Je suis Charlie

Es gibt 81 Antworten in diesem Thema, welches 13.455 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Jaqui.


  • Klar, kann man auch das nicht verallgemeinern, aber es gibt nun mal Menschen, die nicht differenzieren zwischen Islam allgemein und solchen Leuten, die den Islam nur als wirre Rechtfertigung für ihre Taten missbrauchen.


    Stimmt. Das Problem bei religiösen Fanatikern ist, dass sie ihren Glauben zur Rechtfertigung ihrer Taten missbrauchen und damit die friedliebende Mehrheit ihrer Glaubensgemeinschaft diskreditieren. Die Religion ist bei ihnen jedoch nur vorgeschoben. Wenn's nicht die Religion ist, finden solche Schwachköpfe andere Gründe und Ideologien, um ihre Mordlust auszuleben und zu rechtfertigen. :sauer:


  • Stimmt. Das Problem bei religiösen Fanatikern ist, dass sie ihren Glauben zur Rechtfertigung ihrer Taten missbrauchen und damit die friedliebende Mehrheit ihrer Glaubensgemeinschaft diskreditieren. Die Religion ist bei ihnen jedoch nur vorgeschoben. Wenn's nicht die Religion ist, finden solche Schwachköpfe andere Gründe und Ideologien, um ihre Mordlust auszuleben und zu rechtfertigen. :sauer:


    Das erinnert mich gerade an Volker Pispers. Der sagte in einem Programm sinngemäß "Es gibt Arschlöcher die glauben an Gott und es gibt Arschlöcher die glauben an Allah. Das hat mit Religion nichts zu tun. Es sind Arschlöcher."



    Genau das meine ich.
    Klar, kann man auch das nicht verallgemeinern, aber es gibt nun mal Menschen, die nicht differenzieren zwischen Islam allgemein und solchen Leuten, die den Islam nur als wirre Rechtfertigung für ihre Taten missbrauchen.


    Zu differenzieren - das schaffen die meisten Leute ja schon bei unwichtigen Themen nicht.

  • Extremisten, Fanatiker und ähnliches wird es leider immer geben. Nur die Deckmäntelchen ändern sich von Zeit zu Zeit.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich habe, ehrlich gesagt, einige Mühe damit, dass man jetzt von Schwachköpfen redet, von Wirrköpfen. Idioten und Arschlöcher - meinetwegen. Aber was wir in Frankreich gesehen haben, war nicht die Aktion einiger Schwach- und Wirrköpfe. Das war generalstabsmässig vorbereitete Arbeit. Die Masterminds hinter dem Attentat sind keineswegs schwach oder wirr, sondern hochintelligent mit einiger Einsicht ins Funktionieren des menschlichen Hirns. Und ich vermute, die freuen sich aktuell wie Anton, dass wir das Problem auf Muslim oder Nicht-Muslim reduzieren. Denn ihnen geht es um die Macht. Nicht des Islam, sondern ihre eigene, die sie im Namen einer Religion durchsetzen wollen.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Verlieren wir uns nicht in Spitzfindigkeiten, was die Schimpfwörter betrifft, mit denen wir die Mörder von Paris bezeichnen. Einem Menschen, der meint, aufgrund seiner Weltanschauung mit Gewalt gegen andere Menschen vorgehen zu können, attestiere ich ein sehr eingeschränktes Weltbild. Ob ich ihn daher Idiot oder Schwachkopf (vom Idioten nicht weit entfernt) oder blöde Arschgeige nenne, ist mir einerlei. Da fallen mir noch ganz andere Begriffe ein. :breitgrins:



    Die Masterminds hinter dem Attentat sind keineswegs schwach oder wirr, sondern hochintelligent mit einiger Einsicht ins Funktionieren des menschlichen Hirns.


    Das wiederum steht auf einem anderen Blatt. Die Strippenzieher hinter den Anschlägen sind ja auch nicht diejenigen, die an vorderster Front meucheln, sondern die ihre willigen Vollstrecker, nämlich die verblendeten Wirrköpfe, die Drecksarbeit erledigen lassen.



