Christiane Heinicke - Leben auf dem Mars

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 2.155 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

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    Unter dem Namen HI-SEAS startet im August 2015 auf Hawaii die ein Jahr dauernde Simulation eines Aufenthaltes auf dem Mars, an dem sechs Wissenschaftler teilnahmen. Eine der drei Frauen des Teams war Christiane Heinicke, die hier vor allem für die Wassergewinnung zuständig war. Neben den Frauen waren noch drei Männer mit von der Partie.


    Das Team lebt in einer Kuppel mit einem Durchmesser von elf Metern, die Höhe beträgt sechs Meter. Hier befindet sich alles: Arbeitsplätze, Ausrüstung, Lebensmittel, Schlafräume und Bad. Sehr wenig Platz also für die sechs Menschen. Deshalb wird auch ein großes Augenmerk auf den Umgang miteinander gelegt. Das Camp befindet sich in einer Höhe von über 2000 Metern, die "Erde" mit der Kontrollstation ist weiter eintfernt; wie weit genau, habe ich noch nicht herausgefunden, aber in jedem Fall weit außer Sichtweite. Die Wissenschaftler haben verschiedene Aufgaben, die täglich und längerfristig zu erledigen und dokumentieren sind, außerdem unternehmen sie Kontrollgänge in der Umgebung, wobei sie marstaugliche Anzüge tragen.


    Die durchgeführten Experimente wie die Herstellung von Wasser oder das Züchten von essbaren Pflanzen sind schon fast nichts Neues mehr. Spannender und genauso im Fokus stehend ist der Umgang der Kollegen miteinander. Die Aufgabenverteilung ist klar, aber es gibt genügend Projekte, die zu zweit oder mit mehreren durchgeführt werden, was genaues Absprechen erfordert. In den ersten Monaten funktioniert alles überwiegend gut. Kleinere Reibereien werden schnell behoben. Doch nach etwa fünf Monaten gerät die Stimmung langsam ins Schwanken. Unter den sechs Individuen haben sich drei Zweiergruppen gebildet, und die Tatsache, dass sie sich kaum aus dem Weg gehen können, zehrt langsam an den Nerven. Missverständnisse werden nicht mehr gleich aufgeklärt und schaukeln sich hoch. Noch liegt mehr als ein halbes Jahr vor sechs Probanden - das sieht nicht gut aus.


    Stilistisch ist das Buch nicht besonders anspruchsvoll, aber das ist auch nicht Christiane Heinickes Hauptfach. Ihr Schwerpunkt liegt auf dem Umgang mit den anderen Kollegen, und das ist interessant. Ich bin gespannt, ob und wie die Sechs die Stimmung hochhalten können.

  • Klingt sehr spannend.


    Ich hab das Experiment verfolgt. Könnte jetzt aber nicht mehr sagen was damals in der Presse darüber stand.

  • Da gab es in den 1990ern dieses Experiment von der NASA mit dem abgeschlossenen System "Biosphäre/Ecosphere 2" in Arizona.. (gibt nen Wikipedia-Artikel dazu..). Flächenmäßig war das allerdings größer, so dass sich die Leute auch mehr aus dem Weg gehen konnten. Ich hab seinerzeit Einiges dazu gelesen - und T.C.Boyles einigermaßen neuer Roman "Die Terranauten" ist wohl daran angelehnt - hab ihn letzte Woche in der Bib reserviert. :smile:

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()

  • Das Buch ist mir schon öfter über den Weg gelaufen. Das klingt jedenfalls sehr interessant, ich habe es mir jetzt mal auf die Merkliste gesetzt.

  • Sorry, ich war heute unterwegs, sonst hätte ich mich schon früher gemeldet. Avilas Frage wurde ja schon beantwortet.


    Ich habe zwar schon mal von solchen Experimenten gelesen, mich aber nicht weiter damit beschäftigt. Vor kurzem las ich aber T. C. Boyle Buch, das Alice erwähnt hat, und deshalb fiel mir das Heinicke-Buch auf. Bei Boyle herrschen im Vergleich zur Wirklichkeit paradiesische Zustände, zumindest, was den Platz angeht. Heinicke und Kollegen mussten mit viel weniger auskommen, was sich überall bemerkbar macht. Privatsphäre ist so gut wie unmöglich. Aus dem Weg gehen konnten sich die Teilnehmer zwar trotzdem, weil jeder ein eigenes Zimmer - oder besser gesagt, eigene Kabine - hatte, aber gerade das war auch ein Problem, weil dann jeder still vor sich hin grummelte, anstatt Meinungsverschiedenheiten zu beheben, bevor sie sich zu echten Differenzen auswuchsen.

