Cay Rademacher - Der Trümmermörder

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    Klappentext:
    Hamburg 1947: Die Stadt liegt in Trümmern, und es ist einer der kältesten Winter des Jahrhunderts. Die Menschen versuchen irgendwie zu überleben. Da wird mitten in der Trümmerlandschaft eine Leiche entdeckt: eine junge Frau, nackt, kein Hinweis auf den Mörder. Oberinspektor Stave hat kaum Hoffnung, den Fall aufzuklären, auch wenn ihm Lothar Maschke von der Sitte und Lieutenant MacDonald von der britischen Verwaltung zur Seite gestellt werden. Bald werden weitere Tote entdeckt, und Stave ist für jede Hilfe dankbar, die er auf der Suche nach einem grausamen Mörder bekommt.


    Meine Meinung:
    Cay Rademacher hat mit seinem Buch „Der Trümmermörder“ das geschafft, was bisher kein anderer Autor geschafft hat: Ich hatte eine schlaflose Nacht! Nicht weil ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe - das geht überhaupt nicht. Sondern weil ich in der Nacht das Buch „verarbeitet“, durchlebt habe. Mit seinem eindrucksvollen Schreibstil, seiner sehr bildhaften Sprache und einem sehr gut durchdachten Plot baut er vielleicht nicht die atemlose Spannung manch anderer Krimis auf, aber er schafft eine Atmosphäre, die einen nicht mehr los lässt. Sie hält einen fest, zieht den Leser in seinen Bann und - zumindest ging es mir so - lässt einen nach der Lektüre, nach dem zuklappen des Buches, nicht so einfach los. Cay Rademacher versetzt uns nach Hamburg in die Nachkriegszeit, führt uns durch eine zerstörte, mit Trümmerfeldern durchsetzte Stadt, in der klirrende Kälte und Hoffnungslosigkeit herrscht. Er zeigt uns stellvertretend die Wohnung von Stave, einem Hamburger Polizisten. Die Wände mit Eis besetzt, der Reif auf der Zudecke … er nimmt uns mit zur Wertmarkenausgabe und zum Essen besorgen. Er zeigt uns den Hamburger Bunker und die endlosen Ströme von Heimkehrern auf dem Hamburger Hauptbahnhof, von Stave jedes Wochenende nach seinem Sohn fragt und sucht. Er nimmt uns aber auch mit zu den Schauplätzen einer Mordserie, die damals in Hamburg tatsächlich passiert ist und lässt uns teilhaben wie der Fall aufgeklärt wird. Aber nicht nur Stave ist da - da sind auch noch Erna die Sekretärin von Stave sowie ein britischer Offizier und einer von der Hamburger Sitte, die mit ihm den Täter suchen. Nichts ist wie es scheint, Stave und der Leser decken Geheimnisse auf und erfahren teilweise schreckliches. Ich finde es sehr beeindruckend wie der Autor all das rüberbringt, wie er Informationen über das damalige Leben, die damalige Zeit so sehr Realität werden lässt das man meint, wirklich dabei gewesen zu sein. Für mich war dieses Buch ein richtiges Ereignis und eines, das ich wirklich mit gutem Gewissen weiterempfehlen kann. Ich bin schon sehr auf die weiteren Bände gespannt, die es noch geben soll.


    Meine Wertung: 5ratten und damit ein :tipp:

  • Die Thematik spricht mich total an, auch weil ich mich durchs Studium sehr für die Zeit im Roman interessiere. Aber ich habe so oder so eine Schwäche für die Kriminalromane die in solchen Übergangszeiten spielen.

  • Ich bin etwas über der Hälfte in diesem Buch. Es gehört mittlerweilen auch zu den Büchern, die ich nicht nach 18.00 Uhr lese, weil sie mich nachts verfolgen. Die bedrückende Stimmung in der zerbombten Stadt, wo das Bedürfnis der Menschen nach Normalität an jeder Ecke sichtbar wird und dennoch für viele so wenig Hoffnung besteht, weil sie nicht nur nichts mehr haben, sondern auch psychisch traumatisiert sind und nichts über ihre Angehörigen wissen........das geht einem wirklich nahe.

  • Hallo!