  • Klar, kann man auch das nicht verallgemeinern, aber es gibt nun mal Menschen, die nicht differenzieren zwischen Islam allgemein und solchen Leuten, die den Islam nur als wirre Rechtfertigung für ihre Taten missbrauchen.


    Mein Eindruck seit ca. 10 bis 15 Jahren ist, dass viele Menschen wieder zu Verhalten bzw. Einstellungen neigen, die wir schon überwunden geglaubt hatten. Dazu gehören auch viele Christen, die entweder in ihrem Glauben extrem engstirnig sind und keine andere Meinung zulassen oder auch mal völlig abheben und teils radikal (gewaltbereit) reagieren.


    Für mich das Schlimmste ist, dass dies alles größtenteils nach meiner Schulzeit stattfand, zu der man mir in der Mittelstufe immer wieder in verschiedenen Fächern "gepredigt" hatte, wie glücklich wir uns schätzen könnten, das wir Krieg und Religionsfanatismus überwunden hätten und dass Rassismus weit weg von unserer kleinen Ecke sei (der wurde nämlich nur in Zusammenhang mit den USA thematisiert).


    Und dann wacht man eines Tages, gar nicht so lange danach, in einer Welt auf, in der Krieg wieder zum aktuellen Thema wird, Terrorismus auch fast vor der Haustür steht und religiöse Engstirnigkeit wieder sehr weit verbreitet ist. Und in der massiv Fremdenangst geschürt wird. :sauer:


    Natürlich empfindet man seine Kindheit immer als mehr oder weniger idyllisch, weil man einfach von vielem wenig mitbekommen hat, mein Eindruck ist aber, dass es auch objektiv immer schlechter wird, dass Sicherheit, echte und eingebildete, an allen Ecken und Enden abgebaut wird und wieder mehr Misstrauen in der Welt herrscht, dass auch massiv von allen Seiten (inklusive Medien) verstärkt wird.
    Früher war Religion, besonders fremde, für mich etwas Aufregendes, Interessantes und ich habe gern Fragen gestellt.
    Heute ist jemand mit fremder Religion, wozu ich auch mal das "intensivere" Christemtum zählen möchte, ein potentielles Mienenfeld - bloß nichts falsch machen, lieber nichts fragen.
    Bezeichnenderweise gibt es ja im Netz schon Seite mit "15 Fragen, die Sie Muslimen lieber nicht stellen sollen" und die verbreitete Ansicht, dass man Menschen, die durch Aussehen, Verhalten oder Sprache den Eindruck erwecken, nicht (deutsch, kanadisch, chinesisch) zu sein, lieber nicht fragen solle, wo sie herkommen, weil die korrekte Antwort immer "ich bin (Deutscher, Kanadier, Chinese)" heißen würde.


    Man wird also massiv davon abgehalten, neugierige und offene Fragen zu stellen und somit darin bestärkt, entweder alles, was anders ist zu ignorieren oder sich selbst seine Gedanken zu machen.
    Die können wiederum durch (kulturelle) Missverständnisse sehr schnell in die falsche Richtung gehen.


    Allg. habe ich den Eindruck, dass wir durch Medien und auch viele Gruppen selbst darin bestärkt werden, keine Fragen mehr zu stellen. Man sieht etwa Sendungen, in denen Rollstuhlfahrer sich beschweren, dass ihnen Fremde anbieten, im Supermarkt etwas vom oberen Regal zu holen. Oder Sprachbehinderte oder Ausländer sich beschweren, dass sie ob ihrer Aussprache angesprochen werden. Wenn also das nächste Mal jemand sich abmüht, gehe ich schnell weiter, wenn jemand lallend auf dem Boden sitzt, frage ich nicht, ob er Hilfe braucht, denn vielleicht hat er nur einen Sprachfehler und versteht das als Demütigung.
    Man bleibt also schön bei sich selbst und versucht, alles Auffällige, Unbekannte auszublenden und bloß nicht mit jemandem ins Gespräch zu kommen, über dessen "Status" man sich nicht ganz sicher ist.


