alles mehr Zeit benötigt. Zeit. um einen Arzttermin zu bekommen, Zeit um im Bus von A nach B zu kommen usw.


    Und so bilden sich beim Signieren lange Schlangen bei ihm, die Buchhändlerin hatte sogar zu wenige Bücher dabei.


    Ulrike Sterblich mit "Drifter" ist witzig, hinter hier hörte ich ein "muss ich unbedingt lesen", aber ich fand die Lesestelle sprachlich etwas überzogen wie bei Strunk. Schachinger hingegen erzählt die Geschichte eines aufwachsenden Jungen in einer österreichischen Elite-Schule, die bei mir nur wenig Widerhall fand. Man lese dann doch lieber gleich den Anton Reiser. Sylvie Schenk weiß mit ihrer autobiografischen geprägten Geschichte über ihre gefühllose Mutter das Publikum innerlich zu berühren. "Wer einmal in der Kindheit einsam war, wird dieses Gefühl ein Leben lang nicht mehr los", so die Autorin hier sinngemäß zitiert. Auch bei ihr bilden sich lange Signierschlangen.


    Moras Text wird im Feuilleton schon zum Siegertext gekürt, ich werde am Donnerstag zur Autorin gehen. Sie hat den Buchpreis jedoch schon mal gewonnen und genau aus diesem Grund glaube ich daran, dass Öziri das diesjährige Rennen macht. Auch weil er als Typ vollkommen überzeugt.

    Einmal editiert, zuletzt von thomas_b ()

  • Gestern also Tereza Mora in Heidelberg. Souveräner Text über häusliche Gewalt in einer Beziehung. Die Frau ist im Beruf erfolgreich und kann dort Grenzen setzen, im Privaten kann sie dies jedoch nicht. Subtiler Text ohne Voyeurismus. Er entwickelt aber nicht die gleiche Kraft wie Öziris Vatermal. Also, ich lege mich dieses Jahr mal fest. Öziri gewinnt.