"Das Buch war Sch...!" - Von Rezensionen & (Hobby)Rezensenten: Anarchie im Feuilleton

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  • Naja, ich kann mir schon vorstellen, dass man sich bei Kiwi gegen den Rassismus-Vorwurf wehren möchte. Denn irgendwie bringt das ja auch den Verlag in Verruf...
    Christian Kracht ist in meinen Augen selbstverliebt und manchmal auch nicht ganz koscher - aber die Kritik von Dietz ist heftig. Solche Keulen sollten nur verwendet werden, wenn man sich absolut sicher ist. Am besten hat mir als Gegenreaktion im Grunde der offene Brief verschiedener AutorInnen an den Spiegel gefallen.

    Liebe Grüße

    Tabea


  • Christian Kracht ist in meinen Augen selbstverliebt und manchmal auch nicht ganz koscher - aber die Kritik von Dietz ist heftig. Solche Keulen sollten nur verwendet werden, wenn man sich absolut sicher ist. Am besten hat mir als Gegenreaktion im Grunde der offene Brief verschiedener AutorInnen an den Spiegel gefallen.


    Finde ich auch eine viel bessere Möglichkeit. Aber die Rezension von einem Verleger ist seltsam. Er kann ein Buch, welches aus seinem Verlag stammt, meiner Meinung nach nicht mal ansatzweise objektiv rezensieren. Gefiele es ihm nicht, würde er dies sicherlich nicht erwähnen, oder?

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Ich habe den Trubel um Krachts neues Buch recht aufmerksam verfolgt, er hat ja auch ziemlich hohe Wellen geschlagen. Herr Diez hat im Spiegel eine Kritik geschrieben, in der er schwere Vorwürfe gegen Christian Kracht erhebt, indem er Buch und Realiät bzw. handelnde Personen mit dem Autor gleichsetzt, und das geht nicht. Natürlich ist der Protagonist aus Krachts Buch ein skurriler und weltfremder Kauz mit gefährlichem rassistischem Weltbild. Allerdings darf man in der Literatur (wie in der Kunst insgesamt) Künstler und Objekt nicht prinzipiell in einen Topf werfen, gerade wenn das Kunstwerk Faschismus, Nationalsozialismus oder Rassismus als Sujet hat. Wenn das geschähe, wäre kein Helmut Qualtinger mehr möglich, der aus Hitlers "Mein Kampf" vorliest, kein Jonathan Meese, der im Rahmen eines Kunsthappenings den Hitlergruß zeigt usw.


    Ich habe Krachts Buch noch nicht gelesen, aber nach allem, was ich anderswo (ZEIT, FAZ, Berliner Zeitung) darüber lesen konnte, sind sich die Kritiker einig, dass Diez mit seiner Kritik danebenliegt und Kracht in seinem Buch mitnichten die Ansichten seines Protagonisten übernimmt, sondern sie überspitzt und sich ironisch von ihnen distanziert. Das mag bei Kracht wohl manchmal nicht auf den ersten Blick zu erkennen sein, weil er sich sehr verquast ausdrücken kann, aber vielleicht war das für Herrn Diez alles zu subtil, und er hat diese Distanz und Ironie einfach überlesen...


    Und dann auch noch die Faschismuskeule rauszuholen und Kracht vorzuwerfen, er sei "der Türsteher der rechten Gedanken" - das geht nicht. Dafür hat Diez zu recht von allen Seiten eins auf den Deckel bekommen. Und dass Krachts Verleger seinen Autor in Schutz nimmt, dafür habe ich vollstes Verständnis, denn schon der Verdacht, rassistischem Gedankengut nahezustehen, kann eine Karriere beenden und den Verlag den guten Ruf kosten.


  • Herr Diez hat im Spiegel eine Kritik geschrieben, in der er schwere Vorwürfe gegen Christian Kracht erhebt, indem er Buch und Realiät bzw. handelnde Personen mit dem Autor gleichsetzt, und das geht nicht. Natürlich ist der Protagonist aus Krachts Buch ein skuriller und weltfremder Kauz mit gefährlichem rassistischem Weltbild. Allerdings darf man in der Literatur (wie in der Kunst insgesamt) Künstler und Objekt nicht prinzipiell in einen Topf werfen, gerade wenn das Kunstwerk Faschismus, Nationalsozialismus oder Rassismus als Sujet hat. Wenn das geschähe, wäre kein Helmut Qualtinger mehr möglich, der aus Hitlers "Mein Kampf" vorliest, kein Jonathan Meese, der im Rahmen eines Kunsthappenings den Hitlergruß zeigt usw.


    Genau das dachte ich auch. Dann dürfte niemand mehr über diese Themen schreiben, denn sobald man einen rassistischen/sexistischen/Serienmörder/etc. Protagonisten hat, würde hier auf den Autor geschlossen werden. Und das ist doch schlichtweg Schwachsinn. Man nehme "Die Wohlgesinnten" von Jonathan Littell - Protagonist ist Obersturmbannführer und sogar ohne Nazi-Zugehörigkeit ein absolut widerlicher, skurriler Charakter. Das heißt aber doch nicht, dass der Autor das auch ist oder diese Sicht für gut hält.