    Es gibt wieder so viele Tabus, dass die Menschen bestärkt werden, ja keine Offenheit aufzubauen.
    Da werden, aus meiner Sicht, künstlich Mauer hochgezogen, die dann zu eigenen Hypothensen und ggf. dadurch auch Fremdenfeindlichkeit führen, weil man keine Erklärungen findet, und sich mit seinen eigenen Erklärungen ggf. selbst eine Falle baut, indem man erklärbares, neutrales Verhalten als unerklärliches, vorsätzlich boshaftes Verhalten fehlinterpretiert.


    Wie meine Großmutter, die nie verstehen konnte, dass sie meinen Bruder nicht deshalb nicht versteht, weil er sie dauernd verarscht, sondern weil er aufgrund seiner Behinderung nicht deutlicher reden konnte.
    Nur sie konnte fragen und man konnte ihr das erklären (aber ihre Weltsicht und Lebenserfahrung ließ diese Erklärung nicht gelten), vielerorts darf man heute leider bzw. lieber nicht mehr fragen.


    LG
    von Keshia


    LG von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Das wiederum steht auf einem anderen Blatt. Die Strippenzieher hinter den Anschlägen sind ja auch nicht diejenigen, die an vorderster Front meucheln, sondern die ihre willigen Vollstrecker, nämlich die verblendeten Wirrköpfe, die Drecksarbeit erledigen lassen.


    Sicher gibt es Strippenzieher und Masterminds, die hinter IS oder Al Kaida stehen. Bloß gibt es mittlerweile ein Klima, in dem Täter wie die von Paris heranwachsen und sich sozusagen (fast) von selbst radikalisieren. Sie brauchen keine Befehlsgeber mehr, sondern handeln aus eigenem Impuls und auf eigene Verantwortung. Insofern wird diese neue Qualität des Terrors (keine großangelegten Massentötungen mehr wie in London, Madrid oder New York, sondern kleinere Einzelaktionen wie jetzt in Paris) auch noch schwerer zu bekämpfen sein.


    Die Frage ist bloß: Was lernt uns das? Wir haben als Westeuropäer des späten 20. Jahrhunderts viel zu lange die säkularistische Phrase von der 'Religion als Privatsache' gefressen. Weltanschauungen (und radikalisierte Formen von Religion wie Islamismus oder fundamentalistische andere Glaubensrichtungen) sind natürlich keine Privatsache, vor allem dann nicht, wenn jemand meint, im Namen dieser Religion eine Knarre in die Hand nehmen zu müssen, um andere zu 'bekehren'. (Das tun übrigens auch die orthodoxen Separatisten im Osten der Ukraine, die beim Abfeuern der schweren Geschütze 'Im Namen Jesu Christi' rufen...).


    Will sagen: wir müssen uns um die Religionen und Weltanschauungen der anderen (und unser selbst) kümmern und sie zum Thema machen. Es ist eben nicht egal, was einer glaubt und wozu ihn sein Glaube drängt. Und es gibt Formen von Religiosität, denen gegenüber ich eben NICHT tolerant bin.


    Und deshalb bin ich auch so dankbar, dass sich die offiziellen Vertreter des Islam, namentlich die DITIB, so deutlich zu dem Terroranschlag in Paris geäußert haben.


  • Allg. habe ich den Eindruck, dass wir durch Medien und auch viele Gruppen selbst darin bestärkt werden, keine Fragen mehr zu stellen. Man sieht etwa Sendungen, in denen Rollstuhlfahrer sich beschweren, dass ihnen Fremde anbieten, im Supermarkt etwas vom oberen Regal zu holen. Oder Sprachbehinderte oder Ausländer sich beschweren, dass sie ob ihrer Aussprache angesprochen werden. Wenn also das nächste Mal jemand sich abmüht, gehe ich schnell weiter, wenn jemand lallend auf dem Boden sitzt, frage ich nicht, ob er Hilfe braucht, denn vielleicht hat er nur einen Sprachfehler und versteht das als Demütigung.
    Man bleibt also schön bei sich selbst und versucht, alles Auffällige, Unbekannte auszublenden und bloß nicht mit jemandem ins Gespräch zu kommen, über dessen "Status" man sich nicht ganz sicher ist.


