Ich bin jetzt auch durch.
Mir geht es ähnlich wie Aeria: die Beschreibung der Frauen und deren Behandlung/Bevormundung durch die Männer hat mir überhaupt nicht gefallen. Zwar sehe ich zumindest teilweise ein, wieso Bradley das so geschrieben hat - sie hat mMn, wie ich schon im vorigen Beitrag geschrieben habe, einen guten Grund dafür. So weit, so gut.
Trotzdem habe ich einiges dagegen einzuwenden: es wird als "ganz natürlich" dargestellt, und zwar nicht nur von Ewen als Vertreter der Protagonisten, sondern als ebenso natürlich von allen, inclusive der Frauen und inclusive Camilla, die, wie sich im Epilog herausstellt, nicht weniger als 14 mal gefrickelt hat .
Bradley beschreibt eine "Back to the roots"-Gesellschaft, die in harmonischem Einklang mit ihrer Umgebung lebt, trotz der katastrophalen klimatischen Bedingungen wirkt das auf mich nahezu paradiesisch. Mit dem Zurück zu den Wurzeln geht leider auch ein gesellschaftlicher Rückschritt einher, der als naturgegeben dargestellt wird. Da graust es mir!
Mir fehlen die kritischen Stimmen.
Ebenso fehlen mir weitere Personen. Von den ca. 200 Überlebenden werden näher vorgestellt nur die Handvoll Teilnehmer der ersten Expedition, Captain Leicester, Vater Valentin und Moray. 2-3 Mitglieder der Neu-Hebrider bekommen noch einen Namen, bleiben aber schemenhaft, von den anderen Mitgliedern der Kommune weiß man nur, dass sie existieren.
Wo ist der Rest?
Von der Raumschiffbesatzung wird noch einer benamt, von den anderen erfährt man nur "durch Hörensagen", also aus Camillas Mund, dass sie wohl anfangs nicht ganz glücklich sind. Aber im Raumschiff, so wurde irgendwo erwähnt, befanden sich doch noch eine Menge anderer Gruppen, die aber noch nicht einmal eine anonyme Masse bilden, sondern völlig unsichtbar, ja eigentlich inexistent sind. Ich hatte erwartet, mehr über die Anpassung und Anpassungsschwierigkeiten der verschiedenen Gruppen zu erfahren, statt dessen wird immer wieder der Versuch unternommen, etwas "human interest" (MacAran, der sich nach Del Rey verzehrt) anzubringen, der mich aber nicht interessiert, sondern eher genervt hat. Verschiedene psychologische und praktische Herangehensweisen und Verarbeitungen der doch sehr traumatisch verlaufenen Notlandung hätte ich gerne erlebt, statt eines "Friede-Freude-Eierkuchen-uns geht's ja so gut"-Happy Ends. Wobei: es ist ja nicht mal ein Happy End nach langen Qualen à la Hollywood, nein, es war schon eine Happy Mitte ohne weitere psychologische Tiefe. Statt dessen wird auf den ASW herumgeritten, versucht, Spannung durch den Beinahe-Tod im Schneesturm und die Rettung durch einen Einheimischen herzustellen, und miteinander musiziert. Mir reicht das nicht.
Und das Ganze auch noch in nicht besonders ausgefeilter Sprache und mit diversen Fehlern oder Ungereimtheiten betrachtet. Mit viel gutem Willen gibt's auch von mir 2ratten.