    Gerade von professionellen Kritikern erwarte ich mir, dass sie zumindest unterscheiden können zwischen Erschaffer und Fiktion. Da verstehe ich auch, wenn sich der Autor beschwert.


    Die Buchbesprechung des Verlages halte ich aber - wie Nimue - für völlig sinnlos. Das ist keine Kritik, das ist einfach Werbung.

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Ich habe die Kontroverse nur am Rande verfolgt und auch die Rezension im Spiegel nicht gelesen. Dass zwischen Autor und Werk zu unterscheiden ist, sollte in der Kritik eigentlich selbstverständlich sein. Generell finde ich es allerdings nicht überraschend, dass es zu einer solchen Polemik gegen Kracht gekommen ist. Insbesondere im Zuge seiner Zusammenarbeit mit dem US-Künstler David Woodard wurde ihm ja schon verschiedentlich vorgeworfen, mit faschistischem Gedankengut eher zu kokettieren als es ironisch zu behandeln. Ob der Vorwurf zutrifft, kann ich nicht beurteilen. Im Grunde halte ich es aber für ein häufig auftretendes Problem: Ein ironischer oder parodistischer Umgang mit dem Faschismus kann leicht auch als Überidentifkation oder Ästhetisierung interpretiert werden. Zu ähnlichen Debatten kam es ja z.B. auch im Zusammenhang mit dem Kunstkollektiv Laibach und mit diesem Rammstein-Video.

  • Im "Büchermarkt" des Deutschlandfunks gab es letztens ein ganz interessantes, ca. 20minütiges Kritikergespräch zu Christian Krachts "Imperium", in dem die beteiligten Kritiker - Denis Scheck, Julia Schröder (SZ), Rainer Moritz (Leiter des Hamburger Literaturhauses) und Hubert Spiegel (FAZ) - die Debatte um das Buch bzw. den Autor ganz gut zusammenfassen. Und am Ende sogar noch auf das Buch eingehen. :zwinker:


    Link zur Audiodatei der Sendung: klick

  • In 10 Jahren 10.000 Bücher lesen?? Ist das nicht doch ein wenig übertrieben? :gruebel:

    :leserin: [color=#CC0077]<br />Leo Tolstoi - Anna Karenina<br />Geneva Lee - Royal Passion<br />Frank Schätzing - Tod und Teufel<br />Patrick Rothfuss - The Name of the Wind<br />Maggie Stiefvater - The Raven Boys


  • In 10 Jahren 10.000 Bücher lesen?? Ist das nicht doch ein wenig übertrieben? :gruebel:


    Den Artikel habe ich gestern auch gefunden und genau da habe ich dann aufgehört mit aufmerksam lesen und den Rest nur noch überflogen. Echt, Literaturschock ist nun seit über 12 Jahren am Start und ich frage mich, was ich falsch (oder eher: richtig) mache, weil ich bisher noch nicht einmal böse Mails oder gar Drohungen erhalten habe :vogelzeigen: Ich habe das Gefühl, dass sich da nur jemand wichtig machen will.

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  • Wenn ich manche Kommentare zu Amazon-Rezensionen anschaue, kann ich schon glauben, dass es da manchmal ungemütlich wird. Und den Ärger über den "nicht hilfreich"-Button kann ich auch gut verstehen. Ich stelle nur hin und wieder ein paar Rezensionen bei Amazon ein, meistens wenn ich ein eher aktuelles Buch lese oder es noch keine Rezension bei Amazon gibt. Ich bin mir im klaren darüber bin, dass ich nicht die besten Rezensionen der Welt schreibe, aber einigermaßen hilfreich dürften sie doch sein, wenn man sich über ein Buch informieren möchte. Aber kaum bewertet man einen Artikel nicht mit fünf Sternen und kritisiert Dinge, bekommt man "nicht hilfreich"-Klicks.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Seit ich in den "erlauchten" Kreis der Viner bei amazon aufgenommen wurde, hab ich dort auch mal im Forum ein bisschen gelesen... das ist echt nicht nett da und die Nicht-Hilfreich-Klicks werden aus Neid und Missgunst offensichtlich gerne und reichlich verteilt.


    Und es stimmt auch, negative Rezis (am besten noch zu irgendwelchen Hype-Büchern) werden meist besonders gnadenlos abgeklickt.


    Aber: wen störts?


    Wer sich davon unter Druck setzen lässt und nur noch die positiven Rezis bei ama reinstellt, sollte es am besten ganz lassen....

    LG, Dani


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  • Unter Druck setzen lass ich mich nicht, aber man sollte sich schon im Klaren darüber sein, was einen erwartet, wenn man Rezensionen bei Amazon einstellt. Am Anfang war ich nämlich schon etwas verunsichert, ob meine Rezensionen wirklich so wenig hilfreich sind. Und ich kann auch verstehen, dass jemand dann irgendwann keine Lust mehr auf diesen Zirkus hat.