    [offtopic]Zumindest die Situation der Rollstuhlfahrer kann ich verstehen, allerdings nur mit Kontext. Und der sieht nämlich oftmals so aus, dass Menschen mit sichtbaren körperlichen oder geistigen Behinderungen schnell mal bevormundet werden. Da werden Sachen aus den oberen Regalen geholt, die die Personen gar nicht wollen!
    Einmal wollte einer meiner Klienten mit dem Taxi in die Kirche fahren, der Taxifahrer hat ihn vom ungefähr 500m entfernten Taxistand gegen seinen Willen wieder zurückgebracht und uns erklärt, der wollte zur Kirche, aber der Fahrer hat sich gedacht, das kann nicht stimmen und ist einfach zur Adresse auf seinem Notfallkärtchen gefahren. Man muss sich nur vorstellen, das würde jemand mit einem selbst machen und man kann sich nicht mal wehren! Der Taxifahrer wollte dann übrigens für die 500m auch noch Geld haben :grmpf:
    Auch schon erlebt habe ich, dass unseren Klienten Lebensmittel zugesteckt werden, als würden sie bei uns hungern müssen oder dass sie an der Kasse für ihre Waren nichts bezahlen müssen. Und das soll Inklusion sein?


    Ich weiß, viele Menschen meinen das nicht böse, aber genau deswegen muss man da auch Bewusstsein schaffen. Das heißt ja nicht, dass ich meine Hilfe nicht anbieten kann, aber das muss ich überhaupt erst mal machen, bevor ich gleich jede alte Dame über den sprichwörtlichen Zebrastreifen zerre :zwinker: [/offtopic]


    Früher war Religion, besonders fremde, für mich etwas Aufregendes, Interessantes und ich habe gern Fragen gestellt.
    Heute ist jemand mit fremder Religion, wozu ich auch mal das "intensivere" Christemtum zählen möchte, ein potentielles Mienenfeld - bloß nichts falsch machen, lieber nichts fragen.


    Schade, dass das für dich so ist. Ich kenne zwar Situationen und Gesprächspartner, die in mir - die meisten würden mich wohl als Atheisten bezeichen, ich selbt mag die Bezeichnung nicht so wirklich - eine Bedrohung sehen und gleich automatisch auf die Barrikaden gehen.
    Ich erlebe aber auch viele Situationen, in denen ich mit religiösen Menschen ganz offen sprechen kann. Dabei geht es durchaus auch um persönliche Themen wie ein Leben nach dem Tod und da enstanden schon interessante Diskussionen, wieso dieses Konzept, das für so viele Menschen Trost bietet, für mich eher furchteinflößend ist. Die gegenseitige Akzeptanz und Respekt waren dabei immer vorhanden und keiner hat sich auf den Schlips getreten gefühlt.
    Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele und "du wirst die Wahrheit schon noch herausfinden"-Sager, aber die wird man glaube ich nie abschaffen können.



    Die Frage ist bloß: Was lernt uns das? Wir haben als Westeuropäer des späten 20. Jahrhunderts viel zu lange die säkularistische Phrase von der 'Religion als Privatsache' gefressen. Weltanschauungen (und radikalisierte Formen von Religion wie Islamismus oder fundamentalistische andere Glaubensrichtungen) sind natürlich keine Privatsache, vor allem dann nicht, wenn jemand meint, im Namen dieser Religion eine Knarre in die Hand nehmen zu müssen, um andere zu 'bekehren'. (Das tun übrigens auch die orthodoxen Separatisten im Osten der Ukraine, die beim Abfeuern der schweren Geschütze 'Im Namen Jesu Christi' rufen...).