    Ich bin sowieso ein Krimifan, aber dieser hier spricht mich auch wegen der Zeit an, in der er spielt. Vor ein paar Jahren habe ich alle Erzählungen, die ich aus der Nachkriegszeit in die Finger bekommen konnte verschlungen. Und auch jetzt werde ich jedes Mal aufmerksam, wenn eine Geschichte aus dieser Zeit auf meinem Radar auftaucht. Danke Sternchen für den Tipp!


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Auf leserunden.de läuft ja gerade die autorenbegleitete Leserunde zu dem Buch und nachdem ich da schon ein bisschen reingelinst habe, ist der Krimi auch gleich auf meinem Wunschzettel gelandet. :smile:

  • Es lohnt sich wirklich. Auch Tage nach dem Beenden des Buches lässt es mich nicht wirklich los.


    Gerade die Szene in dem Kinderheim spukt mir unter anderem immer noch im Kopf rum. Was mussten diese Kinder alles schreckliches erleben - sie haben nicht nur ihre Angehörigen verloren sondern auch viel Gewalt und Grausamkeiten erlebt und gesehen


    allegra - das hätte ich wohl besser auch gemacht. Die eine schlaflose Nacht werde ich wohl nie vergessen

  • Eigentlich lese ich Kriegs- oder Nachkriegsgeschichten eher ungern. Wie gesagt – eigentlich...


    Der an einen wahren Fall angelehnte Krimi hatte mich schon nach den ersten Zeilen für sich gewonnen.
    Frank Stave ist ein sympathischer und authentisch wirkender Ermittler, an dessen Seite wir eine Zeitreise in das unter einem extrem kalten Winter leidende, zerbombte Hamburg von 1947 erleben.
    Alles wird rationiert, Strom, Heizmittel, Lebensmittel. Für fast alles braucht man eine Bezugskarte, Brot wird mit Sägemehl gesteckt, der Schwarzmarkt blüht, sichert auf der einen Seite das Überleben und füllt auf der anderen Seite die Taschen derjenigen, die gut durch den Krieg gekommen sind.


    Dank der klaren, prägnanten Sprache, die an den richtigen Stellen einfühlsam wird, spürt der Leser die Kälte, hört den allmorgendlichen Rauhreif auf der Bettdecke von Frank Stave leise knacken und fragt sich, selbst im warmen Zimmer sitzend, wie unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern das alles bloß ausgehalten haben.


    Ohne leserunden.de wäre ich wahrscheinlich nicht auf das Buch aufmerksam geworden und mir wäre ein absolutes Highlight entgangen.
    Auf die Folgebände bin ich schon sehr gespannt!


    :tipp: und natürlich 5ratten

    Liebe Grüße

    SheRaven

  • Inhalt: (Verlagsinfo)


    Hamburg 1947: Die Stadt liegt in Trümmern, und es ist einer der kältesten Winter des Jahrhunderts. Die Menschen versuchen irgendwie zu überleben. Da wird mitten in der Trümmerlandschaft eine Leiche entdeckt: eine junge Frau, nackt, kein Hinweis auf den Mörder. Oberinspektor Stave hat kaum Hoffnung, den Fall aufzuklären, auch wenn ihm Lothar Maschke von der Sitte und Lieutenant MacDonald von der britischen Verwaltung zur Seite gestellt werden. Bald werden weitere Tote entdeckt, und Stave ist für jede Hilfe dankbar, die er auf der Suche nach einem grausamen Mörder bekommt.
    Cay Rademacher lässt in einem hoch spannenden authentischen Kriminalfall das Hamburg des Hungerwinters 1946/47 lebendig werden.



    Der Autor: (Verlagsinfo)


    Cay Rademacher, geboren 1965, studierte Anglo-Amerikanische Geschichte, Alte Geschichte und Philosophie in Köln und Washington. Seit 1999 ist er Redakteur bei GEO, wo er das Geschichtsmagazin GEO-Epoche mit aufbaute, bei dem er seit 2006 Geschäftsführender Redakteur ist. Zuletzt erschien von ihm ›Drei Tage im September. Die letzte Fahrt der Athenia 1939‹ (2009). Cay Rademacher lebt mit seiner Familie in Hamburg.