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  • Aber es gibt doch keine Konsequenzen... zumindest solange man keinen gesteigerten Wert darauf legt, in den Top-Irgendwas zu sein. Ich dümpel gemütlich in den 3000ern rum und mir sind die Klicks völlig wurschd.

    LG, Dani


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  • @Spatzi
    Bekommst du denn auch Reziexemplare von Verlagen geschickt für deine Amazonrezensionen?


    @Nimue
    Ich glaube, amazon ist da nochmal ein anderes Pflaster. Ist ja ne ganz andere Seite vom Konzept her ...



    Aber ich denke auch, dass der Herr sich den Stress teilweise selbst gemacht hat. Aber er hat ja jetzt auch aufgehört. Ich persönlich weiß ehrlich gesagt gar nicht, ob meine Rezis schon mal negativ bewertet wurden - weiß gar nicht, wo man das sehen kann. Ich persönlich bin übrigens jemand, der eigentlich immer nur klickt, wenn mir etwas hilfreich war. Auf die Idee auf nicht-hilfreich zu klicken, bin ich noch nie gekommen und finde es auch sehr unnötig.


  • @Spatzi
    Bekommst du denn auch Reziexemplare von Verlagen geschickt für deine Amazonrezensionen?


    Nö, ich hab auch so genug zu Lesen :breitgrins:

    LG, Dani


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  • Seit ich in den "erlauchten" Kreis der Viner bei amazon aufgenommen wurde, hab ich dort auch mal im Forum ein bisschen gelesen... das ist echt nicht nett da und die Nicht-Hilfreich-Klicks werden aus Neid und Missgunst offensichtlich gerne und reichlich verteilt.


    Nicht-hilfreich wird vermutlich auch häufig mit "Nicht deiner Meinung" verwechselt. Wobei z.B. eine negative Rezension doch auch hilfreich für jemanden sein kann ein Buch überhaupt erst zu kaufen (haben wir hier ja auch schon drüber gesprochen).


    Zitat

    Und es stimmt auch, negative Rezis (am besten noch zu irgendwelchen Hype-Büchern) werden meist besonders gnadenlos abgeklickt.


    Aber: wen störts?


    Oh ja ... ich habe es gewagt "Smaragdgrün" nur 3 Sterne zu geben! (Oder die 4 Sterne bei meiner einzigen CD-Rezi - holla die Waldfee! Ich bin ja so böse. :breitgrins: )


    Bei den Vine-Leuten sind Diskussionen über diese Nicht-hilfreich-Klicks schon lang und ausgiebig geführt worden denn bei fast allen hat sich das Verhältnis nach Eintritt in das Programm verschlechtert. Mich nervt es manchmal etwas, andererseits ist mir mein Rang aber sowas von egal und wenn ich sehe wie der Kampf um die vorderen Plätze tobt (siehe Artikel, man liest da auch so einiges) dann ist man einfach nur froh irgendwo in den 2000er rumzudümpeln.


    Wobei ... 10.000 Bücher in 10 Jahren? Wie krass ist das denn. :entsetzt:

  • das mit den 1000 Büchern pro Jahr geht gar nicht... zumindest nicht neben Vollzeit-Job und Familie...


    Irgendwo haben sie das vorgerechnet, er sagt selber 45sec pro Seite, bei (niedrig geschätzten) 250 Seiten pro Buch sind das 45x250x1000 = 11.250.000sec pro Jahr. Geteilt durch 365 Tage rund 30.800sec pro Tag oder 513min = mehr als 8h pro Tag


    Und das zzgl der selbst erwähnten 80-h-Woche... aber naja, vielleicht schläft er ja nicht. Oder er kann im Schlaf lesen? :breitgrins:

    LG, Dani


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  • Und das zzgl der selbst erwähnten 80-h-Woche... aber naja, vielleicht schläft er ja nicht. Oder er kann im Schlaf lesen? :breitgrins:


    Oder er hat herausgefunden wie man dem Tag mehr Stunden abringt. :breitgrins:

  • Mir gefällt in dem Aritkel besonders die Stelle auf der 3. Seite:


    Zitat

    "Ich habe mich mein halbes Leben lang mit Literaturkritik beschäftigt. Und deshalb rede ich nur mit Leuten, die Ahnung haben. Nicht mit einem, was ist er, Botaniker?"


    Auch wenn man kein studierter Literaturwissenschaftler ist, kann man sehr wohl ein gutes Buch von einem schlechten unterscheiden.


    ***
    Aeria

  • Auch wenn man kein studierter Literaturwissenschaftler ist, kann man sehr wohl ein gutes Buch von einem schlechten unterscheiden.


    Auch wenn man kein studierter Botaniker ist, kann man eine Tulpe von einer Rose unterscheiden. D'accord. Ich weiss sogar, was ein Stempel oder was ein Staubgefäss ist. Deswegen wird ein Botaniker in leitender Position trotzdem mit mir nicht über die Finessen z.B. der pflanzlichen Osmose und ihre Verwendung in der modernen Medizinaltechnik diskutieren wollen. Auch wenn ich 80 Stunden in der Woche Belletristik lese und renzensiere.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)