    Will sagen: wir müssen uns um die Religionen und Weltanschauungen der anderen (und unser selbst) kümmern und sie zum Thema machen. Es ist eben nicht egal, was einer glaubt und wozu ihn sein Glaube drängt. Und es gibt Formen von Religiosität, denen gegenüber ich eben NICHT tolerant bin.


    Aber, wenn Religion keine Privatsache mehr ist, was ist es dann?
    Ich denke nicht, dass sich die Diskussion um eine Deradikalisierung ausschließlich um die eine oder andere Religion drehen sollte, die Probleme - vor allem vieler Jugendlicher und junger Menschen - gehen viel tiefer, die Religion holt sie zwar ab und sie bieten eine leichte Angriffsfläche für Hassprediger, aber scheinbar gibt es für diese Menschen keine Alternativen. Es fehlt an präventiver Infrastruktur, mit einem offenen Dialog, der nicht auf der Annahme "böser Moslem - braver Katholik" / "anstängier Moslem - nicht anständiger Moslem" basiert. Die Religion ist zwar das Offensichtlichste, was diese Menschen, um die sich die öffentliche Debatte derzeit dreht, gemeinsam haben, aber es ist mit Sicherheit nicht das Einzige und daher greift für mich die aktuelle Debatte viel zu kurz.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

    Einmal editiert, zuletzt von tári ()

  • Deswegen meine Frage an Keshia. Ohne bestimmte Kleidungsstil kann man so was nämlich nicht erkennen. :smile:


    Eine Frau mit Kopftuch ist bei uns mit hoher Wahrscheinlichkeit Muslima (die Marktfrauen mit Kopftuch gibt es hier im Norden jedenfalls nur noch selten).
    Da hat man also ein "Feindbild", das man erkennen kann.
    Der richtige Terrorist dagegen wird sich wohl erst zu erkennen geben, wenn es zu spät ist.


    Frauen mit Burka sehe ich hier gar nicht, aber hin und wieder Frauen mit Vollverschleierung, also von Kopf bis Fuß in Schwarz. Das aber auch nur ganz selten, meist wird doch das Gesicht frei gelassen (was sicher für die Betroffene auch besser ist, um Unfälle etc. zu vermeiden, gerade im Winter, wenn es dunkler ist).


    Umgekehrt wird es aber nicht anders sein: Wer einmal von Skinheads überfallen wurde, wird erst mal auch vor Punks etc. Angst haben - Menschen mit eng anliegender, schwarzer Kleidung und Glatze.
    Ist halt so. Ich sage nicht, dass ich das gut finde, aber nachvollziehen kann ich schon, dass die Angst irgendwo hin muss und sich dem Falle ein Gesicht oder Erkennungsmerkmal sucht.


    Toleranz darf mMn aber nicht blind sein. Also so politisch korrekt, dass ich alles toleriere oder fördere, wovor ich insgeheim Angst habe, ohne Fragen stellen zu dürfen, die meine Angst entkräften könnten.
    Diesen Punkt haben aber einige Menschen schon erreicht: Gewisse Fragen dürfen halt nicht mehr gestellt werden, und damit kann jeder im Stillen seine eigenen Ängste pflegen.
    Diesen Schritt müsste man mMn wieder rückgängig machen.


    Ich hab als Teenie mal in einer Kneipe ein längeres Gespräch unter anderem mit einem Inder geführt. Dabei fragte ich dann ganz offen, wofür denn der rote Punkt auf der Stirn indischer Frauen steht und er antwortete mir ganz offen (und sagte nicht etwa, das hätte ich im Erdkundeunterricht lernen müssen :zwinker:).
    Solche Fragen sind heute oft nicht mehr möglich, weil man mit ironischen Antworten rechnen muss. Oder mit dem Vorwurf der Intoleranz (nach dem Motto "das ist meine Kultur, das geht dich nichts an").


    Folge:
    Was man nicht kennt, lernt man schwieriger kennen und so pflegt jeder seine einen Vorurteile und auch Ängste.