    Persönliche Eindrücke:


    Ich fühlte mich schon nach wenigen Seiten von der beklemmenden Stimmung gefangen, fröstelte im warm beheizten Wohnzimmer und klammerte mich am liebsten an einen heißen Tee. Die klirrende Kälte des Hungerwinters 1946/47 in den zerbombten Quartieren, in den Notunterkünften, auf dem Schwarzmarkt wird sehr eindrücklich beschrieben. Die graue, kalte Trümmerwelt und die dicke Eisschicht auf den Flüssen widerspiegeln sich im inneren Zustand der Menschen: Angst, Einsamkeit, Trostlosigkeit, Schweigen, Sehnsucht nach menschlicher Wärme. Getrieben von einem unbändigen Überlebenswillen legen sie weite Wege zurück, um irgendwelche Gegenstände zu finden, die sie auf dem Schwarzmarkt verkaufen oder tauschen können und stehen mit einer Vielfalt an Lebensmittelkarten, Berechtigungsscheinen oder Sonderzuteilungskarten in langen Schlangen an, um am Ende kleine Mengen minderwertiger Lebensmittel zu ergattern.


    Mitten in dieser tristen Szenerie geschehen mehrere Morde. Die Leichen werden nackt auf Trümmergrundstücken gefunden. Niemand vermisst die Menschen. Die Ermittlungen von Oberinspektor Frank Stave und seinem Team führen uns zu den „Straßenschwalben“ der Reeperbahn, auf den Schwarzmarkt, in Notunterkünfte wie Nissenhütten oder Hochbunker, aber auch in die merkwürdigerweise praktisch unversehrten Villenviertel Hamburgs.


    Frank Stave ist traumatisiert. Er hat im Jahr 1943 bei einer Bombennacht seine Frau verloren. Sein Sohn Karl ist gegen seinen Willen in den Krieg gezogen und wird vermisst. Er verbringt jedes Wochenende viele Stunden am Bahnhof, um heimkehrende Soldaten nach seinem Sohn zu fragen. Regelmäßig erkundigt er sich auch beim Suchdienst. Die zermürbende Ungewissheit um den Verbleib seines Kindes ging mir beim Lesen sehr nahe.


    Ich habe aus diesem Buch sehr viele Eindrücke mitgenommen. Ich empfinde großen Respekt vor den Menschen, die aus den Trümmern heraus ihr Leben und ihre Städte wieder aufgebaut haben. Die Schwierigkeiten mit denen die Menschen tagtäglich kämpfen mussten, weil alles rationiert oder knapp war, sind sehr anschaulich dargestellt.


    Die kriminalistischen Ermittlungen fand ich interessant und spannend. Allerdings hatte ich schon etwa nach der Hälfte des Buches einen Verdacht, wer als Täter in Frage kommen könnte und war dann fast etwas enttäuscht, dass der Krimi tatsächlich relativ geradeaus in diese Richtung verlief. Die unerwartete Wendung ganz am Ende hat mir noch mal richtig gut gefallen, auch wenn mir das Ende des Täters dann wieder etwas abgewürgt vorkam. Ich hätte die Auflösung gerne noch etwas weiter ausgeführt gesehen.
    Die hoffentlich bevorstehende Rückkehr von Staves Sohn und eine sich entwickelnde Beziehung zu einer jungen Frau lassen als Cliffhanger auf eine Fortsetzung hoffen.



    Fazit:


    Als Roman der „modernen Trümmerliteratur“ sehr beeindruckend.
    Als Krimi spannend, aber noch ausbaufähig.


    Ich vergebe 4ratten

  • Ich hab auch an der LR zum "Trümmermörder" teilgenommen, einerseits weil ich den Autor von GeoEpoche kenne und anderseits, weil mich das Thema Nachkriegszeit bzw. auch die Menschenschicksale in dieser Zeit interessieren.


    Ich bin nicht enttäuscht wurden, den Cay Rademacher schafft es, einen in die triste, oft hoffnungslose Welt eintauchen zu lassen und mehr zu erfahren, als es der Schulstoff geschafft hat. Beeindruckt hat mich die Beschreibung über die Lebensmittelration, richtig gut recherchiert.