  • Der Einwurf ist berechtigt. Die Reihe an durchgeführten Experimenten ist überschaubar, zumindest anhand der Informationen, die Heinicke liefert. Wie ich es verstehe, liegt der Fokus auf den sozialen Kompetenzen. Wie geht die Besatzung mit der Isolation und den beengten Raumverhältnissen um, wie wirken sich Gruppendynamik und persönliche Sympathien aus? Immerhin werden aber auch häufig Exkursionen nach draußen unternommen, die das Handling mit den Anzügen und Gerätschaften schulen sollen. Die Umgebung auf dem Vulkan in über 2000 Metern Höhe ähnlich wie auf dem Mars. Auch der Titel des Buches zeigt, dass letztlich die Marsmission von Interesse ist. Es war bestimmt auch eine Geldfrage, dass alles so minimalistisch gehalten wurden.

  • Ich bin inzwischen im zweiten Halbjahr des Aufenthalts. Die Crew unternimmt immer wieder Streifzüge durch die Umgebung. In dem alten vulkanischen Gestein befinden sich wenige Meter unter der Oberfläche Höhlensysteme, die durch den Lavafluss entstanden sind. Teilweise ist die Decke der Höhlen und Gänge eingebrochen, wodurch es möglich ist, relativ einfach nach unten zu klettern und die Gänge zu inspizieren. Christiane Heinicke ist begeistert und beschreibt das mitunter auch recht ausführlich. Auf die Dauer wird es etwas langweilig, obwohl ich mir diese Umgebung einigermaßen vorstellen kann, weil ich selbst schon in Höhlen unterwegs war. Interessanter sind dagegen ihre Ausführungen über bestimmte Bakterien, die auf dem Mars nützlich sein könnten, oder die Versuche, wie man aus menschlichen Ausscheidungen Wasser gewinnen kann.


    Für die Gruppe wird das Zusammenleben langsam schwieriger. Die Toleranzschwelle sinkt deutlich, was immer wieder zu Streitereien führt. Auch der gegenseitige Respekt lässt zu wünschen übrig. Die Autorin macht häufig negative Andeutungen über das Verhalten ihrer Kollegen, ohne Namen zu nennen. Es liest sich fast so, als hätte ihr ein Anwalt vor der Veröffentlichung des Buches dazu geraten, um spätere Klagen zu vermeiden. Das lässt ungute Rückschlüsse auf die Stimmung in der Gruppe zu.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Danke für den Hinweis, Jaqui. Bei dem Experiment gibt es bestimmt auch spannende Erkenntnisse, wobei es, wenn ich das richtig verstanden habe, nur vier Wochen dauert. Mal sehen, was dabei rauskommt.


    Ich habe das Buch inzwischen fertig und werde in den nächsten Tagen noch etwas dazu schreiben.

  • Im letzten Teil des Buches erwähnt Christiane Heinicke häufiger, dass diese Simulation vor allem als Studie über das Zusammenleben im Team durchgeführt wurde. Deswegen wohl auch die gar so geringe Größe des Habitats. Die Gruppenbildung innerhalb der sechsköpfigen Mannschaft wurde nicht unterbunden, deshalb konnte man kaum noch von Team sprechen. Gemeinsame Experimente und Arbeiten gab es zwar weiterhin, aber echte Zusammenarbeit fand nur statt, bis die Aufgabe erledigt war. Rein von der Schilderung her hätte ich nicht erwartet, dass sich alle nach Ablauf des Jahres in der Marsstation noch ansehen, aber zumindest Christine Heinicke schreibt in ihrem Fazit kurz, aber doch positiv über die anderen.


    Von den Exkursionen in die Lavahöhlen gab es noch einige Beschreibungen. Das war insgesamt betrachtet für meinen Geschmack zu viel. Als Außenstehende man sich die Höhlen ohnehin schwer vorstellen kann. Informationen über die anderen Experimente oder selbst mehr über das alltägliche Miteinander hätten mich mehr interessiert.