    Ich stelle jedenfalls fest, dass ich aus lauter Höflichkeit gar nichts mehr frage, dann aber mit meinen Vorstellungen auch mal daneben liege (meist nicht im Bereich Religion sondern eher im Bereich Aussprache, die durch eine Sprachbehinderung, Trunkenheit oder eine andere Muttersprache ungewöhnlich sein kann. Auf alle drei Fälle würde man anders eingehen, wenn man rät, behandelt man den Gesprächspartner sehr "tastend").

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Ich finde das Problem ist ja erstmal die Annahme das der Mensch dann nur als Moslem (Christ usw. ) Kategorisiert wird. Man ist aber immer die Summe seiner Erfahrungen und des Umfelds in dem man aufgewachsen ist. Man ist nie nur eine "Sache" sondern ein Puzzle aus vielen verschiedenen Blickwinkeln. Diese Kategorisierung ist natürlich einfacher als der Blick dahinter und das Aufzeigen des eigentlichen Problems.


    Was politische Korrektheit angeht... ich merke das sehr in meinem Studiengang. Wir sind auf Differenzierung ausgelegt und gleichzeitig auch dazu angehalten möglichst bestimme Begriffe zu vermeiden. Manchmal führt das aber dazu das wir gar nicht mehr wissen wie wir etwas dann eigentlich noch formulieren sollen. Das ist schon auch ein Problem finde ich, zu Mal wir gleichzeitig auch hinterfragen was Sprache eigentlich genau macht.
    Ich finde es wichtig das vor allem auch darüber gesprochen wird wo ein Problem ist. Welcher Blickwinkel damit aufgenommen wird und was dahinter steht. Aber eben auch das man spricht und nicht verstummt weil man dann am wenigsten Fehler macht...


  • Aber, wenn Religion keine Privatsache mehr ist, was ist es dann?


    Religion ist eine Kraft, die - wenn jemand sie ernst nimmt - das gesamte Wertesystem, die Handlungsnormen und auch die Ideale eines Menschen beeinflusst. Religiöse Menschen - egal welcher Couleur - werden immer auch Vorstellungen davon entwickeln, wohin sich eine Gesellschaft bewegen soll und welche Wege dazu zu beschreiten sind. Zu lange haben wir irgendwie geglaubt, man könne die Religion als Privatsache behandeln und vonseiten des Staates (eigentlich auch vonseiten der Gesellschaft) die Bürger als religiöse 'Neutra' behandeln. Bis wir dann irgendwann aufgewacht sind und feststellen mussten, dass sich unter der Oberfläche bürgerlicher Angepasstheit bombenwerfende Fundamentalisten entwickeln konnten.


    Daher darf der Staat und darf die Gesellschaft in meinen Augen nicht mehr so tun, als ginge ihn die Religion der Bürger nichts an. Wenn man das vorgibt, wird man auf einem Auge sozusagen blind. Leider gibt es im Moment eine radikale säkularistische Tendenz, die aber genau das noch fordert - eine weiter reichende Verdrängung der Religion aus Schule, Bildung, öffentlichem Leben, staatlicher Verflechtung. Meines Erachtens wäre das genau der falsche Weg. Ich denke, man muss die religiöse Identität der Menschen stärker wieder in den Blick nehmen und im gesellschaftlichen Diskurs darauf achten und darüber sprechen, was die Menschen umtreibt. Dazu ist es hilfreich, wenn religiöse Gruppen am gesellschaftlichen Bildungs- und Willensfindungsprozessen mitarbeiten können. Jedenfalls die, bei denen klar ist und ein Konsens besteht, dass sie einen konstruktiven Beitrag leisten können.


    Aus meiner Sicht wäre es eine positive Folge der traurigen Ereignisse in Paris, wenn Christen und Muslime in Europa näher zusammenrückten, um gemeinsam gegen gewaltbereite Fundamentalisten ein Zeichen zu setzen. Und wenn Christen erkennen würden, wie sehr auch die Muslime unter dem islamistischen Terror leiden (weltweit sind ja mit Abstand die meisten Opfer dieses Terrors andere Muslime).