    Und es ist auch ein sehr guter Krimi entstanden, der viel Spannung aufwarten lässt.

  • Knapp zwei Jahre nach dem Ende des II. Weltkrieges ereignen sich im bitterkalten, zerstörten Hamburg eine Reihe von Morden, die die Stadt zusätzlich in Atem hält: die Polizei steht vor einem Rätsel, denn die in Trümmerruinen aufgefundenen Leichen sind unbekleidet und somit nicht einfach zu identifizieren.
    Oberinspektor Stave macht sich gemeinsam mit seinem Team, einen Offizier der britischen Armee und einem noch jungen Polizisten von der Sitte, auf die Suche nach Zusammenhängen und Zeugen. Dabei macht er einige interessante Gedankenspiele und Entdeckungen...


    Dem Autoren Cay Rademacher ist es gelungen, einen authentischen Fall der Nachkriegsjahre in einem Krimi aufzuarbeiten und dabei die Atmosphäre in der Hansestadt so greifbar zu machen, dass man weit über die Fakten eines jeden Geschichtsbuches eintauchen kann. Die Sorgen und Nöte der Menschen zu dieser Zeit sind so plastisch dargestellt, dass man mehr als nur erahnen kann, was sie im Hungerwinter 1946/47 bei eisigen Temperaturen durchmachen mussten. Hinzu kommt die Angst um die noch vermissten Angehörigen und die traumatischen Erlebnisse aus der Zeit der Operation Gomorrha. Besonders wird dies an Frank Stave deutlich, einem Polizisten, der seine Frau bei den Luftangriffen und seinen Sohn an die Nazis verloren hat. Doch ebenso bemerkenswert ist seine Einstellung: er lässt seinen Sohn über das Rote Kreuz suchen und hegt keinerlei Groll gegen die Alliierten, ja, er versucht nach vorne zu blicken - in ein hoffentlich besseres Deutschland.


    Zugegebenermaßen lese ich gerne Krimis, die im letzten Jahrhundert spielen, denn mich fasziniert die Zeit der Weimarer Republik, die Zeit zwischen den Weltkriegen und besonders auch die während des Dritten Reiches. Von daher war ich natürlich sofort begeistert, als ich die Ankündigung von Der Trümmermörder gelesen habe. Endlich einmal ein Krimi, der sich mit der Zeit nach 1945 und den Folgen des Krieges und des Nationalsozialismus' beschäftigt und dazu noch in Hamburg spielt, in der Stadt, in der ich selbst lebe.
    Der Autor hat mich nicht eine Seite lang enttäuscht - im Gegenteil: die Figur des Polizisten Stave und die seines schottischen "Kollegen" James MacDonald haben mir auf Anhieb sehr gut gefallen, aber auch andere Charaktere waren einfach toll (die möchte ich aber aufgrund der Spannung unerwähnt lassen). Nachhaltig hat mich auch der Staatsanwalt Ehrlich beeindruckt, ebenso wie die Leiterin einer Kindereinrichtung in einer Villa in Blankenese... besonders hervorzuheben ist aber auf jeden Fall die Atmosphäre des Buches, bei dessen Lektüre ich immer mehr der Meinung war, das Cay Rademacher das nicht besser hätte machen können - vermutlich nicht einmal ein Zeitzeuge hätte die damalige Situation der Menschen besser schildern können. Hier merkt man, wie gründlich der Autor recherchiert und Eindrücke eingefangen hat! Keine Ahnung, wie viele Krimis ich schon gelesen habe, aber meiner Meinung nach konnte ich mich selten so gut in die beschriebene Zeit und das Geschehen einfühlen. Im Grunde empfinde ich die Kategorie "Krimi" als zu wenig, denn dieses Buch lebt eindeutig nicht (nur) von der Krimihandlung - obwohl es durchaus sehr spannend ist.


    Definitiv ein :tipp: für alle geschichtlich Interessierten und von mir gibt es glatte 5ratten

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Meine Meinung
    Der Trümmermörder malt ein düsteres Bild von Hamburg in der Nachkriegszeit. Die Stadt ist zerstört, die Menschen hausen größtenteils in Notunterkünften und haben kaum das Nötigste zum Leben. Die Stadt ist traumatisiert, trotzdem muss das Leben weitergehen. Leider auch für Oberinspektor Stave, der sich mit einer Mordserie konfrontiert sieht. Die Mittel sind begrenzt, schon allein das Benzin für die Dienstfahrzeuge ist Luxus. Trotzdem müssen Ergebnisse her- eine schier unlösbare Aussage.


    Der Autor hat es geschafft, mich in diese Zeit zu versetzen, obwohl ich nicht viel davon weiß. Ich habe mit Stave gefroren und mit ihn bei der Suche nach seinem Sohn begleitet. Das hat mir gut an dem Krimi gefallen, dass es nicht nur um den Fall ging, sondern dass ich so viel aus dieser Zeit erfahren habe, auch wenn es nicht immer schön war. Die Geschichte begann sehr spannend, auch wenn mir recht schnell klar war, wer der Mörder war. Der Grund blieb für mich bis zum Schluss im Dunkeln. Kurz vor Schluss ließ für mich die Spannung nach, was ich schade fand. Ansonsten wäre es der perfekte Krimi gewesen. Ich werde den Autor definitiv im Auge behalten.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe heute spontan mit dem Lesen begonnen da es das Ebook umsonst gab. Da mich der Roman schon länger interessiert habe ich daher zugegriffen. Vor allem der zeitliche Hintergrund interessiert mich sehr.


    Irritiert hat mich zu Beginn die Erzählzeit. Meistens mag ich nämlich keine Präsenserzählungen. Es war aber dann nur ein paar Seiten etwas ungewohnt, Herr Rademacher schreibt aber zumindest so gut das ich bald trotzdem in der Geschichte war und es mich dann nicht mehr gestört hat. Ich bin allerdings noch ganz am Anfang und grade erst bei der Leihe angekommen :breitgrins: Bleibt also ab zu warten wie meine Meinung ausfallen wird.

  • Eine fast schlaflose Naht bescherte mir der Trümmermörder auch, allerdings weil ich einfach nicht aufhören konnte zu lesen: :breitgrins:


    Zugegeben, die Krimihandlung alleine wäre jetzt nicht grade die Neuheit das Jahrhunderts, auch für mich war der Täter leiht zu finden. Aber Rademacher schafft es trotzdem mich zu überzeugen. Immerhin sorgte der Autor mit seinem Roman dafür das ich bis tief in die Nah
    Der Historische Hintergrund war sehr gut recherchiert und erschreckend realistisch wieder gegeben. Man war mitten im Geschehen und konnte die Ruinen vor sich sehen, die Kälte dieses Winters spüren und vor allem die Menschen und ihr Leben in dieser zerstörten Stadt erkennen. Geschickt verwebt er Realität und Fiktion. Etwa der Besuch in Blankinese (dieses Heim gab es wirklich, viele der Kinder dort waren maßgeblich daran beteiligt das Israel als Staat bestand hat) aber auch die Nissenhütten (wie man sie nannte - wenn ich mir überlege das eine meiner Urgroßmütter in so einer gelebt hat) die Papierknappheit, der Hintergrund einzelner Figuren. Es war total merkwürdig aus dieser Welt wieder auf zu tauchen und sich klar zu machen das es nun ganz anders ist und das diese Zeit Vergangenheit ist. Die Morde selbst haben ebenfalls einen historischen Hintergrund, der kurz im Nahwort erläutert wird. Im Grunde ist die Idee dahinter schon nicht schlecht aber eben der Weg dorthin war mir eben ein wenig zu einfach.
    Gefallen haben mir aber auch die Figuren, vor allem Stave. Er ist genau die richtige Mischung aus Sympathieträger mit Ecken und Kanten. Er hat zwar schlimmes erlebt aber er ist nicht zu zynisch oder Alkoholiker usw. Außerdem ist er auch eine Figur die man sich so wirklich vorstellen kann. Vor allem sein Verhalten zwischen 1933 - 1945 bleibt verständlich und nachvollziehbar. Er ist kein strahlender Held aber eben auch kein Täter. Das hat mir gefallen weil ich finde das man all zu oft von Menschen liest die so sind wie man heute will das die Menschen waren. In Der Trümmermörder sind aber Figuren die wie Menschen sind die es wirklich gab.
    Für mich wirklich noch ein unerwartetes Highlight in diesem Ausgehenden Lesejahr - auf die Fortsetzung freue ich mich bereits!


    5ratten

  • Für mich wirklich noch ein unerwartetes Highlight in diesem Ausgehenden Lesejahr - auf die Fortsetzung freue ich mich bereits!


    Unterschreib :breitgrins: Mit Krimis aus dem Norden konnte ich bis zu diesem hier nur wenig anfangen auch die Zeit, in der er spielte war neu für mich. Geshalb war es eine sehr angenehme Überraschung.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Bei diesem Buch macht es ü-ber-haupt-nichts. Das ist ein echter :tipp: Viel Spaß beim Lesen!


    Danke! Ich hatte mir schon vor einiger Zeit die Leseprobe angetan, die gefiel mir bereits sehr gut. Ich glaube, das wird nach meiner aktuellen Lektüre auch die nächste sein.

    "Verzicht bedeutet für Frauen die kurze Pause zwischen zwei Wünschen."

    ~ Mario Adorf

  • Ich glaube, das wird nach meiner aktuellen Lektüre auch die nächste sein.


    Bei mir hat es auch nicht lange gesubbt. Dafür hatte ich einfach zu viele positive Meinungen darüber gehört.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Und den positiven Meinungen kann ich mich anschließen.
    Für schlaflose Nächte bzw. nächtliche Verarbeitungen hat es jetzt nicht gereicht, das lag aber wahrscheinlich auch daran, dass ich dieses Buch nie ganz alleine und mit hundertprozentiger Ruhe lesen konnte, sondern stets mit Baby im Schlepptau (besser gesagt beim Stillen).
    Trotzdem hat es mich sehr berührt und teilweise richtig betroffen gemacht, und auch ich musste mich immer wieder fragen, wie unsere Großeltern das bloß aushielten.


    Ich erinnere mich jetzt mit Scham an einen Urlaub in Polen, in dem wir zwar kein fließendes warmes Wasser hatten, aber doch eine sehr gut funktionierende Kohlenheizung mit gutem Gasherd; das Wasser wurde einfach im Teekessel heißgemacht, und mit einer genügend großen Waschschüssel konnte man sich in der Badewanne nicht minder schlecht waschen als man es auch unter der Dusche gekonnt hätte. Außerdem war es September und nicht frostig kalt... Da sieht man mal, welchen Luxus man gewöhnt ist.


    Der ruhige Schreibstil passt meiner Meinung nach perfekt zu dem Hintergrund; so wird die Atmosphäre noch deutlicher.


    Ob es ein Buchtip ist, weiß ich noch nicht, ich lasse es noch ein paar Tage sacken.


    4ratten sind es aber auf jeden Fall.

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    ~ Mario Adorf

  • Ich habe den "Trümmermörder" erst nach dem zweiten Band ("Der Schieber") gelesen - und bin genauso begeistert. Der Autor schafft es mühelos, um einen tatsächlichen (und nie aufgeklärten Mordfall) eine fiktive Geschichte zu spinnen, die mich das Buch in einem Rutsch hat durchlesen lassen.


    Wie auch im "Schieber" war die düstere Nachkriegszeit in Hamburg für mich als Leser spürbar: die Beschreibungen des kalten Winters 1947 mit seinen ganzen Entbehrungen hat mich ebenfalls frösteln lassen.



    Der ruhige Schreibstil passt meiner Meinung nach perfekt zu dem Hintergrund; so wird die Atmosphäre noch deutlicher.


    Dem kann ich mich anschließen, der ruhige Schreibstil hat mir auch gut gefallen, ebenso die feine Beobachtungsgabe des Autors.


    Die Charaktere waren mir aus dem zweiten Band bereits überwiegend bekannt und haben mir ebenfalls wieder sehr gut gefallen. Dadurch waren mir zwar die persönlichen Entwicklungen der Protagonisten bekannt, was aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch tat.


    5ratten

    Liebe Grüße

    Karin

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    Das Buch der Trümmermörder basiert, wie zu lesen ist, auf einem authentischen Fall.


    Es ist der 20. Januar 1947. Oberinsepektor Frank Stave erwacht. Im wahrsten Sinne des Wortes ein kaltes Erwachen, wie schon der Titel des ersten Kapitels verheißt, denn seine Bettdecke ist an der Wand festgefroren. Das erste, was Stave feststellt, ist, dass seine Frau nicht neben ihm liegt. Aber das ist auch nicht möglich, denn sie wurde vor über 3 Jahren bei einem Bombenangriff getötet. Während Stave sich anzieht, sein Frühstück zubereitet, kann sich der Leser genauer in seiner Wohnung umsehen. Viel gibt es es eh nicht zu sehen, denn Frank Stave wohnt noch nicht so lange dort, gleich neben seiner ausgebombten Wohnung. Aber kaum einer hat zu dieser Zeit viel, oder auch nur genug. Denn es ist die Zeit der Lebensmittelkarten und Bezugsscheine, was aber nicht unbedingt bedeutet, dass man bekommt, was einem zusteht. Hamburg ist teilweise von der Versorgung abgeschnitten durch diesen klirrend kalten Winter.


    Glücklicherweise lese ich das Buch noch zu einer Zeit, in der es gerade nicht so warm ist. So kann man sich noch einigermassen einfühlen, in diese eisige Umwelt. Eine Zeit, in der die Menschen gerade eben das Notwendigste bekommen. Eine Zeit, in der schon die ersten erfrorenen Menschen zu verzeichnen sind, weil selbst das Brennmaterial so knapp ist, dass kaum noch ein Strauch geschweige denn ein Baum in Hamburg steht.
    Während Frank Stave an seinen Sohn denkt, der sich kurz vor Kriegsende noch freiwillig gemeldet hat und seither verschollen ist, klopft ein Schupo an die Tür. Er will Stave zu einem Tatort holen. Ganz außergewöhnlich mit Auto. Benzinrationierung!


    Die Leiche ist eine junge Frau, die nackt in den Trümmern gefunden wurde. Kein Anhaltspunkt, der Aufschluß über ihre Identität geben könnte. Das ist der Ausgangspunkt für Stave, dem schon bald zwei weitere Herren zur Seite stehen werden. Der eine ist ein Kollege von der Sitte, da man nicht weiß, ob die Tote nicht aus dem Milieu stammmt, der andere ein Offizier der englischen Armee. Diese drei arbeiten nun zusammen. Lothar Maschke und Lieutenant MacDonald begleiten Frank Stave auf der Jagd nach einem Täter über den nichts bekannt ist.


    Die alltäglichen Probleme der Bevölkerung werden dabei sehr anschaulich in die Geschichte mit eingebaut. Manche Ausdrücke musste ich erst mal nachschlagen, wie etwa Krimsche, oder über diese Bunker, die noch heute in Hamburg stehen und von denen ich nichts wußte. Sie vielleicht nicht mal als das erkannt hätte, was sie einmal waren.


    Das Stadtbild Hamburgs ist von Trümmern geprägt, alles ist rationiert, der Schwarzmarkt boomt, öffentliche Verkehrsmittel sind nur eingeschränkt verfügbar. Unter diesen Umständen fragt man sich, warum niemand die Toten, denn inzwischen hat man eine weitere Leiche, einen alten Mann, gefunden, vermisst oder auch nur kennt. Aber die Ermittlungen sind geprägt von knappen Mitteln. Öffentliche Bekanntmachungen werden aufgrund von Papiermangel sogar an die Hauswände geschrieben.
    Das zweite Opfer scheint nicht völlig ohne Hinweise zurückgelassen zu sein. Trotzdem kommen die drei nicht vorwärts.


    Ich finde der Autor hat die Atmosphäre gut rübergebracht. Die Entbehrung, die Hoffnung, die Trauer, dieses vorsichtige Umgehen mit Kollegen und Vorgesetzten, die manchmal sehr bedächtigen Formulierungen in Gesprächen (das meine ich jetzt nicht negativ), die mich als Leserin einprägsam in diese Zeit hineinversetzen. Cay Rademacher hat hier einen wirklichen Kriminalfall zur Grundlage seines Romans gemacht, der damals nicht gelöst werden konnte. Daher bin ich gespannt, wie sich der Roman weiterentwickeln wird.